Die wenigsten Deutschen haben Vorurteile gegenüber
Neuseeländern oder Kanadiern.
Das liegt insbesondere an der großen räumlichen Distanz.
Menschen hassen üblicherweise niemand mehr als ihre eigenen Nachbarn. Das muss
irgendetwas mit archaischen Konkurrenzgefühlen zu tun haben.
So wie Löwen gewohnheitsmäßig Großkatzen der Nachbarreviere
totbeißen. Der Leopard nebenan und die Gepardin von gegenüber sind
Nahrungskonkurrenten.
Auch die generelle religiöse Basis der Zivilisationen spielt
eine negative Rolle, da alle Gottesvorstellung zu einer „Wir sind besser als
die“-Grundeinstellung führen.
Wer einen Allmächtigen auf seiner Seite hat, weiß alle
anderen im Unrecht.
Das ist der Grundgedanke der christlichen Missionierung: Entweder
ihr ordnet euch unserem Gott unter, oder Rübe ab!
Vor 400 Jahren begann mit dieser Prämisse der 30-Jährige
Krieg, der am Ende die halbe Bevölkerung Europas ausrottete, weil katholische Habsburger
Prinzen in Bayern und Österreich mit Verve ihre protestantischen Nachbarn
massakrierten.
Nachbarnationen wie Frankreich und Deutschland verstanden
sich über Generationen als „Erbfeinde“. Japaner hassten Koreaner, die Schotten
bekriegten die Briten, Polen und Ukrainer wettern gegen Russen, die
NATO-Partner Griechenland und Türkei rüsten sich bis an die Zähne hoch, um
gegeneinander Krieg führen zu können. Balten misstrauen den Russen. Chinesen
gehen gegen Tibeter vor, assimilieren sie. Im Kaschmir-Konflikt (betreffend des
1947 aufgelösten indischen Fürstenstaats Jammu und Kashmir) haben sich die
Nachbarn Indien, China und Pakistan sogar so Atommächten hochgerüstet, weil sie
sich gegenseitig so verachten.
Auf der nächstkleineren Ebene, dem Hass zwischen einzelnen Volksgruppen
innerhalb einer Nation, wird die Gewalttätigkeit noch extremer. Die extrem
blutigen Bürgerkriege auf dem Balkan, im Irak, in Ruanda oder dem Kaukasus
findet zwischen Menschen statt, die den gleichen Pass haben.
Die Freundschaft zwischen Franzosen und Deutschen, die
relative Unvorstellbarkeit eines Krieges in Westeuropa ist deswegen so
bemerkenswert, weil der Hass zwischen benachbarten Volksgruppen als fast
unausrottbar gilt.
Südtiroler verabscheuen Italiener, Flamen die Walonen,
Basken die Franzosen, Katalanen die Spanier, Korsen die Franzosen, Bayern die
Österreicher.
Hamburger mögen keine Sachsen, Ungarn verachten die Roma,
Serben die Ungarische Minderheit, Myanmar vertreibt die Rohingya.
So kann man das immer weiter
herunterdeklinieren. In Deutschland sind rund 500.000 Gerichtsverfahren
zwischen direkten Nachbarn anhängig. Niemand hasst man so sehr wie den Typ, mit
dem man Tür an Tür wohnt
Ich wohnte ein ganzes Jahrzehnt
in einem Haus, Baujahr 1951, dessen Bausubstanz so schlecht war, daß man
buchstäblich „jeden Pups“ hörte.
Über mir, im dritten OG hauste ein außerordentlich sexuell aktives Paar, welches irgendein Bistro betrieb. Die kamen immer frühestens um 23.00 nach Hause, stolzierten eine Viertelstunde in ihren schweren Schuhen auf dem blanken Holzboden hin und her, um dann stundenlang so lautstark zu kopulieren, daß der Mann unter mir, im ersten OG davon wach wurde und erst wütend rumpöbelte, bevor er dazu überging wie ein Irrer mit irgendwelchen Werkzeugen an die Heizungen zu bollern.
Über mir, im dritten OG hauste ein außerordentlich sexuell aktives Paar, welches irgendein Bistro betrieb. Die kamen immer frühestens um 23.00 nach Hause, stolzierten eine Viertelstunde in ihren schweren Schuhen auf dem blanken Holzboden hin und her, um dann stundenlang so lautstark zu kopulieren, daß der Mann unter mir, im ersten OG davon wach wurde und erst wütend rumpöbelte, bevor er dazu überging wie ein Irrer mit irgendwelchen Werkzeugen an die Heizungen zu bollern.
Davon erlitt ich so einen
schweren psychischen Schaden, daß ich seitdem im Zölibat lebe. Am Ende horchte
ich immer panisch an meiner Wohnungstür, bevor ich das Haus verließ, weil ich
solche Angst hatte den potenten Kreisch-Pornologen von oben oder dem Hammerschwingenden
Heizungsmolester von unten zu begegnen. Es blieb mir nur übrig auszuziehen.
Das Problem bei all diesen mörderischen Konflikten ist nicht
nur die räumliche Nähe, sondern die Ähnlichkeit der Volksgruppen.
Kaum ein Landstrich ist so von Hass geprägt wie Palästina
und Israel, die Keimzelle dreier Weltreligionen. In Jerusalem wohnen Christen,
Muslime und Juden nicht nur buchstäblich Tür an Tür, sie sind auch kulturell so
verwoben, daß sie kaum zu unterscheiden sind. Juden und Muslime schnibbeln
ihren Kindern am Penis herum und frönen auch einer sehr ähnlichen Esskultur.
Ein Jude, der sich in der Fremde koscher ernähren möchte, kann in Paris oder
Berlin in ein muslimisches Lebensmittelgeschäft gehen und halal einkaufen.
Damit ist er weitgehend auf der sicheren Seite.
Je weiter man weg ist, desto eher vergisst man die
Ähnlichkeiten. So verlangte die Schleswig-Holsteinische CDU unter ihrem
Spitzenkandidaten Günther im letzten Landtagswahlkampf einen Schweinefleischtag
in deutschen Kantinen einzuführen.
Damit sollte auf populistische Art den Islamophoben ein Zuckerchen
gegeben werden. Die AfD war begeistert; wer sich als Muslim nicht den deutschen
Essgewohnheiten anpasse und Schwein fresse, solle doch wieder gehen.
Daß dieses Anliegen der Nord-CDU genauso antijüdisch wie
antimuslimisch war, übersah man. Für Juden ist Schweinefleisch genauso
tabuisiert.
Angesichts der Beschneidungsdebatte, die aus Rücksicht vor
der jüdischen Bevölkerung damit endete, daß das deutschen Parlament potentiell
tödliche und grausame chirurgische Eingriffe an Babypenissen erlaubte, wurde
diese religiokulturelle Ähnlichkeit deutlich. Bezüglich der
Genitalverstümmelung ticken Juden und Muslime ganz ähnlich.
Legendär auch der plötzliche Frieden zwischen Jerusalemer
Christen, Juden und Muslimen, als in der Stadt der der World-pride-day
veranstaltet werden sollte. Der gemeinsame Schwulenhass vereinte die drei
Erzfeinde.
Diese Kultur-Gemeinsamkeiten führen zu bizarren Problemen.
Der gemeinsame Hass von Israelis und Amerikanern auf den Iran führte beispielsweise
zu der Idee den Export Iranischer Pistazien zu sanktionieren. Mit dem angenehmen
Nebeneffekt, daß kalifornischen Pistazien-Produzenten auf neue Absatzmärkte
hoffen.
Nicht bedacht dabei wurde allerdings, daß Iranische
Pistazien die besten sind und daß niemand so viele Pistazien pro Kopf isst wie
Israelis. Israelis und Iraner haben genau die gleichen kulinarischen Vorlieben.
Das ist ein besonders sinnloser Aspekt am Bruderkrieg. Man
schneidet sich immer ins eigene Fleisch.
Vor über 30 Jahren war ich mal versehentlich während eines
1.Mai-Wochenendes in einer Kreuzberger Wohnung direkt am Kotbusser Tor
einquartiert.
Als gesitteter Hamburger staunte ich nicht schlecht wie
martialisch es dort zuging. Während man morgens in einer großen WG-Küche saß,
kamen allerlei Gestalten wie selbstverständlich herein und füllten kleine Wasser-Spritzflaschen mit Leitungswasser.
Ziemlich absurd angesichts der riesigen Wasserwerfer unten
auf der Straße fand ich. Was sollte das
denn? Da könnte man ja gleich mit Wattebäuschen werfen.
Als ich schließlich nachfragte, bedeutete man mir seufzend,
das brauche man doch heute zum Augenausspülen. Wegen des Tränengases. Ach so.
Das verstand ich gerade noch. Rätselhafter war mir aber wieso
man im antikapitalistischen Rausch ausgerechnete dem winzigen Dönershop nebenan und dem Gemüseladen die Scheiben einschlug. Sollte man sich nicht besser in
Reichenvierteln oder den Luxus-Einkaufsstraßen prügeln, als ausgerechnet in der
eigenen Nachbarschaft, in der sowieso 95% der Menschen grün oder links wählen?
2017 bei den G20-Auseinandersetzungen in Hamburg gab es
tatsächlich mal einen Demozug durch eine gehobenere Wohngegend. Zu Klump geprügelt wurde aber wieder die
links-alternative Schanze
Nicht beteiligt und von der Polizei ausdrücklich gelobt
waren übrigens die linken Schanzenbewohner rund um die berüchtigte Rote Flora
selbst. Auch die Jungs hatten offenbar keinen Bock mehr ihre eigene Hood in ein
Trümmerfeld zu verwandeln.
Genutzt hat es aber nichts, denn es gab genügend Zugereiste, die
unter ihren schwarzen Klamotten 600-Euro-Marken-Sneacker, Calvin-Klein-Unterhosen
und 800-Euro Apple-phones trugen. Die waren weniger ortskundig.
Und so war es wie immer bei Bruderkriegen: Man hatte sich
gewaltig in den eigenen Fuß geschossen, während der golfende Trump in seinen
Luxus-Resorts unbehelligt blieb.
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