Je komplexer die Probleme, desto unterkomplexer die
Antworten.
Und alle passen sich an.
Zeitungstexte werden kürzer, Tagesschauberichte schneller
und bunter.
Passiert schlagartig etwas Schlimmes, oder bahnt sich über
Jahre ein Problemberg an – immer lässt es sich mit „schärfere Gesetze“ oder „mehr
Geld“ wegwischen.
Dabei sollte sich doch eigentlich rumgesprochen haben, daß
Deutschland nicht gerade unter einem Gesetzesmangel leidet.
Hat sich schon einmal ein Jura-Student über die dünnen
Heftchen beklagt, die er als Gesetzbücher bekommt? Bezeichnenderweise ist es
gar nicht leicht zu ergoogeln wie viele Gesetze und Vorschriften es insgesamt
gibt. Belastbare, aktuelle Zahlen finde ich nicht.
[…..] Allein der Bund hat 1817
Einzelgesetze mit 55.555 Einzelnormen. Es gibt überdies 2728 Rechtsverordnungen
mit weiteren 44 689 Einzelvorschriften. Nicht zu vergessen: EU und Länder
produzieren noch mal so viel. [….]
[….] Wir haben einfach zu viele Gesetze. Im Augenblick gelten für Sie und
mich 2197 Bundesgesetze mit 46 777 Einzelvorschriften und 3131 Verordnungen mit
39 197 Einzelvorschriften. Hinzu kommen Landesgesetze und Regelungen der
Europäischen Union. Insgesamt schätze ich die Zahl aller Einzelvorschriften,
die einen Deutschen derzeit binden, auf rund 150 000. [….]
Man könnte meinen, 150.000 Einzelvorschriften reichen knapp
aus.
Fragt sich nur, welcher potentiell Kriminelle so genau über
jede Vorschrift Bescheid weiß.
Es stellt sich wohl eher die Frage, ob es in Deutschland
auch nur annähernd so viele Staatsanwälte, Richter, Steuerfahnder, Zöllner,
Schöffen, Polizisten, Sozialfahnder, Ordnungsamtsmitarbeiter, Gefängniswärter,
Sozialarbeiter, Bewährungshelfer, Gutachter, Psychologen gibt, um all die
Vorschriften auch durchzusetzen.
Wenn der Ruf nach mehr Gesetzen und Verboten nicht
ausreicht, preisen sich Parteien und Politiker gern damit an wie viele
Milliarden sie dafür bereitstellten irgendeine Situation zu verbessern.
Sicher ein guter Plan, denn Deutschland leidet nicht nur
unter einer enormen Investitionslücke, sondern in den Zeiten von „Kapitalismus
kaputt“, in denen es Minuszinsen, als Strafen für Sparsamkeit gibt, muss Staat
das Geld ausgeben.
Es gibt genügend Aufgabenfelder. Energiewende, Stromtrassenausbau,
Schulen, Kitas, Breitband.
Ein Minister, der vom Finanzminister Geld für sein Ressort
ertrotzt, gilt als erfolgreich und durchsetzungsstark.
Insbesondere bei einem neuen Amtsinhaber muss die Kanzlerin
dafür sorgen, daß er/sie ein paar Extramilliarden bekommt, um sich vor den
Mitarbeitern als potent heraus zu stellen.
Ursula von der Leyen verstand es sehr gut PR-wirksam mehr
und mehr Milliarden
Für die marode Bundeswehr rauszuholen.
Zwar sind Kriegseinsätze in Deutschland in Deutschland
extrem unpopulär, aber wenn so gar kein Hubschrauber, Panzer, Schiff, Jet
funktioniert, sind auch Pazifisten geneigt den Jungs auf der Hardthöhe mehr
Geld zuzuschieben.
Allein, von der Leyen verkündete öffentlichkeitswirksam die
Milliardenströme und verfiel off-camera sofort in den Schlafmodus.
Die Milliarden wurde nie abgerufen, weil ihr Ministerium
nach all den Jahren immer noch dysfunktional ist.
Leider sind die Unions-Minister alle kaum besser. Sie
verkünden großen Geldsegen und kümmern sich anschließend nicht weiter darum,
was damit passiert.
Oft sind Zuschüsse vom Bund so gestaltet, daß Land oder Kommune
einen Teil (meist 50%) aufbringen müssen.
Das bedeutet in der Praxis, daß die ärmsten Gemeinden, in denen die Investitionen besonders dringend sind, die Bundeshilfen gar nicht in Anspruch nehmen können.
Das bedeutet in der Praxis, daß die ärmsten Gemeinden, in denen die Investitionen besonders dringend sind, die Bundeshilfen gar nicht in Anspruch nehmen können.
In diesen Fällen ist das von Helmut Schmidt so sehr
propagierte „verwalten statt regieren“ gefragt. Oder aber „Regierungskunst“. Da
müsste ein Minister nachhaken und Lösungen finden.
Die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt lernte es immerhin
während ihrer Amtszeit.
Eine neue Regelung im mächtigen „gemeinsamen Bundesausschuss“
gBA auf den Weg zu bringen, ist zwar der Zeitpunkt sich feiern zu lassen, aber
noch lange nicht die Garantie, daß die dort sitzenden Krankenhaus- und
Kassenvertreter das von der Ministerin Gewünschte auch umsetzen.
Ulla Schmidt machte in den Folgejahren entsprechend mehr
Druck.
Aber von Pfeifen wie Andi Scheuer kann man das nicht
erwarten.
[….] Trotz des schwachen Wirtschaftswachstums hat der Bund auch das Jahr
2019 mit einem unerwartet hohen Überschuss abgeschlossen. Das Plus im
Bundeshaushalt beläuft sich laut dem am Montagmittag vorgestellten
Jahresabschluss auf einen bereinigten Rekordwert von 13,5 Milliarden Euro. Zur
Verfügung stehen dem Finanzminister sogar insgesamt 17,1 Milliarden Euro,
aufgrund von nicht ausgegebener Rücklagen. […..] Die Steuereinnahmen fielen wieder höher aus als erwartet; die
Zinszahlungen für den Schuldendienst wegen der extrem niedrigen und teilweise sogar
negativen Zinsen dagegen um einige Milliarden Euro niedriger. Schließlich
flossen erneut einige Milliarden Euro aus verschiedenen Sonderfonds der
Bundesregierung nicht ab; das betrifft den Energie- und Klimafonds, die beiden
Kommunalinvestitionsfonds, die unter anderem für Schulsanierungen aufgelegt
sind, den Fonds für den Kita-Ausbau sowie den Digitalfonds, der für Schulen
sowie den Glasfaserkabelausbau eingerichtet worden ist. Oft fehlen in den
Kommunen die Voraussetzungen, um die Gelder verbauen zu können. […..]
Merke, Überschüsse zu erwirtschaften ist ganz hübsch.
Aber gute Minister müssen auch die Kunst beherrschen die
vielen Milliarden wieder auszugeben und dafür sorgen, daß die Moneten dort
ankommen wo sie gebraucht werden.
[…..] Die hohen Überschüsse sind kein Grund zur Freude. Sie sind das Ergebnis
schlechter Mittelabflüsse, vor allem bei Investitionsmitteln. Das heißt, dass
zu wenig Geld ausgegeben wurde für eine moderne und zukunftsfähige
Infrastruktur. Die Verantwortung für den schlechten Mittelabfluss liegt bei der
Bundesregierung. Die Überschüsse müssen jetzt gesichert werden für
Investitionen in die Zukunft. Investitionen in den Klimaschutz, in
Digitalisierung in Bildung und eine moderne und saubere Verkehrsinfrastruktur
müssen jetzt Vorrang haben.
Die Bundesregierung hat keine Investitionsstrategie. Investitionen gibt
es immer nur nach Kassenlage. Der Bundesregierung fehlen das Konzept und die
Verlässlichkeit, deswegen bleiben auch viele Investitionsmittel liegen. Die
Bundesregierung muss es endlich schaffen, die veranschlagten Mittel für
Investitionen auch auszugeben. Die Investitionsprogramme müssen so gestaltet
werden, dass die Kommunen sie auch wirklich nutzen können. Die Probleme liegen
unter anderem bei zu hohen Anforderungen bei der Ko-Finanzierung, bei
undurchschaubaren Anforderungen für die Förderung und fehlenden Planungskapazitäten
vor Ort. Alles Probleme die der Bund durchaus ändern kann. […..]
(Pressestelle BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, 13.01.20)
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