Wenn man den Bandnamen „Coldplay“ erwähnt, bekommen
eingefleischte Musikliebhaber, die durch die Alternative-Szene mäandern, in der
Regel Ausschlag.
Mehr Mainstream als Chris Martins Jungs geht nicht.
Natürlich sind die Briten liebe, gute Jungs, die sich
politisch engagieren und ein gewaltiges Publikum erreichen.
2018 wurden sie nur knapp von U2 als bestverdienende Musiker
der Welt geschlagen und spielten knapp 120 Millionen Dollar ein.
Wer wie ich die Band
schon kannte, bevor sie Megastars wurde, ist natürlich etwas pikiert nun zu so
einem durchschnittlichen Geschmack zu gehören.
Inzwischen sind sie ein Synonym für kommerziellen Erfolg.
Ich erinnere mich an nette Indie-Bands wie Keane oder
Aqualung, die nach einigen sperrigen Alben und wenig Erfolg „hörbarer“ wurden,
ein größeres Publikum erreichten und dann von nörgelnden Kritikern im „Rolling
Stone“ attestiert bekamen nun allerdings so gefällig wie Coldplay zu klingen.
Es stimmt aber, dem netten Matt Hales von Aqualung stand ich
bei Konzerten im winzigen INDRA-Club 2002 und 2003 genau gegenüber als er vor
den anwesenden 30 Leuten musizierte. Es war grandios. 2007 erschien dann „Memory
Man“ mit reinen Popsongs. Der Coldplay-Effekt.
Es fragt sich, ob kommerziell erfolgreich auch schlecht sein
muss.
Zu den Topverdienern der Branche zu gehören, bedeutet
definitiv nicht, daß man auch zu den besten Musikern gehört.
Lady Gaga, Katy Perry, Justin Bieber und Taylor Swift, die
sich ebenfalls in den Top Ten der Bestverdiener tummeln, sind eher
durchschnittliche Musiker mit keinen weltbewegenden Stimmen. So sympathisch ich
Madonna finde, aber natürlich ist sie durch ihren genialen Geschäftssinn so
erfolgreich. Eine große Sängerin ist sie nicht und seit vielen Jahren gab es
kein Album mehr von ihr, das man gern gehört hätte. Man kauft die CD, weil es
eben „die neue Madonna-CD ist“, hört sie einmal, denkt sich nur „das ist wieder
nichts“ und stopft sie zum Vertauben ist CD-Regal. Bei Depeche Mode ist es
genauso.
Die international supermegaerfolgreiche Adele hat allerdings
wirklich eine Jahrhundertstimme und ist eine begnadete Songwriterin. Auch wer
mit dieser Art der Musik gar nichts anfangen kann, wird nicht bestreiten, daß
sie ein echtes Goldkehlchen ist.
Auch Top Verdiener Elton John ist zweifellos extrem
talentiert, kann komponieren und Piano spielen wie kaum einer.
Coldplay und U2 verdienen weltweit so gut, weil sie
begnadete Stadionspieler sind. Sie haben einen charismatischen Sänger, dessen
Stimme Wiedererkennungswert hat, verfügen über so gutes Songwriting und so
perfekte Produzenten, daß sie es verstehen 50.000 Menschen mit Hymnen-artigen
Songs in einen gemeinsamen Rausch des Mitsingens und Mitgrölens zu versetzen.
Alternde Musik-Redakteure schimpfen natürlich wie die
Rohrspatzen. Nichts hassen sie so sehr wie Erfolg.
[…..] Man muss es so hart sagen: Coldplay haben in den vergangenen Jahren
eine furchtbare Entwicklung genommen. Der Weg in die Stadion-Liga wurde
gepflastert mit einem hyperaktiven
Konzeptalbum („Mylo Xyloto“), einer unsäglichen Trennungschmerzplatte („Ghost
Stories“) und zuletzt mit Songs, die ein amerikanischer Kritikerkollege
polemisch mit tröpfelndem Elefantensmegma verglich. […..]
Aber grundsätzlich ist Stadiontauglichkeit kein Verbrechen.
Das verschafft große Erlebnisse für die Fans.
Jim Kerr von den Simple Minds kann das auch, ebenso wie
David Gahan (Depeche Mode).
Begnadete Hymnen-Performer
sind aber auch Gerard Way (My Cemical Romance), Jared Leto (Thirty Seconds To
Mars) oder Brandon Flowers (Killers).
Man sollte die Fähigkeit Hymnen zu performen nie
unterschätzen, wenn es um kommerziellen Erfolg geht. In der Disziplin sind Coldplay maßstabbildend.
Ich halte nichts von der Arroganz der Indie- und
Alternative-Liebhaber, die Bands wegen ihres Erfolgs verachten.
Coldplay-Live-Konzerte sind beeindruckende Erlebnisse – auch
wenn man damit leider zu einer Masse von vielen Millionen gehört, die das
genauso empfinden.
Insofern rate ich auch durchaus dazu das aktuelle Album „Everyday
Life“ zu kaufen.
Da gibt es prima Songs.
Voraussetzung, um die neuesten Coldplay-Werke zu genießen,
ist allerdings daß man kein Wort Englisch versteht.
In jedem zweiten Satz geht es nämlich um Gebete, Kirchen,
Kathedralen und den Herrgott. Wie konnte das denn passieren? Hatte Martin
vielleicht Sex mit Xavier Naidoo und sich dabei mit Religion angesteckt?
Das Album ist sehr abwechslungsreich, aber alles ist
hochspirituell. Es gibt Gospel, Klosterchöre und viel Halleluja.
Ich mag Weltmusikeinflüsse, auch wenn es nicht ganz so
genial wie bei Peter Gabriel klingt.
Viele Instrumente und Straßenmusikattitüde wie Arcade Fire
begrüße ich ebenfalls, aber muss es so dermaßen religiös sein?
[……] In „Church“, einem Klagegesang, der sich dann doch noch zu einer hochtrabenden, wenn auch melancholisch gebrochenen Euphorie steigert. Doch dieser so typische Coldplay-Song wird zum Abschluss mit arabischem Gesang aufgemotzt. [….]
Für mich ist das zunächst einmal ein sehr gelungener Popsong
mit einer hellen und klaren Martin-Stimme.
Ich kann aber nicht verstehen, wie politisch so engagierte
Menschen wie Coldplay, die nun sogar auf dreistellige Millioneneinnahmen
verzichten, weil sie aus Sorge um den Klimawandel nicht mehr so viel fliegen
wollen, die sich gegen Waffengewalt und für Flüchtlinge einsetzen, so sehr der
Kirche an den Hals werfen.
Spiritualität
klingt euphemistisch, aber Martin singt in Wahrheit viel profaner von der Kirche.
Also der Institution, die all die korrupten rechten Umweltzerstörer und
Kriegstreiber – Bolsonaro, Trump, Orban, Assad – unterstützt.
Leider verstehe ich genügend englisch, um die Textzeilen in
Songs wie „Church“ nicht zu überhören.
[…..] What can't I get through?
And for everyone everywhere
You're answering every prayer
[…..]
'Cause when I'm hurt
Then I go to your church
'Cause when I'm hurt
Then I go to your church
[…..] أبي يا الله يا قادر، لماذا تركتني؟
ابي يا الله ياقادر
حرية يا الله
محبة يا
محبة يا الله
I worship you in church, baby
Always
I worship you in church
All the seven days
I praise and praise
And for everyone everywhere
You're answering every prayer
[…..]
'Cause when I'm hurt
Then I go to your church
'Cause when I'm hurt
Then I go to your church
[…..] أبي يا الله يا قادر، لماذا تركتني؟
ابي يا الله ياقادر
حرية يا الله
محبة يا
محبة يا الله
I worship you in church, baby
Always
I worship you in church
All the seven days
I praise and praise
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