Mittwoch, 16. März 2016

Anybody but Bush, anybody but Trump

Vorbemerkung:

Seit vorgestern fällt bei meinem Internetanbieter ständig das Netz aus.
Es ist eine erstaunlich schwierige Aufgabe heraus zu finden, an wen man sich wenden kann, wenn der Anbieter, mit dem man damals den Vertrag schloss längst von einem aufgekauft wurde, der wieder aufgekauft wurde und die Service-Hotlines nicht mehr existieren. Probleme soll man jetzt offenbar alle online melden. Das ist aber gar nicht so leicht, wenn das Problem ist, offline zu sein.
Inzwischen ist es mir immerhin gelungen herauszufinden, daß in Hamburg einige Tausend Haushalte betroffen sind und Techniker daran arbeiten.
Schön, es liegt also nicht an mir, aber sehr groß scheint der Elan nicht zu sein, das Problem zu beheben.
Bloggen ohne Internet ist jedenfalls schwierig.
Ich kann nur offline darüber schreiben, was ich aus TV und Zeitung weiß und durch ständige Versuche hoffen irgendwann doch ein paar Minuten online gehen zu können, um das hier in den Blog einzuspeisen.

Es ist so ähnlich, wie beim Stromausfall, den man erst selbst erleben muß, um sich wirklich vorstellen zu können wie ungeheuer lästig es ist, wenn kein elektrisches Gerät mehr geht.
Ich bin noch nicht in dem hospitalistischen Stadium, das sofort bei Teenagern eintritt, wenn man ihnen ihr Klugtelefon wegnimmt, aber mir dieser Internet-Abhängigkeit bewußt zu werden, deprimiert mich durchaus.


Gestern fanden in Amerika fünf sehr wichtige Vorwahlen statt, die dazu führten, daß Marco Rubio das Rennen aufgab und Bernie Sanders es noch schwerer hat Hillary Clinton zu schlagen.

Trump hat ordentlich abgeräumt, gewann Florida (99/99), Illinois (38/69), North Carolina (29/72), vermutlich Missouri (da wird noch gezählt) und verlor lediglich Ohio, wo der Gouverneur Kasich seinen ersten Sieg holte.

Die republikanische Partei hatte alles versucht, um diesen Trump’schen Durchmarsch zu stoppen, Zig Millionen Dollar hatten die Super-PACs in Negative Campaigning gesteckt und dennoch landete Rubio, der US-Senator in seinem eigenem Heimatstaat mit 27% ganz weit hinter Trump (47%).

Allein in Florida investierten diverse Gruppen laut Washington Post mehr als 15 Millionen Dollar, um den Wählern klarzumachen, dass Trump "unwählbar" sei. Das Ergebnis? Trump siegt mit knapp 20 Punkten Vorsprung.

Ein Desaster für alle, die in der GOP Donald Trump verhindern wollten, denn mit Rubios Aufgabe ist ihre letzte Hoffnung dahin.
Der Wunsch der Parteiführung, das Feld möge sich so verkleinern, daß sich Trumps Kontrahenten nicht mehr gegenseitig die Stimmen wegnehmen, kommt nun, da nur noch ein Wählbarer, nämlich John Kasich, übrig ist. Und Kasich liegt so weit zurück, daß er keine Chance mehr hat.
Wer Trump verhindern will, müßte mathematisch betrachtet, ganz im Gegenteil darauf hoffen, daß viele Gegner im Rennen bleiben, so daß keiner vor der Republican National Convention (18.-21. Juli 2016) in Cleveland, Ohio eine absolute Mehrheit der Delegierten mitbringt.
Dann würde Trump nicht mehr im ersten Wahlgang gewählt werden können und im zweiten Wahlgang wären alle Stimmberechtigten von ihren Personenbindungen befreit.

Nun aber steigen Trumps Chancen durch Rubios Ausscheiden. Auch die Chancen des Ted Cruz steigen dadurch, denn er könnte bis Juli mehr Evangelikale an sich binden.
Cruz ist aber unter den ehemals 17 Kandidaten der einzige, der noch rechtsextremer, fantaischer und religiöser als Trump ist. Er wird in der GOP leidenschaftlich gehasst.

Insofern ist die Situation keineswegs mit der Anybody-but-Bush-Kampagne von 2004 zu vergleichen. Damals reichte unsere Phantasie einfach noch nicht aus, um sich vorzustellen, daß jemand eine noch verheerendere US-Regierung abgeben könnte als die GWB-Administration.
Inzwischen mußten wir aber sehr schmerzlich erfahren, daß diese aggressiv-faschistoide GOP, die einen „war on Washington“ führt, auch Typen wie Cain, Fiorina, Bachmann, Palin, Carson und eben Cruz aufbietet.

Ich glaube nach wie vor, daß Cruz noch gefährlicher für den Weltfrieden ist, weil er ein fanatischer Ideologe ist.
 Mich stört weniger, daß er noch mehr lügt als Trump. Schlimm ist seine Verbohrtheit, mit der er zum Scheitern verurteilte Überzeugungen vertritt.
Zudem führt seine eleminatroische Religiosität zu noch weit brutalerem Minderheitenhass als bei Trump, dem er vermutlich persönlich recht egal ist, ob Schwule heiraten oder irgendjemand abtreibt.

Die Republikaner-Chefs wollen Trump aufhalten, weil sie ihn nicht einschätzen können und sich fürchten was er anrichten könnte.
Aber sie haben sich inzwischen selbst abgewickelt und einen bösartigen Mob an ihrer Basis entfacht, den sie nicht mehr kontrollieren können.

Vielleicht können die Republikaner noch aus eigener Kraft verhindern, dass Trump in ihrem Namen antritt. Allerdings ist das nicht sicher. Die einst große, rational konservative Republikanische Partei mit ihrem Übervater Abraham Lincoln ist in den vergangenen zwanzig Jahren zu einer nach innen gewandten, gegen das vermeintliche Monster Washington gerichteten rechtspopulistischen Bewegung mutiert.
Deswegen ist Donald Trump auch so etwas wie die logische Folge aus all den Jahren, in denen Leute wie Newt Gingrich und Donald Rumsfeld, Sarah Palin und Paul Ryan der neuen, aggressiven, eher fundamentalistischen Republikanischen Partei Gesicht und Stimme gegeben haben.

Traditionelle GOPer sehen sich mit ein paar sehr widersprüchlichen Fakten konfrontiert.
Trump bringt einerseits jede Menge neuer GOP-Fans an die Vorwahlurnen und stärkt so die Partei. Andererseits sind diese Trumplinge nicht rational beeinflussbar und fanatische Anhänger.
Würde Trump nicht der offiziell nominierte GOP-Präsidentschaftskandidat, würden sie auch nicht automatisch für einen anderen GOP-Kandidaten stimmen.
Würde Trump aber Kandidat, gäbe es unter den klassischen GOP-Anhängern bis zu 25%, die ihn so stark ablehnen, daß sie womöglich sogar den demokratischen Opponenten wählen.
Reince Priebus, Chairman of the Republican National Committee, kann es also nur noch verkehrt machen, denn in beiden Fällen wird er bei der general election Anhänger verlieren.

Neben dem Trump-Wirbel steht aber ein weiteres Problem ins Haus.
Im November 2016 wird auch das gesamte House neu gewählt. Dort könnten die GOPer vermutlich zwar die Mehrheit behalten, da die Wahlkreise so absurd geschnitten sind, daß sie fast nie die Farbe wechseln. Aber es wird auch ein Drittel des extrem mächtigen Senats neu gewählt. Das sind 34 Senatoren; davon 24 Republikaner.
Diese müssen dann immerhin mitten in der mutmaßlichen Trump-Polarisierung die Mehrheit eines ganzen Staates gewinnen.
Wenn nur fünf von ihnen verlieren, ist die republikanische Mehrheit im Senat dahin und damit im Falle eines demokratischen Präsidenten auch die Blockade-Möglichkeit für die Ernennungen im Supreme Court.

Aus GOP-Sicht ist das außerordentlich riskant, denn mit einem auf liberal gedrehten obersten Gericht könnte auf Jahrzehnte die politische Agenda gegen sie bestimmt werden.

Es könnte aber auch sein, daß Trump tatsächlich Präsident wird.
Dann Gute Nacht, Amerika.
Für den Rest der Welt wäre es allerdings nur die zweitschlimmste Option – nach einem Präsidenten Ted Cruz.


1 Kommentar:

  1. Wie du weißt, sehe ich in Amerika das negative Vorbild zu dem, was hier gerade etabliert wrid. Ausbeutung ohne Regeln, Sozialabbau und Selbstbedienungsladen für Reiche. Könnte es sein, dass Amerika dasselbe Problem hat wie Deutschland? Also irre viele sog. 'Protestwähler', die immer genau das wählen, womit sie die jeweilige Regierung aus dem Amt kicken können. Trump ist ja der Vorzeige-Schreck des Etablissements!

    Ist das vielleicht schon so normal, dass das niemandem mehr auffällt? Sieht man doch an der allgemeinen Wahlbeteiligung (niedrig) und den Wechselwählern (hoch). Die AfD hat ja auch viele resignierte Wähler zurück an die Urne geholt. Ist Trump vielleicht einfach nur 'anders' und darum 'gut'?

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