Am
05.11.2016 schrieb Deutschlands beliebtester Politiker, der Bundesaußenminister
und designierte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeiner einen Grundsatzartikel über die Rolle der Medien für die F.A.Z..
Das sei
ja alles ganz schrecklich wie man neuerdings mit Fakten umgehe.
Man möge
doch in Zukunft wieder bei der Wahrheit bleiben und in sich mehr Mühe beim
Medienkonsum geben.
Es sei
überlebenswichtig für eine demokratische Gesellschaft, dass Debatten auf der
Grundlage von Fakten geführt würden: „Nur so erhalten wir unsere Fähigkeit zum
produktiven, wahrheitssuchenden Dialog.“
Gründe dafür, dass
gefühlte Wahrheiten an die Stelle von überprüften Fakten treten, sieht
Steinmeier in der Komplexität unserer vernetzten Welt.
Die digitale
Revolution erzeuge einen nicht enden wollenden Schwall von Informationen:
„Darauf sind wir weder intellektuell noch kulturell vorbereitet.“
Diese „objektive
Überforderung“ erzeuge Gegenreaktionen, die sich in der Rückbesinnung auf
Nation und Religion, „auf das, was leichter Sicherheit und festen Boden unter
den Füßen verschafft“.
Als Antwort darauf
fordert Steinmeier: „Wir müssen in unsere Urteilskraft investieren, in jene
Institutionen und Systeme, die in unseren Gesellschaften Wahrheit produzieren:
Schulen, Wissenschaft, Justiz, aber auch die Medien.“
(dts,
06.11.2016)
Ein
typischer Steinmeier.
Er
spricht ein Problem an, beklagt ein wenig den Ist-Zustand, eroiert wolkig drum herum
und tut keinem weh.
Das mag der Wähler so gern an ihm. Fromm, vage, weit weg.
Falls
Steinmeier die
Titelgeschichte des aktuellen SPIEGELs gelesen haben sollte,
könnte er allerdings ein wenig verschnupft sein.
Ulrich Fichtner verfasste unter der Überschrift
„Die große Erosion“ einen über weite Strecken großartigen Text, in den ich
viele Ausrufezeichen und nur wenige kleine „No“s hineinmalte.
„Menschen, die Fundamentalkritik an den Medien üben“, sagt Reinemann,
„tun dies offenbar, weil sie politisch unzufrieden sind. Sie finden
ihre Meinung nicht in den Medien repräsentiert und empfinden die Medien
deshalb als Stütze der etablierten Kräfte.“ Und wenn ebendiese etablierten
Kräfte so tief in der Grütze sitzen, wie sie das gerade tun, dann ziehen
sie die Medien und allerlei andere Instanzen zu sich herab.
Diesen Zusammenhang verkennt die Politik, Bundesaußenminister
Frank-Walter Steinmeier verkannte ihn, als er in einem Gastbeitrag für
die „Frankfurter Allgemeine“ einmal relativ gönnerhaft mahnende und
tröstende Worte an die Medien austeilte. Medien seien die Grundlage
einer stabilen Demokratie, schrieb Steinmeier, und so weiter, aber sie
seien eben in der Krise, inhaltlich und ökonomisch, und wenn sich die Bundesregierung
ein so schlechtes Krisenmanagement leistete wie die Medienbranche,
dann könne sie sich, so Steinmeier, in Schlagzeilen und Kommentaren
„auf einiges gefasst machen“.
Der Minister zählte dann Gründe auf, warum der Journalismus in
der Krise stecke, und sie waren alle falsch. Dass die Politik im Allgemeinen
und Besonderen auch etwas mit einer Krise der Medien zu tun haben könnte,
diesen Gedanken streifte Steinmeier nicht einmal, vielleicht kommt er
als Bundespräsident noch einmal auf das Thema zurück.
Er könnte dann nämlich darüber reden, wie vor allem die Politik
das Internet verschlafen hat und wie sie seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten,
nicht das Geringste dafür getan hat, den hier beschriebenen Wildwuchs
einzudämmen.
Nichts hat die Bundesregierung unternommen, um die demokratiegefährdende
Macht der Digitalkonzerne zu zähmen, nichts haben SPD, CDU und die anderen
zustande gebracht, um die ständigen Rechtsverletzungen im Netz, den
Hass, die illegalen Angriffe, die Schmähungen und Volksverhetzungen,
die Sexismen und rassistischen Ausfälle aller Art zu unterbinden.
Die Parteien haben, von ein paar irrlichternden Exoten Marke „Piraten“
abgesehen, die größte gesellschaftliche Baustelle unserer Zeit einfach
weiträumig umfahren. Ob es jetzt reicht, ab und an Justizminister Heiko
Maas dort vorbeizuschicken, ist zumindest fraglich. [……]
(SPIEGEL, 30.12.2016)
Houston, wir haben ein Problem.
Während die Kanzlerin noch von „Neuland“ faselte,
haben die neuen asozialen Medien bereits die Bundesrepublik übernommen.
Die Generation unter 25 ist bereits völlig von den
drei Säulen des Journalismus abgekoppelt, die Merkels Vorgänger noch aufzählte:
„BILD, BamS, Glotze.“
Die Quietscher von heute brauchen gar keinen
Fernseher mehr, sehen gar nicht ein weswegen sie sich an eine altmodische Kiste
mit einem Korsett aus starren Sendungsanfangszeiten binden sollten, wenn sie
doch alles, was sie wirklich interessiert zu jeder beliebigen Zeit
downloaden/streamen/sharen können.
Sie sind längst in eine Medienwelt ohne Gatekeeper
hinüberdiffundiert und sehen sich einer gewaltigen Flut aus ungeprüften und
irrelevanten Meldungen ausgesetzt, ohne einen kritischen Umgang gelernt zu
haben.
Während also die ganz Jungen schon im Morgen stehen,
plagt sich meinereins damit ab überhaupt Zugang zu Hardware zu bekommen.
Klammer auf: Im November 2016 wandte ich mich an
VODAFONE, um für eine Wohnung in Hamburger-Barmbek (also einen zentral
gelegenen Stadtteil in der prosperierenden, reichen 1,8-Millionen-Stadt HH)
einen Internetanschluss legen zu lassen. Vodafone einfach deswegen, weil ich
wie 99% der Bundesbürger schon so viele schlechte Erfahrungen mit anderen
Anbietern gemacht hatte. Nach diversen Telefonaten, Emails und Briefen, ist der
Stand der Dinge, daß Ende Januar 2017 ein Techniker kommen soll, der erst mal
feststellen muß, ob und wo vorher ein Telekom-Telefonanschluss bestand. Internet
dann erst später. Klammer zu.
Glasfasernetz, schnelles Internet? Deutschland
befindet sich diesbezüglich noch im IT-Mittelalter, während in baltischen
Staaten schon seit Jahren Behörden und Verwaltung wie selbstverständlich nur
noch digital arbeiten und für jeden Esten jederzeit mit ein paar Klicks zu
erreichen sind.
Voran kommen wir deswegen nicht, weil DANK ANGELA
MERKEL mit Oetti und Doofi zwei ganz besondere Blitzbirnen in Europa und Deutschland für die
Digitalisierung, schnelles Internet und IT-Sicherheit zuständig sind.
ävrising hengs togässa |
Man unterschätzt Oettinger, wenn man meint, er sei nur
der Kaspar, der kein Englisch kann und mit unsäglichem Rassismus auffällt.
Nein, zusätzlich ist der Mann auch noch vollkommen auf
den Kopf gefallen und hat nicht die allergeringste Ahnung von seinem Ressort.
Er kennt noch nicht mal den Unterschied
zwischen Cloud und Festplatte.
Wenn also „die Politik“ schon an den hardware-Basics
scheitert – wieso dauert es Monate bevor ich überhaupt einen Internetzugang in
einer Großstadt bekomme? – sollte man nicht erwarten, daß irgendjemand aus der
Gerontengang an Merkels Kabinettstisch tatsächlich durchdrungen haben könnte,
was eigentlich „soziale Medien“ bewirken.
Ärgerlicherweise werden die fleißigen Twitterer und
Facebooker wie Volker Beck, Johannes Kahrs oder Erika Steinbach automatisch als
„internetaffin“ und somit als IT-Schlaumeier angesehen.
So ein Unsinn. Um Tweets rauszuhauen, muß man gar nichts
begreifen; das zeigt schon Trump.
Das Beispiel von heute ist mein Bundestagsabgeordneter
Johannes Kahrs, der Mann mit dem Talent und der Fragwürdigkeit.
Kahrs
twittert und facebookt ununterbrochen. Jeden Morgen tippt er ein „Moin“
in sein Smartphone und Dutzende seiner Fans facebooken ergeben „guten
Morgen Johannes“ zurück.
Ja, das ist auch Internet, bedeutet aber nicht, daß
Kahrs die Macht der Algorithmen, die Möglichkeiten der Manipulation und die Beeinflussungstechniken
der Facebook-Twitter-Instagram-Bosse durchdrungen hat.
Gestern ärgerte sich Herr Kahrs über die kritischen
Anmerkungen der Grünen-Chefin Simone Peter zum NAFRI-Polizeieinsatz zu
Silvester in Köln.
Kahrs ist zu 100% auf Linie der BILD-Zeitung (Überschrift
heute: „Grünen-Chefin Simone Peter: Dumm,
dümmer, GRÜFRI* = *GRÜn-Fundamentalistisch-Realitätsfremde Intensivschwätzerin“)
und postete inzwischen mehr mehrere Dutzend einsilbige Schmäh-Attacken auf Peter; stets
verbunden mit größten Lob an den Polizeilichen Co-Uniform-Träger von Bundeswehr-Oberst
Kahrs.
Kahrs
verkennt dabei nicht nur den grundsätzlich interaktiven Charakter des
Internets, indem er erst gar keine Diskussionen aufkommen lässt, sondern
scheint auch nicht zu bemerken wessen Spiel er mit seinem Bashing der vermeidlichen
multikulti-aktiven Gutmenschin Peter spielt.
Dabei
ist Kahrs einer, der die sozialen Medien intensiv nutzt.
Wie soll
man also erwarten, daß die an dieser Stelle tatsächlich Mächtigen, Airbrain
Dobrindt und Spooky-Oetti rechtzeitig etwas unternehmen, um die neuen Medien an
die Kandare zu legen, dem Zuckerberg einen Zahn zu ziehen?
Woher
sollten die wissen wie Hacker arbeiten, welche Möglichkeiten Social Bots
bieten?
Und
nein, Angela Merkel als Regierungschefin muß das persönlich auch nicht verstehen.
Aber wenn sie auch nur halbwegs geeignet für ihren Job wäre, hätte sich schon
vor zehn Jahren erkannt was da auf uns zukommt und entsprechende Strukturen
geschaffen, Fachleute beauftragt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen