Freitag, 29. Januar 2016

Menschenhass - eine Alltäglichkeit

In Syrien läuft es so richtig scheiße, schlimmer denn je.

[….] Stephen O’Brien, der weißhaarige Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen, hat keine guten Nachrichten für den Sicherheitsrat. Dieser Monatsbericht sei genauso deprimierend wie die vorangegangenen, sagt er.
[….] "Dieser bösartige Kreislauf von Tod und Zerstörung könnte - und das ist ein ernstes Risiko - in vielerlei Hinsicht als die neue Normalität in Syrien angesehen werden", fürchtet O’Brien. Das syrische Madaya - erschreckendes Beispiel für eine belagerte und ausgehungerte Stadt - sei nur die "Spitze des Eisberges".   Derzeit versuchen nach UN-Einschätzung 486.700 Menschen in belagerten Gebieten zu überleben. Für Madaya und drei weitere belagerte Städte hätten die UN und ihre Helfer aktuell Essen und Hilfsgüter für 60.000 Menschen liefern können - ausreichend für einen Monat.
[….] Tödliche Angriffe auch auf Zivilisten, Schulen und Krankenhäuser, unzureichender Zugang für Helfer und eine syrische Regierung, die weiterhin Genehmigungen für Hilfskonvois verschleppe. Für O’Brien ist das eine "schändliche Tragödie". [….] Vor über zwei Wochen habe die UN Hilfslieferungen für 1,7 Millionen Menschen beantragt - noch kein einziger Konvoi davon sei genehmigt, kritisiert O' Brian. [….]

Vielleicht liegt es daran, daß die meisten Bundeswehr-Tornados und Hubschrauber ohnehin nicht fliegen und die wenigen, die tatsächlich vom Boden abheben, leider Flugverbot haben, weil die Cockpitbeleuchtung zu sehr blendet – aber den hungernden Menschen vor Ort zu helfen, bringen weder Deutschland, noch die NATO, noch die EU zustande.

Meine heutige Frage nach Carepaketen für Syrien an die Bundesregierung:
Wie kann es sein, daß in vielen Gebieten Syriens, insbesondere in abgeschnittenen und belagerten Städten und Dörfern, Zehntausende von Menschen hungern, verhungern und mangels Medikamenten sterben unter den Augen von Hunderten von Militärflugzeugen der westlichen Anti-IS-Allianz einschließlich der 6 Tornados der Bundeswehr, die über Syrien täglich Militäroperationen durchführen, Bomben abwerfen und Raketen abschießen
und warum können diese vielen Flugzeuge nicht durch massiven täglichen Abwurf von Hilfspaketen etwa der UN-Hilfsorganisationen mit Lebensmitteln, Medikamenten und Kleidung mindestens über den bekannten abgeriegelten Ansiedlungen so vieler hungernder Menschen in Not wenigsten versuchen zu helfen, die Not zu lindern, das Verhungern und Sterben zu verhindern?

Wer von den Millionen Vertriebenen noch nicht durch Hunger und Elend zu entkräftet ist, flieht aus Syrien.
Natürlich.
Die meisten der Heimatvertriebenen vegetieren in elenden Lagern in Jordanien, der Türkei oder dem Libanon.

Auch hier herrscht Hunger und Elend. EU, Deutschland und UN bringen es nicht fertig wenigstens das Geld für Lebensmittel zur Verfügung zu stellen.

Wer es trotz der ungarischen und mazedonischen Grenzsperren bis nach Deutschland schafft, muß weiter um sein Leben fürchten.

Aufgestachelt von Höcke, Petry, Gauland, Scheuer, Köppel, Friedrich und Klöckner werden die Deutschen immer gewalttätiger gegen Heimatvertriebene.

Besonders grotesk wird der ganze Zirkus, wenn nun ausgerechnet Julia Klöckner, die derzeit mit der Forderung nach Obergrenzen für Geflüchtete durch die Lande zieht und kaum müde wird, antimuslimische Ressentiments zu schüren, für sich in Anspruch nimmt, „die AfD argumentativ zu stellen und zu demaskieren“. Nur wenige haben in den vergangenen Wochen und Monaten mit ihren populistischen Äußerungen mehr Wasser auf die Mühlen der AfD fließen lassen als Klöckner, Seehofer und Co. Wenn sich der Bock selbst zum Gärtner ausruft, darf man sich aber auch nicht wundern, wenn die Ziegen plötzlich den Garten übernehmen.
Tatsache ist: Die AfD konnte sich erst durch die mediale Öffentlichkeit derart im politischen Spektrum etablieren. Ganz gleich, wie oft Lucke, Petry, Höcke und Konsorten die Mär von der „bösen Lügenpresse“ ausgaben - kaum eine Partei war öfter und prominenter in den Talkshows dieser Republik platziert als der Partei gewordene blaubraune Bodensatz der sogenannten Neuen Rechten. Dass das Format des aufgeheizten Polit-Talks als geeignet erscheint, die irrationalen und emotionalen Parolen von rechts zu entkräften, ist mehr als nur fraglich. Wer, wie Höcke und Co., vom „1.000jährigen Deutschland“ schwadroniert oder wie der NRW-Landeschef der AfD, Marcus Pretzell, fordert, Flüchtlinge mit Schusswaffen zu stoppen, um „zu warnen, zu verletzen, oder letztlich auch um zu töten“, gehört nicht in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sondern ist ein Fall für die Staatsanwaltschaft.

Was Typen wie Seehofer und Burka-Klöckner anrichten ist leider nur zu offensichtlich.

Das Bundeskriminalamt hat 2015 mehr als 1000 Straftaten gegen Asylunterkünfte registriert, das sind fünf Mal so viele wie im Jahr zuvor. Viele Täter ließen sich durch gut gemachte Propaganda anstecken, sagt Konfliktforscher Andreas Zick. [….] 901 der gesamten Straftaten gegen Flüchtlingsheime wurden durch rechts motivierte Täter verübt. Doch heißt "rechts motiviert" eben nicht, dass sie schon früher als rechtsextrem aufgefallen sind. Ein großes Problem für die Ermittlungsarbeit der Polizei.
"Die Behörden waren zum Teil überhaupt nicht darauf vorbereitet, dass Bürgerinnen und Bürger aus der Mitte der Gesellschaft sich von extremistischen Gruppen haben anstecken lassen", sagt der Soziologe und Konfliktforscher Andreas Zick von der Universität Bielefeld. "Bürger meinen jetzt, nichts Schlimmes zu machen, zünden eine Asylunterkunft an, die noch nicht bezogen ist und beurteilen das selber als gar nicht strafrechtlich relevant.[….] Egal, in welches Bundesland man blickt: Rechts motivierte Taten gegen Flüchtlinge und deren Unterkünfte scheinen zunehmend zum Problem zu werden. Andreas Zick meint: "Da haben sich viele anstecken lassen durch eine sehr gut gemachte Propaganda, die sagt: Der Staat hat die Kontrolle verloren und jetzt setzen wir mal ein Zeichen. Das ist im Moment hochgefährlich!" [….]

In der politischen Führungsetage Deutschlands, dem Kanzleramt, dem Außenamt und im Wirtschaftsministerium ist man offensichtlich also nicht in der Lage oder nicht willens den Millionen Menschen in Syrien, dem Irak und Afghanistan zu helfen.

Stattdessen betreiben CDU, CSU und SPD eine Flüchtlingspolitik auf dem Rücken der Schwächsten, verschärfen sogar noch die Ursachen des Problems und biedern sich in unerträglicher Weise bei Rechtspopulisten an.

Heiner Geißler is not amused über seine eigene Parteienfamilie.

[….] Die CSU ist eine Regionalpartei. Allerdings verweigert deren Parteiführung rationale Lösungen. Es gibt in der Union zu viele, die kapitulieren und aus Angst vor Fremden und der AfD fast den Verstand verlieren. Das ist das Gegenteil von dem, was wir an politischer Führung brauchen.
[….]. Man kann durch Angstmacherei ein halbes Volk in Panik versetzen. Das wissen wir aus der Weimarer Republik. AfD und Pegida leben von der irrationalen Panikmache. Aber die CSU-Führung liefert Stichworte und Argumente. Damit hat sie schwere Schuld auf sich geladen. Jeder Bergsteiger weiß: Wer Panik hat, macht Fehler.
[….] Wir sind eine Exportnation. Damit würden wir unsere wirtschaftliche Basis zerstören. Wer vorschlägt die Grenzen dicht zu machen, ist selber nicht richtig dicht. [….]
 (Heiner Geißler, STERN 28.01.2016)

Gestern einigten sich die drei Parteichefs der Groko nun darauf den Familiennachzug zwei Jahre abzublocken.

Sieht man sich den Kompromiss an, der eigentlich ein Kompromiss-Kompromiss ist, weil sich die drei Parteichefs ja im November längst verständigt hatten, stellt sich unweigerlich die Frage: Warum eigentlich dieses Gewürge der vergangenen Monate?
Der Familiennachzug für die subsidiär Schutzberechtigten, über den die Koalition so lange stritt, wird wie ursprünglich geplant und vor allem wie von der CSU gewollt für zwei Jahre ausgesetzt. Und zwar auch für Syrer, darauf hat die CSU ebenfalls bestanden.

Damit verurteilen sie Frauen und Kinder zum Tod, zwingen sie in Kriegsgebieten zu sterben oder zu verhungern.
Die einzige Alternative bleibt dann die illegale Flucht mit Schleppern und seeuntauglichen Booten über das Mittelmeer.


Dank Horst Seehofer werden wieder mehr Kinderleichen an den Stränden der Ägäis angeschwemmt werden!

Seehofers Kommentar dazu:

CSU-Chef Horst Seehofer hat die Einigung der Koalitionsspitzen auf Verschärfungen im Asylrecht begrüßt. «Ich bin hoch zufrieden», erklärte der bayerische Ministerpräsident am Abend.

„Hoch zufrieden“.
Wenn man nicht ohnehin schon wüßte, daß Crazy Horst ein Psychopath ist…

Man könnte natürlich argumentieren, daß es geboten wäre in so einer Situation die Familienväter wieder mit ihren Frauen und Kindern zusammen zu bringen.
Dann müßten sie sich nicht mehr jede Minute um das Wohl ihrer Familie sorgen und die Wartezeit wäre weniger unerträglich, wenn man sich währenddessen wenigstens gegenseitig umsorgen kann.
Und war da nicht auch irgendwas mit christlichen Werten? Familienwerten?
Irgendwas mit dem Grundgesetz?

Die syrische Stadt Madaja ist seit mehr als 170 Tagen abgeriegelt. [….]
Etwa 40.000 Menschen sollen in dem belagerten Ort Hunger leiden. Ein Arzt sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Bewohner würden inzwischen Gras und Laub essen, um ihren Hunger zu stillen. Zudem hätten sie vor einigen Tagen begonnen, Hunde und Katzen zu schlachten.
"Die Menschen sterben in Zeitlupe", sagte ein Sozialarbeiter aus Madaja dem "Guardian".

Aber die modernen Christdemokraten und Christsozialen denken vielleicht auch daran, daß die armen Männer mal ihre Ruhe haben wollen. So eine Ehefrau stellt immer Ansprüche und wer weiß nicht, daß Kinder einem gewaltig auf die Nerven gehen können?

Die Bundesregierung, die auch von der SPD getragen wird, sorgt durch die Einschränkungen beim Familiennachzug dafür, daß nun immer mehr Kinder und Frauen auch die lebensgefährlichen Todes-Kähne auf dem Mittelmeer gezwungen werden.
Statt Fluchtursachen und das Schlepperwesen zu bekämpfen, schaffen sie nun ein Konjunkturprogramm für skrupellose Schlepperbanden.

Wenn man den Familiennachzug stoppt, bedeutet das:

„Unsere barmherzigen Christen betreiben jetzt das, was sie neulich im Bundestag noch abgelehnt hatten: Geschäftsmäßige Sterbehilfe!“
(Urban Priol 12.11.2015)


Gerade gestern zog die türkische Küstenwache wieder mehrere Kinderleichen aus der eiskalten Ägäis. Kein Grund für die CSU nicht immer schriller nach Obergrenzen zu schreien. So ein paar tote Gören interessieren einen wahren Christen wie Horst Seehofer, der bereits vier Mal persönlich vom Franzl-Papst empfangen wurde, nicht.
Wir haben es weit gebracht in Deutschland im Jahre 10 der Merkel, wenn es als großer Erfolg der Regierung gefeiert wird, Kinder zum Sterben ins Meer zu treiben.

Das schlimmste Zeichen ist für mich, daß es weder in der „normalen Presse“, noch im Shitstorm-affinen nennenswerte Empörung gibt.
Im Gegenteil, die politischen Kräfte, die noch brutaler gegen Menschen vorgehen wollen, haben Rückenwind.

Es ist ein Anti-Asylpaket - und es ist eines, das Menschen wohl mit ihrem Leben bezahlen werden.
Indem die Liste der angeblich als sicher einzustufenden Herkunftsstaaten noch weiter verlängert wird, setzt sich die Regierung darüber hinweg, dass auch in Algerien, Tunesien und Marokko Gründe bestehen, aus dem Land zu fliehen. Indem der legale Familiennachzug für Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus, zu denen auch Syrer gehören, ausgesetzt wird, werden Kinder, Frauen und Ältere auf die Todesrouten gezwungen, auf denen in den vergangenen Monaten Tausende auf dem Weg nach Europa, auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung starben. [….] Damit hat sich im Wesentlichen die mit Drohungen, Ultimaten und Erpressung verfolgte Linie der Rechtsaußen-CSU durchgesetzt. [….]  In der Frage, wie eine Gesellschaft mit Menschen in Not umgeht, drückt sich das Maß an Solidarität aus, zu dem sie fähig sein will. Es geht also um mehr als um Flüchtlinge. [….] Ist es wirklich so abwegig, sich einen bundesweiten Aufstand der Humanität, also derer vorzustellen, die nicht mit damit leben wollen und können, dass eine Politik, zu der Alternativen ja in Wahrheit möglich sind, das Leben von Menschen preisgibt? Einen Aufstand der Demokratie, der zum Ausdruck bringt, dass niemand in Freiheit leben kann, wenn er zugleich weiß, dass andere in ihrer Freiheit auf so dramatische, das Leben betreffende Weise beschnitten sind? [….]

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