Nach dem
Brexit kommt es nun auf Deutschland an, wie es in der EU weitergeht.
Merkel ist
am Zug.
Das ist
ganz großer Mist, denn kaum ein Regierungschef wäre ungeeigneter für die Rolle
des Mutmachers, Strategen und Ideengebers Europas.
Tiefer als in Merkels
Hand kann Europa nicht mehr fallen. Das ist keine beruhigende Aussicht. Jetzt
hängt das Schicksal des Kontinents von der Kanzlerin ab. Ausgerechnet. Denn
Angela Merkel ist die Meisterin des Wartens. Sie wartet. Und wartet. Und
wartet. Bis es zu spät ist. Schon die Finanzkrise hat Angela Merkel nicht
genutzt, um Europa neu zu gründen. Sonst stünde uns der Brexshit nicht bis zum
Hals. Wenn Merkel auch jetzt die Hände zur Raute in den Schoss legt, dann ist
Europa erledigt.
Die Briten haben recht.
Das undemokratische Europa stinkt. Aber wenn einem das Essen nicht geschmeckt
hat, sollte man nicht das Restaurant anzünden und dann draußen Selbstmord
begehen. Ja, das Referendum vom 23. Juni war ein vorbildloser Akt der
Selbstvernichtung.
Merkel
ist selbst die ewige Bremserin und tat sich am Post-Brexit-Wochenende mit ihrem
Intimfeind Seehofer zusammen, um die Proeuropäer Juncker, Hollande, Gabriel und
Schulz zu stoppen.
Eine
Vertiefung der EU, eine Machtverlagerung nach Brüssel dürfe es jetzt nicht
geben.
Konvente,
Änderungen am europäischen Vertragswerk?
Nicht
mit Merkel.
„Das ist
jetzt nicht das Gebot der Stunde!“ stellte die Kanzlerin zur Freude ihrer EU-skeptischen
Schwesterpartei in Brüssel fest.
Nachdem
die zweitstärkste Volkswirtschaft England sich selbst aus der EU kegelte, ist
Deutschland in Relation noch dominanter und mächtiger.
Die
südeuropäischen Staaten, die bisher schon unter germanischer Dominanz
litten, haben noch mehr Grund sich zu fürchten.
Allerdings
ist Merkel mit London auch ihren wichtigsten Partner wider Bankenregulierung
und Investitionsprogrammen los.
Die teutonische Sparwut ist der eigentliche
Totengräber der proeuropäischen Stimmung.
Merkel
steht in dieser Frage nun allein gegen Renzi, Hollande und Gabriel, kann
nicht mehr ihren britischen Wadenbeißer vorschicken.
Frankreich
ist hingegen von der ökonomischen Nummer 3 zur Nummer 2 aufgerückt. Zudem ist
Frankreich jetzt die einzige Atommacht und die einzige UN-Vetomacht der Union.
Ohne den
Sozialisten François Hollande, 62, geht gar nichts mehr in Europa.
Glücklicherweise
ist er im Gegensatz zu Merkel ein großer Freund einer stärkeren EU und steht
auch ganz offensichtlich für eine weniger ideologische und dafür effektivere
Wirtschaftspolitik.
Paris
sollte also zum ganz großen Spieler Europas werden und damit der EU sehr
hilfreich sein.
Unglücklicherweise
ist Hollande politisch sagenhaft ungeschickt und vermochte es in Rekordzeit
sich zum unbeliebtesten Präsidenten aller Zeiten zu wandeln.
Ihm
klebt die Seuche an den Händen; was er anpackt, geht schief.
Obwohl
die oppositionellen Republikaner in einem Korruptionssumpf untergangen sind,
stehen seine Chancen wiedergewählt zu werden extrem schlecht; es ist sogar
höchst unklar, ob er von seiner Partei überhaupt noch mal ins Rennen geschickt
wird.
Gewählt
wird im April 2017 und die winzigen Chancen, die die Sozialisten überhaupt noch
haben, könnte wenn überhaupt wohl nur François Hollandes Parteifreund Emmanuel Macron, 38, ergreifen.
Gegenwärtig
liegt aber die rechtsradikale Kandidatin Marine Le Pen in allen Umfragen weit
vorn.
Das ist
das Problem bei Plebisziten wie dem Brexshit oder der österreichischen
Präsidentenwahl, die jetzt wiederholt werden muß, weil die Alpenrepublik leider
nicht in der Lage war ganze 4,4 Millionen Stimmen richtig auszuzählen.
Plebiszite
sind die Stunde der Populisten.
Hier
haben Desinformation und Angstkampagnen ihre Chance.
Bei
einer direkten Demokratie können sich die Demagogen besser als bei einer
indirekten Demokratie durchsetzen.
Norbert
Hofer, Marine Le Pen, Donald Trump, Boris Johnson und Nigel Farage sind die
besten Beispiele dafür.
Wer will
schon auf Argumente und Fakten hören, wenn Springer oder Murdoch xenophobe Ressentiments
schüren und die Spitzenkandidaten ebenfalls lügen wie gedruckt?
Direkte Demokratie ist die Diktatur der Inkompetenz.
Direkte Demokratie ist die Diktatur der Inkompetenz.
Es ist
nur folgerichtig, daß nach der blamablen Selbstdemontage der Chaos-Piraten nun Seehofer und seine populistische ausländerskeptische CSU
für mehr Plebiszite eintreten.
Wesentliche
und komplizierte Entscheidungen überlasse man lieber den Fachleuten, den professionellen
Volksvertretern.
Zöge
2017 Le Pen in den Elysee ein, betriebe sie den Austritt Frankreichs aus der EU
und das Projekt Europa wäre tot.
Ob es
soweit kommt, hängt von der Stimmung in Frankreich ab.
Plebiszite wie der Brexshit sind reine
Stimmungssache. Rationalität und hat da keinen Platz.
Dem
Front National spielt gegenwärtig eine starke antideutsche Stimmung in die
Hände. Dieselbe Stimmung, die vermutlich auch in England den Ausschlag zu Gunsten
des Leave-Lagers gab.
Perfiderweise
kommen die starken Ängste vor deutscher Dominanz in der EU gleichermaßen von
der ganz linken und der ganz rechten Seite.
Die
einen hassen Merkel dafür, weil sie vermeintlich die Grenzen für Millionen
Muslime öffnete und die anderen hassen sie für ihre Austeritätspolitik, die die
Wirtschaft abwürgt.
Was erlaubt sich
Allemagne!
In Frankreich blühen
zur Griechen-Krise die tollsten antideutschen Ressentiments. Gemäßigte Kreise
loben zwar Merkel, radikale empfehlen aber einen „Germexit“.
Es ist
also auch eine Stimmungssache, wer in Frankreich während einer gewaltigen
EU-Krise Präsident wird.
Um die
wirklich miese Stimmung in Frankreich und die nach dem Britischen EU-Aus noch
angestiegenen Ängste vor deutscher Dominanz zu dämpfen, wäre es äußerst
wünschenswert, wenn Berlin mehr auf Hollande hörte.
Besonders
unglücklich wäre es aus französischer Sicht wenn der überdominante
Fußball-Weltmeister bei der EM im eigenen Lande auch noch Frankreich schlüge und
womöglich auch Europameister würde.
Sport ist
mir völlig egal, aber nationale Stimmungen sind auch politische Stimmungen und
die können gerade sehr gefährlich sein.
Daher
bete ich intensiv dafür, daß Frankreich morgen im EM-Halbfinale Deutschland
deutlich schlägt und nach Hause schickt, daß Frankreich möglichst das Turnier
gewinnt.
Möge
sich die Stimmung bessern, so daß nicht dumpfe Nationalisten à la Le Pen eine miese
Stimmung ausnutzen können.
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