Wäre ich gewählter Politiker, könnte ich nicht die
Wähler beschimpfen, müßte darum kämpfen, daß die AfD-Ankreuzer das nächste mal
wieder eine demokratische Partei wählen.
Man müsste analysieren, welche Sorgen sechs Millionen Menschen
dazu bringen eine programmlose Partei aus schauderhaften Rassisten zu wählen.
Zum Glück muss ich mich nicht an solche Regeln halten
und den AfD-Fans nicht nach dem Mund reden.
In den letzten 24 Monaten habe ich unendlich viele
Berichte über die Pegida-Marschierer und Nazi-Fans gesehen, die hauptsächlich
in Ostdeutschland hausen, so daß ich eine genaue Vorstellung davon habe, wie die
ticken.
Bezeichnenderweise habe ich unter diesen
Gauland-Epigonen noch nicht einen einzigen sympathischen Menschen entdeckt. Und
noch etwas ist immer gleich: Wann immer Reporter die Interviewten auf ihre
krassen Fehlinformationen hinweisen, oder zu bedenken geben, daß es in ihrem
Dorf gar keine (oder fast keine) Ausländer gäbe, verändert es nichts.
Diese Menschen hassen, weil sie hassen wollen.
Es ist ähnlich wie Antisemitismus, der auch in
völliger Abwesenheit von Juden existiert.
Es tut mir Leid, aber ich will die Ansichten dieser
desperaten Antihumanisten nicht ernst nehmen. Ich möchte gar nicht, daß „die
Politik“ über deren Stöckchen springt.
Wenn ich diese hassverzerrten „Hau-ab!“-kreischenden
Mäuler von enthemmten Ossis sehe, möchte ich Frau Merkel (deren Fan ich
wahrlich auch nicht bin) raten, wirklich da „abzuhauen“ und dieses Pack in
ihrem eigenen Sumpf schmoren zu lassen.
Natürlich hat Frau Merkel diese Option gar nicht; die
Regierung muss sich um alle Menschen kümmern. So pathetisch es klingt, sie ist
die Bundeskanzlerin aller Deutschen und hat sich auch um den miefigen Bodensatz
der Gesellschaft zu sorgen.
Aber das hat durch viel Bildung, Betreuung, soziale
Angeboten, pädagogische Hilfen zu geschehen. Auch damit wird man die im Hass
erstarrten Geronten nicht erreichen, aber vielleicht kann man deren Kinder und
Enkel aus diesen sehr primitiven Denkstrukturen lösen.
Nicht hilfreich ist hingegen, vor Wahlen auf einmal
sein Herz für den rechten Rand zu entdecken und diesen zu umschmeicheln.
Man müsse sich endlich in der Flüchtlingsfrage ehrlich
machen. Es dürfe nicht mehr tabuisiert werden den Islam zu
kritisieren.
„Aber wir müssen die Ängste und Sorgen der Bürger doch ernstnehmen…..
So ein Blödsinn!
Wir müssen den Bürgern die Ängste nehmen und ihre Sorgen zerstreuen.“
(Wilfried Schmickler 12.11.2015)
Wenig verwunderlich, daß von so einer Performance nur
die Originale profitieren: AfD, Pegida und NPD.
Thomas Oppermann will nun auch Kontingente.
Gabriel ist ein Stimmungs-Politiker, der den Muffigen
und Motzenden voller Verständnis entgegen eilt.
Verständnis? Wofür?
Verständnis aufbringen für die Ängste und Sorgen der Bürger in Deutschland.
Keine Talkshow mehr ohne diesen Satz, keine Diskussion am Stammtisch und keine
Debatte im Bundestag. Verständnis VON oder Verständnis FÜR? Es ist der kleine
semantische Unterschied, der den Analysten vom Aktivisten unterscheidet. Den,
der Stimmungen deutet von dem, der Stimmung macht. Ja, auch ich verstehe, dass
es Ängste vor Flüchtlingen gibt und woher diese Ängste kommen. Nur, mit
Verlaub, ich habe kein Verständnis dafür.
Ich habe kein Verständnis dafür, dass Menschen Angst haben vor einer
"Islamisierung des Abendlandes", wo der Anteil der Muslime im
europäischen „Abendland“ gerade mal 4 % ausmacht, und auch dann nur auf 5 %
anwachsen würde, wenn sämtliche syrischen Flüchtlinge auf einmal nach Europa
kämen.
Ich habe kein Verständnis dafür, dass Menschen in diesem Land davor Angst
haben, dass 2, 3 oder 5 Millionen Flüchtlinge uns unserer Lebensgrundlage
berauben. In einem Land, das gerade Milliarden Überschüsse erwirtschaftet und
dabei von der Armut der Länder profitiert, aus denen viele Flüchtlinge zu uns
kommen.
Ich habe kein Verständnis dafür, dass besorgte Bürger Angst davor haben,
dass unsere Verfassungswerte in Gefahr geraten, wo doch die Gleichen, die das
befürchten, sofort dazu bereit sind, Artikel 1 des Grundgesetzes zu opfern,
wenn es um eine menschenwürdige Behandlung von Flüchtlingen in diesem Land
geht.
Nein, ich habe keinerlei Verständnis für diese Ängste – und schon gar nicht
dafür, dass Politiker Verständnis für solche Ängste heucheln und dabei nichts
anderes tun, als diese Ängste jeden Tag aufs Neue anzufachen.
(Georg Restle, Monitor, 06.10.2015)
Maßnahmen wie die populistischen Anti-Asylgesetze
der Bundesregierung sind Wasser auf die Mühlen der AfD.
Da die AfD-Epigonen ohnehin der Realität entkoppelt
sind, hat es auch wenig Sinn sich nach ihnen zu richten.
Impressionen aus dem sächsischen Wilsdruff: 13.900
Einwohner, 10 Asylbewerber - 36 Prozent AfD, das in Frauke Petry Wahlkreis
liegt.
Warum wurde die AfD dort stärkste Partei?
[….] Ein Foto
habe sie überzeugt, sagt Ramona B. Kurz vor der Bundestagswahl sah sie es im
Fernsehen. Es zeigte eine blonde Frau, die an Silvester von Männern mit dunkler
Haut bedrängt wurde. Der Sender entlarvte das Bild als Montage. "Trotzdem:
Da ist doch was passiert in Köln!", sagt Ramona B. Sie habe gar nichts
gegen Ausländer. "Aber wenn das überhand nimmt, ist das nicht gut fürs
Land." […..]
Deutschland goes Trump.
Der Kandidat lügt, seine Anhänger wissen sogar oft,
daß er lügt, aber es macht ihnen nichts aus, weil ihnen die Lügen besser
gefallen als die schnöde Realität.
So auch Ramona B.; es
ist zwar eine Fake-Info, das weiß ich, aber ich glaube es trotzdem, weil es
halt so schön in mein krudes-Hass-Weltbild passt.
Von 16 Bundesländern gibt es zwei, deren Regierungen
deutlich ungenierter als andere braune AfD-Parolen übernahmen.
Einerseits die sächsische CDU-Regierung, die stramm
rechts agiert, völkisch redet und enge Kontakte zu Nazis pflegt.
Andererseits natürlich die CSU-Regierung in München.
Außer den Sachsen-CDUler hat niemand so dezidiert fremdenfeindliche Politik
betrieben wie die CSU-Spitzen.
Es ist ein tiefsitzender Reflex des rechten Randes der
CDU/CSU beim Auftauchen Rechtsextremer selbst auch rechtsextremer werden zu
wollen.
Wie Pawlowsche Hunde schworen heute Herrmann,
Dobrindt, Seehofer und Scheuer nun aber die „offene rechte Flanke“ zu schließen
und noch mehr Härte gegen Einwanderer zu praktizieren.
Was dieses Heranwanzen an die AfD wahlpolitisch
bringt, konnten wir gestern sehen.
Von allen ostdeutschen Bundesländern hat Sachsen das höchste AfD-Ergebnis.
Von allen ostdeutschen Bundesländern hat Sachsen das höchste AfD-Ergebnis.
In Sachsen konnte die AfD auch am stärksten zulegen,
nämlich um ungeheuerliche 20,2 Prozentpunkte, von 6,8% auf 27%.
Mit 27% ist Gaulands faschistoide Gang sogar stärkste
Kraft in Sachsen.
Die CDU verlor sagenhafte 15,7 Prozentpunkte, stürzte
von 42,6% auf 26,9%.
[….] Die AfD ist
die strahlende Siegerin der Bundestagswahl in Sachsen. Für die seit der Wende
dominierende CDU setzte es dagegen eine schallende Ohrfeige der Wähler. Denn
sowohl bei den Erststimmen als auch bei den Zweitstimmen feierte die AfD
Erfolge. [….] Sowohl im Wahlkreis
Sächsischen Schweiz-Osterzgebirge (SSOE), als auch in Görlitz und Bautzen
holten sich AfD-Kandidaten Direktmandate.
Am deutlichsten setzte sich AfD-Chefin Frauke Petry durch. Sie erzielte
im Wahlkreis (SSOE) 37,4 Prozent der Stimmen und deklassierte damit ihren
Konkurrenten, den bisherigen CDU-Bundestagsabgeordneten Klaus Brähmig. [….]
Auch aus den Wahlkreisen Bautzen I und
Görlitz schicken die Wähler AfD-Kandidaten direkt in den Bundestag.[….]
In Westdeutschland erzielte die AfD ihren größten
Zugewinn in Bayern.
Die AfD gewann in Bayern seit 2014 ungeheuerliche 632.594
Wählerstimmen hinzu und holte mit 12,4% ihr bestes Ergebnis aller westdeutschen
Bundesländer. Den größten Absturz gab es im Wahlkreis Ingolstadt, der Heimat
Seehofers, mit Einbußen von 13,9 Prozentpunkten.
Wenn das in dem Bundesland passiert, dessen
Regierungschef sich so brutal und unversöhnlich wie niemand anders gegen
Merkels Flüchtlingspolitik stellte, bestätigt das die simple Regel „man wählt
lieber das Original“.
Die AfD nachzuäffen hat Tillich und Seehofer die
höchsten Verluste an die AfD beschert.
[….] Dann muss sich Joachim Herrmann aber
auch die Frage nach seiner eigenen Rolle und der Ausrichtung der CSU in den
vergangenen Monaten gefallen lassen. Nur wenige Tage vor der Bundestagswahl hat
sich der bayerische Innenminister mit falsch interpretierten Zahlen zu Sexualdelikten und
Flüchtlingen heftige Kritik eingehandelt, weil es ein
misslungener Annäherungsversuch an AfD-Sympathisanten war. [….]
Es bleibt das Geheimnis der CSU wieso sie nach diesem
wuchtigen Aufprall von Kopf auf Wand diese gescheiterte Strategie weiter
ausbauen zu wollen.
Auf die Frage, wie er sich eigentlich eine Koalition
mit der CSU vorstelle, die unisono ankündigte weiter nach rechts zu rücken,
sagte Jürgen Trittin gestern in der ARD, diese Strategie sei eben „genau falsch“.
Recht hat er, der Trittin. Ganz offensichtlich.
Ob ihm Seehofer da inhaltlich folgt ist allerdings
fraglich.
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