Sonntag, 21. September 2014

Am eigenen Ast sägen.


Eigentlich wollte ich heute einen Nachruf auf die Piraten schreiben.
Aber die Ratten verlassen so panikartig das sinkende Schiff, daß man kaum noch hinterher kommt mit den Namen.

Binnen kürzester Zeit schmissen der ehemalige Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus, Oliver Höfinghoff, die Europawahl-Direktkandidatin Anne Helm (Stichwort „Bomber-Harris“), Anke Domscheit-Berg (Ex-Landesvorsitzende Brandenburg) und der amtierende Berliner Landeschef Christopher Lauer die Parteibücher hin.

Domscheit-Bergs Stellungnahme klingt auch ein wenig so, als würde sie das Schiff verlassen wollen, bevor es sinkt. Sie schreibt dort: "Die visionärsten Pirat*innen waren sogenannte progressive, sie verlassen gerade reihenweise die Partei." Die Piraten scheinen in Auflösung begriffen zu sein, die momentane Austrittswelle mit ihren prominenten Beispielen ist nur ein Symptom dafür. Domscheit-Berg will nicht zu den Letzten gehören, die den Absprung schaffen. Die Partei habe ein "Problem mit innerparteilicher Demokratie", diagnostiziert sie. Besonders hart geht sie mit dem sozialliberalen Flügel der Piraten ins Gericht: Konservativ, vergangenheitsgerichtet, ängstlich und spaltend sei dieser. "Mit denen hätte man in der DDR keine Mauer eingerissen", ätzt die Politikerin.

Aber diese Partei ist so offensichtlich tot, daß es unethisch wäre verbal noch auf dieser Politleiche herum zu trampeln.
Tschüß Piraten; es war nicht schön mit Euch; ich werde Euch nicht vermissen.

Wenden wir uns einem anderen in Deutschland sterbenden Verein zu, der allerdings bedauerlicherweise noch nicht den präfinalen Zustand erreicht hat.
Seit immer offensichtlicher wird, wie ihnen die Kirchen nach dem Portemonnaie trachten, schwellen die Austrittszahlen höchst erfreulich an.
Kurioserweise haben die beiden großen Kirchen völlig Recht, wenn sie jammern und klagen, das sei doch gar keine neue Steuer.
In der Tat – die Kirchen haben ihre Mitglieder immer finanziell ausgenommen. Bis vor wenigen Jahren funktionierte aber die Omertà besser. Man redete nicht drüber.
Zunehmend werden aber die Informationen, derer sich Atheisten schon lange bewußt sind, unter anderem durch TV-Dokus auch den einfachen Schafen bekannt.
In SPRINGERS rechter „Welt“ streiten zwei Christen über kirchliche Mitgliedbeiträge und es ist ausgerechnet der Fundamentalkatholik und Ratzinger-Fan Matussek, der wider den Mammon argumentiert.

Matussek: Kirchensteuer, das ist moderner Ablasshandel. Das ist – zumindest bei uns Katholiken – Sakramente nur gegen Vorkasse. Das halte ich für Perversion. Und Sie als Protestant müssten erst recht Sturm laufen!

Kamann: Wieso Vorkasse? Die Apostelgeschichte lässt keinen Zweifel, dass Christen an die Gemeinde Geld abzugeben haben. Dort müssen Hananias und Saphira sterben, weil sie vom Geld aus dem Verkauf eines Ackers etwas für sich behalten haben.

Matussek: Natürlich ist die Finanzierung der Gemeinde wichtig, aber das kann freiwillig geschehen. Ich war in vielen Ländern dieser Welt stationiert, aber nur in Deutschland werden die Gelder zwangseingetrieben, durch den Staat.

Offensichtlich setzt sich in der RKK trotz der billigen Schuhe des aktuellen Papstes eine Dyba-FSSPX-Ratzinger-Matussek-Linie durch:
Lieber eine kleine, aber feine Kirche.
Schon als mächtiger Präfekt der Glaubenskongregation hatte der feminine Bayer sich über die Weltjugendtage seines Vorgängers mokiert: Was nütze ein Zusammentreffen von zwei Millionen katholischen Jugendlichen, wenn anschließend der Platz voller Kondome liege, ätzte der strenge Mann im Tuntenkleid.
Mit seiner Rede von der „Entweltlichung“ der Kirche war genau das gemeint:
Die deutsche RKK solle lieber auf die vielen Milliarden verzichten, die ihr die Verflechtung mit dem Staat einbringe. Dafür müsse man dann aber auch kein Blatt mehr vor den Mund nehmen, wenn der Staat dem Satanismus fröne.
(Satanismus = Pille danach, PID, Homos, Ehescheidung, Patientenverfügung, Kondome u.v.a.m.)

Möglicherweise wird der RKK gar nichts anderes übrig bleiben, denn nun scheinen auch die frommen Fernsehsender trotz all der Bischöfe und Kirchenvertreter in ihren Räten den Mut zu finden, kritische Fragen zu stellen.
Nächste Woche schlagen sogar die CDU-Freunde aus Mainz gleich zweimal ein.

FRONTAL 21
Wenn Bischöfe aus aller Welt am 5. Oktober 2014 im Vatikan zu einer zweiwöchigen Familiensynode zusammenkommen, werden Deutschlands Katholiken besonders aufmerksam nach Rom schauen. Die Erwartungen des Kirchenvolks sind hoch. Viele Gläubige hoffen auf ein Zeichen, dass ihre Kirche endlich wahrnimmt, dass die Morallehre mit der gesellschaftlichen Realität kaum noch in Einklang zu bringen ist.
In einer von Papst Franziskus in Auftrag gegebenen weltweiten Befragung der Kirchenmitglieder gaben die deutschen Katholiken ihrem Papst schriftlich Antwort, in welchen Bereichen sie dringenden Nachholbedarf sehen: Scheidungen, Zusammenleben vor der Ehe, Homosexualität, Zölibat - die Liste ist lang.
Die "Frontal 21"-Autoren Astrid Randerath und Werner Doyé haben mit Katholiken gesprochen und viele getroffen, deren Misstrauen gegenüber der Amtskirche genauso groß ist wie ihre Begeisterung für den neuen Papst.

Glaube, Liebe, Kapital
Die katholische Kirche und ihre Finanzen
Die katholische Kirche ist in einer großen Krise: Rund 179.000 Menschen sind allein im vergangenen Jahr ausgetreten. Hauptgrund für die neue Austritts-Welle: Die undurchschaubaren Finanzen.
Mindestens 30 Millionen Euro hat der Neubau der Bischofsresidenz in Limburg gekostet. Noch höher ist die Summe, die die Kirche in Rottenburg für einen Verwaltungsbau ausgegeben hat.
Doch woher hat die Kirche so viel Geld? Die ZDFzoom-Autoren Nina Behlendorf und Nicolai Piechota begeben sich auf Spurensuche und finden heraus: Die katholische Kirche lebt nicht mehr nur von Steuergeldern und Spenden. Sie ist mittlerweile ein Global Player, ein Unternehmen, das Gewinn erwirtschaftet und über Vermögen verfügt, das in keiner Bilanz auftaucht.

(Letztere Sendung könnte von einem Fußballspiel verdrängt werden)

So eine PR ist den steinreichen Kirchenfürsten höchst unwillkommen.
Transparenz scheuen sie immer noch wie der Teufel das Weihwasser.
Die Oberhirten des Papstes und der EKD verstehen sich immer noch als Fürstbischöfe, deren Untergebene gehorchen sollen. Freche Fragen unerwünscht.

Der Maulkorb-Streit zwischen dem Trierer Bistum und der Mitarbeitervertretung geht weiter. Ein Vergleich ist gescheitert, nun muss das Arbeitsgericht entscheiden. Die Bistumsoberen wollen den Mitarbeitervertretern öffentliche Äußerungen verbieten.
Darf sich eine Gesamtmitarbeitervertretung (GMAV) in einer Pressemitteilung kritisch über die Sparpolitik von Bischof Stephan Ackermann äußern? Nein, meinen jedenfalls die Bistumsoberen und wollen dies der GMAV gerichtlich verbieten lassen. Einen vom kirchlichen Arbeitsgericht in Mainz gemachten Vergleichsvorschlag lehnte die Bistumsspitze jetzt ab. Der Vergleich biete "keine wirkliche Orientierungshilfe", inwiefern sich die Mitarbeitervertretung öffentlich äußern dürfte, sagte Bischofssprecher André Uzulis unserer Zeitung.
Damit muss nun voraussichtlich Anfang November das Mainzer Gericht entscheiden, ob die eher harmlose öffentliche Kritik ("Eine weitere Umsetzung der Sparmaßnahme ist nicht zu rechtfertigen") zulässig ist. Die Chancen, dass der Trierer Bischof und sein Verwaltungschef, Generalvikar Georg Bätzing, in Mainz recht bekommen, sind eher gering.

Kollege Schick in Bamberg, der in diesem Blog schon mehrfach als selbst für Bischofsverhältnisse extrem unsympathisch aufgefallene Erzbischof, gibt auch noch eine Kostprobe seiner diffamatorischen Ansichten.

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat sich in einer Predigt vehement gegen jegliche Partnerschaften ohne Trauschein ausgesprochen.
Keine andere Lebensform dürfe der Ehe weder in der öffentlichen Meinung noch im Recht gleichgestellt werden, sagte Schick am Samstag.
(dpa 20.09.14)

Sex außerhalb der Ehe ist bähbäh, alle anderen Formen des Zusammenlebens sind bähbäh und überhaupt sollen die Weiber gebärfreudiger sein.

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick beklagt, dass es in unserer Gesellschaft immer mehr Singles gibt und betont den Stellenwert von Ehe und Familie. Nur 375.000 Eheschließungen würden pro Jahr in Deutschland registriert, dem stünden rund 19 Millionen junge Menschen im heiratsfähigen Alter zwischen 20 und 39 Jahren gegenüber, sagte Schick am Samstag. Eine Frau bekomme in Deutschland durchschnittlich 1,4 Kinder. [….]  „Diese Zahlen müssen uns erschrecken, aber nicht wie das Kaninchen vor der Schlange, das darauf wartet, gefressen zu werden“, sagte Schick. [….]
„Wir müssen alles tun, damit die Ehe ihren Stellenwert bei unseren jungen Menschen wiedergewinnt“, sagte Erzbischof Schick und rief dazu auf, die Ehe nicht schlecht-, sondern gutzureden und der Familie höchste Priorität in der Gesetzgebung zukommen zu lassen. Dazu gehöre auch, dass keine andere Lebensform der Ehe weder in der öffentlichen Meinung noch im Recht gleichgestellt werde.
[….] Aufgabe von Kirche und Gesellschaft sei es, den Wert von Ehe und Familie als Keimzelle des Lebens und der Zukunft zu stärken. Dazu sollten sich auch Christen stärker in die Politik einbringen. Für den Mut zu Ehe und Familie sei der Glaube an den Gott der Liebe, der Zukunft für uns alle will, entscheidend. [….]

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