Es ist
Wahljahr und in den letzten Monaten vor der Wahl macht die Bundeskanzler-Sphinx
etwas Bewährtes und höchst Effektives, um den Anteil der CDU-Stimmen
hochzujazzen.
Sie
lässt es menscheln, indem sie strikt vermeidet politisch konkret zu werden.
Niemals
würde sie sich den harten sachlichen Fragen eines Politmagazins wie Panorama,
Frontal oder Monitor stellen.
Es gibt
auch keine Interviews mehr in den seriösen großen Zeitungen zur politischen
Lage.
Dafür
aber lockeres Geplauder beim BRIGITTE-Talk und auch die Juli-Ausgabe des G&J-Bildermagazins „VIEW“ titelt mit Merkel.
Liz
Mohn, Besitzerin all dieser Zeitschriften würde ihre enge Freundin Angela nie
zu unangenehmen Fragen in ihren politischen Blättern nötigen.
Brigitte
und View hingegen kommen wohlwollend daher. Kaum Text, viele Bilder und Informationen
über Merkels Urlaubsorte, ihre Vorliebe in ihrer Datscha Kartoffeleintöpfe zu
kochen und Hintergründiges über plauderhafte Ex-Schneiderin Anna von Griesheim,
die sie durch die verschwiegenere Bettina Schoenbach ersetzte.
Ich
erfuhr auch den Namen von Merkels Visagistin (Petra Keller), Merkels Schuhgröße
(38) und ihre Kleidergröße (42) – also alles Relevante, das der deutsche Michel
wissen muß, um seine Wahl zu treffen.
Es wird
kräftig gemerkelt in den deutschen Medien; da braucht es wirklich nicht so etwas Überflüssiges wie ein CDU-Wahlprogramm.
Statt
Politik betreibt Merkel Bilder und Gefühle. Bilder gibt es am Wochenende wieder
in Massen, wenn die Kanzlerin in Hamburg mit den Wichtigen der Welt vor die
Kameras tritt und Martin Schulz aber sowas von abgemeldet ist.
In
dieser komfortablen Situation kann sich die CDU nur noch selbst ein Bein
stellen.
Der
Fairness halber versuchte dies Merkels Parteigeneral, der so doof war auf die
inhaltliche Frage nach einem inhaltlosen Programm, zu antworten.
Wieso
die CDU wieder überproportional die Besserverdienenden entlaste und nichts für
die Minijobber und Armen täte?
[…..]
CDU-Generalsekretär Peter Tauber hat mit
einer Äußerung zu Minijobbern auf Twitter empörte Reaktionen ausgelöst.
Hintergrund ist das gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU, das unter anderem
"Vollbeschäftigung" bis 2025 verspricht. Auf Twitter warb Tauber mit
einem Artikel unter der Überschrift "'Vollbeschäftigung' ist viel besser
als 'Gerechtigkeit'" für das Programm. "Heißt das jetzt drei Minijobs
für mich?", fragte ein Nutzer daraufhin am Montagabend. Tauber antwortete
umgehend:
"Wenn
Sie was Ordentliches gelernt haben, dann brauchen Sie keine drei
Minijobs."
[…..]
Schon
lustig. Denn Tauber bemerkt nicht nur nicht wie er gerade Wähler beleidigt,
sondern er hat auch noch faktisch Unrecht.
[….]
CDU-Generalsekretär Tauber behauptet:
Niemand muss einen Minijob annehmen, der eine gute Ausbildung hat. Eine Studie
zeigt, wie weit das von der Realität entfernt ist.
[…..]
Schon 2015 hatte der Deutsche
Gewerkschaftsbund (DGB) Statistiken der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet,
um herauszufinden, welche Qualifikation Minijobber haben. Demnach hatten Ende
2014 mehr als fünf Millionen Deutsche keine Vollzeitstelle, aber mindestens
einen Minijob. Da Schüler, Studenten und Rentner nicht Vollzeit arbeiten
können, betrachtet der DGB nur die 3,1 Millionen Minijobber, die zwischen 25
und 64 Jahre alt sind.
Bei einem Drittel der
Minijobber ist der Bundesagentur für Arbeit nicht bekannt, wie sie qualifiziert
sind. Geht man davon aus, dass sie genauso qualifiziert sind wie die anderen
Minijobber, ergibt sich ein deutliches Bild: Nur jeder fünfte hat keine
Ausbildung. 71 Prozent haben dagegen einen Beruf gelernt, weitere 9 Prozent
haben sogar einen Hochschulabschluss.
In absoluten Zahlen
bedeutet das, dass knapp 2,5 Millionen Deutsche zwischen 25 und 64 Jahren trotz
abgeschlossener Ausbildung oder Studium nur einen Minijob haben – ein
deutlicher Widerspruch zu Peter Taubers Tweet. [….]
Schlimmer
als Taubers Wählerbeleidigung ist aber, daß er seine Chefin nicht begreift, die
gerade alle dafür getan hatte solche konkrete Politik zu vermeiden.
Nun ist
genau das Thema, worüber nicht geredet werden sollte.
Tja,
schade, wenn man doof ist.
[…..] Mit seinem arroganten Minijobber-Spruch hat
CDU-General Tauber mal eben die schöne Programminszenierung seiner Parteichefin
zerstört.
[…..]
Da geben Angela Merkel und Horst Seehofer
bei der Vorstellung des gemeinsamen CDU/CSU-Wahlprogramms die mitfühlenden
Konservativen, die Steuern senken, Familien entlasten und alle in Lohn und Brot
bringen wollen. Deutschland geht es prächtig, und bald geht es uns noch
prächtiger, lautet ihr Versprechen.
Doch nur Stunden
später zerstört der Wahlkampfleiter die schöne Inszenierung und zeigt Millionen
Wählern den Stinkefinger: Wer sich mit schlecht bezahlten Aushilfsjobs
durchschlägt, ist selbst schuld. Von der Union, so klingt die Botschaft, darf
so jemand für seine Situation kein Verständnis erwarten, geschweige denn Hilfe.
Stattdessen gibt's eine Belehrung.
[…..] Spätestens nach der Wahl dürfte
Merkel in der Parteizentrale keine Verwendung mehr für Tauber haben. […..]
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