Das betrifft natürlich in erster Linie alle Normal- und
Geringverdiener, die als Mietinteressenten in einer Millionenstadt ein Dach
über dem Kopf suchen.
Wie so viele Dinge, entspannt sich auch die Suche nach einer
passenden Bleibe erheblich, wenn man > fünfstellig im Monat verdient.
Die Politmillionäre Spahn, Merz und Lindner dürften das
Problem also nicht aus eigener Erfahrung kennen.
Das müssen sie auch nicht. Man kann sich in Schwierigkeiten
hineinversetzen, die man selbst nicht erlebt hat.
Porschefahrer und Luxusuhrensammler Christian Lindner, der
schon mit 18 Jahren als präpotenter
Politberater in einer Mercedes-Limousine unterwegs war, macht
sich also unnötig lächerlich, wenn er sich selbst als Opfer der Wohnungsnot
stilisiert.
Er wisse wie schwierig es sei eine Zweitwohnung als
Abgeordneter zu finden.
Nein, das weiß er eben nicht, weil man mit Linders Gehalt
und Beziehungen nie auch nur ansatzweise Gefahr läuft wohnungslos zu werden.
Kollege Spahn, längst Immobilienbesitzer, überließ seine
alte Bude Lindner, als er selbst zu seinem noch reicheren Ehemann Daniel Funke
zog.
[…..] Wie BILD berichtet, zieht Lindner beim CDU-Politiker Jens Spahn ein:
Der 38-Jährige wird die Wohnung von Merkels Finanzsekretär in Berlin-Schöneberg
anmieten. Bisher wohnte Spahn hier mit seinem Lebensgefährten, dem
Bunte-Redakteur Daniel Funke.
[…..] In einer Reportage des Sterns über Jens Spahn konnte man schon einen
Eindruck davon bekommen, wie Lindner in Berlin nun leben wird: Neben einer
Dachterrasse habe die Wohnung, „Holzböden und hohe Wände, an denen schrill
poppige Bilder des Berliner Künstlers Lennart Grau hängen“. [….]
Kollege Merz, der allein in einem seiner Dutzenden Nebenjobs
zusätzlich zu seinem eine-Million-Euro-Jahresgehalt bei Blackrock fast sechs
Millionen Euro „erwirtschaftete“, dürfte ebenfalls nicht zu den Durchschnittsverdienern
gehören, die in Berlin oder München bei offenen Wohnungsbesichtigungen für
2-Zimmer-Butzen im 4.OG ohne Lift mit hunderten anderen anstehen müssen.
[….] Wie aus dem Börsenprospekt hervorgeht, besitzt Friedrich Merz 150.000
Stadler-Aktien. Gemäß dem Schlusskurs vom Freitag haben diese einen Wert von
6,5 Millionen Franken (5,7 Millionen Euro). [….]
Man muss wahrlich kein schlechter Mensch sein, nur weil man
Millionär ist. Aber diese groteske Form der Unehrlichkeit, sich wie Merz zur „Mittelschicht“
zu zählen, oder wie Lindner als Opfer der Wohnungsnot darzustellen, wirkt nicht
gerade vertrauenserweckend.
CDU, CSU und insbesondere FDP befinden sich derzeit in
Schockstarre ob der Unverschämtheit des Obergrünen Habeck, der es wagte an das
Grundgesetz zu erinnern. Eigentum verpflichtet?
Teufelszeug, dieses.
Nach konservativer Darstellung wollen die Grünen Vermietern
einfach so ihren Besitz wegnehmen, wenn sie Sympathie für das Berliner Volksbegehren „Deutsche Wohnen enteignen“ ausdrücken.
Das ist natürlich hanebüchener Unsinn.
Es soll lediglich Konzerne betreffen können, die über 3.000
Wohnungen besitzen und durch extreme Wucher-Mieten auffallen.
[….] Das Begehren beruft sich auf den Artikel 15 des Grundgesetzes. Er
erlaubt die Überführung von Produktionsmitteln, aber auch von Grund und Boden
in Gemeineigentum – und zwar ausdrücklich „zum Zwecke der Vergesellschaftung“. [….] Bis
in die 1980er Jahre war der Begriff auf dem Wohnungsmarkt mit der
Wohnungsgemeinnützigkeit fest definiert. Unternehmen, deren vorrangiges Ziel
nicht Gewinne waren, sondern die Versorgung der Bevölkerung mit günstigem
Wohnraum, genossen Steuervergünstigungen. Zahlreiche Genossenschaften zählten
dazu, [….] Gemeinwirtschaft und die
Versicherungsanstalt Volksfürsorge gehörten. Nicht Profit, sondern die
Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen war das Ziel. [….]
Dies strebt das Berliner Volksbegehren an – alle Wohnungsunternehmen,
die mehr als 3000 Wohnungen besitzen, sollen vergesellschaftet und in eine
Anstalt öffentlichen Rechts überführt werden. Ausgenommen sind Genossenschaften
und öffentliche Unternehmen. Diese Überführung von Privateigentum in
Gemeinwirtschaft ermöglicht der Artikel 15 des Grundgesetzes. Er wurde nie
genutzt, während Privatisierungen von Gemeineigentum unser Alltagstrauma sind:
Die Telekom bringt kein Breitbandnetz ins Dorf, DHL-Boten haben keine Zeit mehr
fürs Paketausliefern, und die Deutsche Börsenbahn fährt ins Nichts – nur die
Finanzkrise 2008 rettete uns hier vor der Vollprivatisierung. [….]
Kritiker wenden ein, mit Vergesellschaftung würde keine einzige neue
Wohnung geschaffen – ihr Argument ist dreifach falsch. Denn erstens würde mit
der Sozialisierung von über 200.000 Wohnungen ein leistungsstarker Akteur
entstehen, der neben der vernachlässigten Instandhaltung zügig mit
Nachverdichtung und Neubau beginnen könnte. [….] Zweitens greift die Gegenüberstellung „Entweder Entschädigung zahlen
oder neu bauen“ nicht. Die Initiative hat errechnet, dass die Entschädigung
komplett aus den Mieten der vergesellschafteten Wohnungen aufgebracht werden
kann, und zwar ohne Mieterhöhungen. [….] drittens offenbart die Rechnung „Mehr Neubau bringt billige Mieten“
genau jene fatale Marktgläubigkeit, die die Wohnungskrise verursacht hat. Denn
Neubau ist teuer, neu gebaute Wohnungen kosten mehr Miete als Altbestände. [….]
Die hysterischen Reaktionen der Schwarzgelben erklären sich
mit ihrem Schuldbewußtsein.
Konservative Bauminister auf Landes- und Bundesebene haben
den sozialen Wohnungsbau eingestellt, Millionen Wohnungen aus staatlichem
Besitz an Heuschrecken verscherbelt.
Man erinnert sich an die legendäre Ehlerding-Spende von 5,9 Millionen
DM an die CDU, nachdem er den Zuschlag für die vom Bund ausgeschriebenen
110.000 Eisenbahnerwohnungen bekommen hatte.
Schwarzgelbe glaubten an den Markt. Oder sie sind
möglicherweise auch lediglich wie Superbauminister Seehofer senil und
überfordert, so daß sie nach über einem Jahr im Amt immer noch nicht den
geringsten Handlungsbedarf sehen.
Während bei einigen anderen Themen bedauerlicherweise alle
Parteien das gleiche wollen – zB Migranten rauswerfen und Kirchen schonen –
gibt es beim Thema Wohnungsnot radikal unterschiedliche Ansätze.
C-Parteien und FDP bekämpfen die Mietpreisbremse, beklagen
das Bestellerprinzip für Makler und setzen immer noch voll auf private
Wohnungskonzerne.
SPD und Grüne wollen die Mieten deckeln, denken an
staatlichen Wohnungsbau und schließen eben nicht aus, besonders rabiate
Wohnungskonzerne zu mieterfreundlichem Verhalten zu zwingen.
Sehr gut. Wie beispielsweise auch bei der Urheberrechtsreform
oder der Krankenversicherung – Schwarzgelb kämpft für die Privatversicherten,
Rotgrün will die Bürgerversicherung – gibt es auch beim Thema Wohnen diametral
entgegengesetzte Politikvorstellungen.
[…..] FDP soll sich als Partei des Eigentums profilieren
Zwei FDP-Spitzenpolitiker wollen auf dem kommenden Parteitag mit einem
Antrag die Streichung des Vergesellschaftungsartikels durchsetzen. Damit soll
die FDP als Partei des Eigentums punkten. [….]
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