Gestern
Nacht habe ich, ganz gegen meine eigenen Regeln mal wieder „Maischberger“
gesehen.
Ich
blieb hängen, weil ich Werner Bartens sehr gut kenne und bekanntlich
erklärtermaßen Karl Lauterbach-Fan bin.
Und auch
diesmal beim Thema „gesunde Ernährung und die Auswüchse derselben“
gefiel er mir gut. Naja, bis er seine salzlose Ernährung beschrieb. Das ist
seit zig Jahren bekannt, daß er da einen echten Tick hat. Er kann kein
gekauftes Brot essen und verlangt im Restaurant Nudeln, die extra für ihn in Wasser
ohne Salz gekocht wurden. Andererseits liebe ich ja Exzentriker. Also gönne ich
ihm seinen Spleen.
Wie
immer versuchen die Redakteure solcher Sendungen die Runde aufzupeppen, indem
sie irgendwelche ahnungslosen „Promis“ dazu stecken; in diesem Fall Ursula
Karven, die man nach diesem Auftritt offiziell als verblödet auslachen darf.
Wenn man
die Frage stellt, ob man mit vernünftigen Verhalten und guter Ernährung
Krankheiten vermeiden oder gar ganz verhindern kann, öffnet sich ein ganzer
Politacker von Fragen.
„Die
Politik“ kann beispielsweise direkt eingreifen, indem sie Trinkwasser iodieren
lässt, bestimmte Lebensmittelzusätze verbietet, oder aber durch
Aufklärungskampagnen gezielt versucht die dummen Bürgerchen zu Vorsorge zu
bewegen. Niemand soll mehr eine Packung Zigaretten kaufen, ohne vom Nanny-Staat
auf die möglicherweise schlimmen Folgen aufmerksam gemacht zu werden.
In den
USA gibt es schon seit den Tagen GWBs große Anstrengungen die Menschen von
ihrer Fettleibigkeit abzuhalten.
Die
Erfolge sind mäßig.
Meistens
werden die ohnehin Schlanken und Gesunden animiert noch viel gesünder zu
werden.
Wenn man
sich die amerikanischen und britischen „Youtuber“ ansieht, also diejenigen
jungen Leute, die aus unerfindlichen Gründen fünf oder sieben Millionen
Abonnenten haben, meint man, die wären alle aus einer Fitness-Zeitschrift
entsprungen. Alle haben makellose Haut, beeindruckende Bauchmuskeln und
scheinen in jeder Sportart das Zeug zum Olympioniken zu haben.
Ihre pickeligen
Bewunderer fressen aber doch lieber bei McDoof.
Die
gutgemeinten Ratschläge kommen offenbar immer da an, wo sie nicht gebraucht
werden und verhallen in den Ohren derer, die es nötig hätten.
Der
nächste denkbare politische Schritt ist eine finanzielle Sanktion. Bei Tabak
und Alkohol ist es längst soweit, da sie enorm besteuert sind und Herr Schäuble
mit jeder verkauften Zigarette glücklicher wird.
Es gibt
Überlegungen das Prinzip weiter auf die Spitze zu treiben; indem man
beispielsweise Risikopatienten mit Strafaufschlägen für ihre
Krankenversicherung belastet.
Einen
Prozentpunkt mehr gesetzlicher Krankenkassenbeitrag für jede zehn Punkte im
BM-Index.
Doppelter
Beitrag für Raucher und dreifaches Zahlen für Alkis?
So
nachvollziehbar der Gedanke ist, so sehr halte ich ihn für nicht umsetzbar.
Er
impliziert nämlich, daß es in des Bürgers freier Entscheidung läge fit, schlank
und vernünftig zu sein.
Das
stimmt aber nicht! Suchtverhalten beispielsweise wird von einem komplexen
Bündel Ursachen bestimmt.
Genetische
Prädisposition, die Potenz des Suchtmittels, das soziale Umfeld, finanzielle
Verhältnisse, Intelligenz und vieles mehr.
Der eine
trinkt sein Leben lang jeden Abend zwei Glas Rotwein, verspürt nie den Drang
zum Bindge-Drinking und wird glücklich 98 Jahre alt.
Der
nächste ist nach zwei Monaten Alkoholiker und kann den Wein nicht mehr
weglassen, bis er mit 30 Jahren an Leberzirrhose stirbt.
Es gibt Menschen,
die ihr ganzes Leben extrem darunter leiden gegen ihre Adipositas-Disposition
ankämpfen zu müssen. Sie müssen sich alles verkneifen oder sie werden ganz
schnell ganz dick. Andere sind von Haus aus die klassischen Leptosomen und
werden nie fett, obwohl sie alles essen wozu sie Lust haben.
Zigaretten
und diverse chemische Partydrogen, die ich gar nicht kenne, weil es die zu
meiner Jugendzeit noch gar nicht gab, sind ganz offenbar umso attraktiver je
niedriger der Bildungsstand und das Haushaltseinkommen der Eltern ist.
Arme
Kinder rauchen.
Soll man
etwa Menschen, die ohnehin benachteiligt sind zusätzlich finanziell dafür
bestrafen?
Und wo
ist die Grenze?
Müßte nicht
auch ein Krankenversicherungsbeitrags-Faktor für Fahrradfahrer ohne Helm, Kondom-Muffel,
Skifahrer, Giftschlangenhalter, Taucher, Bungeejumper und Reeperbahnbesucher
eingeführt werden?
Dieses
Risikoabwägungsspiel kann man so weit ins Absurde treiben, daß es schon wieder
sinnvoll wird.
Wer
meint unbedingt in irgendwelchen Gletscherspalten oder der Riesending-Schachthöhle
rumkriechen zu müssen, soll dafür gefälligst eine spezifische Versicherung
abschließen, oder aber den anschließenden Rettungseinsatz selbst bezahlen.
Besonders
ärgerlich ist das verantwortungslose Verhalten einiger Touristen, die den
Adrenalinkick suchen, indem sie in Bürgerkriegsgebieten umherstromern.
Die
werden vermutlich entführt und legen dadurch für Monate oder Jahre Dutzende
Mitarbeiter im Außenministerium lahm.
Die
Apotheose des Irrsinns sind aber christlich-evangelikale Fanatiker, die mit
Kind und Kegel aufbrechen, um beispielsweise Muslimen die Bibel nahe zu
bringen.
Sabine
und Johannes Hentschel reisten 2009 mit dem einjährigen (sic!!!) Sohn Simon und
ihren Töchtern Lydia (10) und Anna (8) in den Jemen, um dort „zu helfen“. Sie
stammten aus Meschwitz in der Nähe von Bautzen. Die Familie gehörte zu einer
Gruppe evangelikaler Entwicklungshelfer, die meinten es sei eine gute Idee mit
ihren drei kleinen Kindern in das radikal christenfeindlichste Gebiet der Erde
zu fahren und dort das Evangelium bekannt zu machen.
Es kam,
wie es kommen mußte. Nein, in nordjemenitischen Provinz Saada konvertierten
nicht alle begeistert zum Christentum, sondern die Hentschels wurden entführt
und abgemurxt.
Vor fünf Jahren wurde
die sächsische Familie Hentschel im Jemen entführt. Das Auswärtige Amt gibt die
Hoffnung auf, die Familie lebend wiederzufinden.
Fünf Jahre Hoffen und
Bangen sind vorbei. Nun herrscht Gewissheit in Sachsen: Sabine und Johannes
Hentschel sind tot. Ermordet irgendwo, irgendwann in der Geiselhaft
jemenitischer Extremisten oder Verbrecher. Genau wird man es wohl nie wissen.
Ein Schreiben des Auswärtigen Amtes beendete jüngst die Tragödie: „Gemäß hier
vorliegendem zuverlässigen nachrichtendienstlichen Aufkommen wurden Johannes,
Sabine und Simon Hentschel im Verlauf ihrer Entführung im Jemen getötet bzw.
verstarben.“[…]
Lydia und Anna kamen
2010 unter immer noch unklaren Umständen frei. Gerüchten nach soll ein
Spezialkommando des saudischen Geheimdienstes sie freigekauft oder befreit
haben. Die beiden Mädchen wurden nach der Entführung wohl vom Rest der Familie
getrennt. Bei ihrer Freilassung waren sie angeblich „herausgeputzt wie
Prinzessinnen“, nannten sich Sarah und Fatima und sprachen Arabisch. Sie leben
heute in der Familie eines Onkels in Sachsen.
Es ist
ärgerlich, daß die Arbeitskraft des deutschen Außenministeriums und die Mittel
des Steuerzahlers für religiotischen Schwachsinn dieser Art verplempert werden
mußte.
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