Sonntag, 31. Juli 2016

Unwissensgesellschaft.

Demokratie ist ja schön und gut, aber sie setzt theoretisch voraus, daß alle Wähler aufgeklärt und interessiert sind, daß sie kompetent entscheiden.
In der Praxis ist das aber nicht so. Im Gegenteil, es herrscht gewaltige Apathie, Desinformation und Stimmungsmache.

Man wählt Rajoy statt Zapatero, George W. Bush statt Gore, immer wieder Berlusconi und 16 Jahre Kohl.
Amerikanische Volksabstimmungen über Waffenrecht, Drogenkonsum und Homoehe waren in der Vergangenheit fast immer von Vorurteilen und nicht von Fakten beeinflusst.
Der Westen propagiert Demokratie, aber nur vor der Kamera.
Eigentlich hat man lieber eine schöne Diktatur mit einem verlässlichen Diktator/König/Papst/Führer, der alles im Griff hat.
So wie es vor der Arabellion war.
Oder Palästina. Jeder lobt Israel, als die „einzige Demokratie des Nahen Ostens“.
Als die Palästinenser auch wählten, fand man das dann nicht mehr so toll.
Insbesondere nicht mehr, nachdem 2006 die Hamas die Wahl gewann; also die sunnitische Befreiungsorganisation Palästinas, die sich quasi als Tochter der Muslimbruderschaft gegründet hatte.
Ähnlich sah es in Ägypten aus, nachdem die Hamas-Mutter „Muslimbrüderschaft“ die Präsidentenwahl gewonnen hatte und ihr Mann Mursi das tat, was er versprochen hatte.
Das gefiel Merkel und Obama überhaupt nicht und sie begrüßten den höchst antidemokratischen Regierungsumsturz, der nichts anderes als ein Militärputsch war und nun zu einer Gewaltorgie geführt hat.

Deswegen ist der Westen übrigens so unbeliebt in Nordafrika und im Nahen Osten: Die Glaubwürdigkeit der Nato-Staaten, die von Demokratie und Frieden reden, aber dann die Diktatoren bevorzugen und die Gegend mit Waffenexporten überziehen, ist nicht mehr messbar.

Der 19-Jährige analphabetische adipöse Zimmertemperatur-IQ-Sachse ohne Schulabschluß mit Alkoholproblem und eingepisster Jogginghose, der vor einer Flüchtlingsunterkunft Obszönitäten grölt, hat bei der Bundestagswahl genauso viel Einfluss wie ein 60-jähriger Bildungsbürger mit drei Doktortitel und lebenslangen ZEIT-Abo.
Aus diesem Grund plädiere ich auch bei jeder Gelegenheit gegen die Auswüchse der plebiszitären Demokratie. Bloß keine Volksbefragungen und Bürgerbegehren. Das ist die Diktatur der Inkompetenz.
So kommt es zum Brexit.
Überlasst die wichtigen Entscheidungen den Profis in den Parlamenten.
Wir haben aus gutem Grunde eine repräsentative Demokratie und sollten unseren gewählten Repräsentanten dementsprechend auch keine Kompetenzen entziehen.

Das Problem ist nur, daß man die Volksvertreter irgendwann auch mal wählen muß und dann ist wieder der gewöhnliche Urnenpöbel am Zug, der Alexander Gauland, Björn Höcke und Frauke Petry seine Vertreter aussucht.

Ich sympathisiere sehr mit der Idee eines Losverfahrens, wie sie der belgische Historiker David van Reybrouck im aktuellen SPIEGEL vorschlägt.

Wir töten die Demokratie, wenn wir sie auf diese archaischen Verfahren reduzieren.
Schauen Sie sich den Brexit an. In dieser Entscheidung bündelt sich alles. Was an unserem demokratischen System nicht stimmt.
Das Referendum gab es überhaupt nur, wie les ein Wahlversprechen David Camerons war – der insgeheim davon ausging. Die Briten würden mit Nein stimmen. Dann hat Boris Johnson das Referendum gekapert. In der Hoffnung, sich so in Stellung für die nächste Wahl zum Premierminister zu bringen. Auch er ging davon aus, die Briten würden mit Nein stimmen.
Und dann haben sie mit Ja gestimmt.
Dabei war das Thema denkbar komplex: Wie stellen wir uns die zukünftigen Beziehungen zur EU vor? Aber es gab nur zwei mögliche Antworten: Ja oder Nein. Remain oder Leave. Zwei Wahlen, ein Referendum, persönliche Eitelkeiten. Medien, die nicht gut genug informiert haben – kein Wunder, daß alles schiefgegangen ist.
(Van Reybrouck, der SPIEGEL, 31/2016 s.116f)

Statt des Brexit-Volksentscheids, bei dem ¾ der Wähler unter 30 erst gar nicht zur Wahl gingen und der Rest durch eine massive Desinformationskampagne der rechten Medien verwirrt wurde, hätte man lieber 1.000 Briten ausgelost, die für ein halbes Jahr zusammen in ein Hotel gesteckt worden wären, um dort das Thema ausführlich zu diskutieren, Experten zu hören, Informationen zu sammeln, sich gegenseitig zuhören.
Das Thema hätte es eigentlich erfordert so vorzugehen.

Die Bürger werden wie in Stichproben aus den verschiedensten Bevölkerungsgruppen ausgelost, um ein breites Spektrum abzubilden. Sie nehmen ihre Aufgabe meist sehr ernst, arbeiten sich gründlich ein, erarbeiten differenzierte, ausgewogene Ideen. Das Problem: weil sie ausgelost sind, gelten sie als nicht legitimiert, also wird anschließend per Referendum über ihren Vorschlag abgestimmt. Und da passiert dann oft, was Reybrouck mit der Redensart "If you don’t know, say no" zusammenfasst: Die kluge Arbeit der Bürgergremien landet durch eine Augenblicksentscheidung der Masse im Papierkorb.

Eine schöne Idee, wie ich finde.
Aber ich sehe keinerlei Möglichkeit, daß so etwas in absehbarer Zeit in Deutschland oder den USA etabliert werden könnte.

Also müssen wir mit unserer Form der repräsentativen Demokratie, die solche Gefahren wie Trump, Le Pen, Wilders und Petry beinhaltet, weiterleben.

Alle Rechtsradikalen leben von der Angst der Bürger.
Umfragen zeigen ganz klar, daß die AfD-Anhänger alle die Hosen voll haben. Keine anderen Parteigänger fürchten sich so sehr vor allem, wie sie.
In den USA ist es genauso. Trump-Fans fürchten sich vor Muslimen, dem Terror, den Atheisten, den Liberalen. Sie glauben festdaran, ihnen würde etwas weggenommen, ihre Waffen, ihre exklusiv heterosexuellen Ehen, ihr Land, ihre Sprache.
Trump, AfD, FN oder PVV tun daher alles, um Ängste zu schüren, Terrorgefahren hochzujazzen, Menschen zu Feinden und Gefahrenquellen zu machen.

Nun sind Terroristen in Europa und Amerika immer noch eine recht kleine Gefahr.

In den USA ist die Wahrscheinlichkeit versehentlich von einem Kleinkind erschossen zu werden größer, als Opfer eines islamistischen Anschlags zu werden. Aber Donald Trump verlangt deswegen nicht alle Toddler auszuweisen, sondern konzentriert seinen Hass auf Muslime.

You’re more likely to be fatally crushed by furniture than killed by a terrorist
Consider, for instance, that since the attacks of Sept. 11, 2001, Americans have been no more likely to die at the hands of terrorists than being crushed to death by unstable televisions and furniture. Meanwhile, in the time it has taken you to read until this point, at least one American has died from a heart attack. Within the hour, a fellow citizen will have died from skin cancer. Roughly five minutes after that, a military veteran will commit suicide. And by the time you turn the lights off to sleep this evening, somewhere around 100 Americans will have died throughout the day in vehicular accidents – the equivalent of “a plane full of people crashing, killing everyone on board, every single day.”

People are getting shot by toddlers on a weekly basis this year

Da wir nicht von den ausgelosten 1000er Gruppen bestimmt werden, sondern zum Beispiel von FOX-News glotzenden verblendeten Evangelikalen, werden die realen Gefahren radikal falsch eingeschätzt.

Zu meinem Erstaunen wendet sich SPON-Kolumnist Sascha Lobo in seinem letzten Artikel scharf gegen die besserwisserische Aufklärung mit Statistiken und bricht eine Lanze für gefühlte Gefahren.

[….] Der erstarkende Neonationalismus etwa arbeitet erfolgreich mit Untergangsszenarien. Zugleich provoziert dieser Eindruck auch Gegenreden, in denen es heißt, die Welt sei so großartig dran wie nie zuvor, gestützt von allerlei Statistiken.
In solchen positiv gemeinten Aussagen finden sich Spuren des Zynismus: Ja, die Welt mag schlimm sein, aber weniger schlimm als vor 30, 50 oder 400 Jahren. Herzlichen Glückwunsch, vor 100 Millionen Jahren wurden sogar null Menschen im Jahr ermordet.
Aber zum Ersten geht es auch um Empfindungen, weil Gefühle Handlungen auslösen können. Zum Zweiten lassen sich ebenso Statistiken finden, die das Gegenteil zu belegen scheinen. Und zum Dritten lässt sich mit dieser Argumentation jedes aktuelle Ereignis schönreden. Eine Verbesserung von einem katastrophalen Ausgangspunkt aus betrachtet ist nicht automatisch ein Grund zum Feiern: nur 1000 ertrunkene Flüchtlinge, nur 100 Opfer islamistischen Terrors, weniger als im Vorjahr, hurra, lasst uns ein rauschendes Fest geben.
Die dahinterstehende Haltung zeugt von einer überrationalen Sichtweise auf die Welt. Da hat jemand offensichtlich Angst, und als vermeintliches Gegenmittel wird ein Bündel Statistiken willkürlich aufeinandergestapelt und erklärt, die Angst sei ja rational gar nicht berechtigt. […]

Ich schätze Herrn Lobo, aber angesichts unserer völlig hysterischen Reaktionen auf so ziemlich alles – Gluten, Erdstrahlen, Spinnen, muslimische Überfremdung – ist „Überrationalität“ das geringste Problem der deutschen.
Im Gegenteil.
Es sollte mit Nachdruck und andauernd darüber aufgeklärt werden, welche realen Gefahren es gibt und wie groß sie einzuschätzen sind.
Wir sollten uns durchaus klarmachen, daß es Billigflugreisen und aus Südafrika importierte Erdbeeren sind, die unsere Atmosphäre ruinieren und das Klima verändern.
Es ist unsere Agrarpolitik, die tötet.
Es ist unsere Waffenexportpolitik, die Kriege ermöglicht.

Das bedeutet selbstverständlich nicht, daß man irgendetwas verschweigen oder verniedlichen soll.
Natürlich gibt es eine reale Gefahr in Europa Opfer eines Islamistischen Anschlages zu werden.
Es gibt aber keinen Knopf, mit dem man diese Gefahr einfach abschalten kann.

Wir können aber der Hysterie entgegen wirken und damit etwas dafür tun, daß Le Pen und Trump und Gauland nicht noch stärker werden.

Anders als Lobo intendiert, spricht man niemand sein Recht auf Angst ab, indem man sie in ein Verhältnis setzt.
Angst ist Angst, ob nun rational berechtigt oder nicht.
Hypochondrie ist ein Problem, das eben nicht durch Überrationalität beseitigt werden kann.
Aber Rationalität sollte doch dazu beitragen, daß nicht immer mehr Menschen zu Terrorchondrikern werden.

Insofern sage ich zu den Meldungen zu offenen Feuerstellen ja.

Nimmt man die Anzahl der Todesopfer als Kriterium für eine Gefahr, steht Terror recht weit hinten auf der Liste, generiert aber gigantische öffentliche Aufmerksamkeit.
Mücken und offene Herdfeuer hingegen stehen ganz vorn, aber es interessiert sich kaum jemand dafür.

Die Luftverschmutzung durch primitive Kochstellen tötet weltweit mehr Menschen als Malaria - das ist das erschreckende Ergebnis einer aktuellen Studie. Demnach sterben jedes Jahr fast zwei Millionen Menschen, weil sie verrauchte Luft in den eigenen vier Wänden einatmen.
Die Malaria tötet nach Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich etwa eine Million Menschen. Doch eine andere Gesundheitsgefahr, die ebenfalls vor allem arme Länder betrifft, hat noch schlimmere Auswirkungen: Rauch in Häusern. Fast zwei Millionen Menschen sterben jedes Jahr an Krankheiten, die durch verrauchte Luft ausgelöst werden. Das ist das Ergebnis einer Studie der US-amerikanischen National Institutes of Health.
Von den Folgen des Rauches besonders betroffen seien Frauen und Kinder in extremer Armut, schreiben Studienleiter William Martin und seine Kollegen im Wissenschaftsmagazin "Science". Seit Jahrzehnten werde an dem Thema gearbeitet - allerdings nur mit begrenztem Erfolg.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt in einem neuen Report, dass im Jahr 2012 weltweit mehr als 7 Millionen Menschen - das wäre ein Achtel aller Todesfälle - an den Folgen der Luftverschmutzung gestorben sind.

Etwa drei Mil­li­ar­den Men­schen – drei Mil­li­ar­den! – ko­chen und hei­zen in ih­ren Häu­sern oder Hüt­ten noch im­mer mit Fest­brenn­stof­fen wie Koh­le, Holz, Vieh­dung und Ern­te­ab­fäl­len. Mehr als vier Mil­lio­nen jähr­lich ster­ben an Krank­hei­ten, die auf ver­schmutz­te In­nen­raum­luft zu­rück­ge­hen: Atem­wegs­er­kran­kun­gen, Schlag­an­fäl­le, Herz­krank­hei­ten. Vier Mil­lio­nen: Das sind fast vier­mal so vie­le, wie heu­te pro Jahr an Aids ver­ster­ben. Es sind über hun­dert­mal mehr Op­fer als 2014 bei Ter­ror­ak­ten ihr Le­ben lie­ßen.

Nimm das, Lobo.

Samstag, 30. Juli 2016

Irrer als Trump?

Was soll man zu Donald Trump noch sagen; dem Mann, der über Behinderte herzieht und vor ein paar Tagen unter dem Jubel seiner Anhänger davon phantasierte seine Kritiker brutal zu verprügeln – „hit this guy so hard, his head would spin“?

Nun, dieser Mann ist der Meinung er sei bisher „nice“ gewesen, aber das sei nun vorbei.

[…..] Bei seinem Auftritt in Colorado Springs im US-Bundesstaat Colorado holzte Trump am Freitag im beleidigt-aggressiven Stakkato wie folgt: "Ich habe ihre Rede am Donnerstagabend geschaut, so viele Lügen, ich war immer nett zu ihr, aber jetzt bin ich nicht mehr Mr. Nice Guy."
Während man noch versucht, das im Kopf zusammenzubringen, Trump und Mr. Nice Guy, ruft er schon: "Ich ziehe jetzt die Samthandschuhe aus." Ohrenbetäubender Jubel im Auditorium der University of Colorado. Wie immer, wenn es gegen Hillary geht.
Es ist gerade ein interessanter Zeitpunkt, Veranstaltungen mit Trump zu besuchen. Der Wahlkampf ist nach den Parteitagen offiziell eröffnet. Trump wurde halbherzig gekrönt, und auf der Convention der Demokraten mit Angriffen und Witze überzogen. Als Reaktion gibt sich der schrille Kandidat in diesen Tagen noch eine Spur schriller. [….]

Tatsächlich gibt es aber noch wahnsinnigere Amerikaner.
Das sind in erster Linie diejenigen, die nun durch die Talkshows ziehen und Trump in rosaroten Farben malen.

Trump-Fan Chris Christie

Während Trumps offizielle politische Unterstützer Jeffrey Lord, Kayleigh McEnany oder Paul Manafort eher bösartig und verlogen daherkommen, gibt es danebe reine Opportunisten wie Newt Gingrich und Chris Christie, sowie als dritte Kategorie noch die psychiatrischen Fälle.

Dazu gehört zweifellos Paula White, die im US-Fernsehen als Trumps „Spiritual Adviser“ auftritt und ihn als sehr gläubigen und warmherzigen Christen darstellt.
Der rasende Rassist, der Frauen öffentlich als „fat pigs“ bepöbelt, Prügel androht, Menschen gegeneinander aufhetzt und nahezu in jedem Satz lügt, ist für Pastorin White ein frommer, vorbildlicher Gläubiger.

Nun, willkommen Paula White, Trump passt auch in mein Christenbild.
Es ist aber schon eigenartig, daß die Pastorin selbst einen sexistischen und betrügerischen Rüpel so sehr preist.

Paula Michelle White, 50, ist „senior pastor“ des New Destiny Christian Center in Florida. Die zum dritten Mal verheiratete Teleevangelistin tritt gemeinsam auf mit den sicher nicht weniger wahnsinnigen Benny Hinn und Joyce Meyer.

Im zarten Alter von 18 Jahren erschien ihr Jesus und befahl ihr Predigerin zu werden.

"When I was just eighteen years old, the Lord gave me a vision that every time I opened my mouth and declared the Word of the Lord, there was a manifestation of His Spirit where people were either healed, delivered, or saved. When I shut my mouth, they fell off into utter darkness and God spoke to me and said 'I called you to preach the gospel"



Ob diese Teleevangelisten selbst gläubig sind, kann niemand sagen. Jedenfalls kann man so Multimillionär werden.
Ihre zahlreichen Affären deuten darauf hin, daß sie privat eher nicht nach strengen Geboten leben.

Die offensichtlich plastic-surgery-besessene Paula White hingegen sieht immer so aus, als ob sie jeden Moment von den Männern in den weißen Kitteln abgeholt werden würde.
In ihrem Fall bin ich geneigt wirklich anzunehmen, daß sie überzeugt ist von dem Schwachsinn, den sie predigt.

Gut möglich, daß die stets grell geschminkte Blondine mit der Knallerbse im Kopf wirklich glaubt, Trump sein ein vorbildlicher Christ.

In an exclusive interview with the Brody File, Televangelist Paula White tells us that Donald Trump’s presidential run has the hand of God on it. Pastor White has been a close friend and spiritual mentor to Trump for close to fifteen years. During our interview, she also talked about how Trump “knows God” and enjoys watching Christian television.


Freitag, 29. Juli 2016

Vierter DNC-Tag

Rückblickend auf die bisher so erfolgreiche demokratische Konvention muss man insbesondere einen Namen erwähnen:
Donna Brazile, 56, aus Louisiana, Autorin, Politanalystin, Professorin in Harvard und der Georgetown University, ehemalige Wahlkampfmanagerin der demokratischen Kandidaten Al Gore, Jesse Jackson, Walter Mondale und Richard Gephardt ist der demokratischen Partei lange verbunden.
Am Tag vor der 2016 DNC stolperte Parteichefin Debbie Wasserman Schultz über den Emailhack brisanter Anti-Sanders Akten.
Die 43% der Delegierten, die Sanders verpflichtet sind, waren (verständlicherweise) stinksauer.
So entschloss man sich Wasserman-Schultz‘ Kopf rollen zu lassen.
Sie durfte sich auf dem gesamten Parteitag nicht mehr blicken lassen.
Als Interimsvorsitzende und designierte Nachfolgerin wurde Donna Brazile bestimmt, die von eben auf jetzt einen gewaltigen Nominierungsparteitag managen mußte.
Ohne Vorbereitungszeit hatte Brazile unter den Argusaugen der gesamten Weltpresse eine sehr unbeliebte Kandidatin ins beste Licht zu setzen und dabei auch noch 43% der eigenen Parteimitglieder zu versöhnen, die erbittert gegen Clinton standen.
Wie man an der republikanischen Convention eine Woche zuvor sehen konnte, kann so etwas gewaltig schief gehen.
Der republikanische Gouverneur von Ohio, John Kasich, der die Ehre hatte diese so bedeutende Convention in seinem Bundesstaat zu Gast zu haben, weigerte sich die Halle zu betreten.
Alle lebenden ehemaligen GOP-Präsidenten und Vizepräsidenten boykottierten ebenso die RNC, wie die vorherigen Kandidaten John McCain und Mitt Romney.
Ted Cruz trat zwar auf, erklärte aber zumindest indirekt man solle lieber nicht Trump wählen.
RNC Chairman Reince Priebus, immerhin schon fünf Jahre im Amt, war die Kontrolle völlig entglitten.
Statt der versprochenen Celebrities sprachen sich nur vergessene C-Promis, wie der ehemalige Seriendarsteller Antonio Sabato Jr. öffentlich für Trump aus.

Brazile, die ich als langjähriger CNN-Gucker sehr gut kenne, gelang hingegen quasi aus dem Stand ein Meisterstück.
Ihre Parteitagsregie war geradezu genial und machte aus einer völlig verfahrenen Situation mehr als selbst Optimisten erwarten konnten.

Um mit dem Unwichtigstem zu beginnen, sei erwähnt, daß die Demokraten im diametralen Gegensatz zu GOP auch hier wieder eine beeindruckende Zahl von echten A-Promis auf die Bühne bekamen.

Paul Simon, Katy Perry, Eva Longoria, Tony Goldwyn, Elisabeth Banks, Jason Collins, Debra Messing, Lady Gaga, Lenny Kravitz, DJ Jazzy Jeff, Snoop Dog, Cyndi Lauper, Bryan Cranston, Alicia Keys, James Cameron, Arnold Schwarzenegger, Sigourney Weaver, Jack Black, America Ferrera, Angela Bassett, Don Cheadle, Idina Menzel, Audra McDonald, Kristen Bell, Darren Criss, Rosie Perez, Sheila E., Meryl Streep und Sarah Silverman warben für Clinton.

Jeder Tag der Convention hatte sein besonderes Thema und seine Star-Redner.
Am letzten Tag ging es noch verstärkt um das hochgejazzte Thema „innere Sicherheit“.

Trump, der immer wieder betont hatte mehr als alle Generäle vom IS zu verstehen löst das Problem bekanntlich, indem er „die Scheiße aus dem IS rausbomben“ will, elf Millionen Menschen deportieren lässt, eine Mauer um die Vereinigten Staaten baut und keine Muslime mehr einreisen lässt.

Brazile setzte dem ganz andere Bilder entgegen, ließ Dutzende US-Generäle auf die Bühne kommen, um sich klar gegen Trump zu stellen, um klar zu machen, daß die Militärs absolut nicht Trumps Meinung sind, nach der „our military a mess“ oder „a desaster“ wäre.


Sehr beeindruckend auch, daß sich die Demokraten so demonstrativ auf die Seite der Muslims stellten, sie vor Trump in Schutz nahmen.
Khizr Khans Auftritt war ein Fanal.


Hillary Clinton, die entgegen der landläufigen Meinung eine der ehrlichsten Politikerinnen Amerikas ist, beendete diese Convention mit einer guten bis sehr guten Rede.
Sie ist kein rhetorisches Ausnahmetalent wie Bill Clinton oder Barack Obama, aber sie fand eine gute ruhige Tonlage, zeigte überdeutlich die gewaltigen Unterschiede zwischen ihrem Amerika und dem Trumps auf.
Insbesondere konterkarierte sie aber Trumps faktenfreie und planlose Pöbel-Rede von vor einer Woche, indem sie ausgesprochen konkret und detailliert darlegte was sie zu tun gedenke.


Sie hatte es nicht leicht nach den extrem starken Vorrednern vor ein Auditorium zu kommen, in dem immer noch tausende Bernie-Delegierte saßen, die sie radikal ablehnten.
Es gelang ihr aber doch fast alle auf ihre Seite zu ziehen.
Am Ende war die demokratische Partei von sich selbst begeistert.

Es bleibt abzuwarten wie sich das in den nächsten Tagen in Umfragen niederschlagen wird. Werden die meiner Ansicht nach überzeugenden Gründe demokratisch zu wählen auch über das klassische demokratische Milieu hinaus wirken?

Das ist keineswegs sicher, denn die Trump-Anhänger sind die dümmsten Amerikaner überhaupt. Und Dumme gibt es reichlich in den USA.

American idiots. Poll Proves Trump Supporters Are The Stupidest People In The US. A new poll revealed that depth of bigoted stupidity of Republican voters who are supporting Donald Trump. [….]

Trump zeigte inzwischen mal wieder seinen Mangel an Souveränität, indem er Michael Bloombergs Attacke äußerst bösartig konterte. Bloomberg sei dieser „little guy“….

I’m gonna hit them so hard.’ I was gonna hit one guy in particular, a very little guy.
I was gonna hit this guy so hard, his head would spin. He wouldn’t know what the hell happened. And he came out of nowhere. He came out of nowhere. They made deals with me. ‘Would you help me with this? Would you make this deal and solve this problem?’ I solved the problem. I do a great job. I was going to hit a number of those speakers so hard, their heads would spin, they’d never recover. And that’s what I did with a lot of people — that’s why I still don’t have certain people endorsing me. They still haven’t recovered, okay, you know?


Es ist verdammt noch mal nicht egal, wer in Amerika regiert.

[…..] Ein Zyniker würde sagen: Es ist egal, was Parteien und Kandidaten versprechen. Aber das ist falsch. Es hat natürlich Bedeutung für ein Land, ob die politische Führung den Menschen Angst einredet oder ihnen Mut zuspricht und Hoffnung gibt; ob sie die Hetze gegen Minderheiten salonfähig macht oder den Zusammenhalt sucht; ob sie Nationalismus predigt oder Verantwortung in der Welt übernimmt. Europa hat ja seine Erfahrungen mit derlei Führern gemacht. Zumindest damals wusste Amerika es besser.

Donnerstag, 28. Juli 2016

Dritter DNC-Tag

Hillary Clinton sollte eigentlich mit Leichtigkeit gegen so einen hochverlogenen demagogischen Rassisten wie Donald Trump gewinnen.
Im Rest der Welt wird dementsprechend auch gar nicht verstanden, wieso der Milliardär mit den sagenhaft schlechten Manieren überhaupt eine Chance bekommt; ja in Umfragen sogar vor Clinton liegt.

Nur in Amerika kann man begreifen wie das seit 25 Jahren über ihr ausgekübelte republikanische Hass-Gift wirkt. Hillary ist extrem unbeliebt.

[…..] 68 Prozent halten sie für unehrlich. So schlecht wurde die Ex-Außenministerin niemals bewertet (im Mai waren es 59 Prozent) und damit liegt Clinton deutlich hinter Trump - den ständig lügenden Milliardär halten 43 Prozent für ehrlich. Die Werte dürften sich ändern nach dem Parteitag, aber sie belegen eines klar: Die Dämonisierung der Republikaner ("Sperrt sie ein") wirkt zumindest kurzfristig und wird weiter gehen.
Sie war nie unbeliebter. Das Umfrageinstitut Gallup misst seit 24 Jahren die Popularität von Hillary Clinton, und mit 38 Prozent Zustimmung war sie nie unbeliebter als im Juli 2016. Wenn es nach dem Parteitag also Meldungen gibt, wonach sie an Beliebtheit zulegt, dann heißt das wohl von "schlecht" auf "ziemlich mies". […..]

Als jemand, der in Deutschland lebt und daher ständig schlechte, dröge, uninspirierte Reden hört, ist der demokratische Nominierungsparteitag allerdings eine Wohltat. Merkel habe ich schon so unendlich oft ihre immer gleichen völlig nichtssagenden Bausteinsätzchen von sich geben hören.
Ganz abgesehen von den politischen Inhalten, ist es einfach angenehm auch mal sympathische Politiker zu sehen - im Gegensatz zu den schrecklichen GOPern, die man durch das Vorwahlprozedere ständig vor Augen hatte.
Außerdem verfolge ich die Convention als Hobby-Liguistiker und erfreue mich an dem so viel höheren Sprachniveau, als dem, das man aus Deutschland kennt.


Dienstag der sagenhafte Auftritt des Ausnahme-Rhetors Bill Clinton.

Am Mittwoch wurde runnig mate Tim Kaine vorgestellt, der mir am meisten mit seinen linkischen Armbewegungen vor seiner Rede in Erinnerung bleib.
Ich finde es sogar schon lächerlich, wenn Clinton mit aufgerissenem Mund immer wieder mit ausgestrecktem Arm ins Publikum zeigt. Klar, das soll Verbundenheit mit dem Auditorium symbolisieren, wirkt auf mich aber absurd.
Kaine ist aber noch viel schlimmer:
Was soll bloß dieses alberne triumphierende Boxergehabe?



Seine Rede zeigte aber, wieso er als VP gepickt wurde.
Er ist sehr fromm, setzt sich für soziale Dinge ein, war Gouverneur im wichtigen Swingstate Virginia und heiratete in eine prominente republikanische Partei ein.
Schwiegervater Abner Linwood Holton, 93, wurde als 61st Governor of Virginia, from 1970 to 1974 eine republikanische Legende und saß nun im Auditorium, um für die Demokraten zu werben.
Das mag den ein oder anderen überzeugten GOPer mit Trump-Zweifeln doch zum Wechsel bewegen.

 In dieser Hinsicht aber noch effektiver dürfte Michael Bloombergs Auftritt bei der DNC zu sein.
Der ehemalige Republikaner wurde weltberühmt, weil er nach 9/11 zwölf Jahre als New Yorker Bürgermeister amtierte und so demonstrierte, daß er in einer urdemokratischen multikulturellen Stadt gewählt und geachtet werden kann.
Darüber hinaus ist Bloomberg genau wie Trump New Yorker und Milliardär.
Er ist aber mit rund 42 Milliarden noch viel reicher als Trump und daher dürfte seine scharfen Angriffe auf den GOP-Präsidentschaftskandidaten besonders quälend gewesen sein.
Bloomberg sprach aus der Perspektive des Geschäftsmannes.

[….] Most of us who have created a business know that we're only as good as the way our employees, clients, and partners view us. Most of us don't pretend that we're smart enough to make every big decision by ourselves. And most of us who have our names on the door know that we're only as good as our word. But not Donald Trump.
Throughout his career, Trump has left behind a well-documented record of bankruptcies, thousands of lawsuits, angry shareholders, and contractors who feel cheated, and disillusioned customers who feel ripped off. Trump says he wants to run the nation like he's run his business. God help us.
I'm a New Yorker, and New Yorkers know a con when we see one! Trump says he'll punish manufacturers that move to Mexico or China, but the clothes he sells are made overseas in low-wage factories. He says he wants to put Americans back to work, but he games the US visa system so he can hire temporary foreign workers at low wages. He says he wants to deport 11 million undocumented people, but he seems to have no problem in hiring them. What'd I miss here?!
Truth be told, the richest thing about Donald Trump is his hypocrisy.[….]


"Ich verstehe den Reiz, einen Geschäftsmann als Präsidenten zu haben", legt Bloomberg los, "aber Trumps Plan wäre ein Desaster mit Ansage." Gute Unternehmer würden erkennen, dass sie nur so gut sind, wie ihre Geschäftspartner, Mitarbeiter und Klienten sie sehen. Dass sie nicht jede Entscheidung alleine treffen könnten. Dass sie nur so viel wert seien wie das Wort, das sie geben.
Trump habe als Unternehmer dagegen verbrannte Erde hinterlassen und sei mehrmals bankrott gewesen. "Er sagt, er will diese Nation wie sein Geschäft führen. Gott steh uns bei!" Trump rede von Handelsbeschränkungen und ließe seine Waren in Schwellenländern fertigen; wettere gegen Einwanderer und würde gleichzeitig Visa für Niedriglohn-Arbeiter für seine Firmen beantragen. Seine Politik sei fatal und Trump vor allem ein Heuchler. Und Bloomberg geht sogar noch weiter: "Ich bin ein New Yorker und ich erkenne einen Betrüger, wenn ich ihn sehe."
Clinton sei nicht perfekt, aber sie verstehe, dass die Welt kein Reality-TV, sondern die Realität sei. Trump dagegen sei "risikoreich, rücksichtslos und radikal". Genau deshalb müssten unabhängige Wähler der Demokratin im November die Stimme geben. "Lasst uns gemeinsam eine geistig gesunde, kompetente Person wählen", schließt er.
[…..]  Bloomberg ist damit der erste prominente Politiker, der offen Trumps geistigen Zustand in Frage stellt. Und er greift den Republikaner so hart an wie noch kein anderer Redner dieses Parteitags. […..]

Man sollte meinen, daß Bloombergs Auftritt eine Wirkung wie Donnerhall bei den GOPern hinterlassen haben müßte.
Allerdings wurde er deswegen auch von den meisten konservativen Medien verschwiegen. Der wichtigste rechte Sender FOX-News zeigte diese erstaunliche  Rede gar nicht.

Und dann kam noch Barack Obama.
Viele hatten schon Montagabend gesagt, Barack Obama sei nur der zweitbeste Redner in der Familie, nachdem Michelle so brilliert hatte.

Ich bezweifele das.
Präsident Obamas Parteitagsrede zur Wahl Hillary Clintons war ein Meisterwerk.

In diesem Blog habe ich seit Jahren Obamas Politik, insbesondere seine Außenpolitik scharf kritisiert.
Ich bin noch nicht mal extrem enttäuscht von ihm, weil ich nie zu seinen großen Fans gehörte.
Davon einmal abgesehen schätze ich es aber sehr, daß er im Gegensatz zu GWB wenigstens bella figura macht, gut aussieht, sich fabelhaft ausdrücken kann, ein belesener und gebildeter Typ ist.
Zudem ist Obama die Inkarnation eines gepflegten Typs.  Seine Anzüge sind nicht faltig, er bewegt sich elegant, hat wunderbare Hände und würde sicherlich auch nie wie Papst Franz oder Angela Merkel beim Nasenpopel-Fressen gefilmt werden. Wenn ich nur an Merkels chronisch ungepflege abgekaute Fingernägel denke, kriege ich die Krise und erfreue mich umso mehr an Obamas Erscheinung.
Sicher, das mag wie auch mangelhafte Rechtschreibung kein hartes Kriterium sein, aber ich meine es nur partiell ironisch, wenn ich diese Äußerlichkeiten erwähne.
Jemand, der so sehr in der Öffentlichkeit steht und sich dennoch nicht darum schert ungepflegt auszusehen, oder präpubertäre Frisuren wie Trump, Wilders oder Johnson spazieren führt, versteht seinen Job nicht richtig.

Der gegenwärtige US-Präsident hatte nun die schwierige Aufgabe zu erklären wie erfolgreich er war, so daß man diese Politik mit Clinton fortsetzen sollte, und gleichzeig auch zu verdeutlichen welches Clintons eigene Pläne sind wieso die Demokraten in den letzten acht Jahren so vieles nicht umsetzen konnten.

….after almost two terms as your president, to tell you I am more optimistic about the future of America than ever before. (Applause.) How could I not be -- after all that we’ve achieved together?  After the worst recession in 80 years, we fought our way back. We’ve seen deficits come down, 401(k)s recover, an auto industry set new records, unemployment reach eight-year lows, and our businesses create 15 million new jobs. (Applause.)
After a century of trying, we declared that healthcare in America is not a privilege for a few, it is a right for everybody. (Applause.) After decades of talk, we finally began to wean ourselves off foreign oil. We doubled our production of clean energy. (Applause.) We brought more of our troops home to their families, and we delivered justice to Osama bin Laden. (Applause.) Through diplomacy, we shut down Iran’s nuclear weapons program. (Applause.) We opened up a new chapter with the people of Cuba, brought nearly 200 nations together around a climate agreement that could save this planet for our children. (Applause.)
We put policies in place to help students with loans; protect consumers from fraud; cut veteran homelessness almost in half. (Applause.) And through countless acts of quiet courage, America learned that love has no limits, and marriage equality is now a reality across the land. 

Als Drittes hatte er dem extrem düsteren, pessimistischen, ja geradezu apokalyptischen Amerika-Bild der Republikaner etwas entgegen zu setzen.

Geschickt setzte er den Republikanern, die immer noch extrem gegen Marriage-equality, gegen das Recht auf Schwangerschaftsunterbrechung, gegen Einwanderung kämpfen, diese Dinge als positive Errungenschaften entgegen.

It can be frustrating, this business of democracy. Trust me, I know. Hillary knows, too. When the other side refuses to compromise, progress can stall. People are hurt by the inaction. Supporters can grow impatient and worry that you’re not trying hard enough; that you’ve maybe sold out.  But I promise you, when we keep at it, when we change enough minds, when we deliver enough votes, then progress does happen. And if you doubt that, just ask the 20 million more people who have healthcare today.  (Applause.) Just ask the Marine who proudly serves his country without hiding the husband that he loves. 

Die GOPer empfehlen bekanntlich einen strong leader.

Ronald Reagan called America “a shining city on a hill.”  Donald Trump calls it “a divided crime scene” that only he can fix. It doesn’t matter to him that illegal immigration and the crime rate are as low as they’ve been in decades -- (applause) -- because he’s not actually offering any real solutions to those issues. He’s just offering slogans, and he’s offering fear. He’s betting that if he scares enough people, he might score just enough votes to win this election.
And that's another bet that Donald Trump will lose.  (Applause.) And the reason he'll lose it is because he’s selling the American people short. We're not a fragile people. We're not a frightful people. Our power doesn’t come from some self-declared savior promising that he alone can restore order as long as we do things his way.  We don’t look to be ruled. (Applause.) Our power comes from those immortal declarations first put to paper right here in Philadelphia all those years ago: We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal; that We the People, can form a more perfect union.

Obama mußte den Spagat schaffen Clinton als erfahrene, bestens präparierte Kraft und gleichzeig auch frische und neue Kandidatin vorzustellen.

And that is why I have confidence, as I leave this stage tonight, that the Democratic Party is in good hands. My time in this office, it hasn’t fixed everything. As much as we’ve done, there’s still so much I want to do. But for all the tough lessons I’ve had to learn, for all the places where I’ve fallen short -- I’ve told Hillary, and I’ll tell you, what’s picked me back up every single time: It’s been you. The American people.

Es gelang ihm mit Bravour.

So persönliche, streckenweise pathetische, idealistische Reden passen nicht zu Deutschland. Ich würde das gar nicht wollen.
Aber es ein Genuss mal jemand zu hören, der das kann, der 45 Minuten nicht langweilt.
Der mitreißt.


Ich kann es nicht mehr hören, daß gerade deutsche Linke immer wieder behaupten, es mache keinen Unterschied, ob Republikaner oder Demokraten in Amerika regierten.

Dazu muß man sich nur anhören mit wieviel Leidenschaft jeder Redner, inklusive Clinton, Kaine und Obama Schwulenehe begrüßt, für Obamacare wirbt, gegen die NRA wettert.
Es liegen Welten zwischen diesen Parteien.

Mittwoch, 27. Juli 2016

Zweiter DNC-Tag

Im Jahr 1787 trafen sich die „founding fathers“ der USA, um eine Verfassung zu diskutieren.
Auch im 21. Jahrhundert gibt es kaum eine große politische Rede in Amerika, die nicht voller Stolz auf die „constitution“ verweist, die nun fast 230 Jahre in Kraft ist. In der vergleichsweise jungen Nation USA gilt also eine der ältesten Verfassungen der Welt.
Auch wenn die US-Republikaner fast geschlossen das Gegenteil behaupten und sich als christliche Nation verstehen, ist die constitution ein bewußt säkuklares Werk ohne Gottesbezug.
Die einige Jahre später hinzu gefügte „Bill of Rights“ mit ihren bis heute hochgradig kontrovers interpretierten Zusatzartikeln ist ein weiteres amerikanisches Heiligtum.

Noch älter ist die weltberühmte Unabhängigkeitserklärung vom 04.07.1776, die bis heute den amerikanischen Nationalfeiertag bestimmt.
In der Präambel steht der billionenfach zitierte Satz:

„We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness.“

Die Rede ist also von Männern.
Weißen Männern.
Männliche „African Americans“ durften offiziell nach dem Bürgerkrieg ab 1870 auch wählen. Theoretisch. Viele Bundesstaaten erließen aber spezielle Gesetze, die Schwarze von der Wahl ausschlossen.
Es dauerte bis 1968 und bedurfte des Mutes von Menschen wie der legendären Rosa Parks, das allgemeine Wahlrecht für alle Rassen durchzusetzen.
Als Barack Obama 1961 geboren wurde, war es in den meisten Bundesstaaten, zB auch in Washington DC, noch illegal gemischtrassig zu heiraten.

Das volle Wahlrecht für alle Frauen ist in den USA noch nicht mal 100 Jahre alt und wurde erst 1920 eingeführt.

LGBTI-Rechte standen sogar erst im 21. Jahrhundert auf dem Plan und sind auch 2016 noch heftig umstritten.

Es dauerte also von 1776 aus betrachtet wirklich extrem lange bis die certain unalienable Rights tatsächlich in die Realität umgesetzt wurden, bzw noch werden.
Der Grund für diese Jahrhunderte währende Verzögerung liegt in den gewaltigen Beharrungskräften der religiösen Konservativen und Kirchen, die sich stets vehement gegen Menschenrechte für alle stemmen.

Vom ersten US-Präsidenten George Washington (30. April 1789 - 4. März 1797) bis zur Nummer 43, GWB (20. Januar 2001 - 20. Januar 2009) blieben alle Amtsinhaber weiße männliche Christen, wenn es auch bei Lincoln und Jefferson Zweifel gibt.
Für einen bekennenden Atheisten ist die Zeit immer noch nicht reif.
Aber Barack Obama hatte nur ein weißes Elternteil, erfüllt aber noch die Kriterien „Penis“ und „Christ.“

Unglaublich, aber angesichts des bisherigen Geschlechterverhältnisses von 44:0 für die Männer, befürchten Trump-Supporter schon, mit der Wahl Clintons könnten Jungs benachteiligt werden.

Donald Trump surrogate Scottie Nell Hughes lashed out at Democratic presidential nominee Hillary Clinton on Wednesday for failing to acknowledge that boys could grow up to be president after her historic nomination.
After Hillary Clinton became the first female nominee for president on Tuesday, Hughes argued on CNN the next morning that it was “sexist” for women to vote for Clinton “just because she’s a woman.”
“Hillary Clinton, when she was in that room of girls, said if you’re a daughter or if you’re a girl you could be president too,” Hughes observed, “this would have been an excellent opportunity to say, ‘You know what, whether you are a boy or a girl, both of you, my job will be to make sure it’s equally an option for both of you.'”
“That’s the problem,” she continued. “We’ve continued to say we want equality, we want equal but we then tear down one group and tried to build up another. That’s what I heard last night.”
Hughes remarks were met with quizzical looks from the CNN panel.

“So was Hillary Clinton tearing down men?” CNN’s Carol Costello wondered.

“I think she was,” Hughes insisted. “What about my son? Does my son from what she said — your daughter can become one as well — I immediately [thought] what about making it equal so both of them have the opportunity? Why is it that she’s going to sit there and put favor on one?”

Hillary Clinton und die Demokraten haben also Recht, ihre Nominierung als „historisch“ zu bezeichnen.

Klar, für deutsche Verhältnisse ist es kitschig was die US-Demokraten am zweiten Tag ihrer Convention nach der so gelungenen Inszenierung des Ersten aufgeführt haben, aber in der Halle blieben wenige Augen trocken.


In den TV penals wurde richtigerweise immer wieder betont, daß Hillary Clinton die wohl unbekannteste weltbekannte Persönlichkeit wäre.

Diesem Phänomen widmete sich dieses Jahr schon eine ausführliche SPIEGEL-Titelgeschichte.
Über 40 Jahre betreibt Mrs. Clinton Politik, setzte sich kontinuierlich für die Benachteiligten ein.
Im konservativen Arkansas erlebte sie dabei als Gouverneursgattin auf wie viel Widerstand man dabei trifft und legte sich einen Panzer zu.
Welche Wunder bei dem ungefilterten Hass, der ihr seit 1992 bundesweit entgegenspringt.

[…] Es ist eine sehr männ­li­che Art, Po­li­tik zu ma­chen. Clin­ton be­herrscht sie be­mer­kens­wert gut, wirkt da­bei aber oft un­nah­bar und ar­ro­gant.

Die Hil­la­ry, die Ver­veer be­schreibt, hat we­nig ge­mein mit der Po­li­ti­ke­rin Clin­ton. Ver­veer zeich­net das Bild ei­ner warm­her­zi­gen Frau mit viel Mit­ge­fühl für an­de­re Men­schen. Sie sei zwar ein „wonk“, so Ver­veer, eine Aktenfres­se­rin, ein Nerd, ver­liebt in die De­tails von Po­li­tik. Aber sie kön­ne auch lei­den­schaft­lich und über­ra­schend lus­tig sein. „Wenn sie et­was ko­misch fin­det, lacht sie manch­mal ge­ra­de­zu hys­te­risch.“ Es sind Sei­ten, die Hil­la­ry Clin­ton nicht öf­fent­lich zeigt, die sie er­stickt in ih­rem Be­mü­hen um Kon­trol­le. War­um ist das so? [….]

Gestern nun war es an Bill Clinton, einem der erfolgreichsten Präsidenten des 20. Jahrhunderts das Ruder herum zu drehen.

Mr. Clinton kann das. Das bewies er 2012, als er Barack Obama die Wiederwahl sicherte. In seiner legendären Rede fand der Ex-Präsident die Worte, die es brauchte.

An dieser Stelle sei erwähnt, daß das vielgescholtene Amerika auf politischer (demokratischer) Ebene mit erstaunlich guten Rednern glänzt.
Allein in den letzten Tagen erlebte ich Dutzende Reden, die rhetorisch auf einem Niveau waren, von dem dröge Langweiler wie Hollande oder Merkel oder Kauder oder Gauck nur träumen können.
Beide Obamas sind begnadete Redner, aber vermutlich ist der Geschichtenerzähler Bill Clinton weltweit der beste politische Rhetor überhaupt.
Nach wie vor vertrete ich übrigens die These, daß Bill Clinton (vergl. Joe Klein: „Das Naturtalent“) der intelligenteste und gebildetste amerikanische Präsident seines Jahrhunderts war.

Herr Clinton, inzwischen deutlich gealtert, mit brüchigerer Stimme, sollte also gestern seine Frau bewerben und das erzählen, was man noch nicht über sie wußte.

Er tat das in bester Südstaaten-Erzähltradition, man fühlte sich an Harper Lee und Mark Twain erinnert.
Es war eine völlig andere Rede als seine Convention-Speech von 2012.
Ein erzählerisches Meisterwerk meiner Meinung nach.
Da war alles drin, Wärme, Persönliches, ein großer Spannungsbogen, äußerst geschickte Vereinnahmungen der verschiedenen US-Staaten, elegante Hiebe auf Trump, ohne dessen Namen zu nennen und eine flammende Wahlkampfempfehlung.
Viele Kommentatoren waren anschließend richtig gerührt und selbst die, die Hillary persönlich kannten, beeindruckte wie viel neue Informationen der mutmaßliche neue First Husband preisgab.


Wie so oft stelle ich bei Nachbetrachtungen eines Ereignisses fest, daß Profi-Kritiker offenbar etwas anderes hörten, als ich.

Veit Medick sieht die Angelegenheit kritisch, glaubt offenbar Clinton habe erst während seiner Rede überlegt was er sagen solle.
Nörgelt, er habe seine angeblichen außerehelichen Affären verschwiegen.

Vielleicht wurde bei Spiegel-Online nicht ganz verstanden, daß wir nicht mehr beim RNC sind und Hillary schlecht machen wollen, sondern daß jetzt DNC ist und dabei für Hillary geworben wird.
Und BTW, Medick, weder geht das Sexualleben eines Expräsidenten die Öffentlichkeit etwas an, noch spielt das auch nur die geringste Rolle für die Qualifikation Hillarys.

Der Ex-Präsident stellt seine Frau als linke Kämpferin vor, die sich schon während ihrer Zeit an der Yale-Universität für benachteiligte Kinder und für gleiche Bildungschancen einsetzte. Ein geschickter Zug, denn die Präsidentschaftskandidatin gilt vielen in ihrer Partei heute als Vertreterin des rechten Flügels. Hillary hat auch eine andere Seite, so die Botschaft ihres Ehemanns. "Sie hat immer schon das Leben der Menschen besser gemacht. Sie ist die beste Agentin des Wandels, die ich jemals getroffen habe", ruft er.