Sonntag, 26. Januar 2020

Früher war alles einfacher

In vier Wochen wird in Hamburg gewählt. Wie wir gestern gesehen haben, wird das Ergebnis mutmaßlich irgendetwas links der Mitte.
Zumindest, wenn die Grünen nicht so stark werden, um sich den Partner aussuchen zu können, da sie ganz eindeutig die CDU präferieren.

[….] Im ersten Wahlkampfduell mit dem SPD-Amtsinhaber Peter Tschentscher bei der „ZEIT“ zog Fegebank nach Ansicht vieler Zuschauer eher den Kürzeren: Tschentscher machte mehr klare Punkte, bekam mehr Applaus und hatte mehr Lacher. [….] Die Mehrheit aber nahm einen eher dynamischen, sattelfesten Amtsinhaber wahr – und eine nette Herausforderin, die den Attacken wenig entgegen zu setzen hatte. [….]

Natürlich ist es auch ein bißchen gemein vom SPD-Kandidaten mit Sachpolitik und Faktenkenntnis aufzutreten, schließlich weiß doch jeder, daß es sich dabei um die große Schwäche der Grünen handelt. Fegebank setzt auf allgemeine Wohlfühlrhetorik mit wolkigen Sprüchen.


[….] Wahlduell in Hamburg: Wie viel Vision darf's denn sein?
Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und seine Stellvertreterin Katharina Fegebank (Grüne) trafen erstmals als Spitzenkandidaten aufeinander. Harmonisch war das nicht.
[….] Der Bürgermeister preist sich für seinen Realitätssinn, für seinen Blick auf die gesamte Stadt und sieht in seiner Kontrahentin eine Frau, die mit wolkigen bis blumigen Visionen daherkommt. Die zweite Bürgermeisterin will mit Freude am Ausprobieren und Mut begeistern; sie stört an ihrem derzeitigen Chef vor allem, dass er aus ihrer Sicht zu kühl und rational analysiert. [….] In Bedrängnis gerät Katharina Fegebank einmal – als es um eine konkrete Forderung aus dem Wahlprogramm ihrer Partei geht. Die Grünen wollen das Vermummungsverbot bei Demonstrationen aufheben. Sie selbst gibt gleich im ersten Satz zu, dass dies in der Tat auf den ersten Blick verstörend wirken könne. Tschentscher nickt, das Publikum lacht. [….]

Da die zweite Bürgermeisterin thematisch nicht so mithalten kann, weichen die Grünen immer wieder auf ihr eines Thema aus, von dem insbesondere auch ihr Fraktionschef Tjarks vollkommen besessen ist: Fahrrad fahren!

(….) Die Radelei ist für die Sportskanone Hobby und Sucht gleichzeitig.

[….] Handball, Fußball, Tennis, Marathon – und jetzt auch noch der Wettbewerb für die Harten und Vielseitigen: Triathlon. Seit Monaten trainiert Anjes Tjarks für die Teilnahme an dem Kombinationswettbewerb aus Schwimmen, Radfahren und Laufen Mitte Juli an Alster und Elbe. Der Chef der Grünen-Bürgerschaftsfraktion schwimmt an Wochenenden 50 Bahnen im „Festland“, radelt zu allen Terminen durch die Stadt und läuft jeden Morgen um 6 Uhr, bevor er seine drei Söhne weckt, von der Altonaer Altbauwohnung zur Strandperle am Elbstrand und zurück. Falls das Sporttreiben nicht sogar eine Sucht ist, mehr als ein Hobby ist es auf jeden Fall für den Studienrat. „Sport ist die DNA meines Lebens“, sagt der 37-Jährige. […..]

Er agiert wie evangelische Bischöfinnen in ihren Kolumnen – sie erzählen voller Selbstbewunderung etwas aus ihrem Leben, das sie ganz toll machen und folgern und fordern aus dieser extremen Ego-Perspektive alle anderen mögen es ihnen bitte nachtun.
Tjarks radelt und sportelt, das sollen nun alle anderen Hamburger auch.
Daß es Menschen gibt, die aus beruflichen Gründen ein Auto brauchen, oder die womöglich schon 88 sind und nicht mehr Radfahren können, die auch nicht im öffentlichen Bus fahren können, weil sie dort beim Anfahren hinschlagen würde oder nicht mit ihrem Rollator hineinkommen, oder die wie ich aufgrund eines gebrochenen Beines und jeder Menge Schrauben im Knie und Sprunggelenk nicht Pedale treten können, kommt Tjarks offenbar nicht in den Sinn.
In seiner Welt sind alle Menschen genauso jung, perfekt und sportlich wie er. (…..)

Kein vernünftiger Mensch bestreitet, daß möglichst viele Verkehrsteilnehmer auf das ökologische und emissionsfreie Fahrrad umsteigen sollten, statt auf die ökologisch katastrophalen E-Scooter, die Fegebank so liebt.

[….] "Mit einem Elektro-Scooter zu fahren macht Spaß und schützt das Klima. [….] Von den Erfahrungen, die hier in Sachen Sicherheit und Fahrpraxis gemacht werden, können wir in Hamburg insgesamt profitieren und so einen wichtigen Beitrag zur Mobilitätswende leisten." […..]

Drei Monate später werden die E-Scooter von den Hamburger gehasst wie die Pest. Überall liegen die Dinger im Weg. Da taucht Fegebank natürlich ab.
[…..] Im Auftrag des „Hamburger Abendblatt“ befragte das Forsa-Institut zwischen Mitte Dezember 2019 und Anfang Januar insgesamt 1009 wahlberechtigte Hamburger*innen. Laut der Umfrage hätten sich mit 62 Prozent fast zwei Drittel der Befragten dafür ausgesprochen, die rund 2000 E-Scooter von Hamburgs Straßen zu nehmen. Dagegen haben nur ein Viertel der Hamburger*innen gegen ein Verbot gestimmt und etwa 13 Prozent haben sich enthalten. […..]
Also kehren die Grünen wieder zurück zu ihrem einzigen Thema Fahrrad und legen zur heißen Wahlkampfphase ihre „Grüne Radverkehrsstrategie“ vor.
Eigentlich hatten sie sich auch hinter die Initiative Autos raus aus der Innenstadt gestellt, aber das kam bei den Geschäftsleuten so schlecht an, nachdem Sporty-Tjarks sich dafür begeisterte.

[…..]  Sollen Autos raus aus der Innenstadt?
Die City wäre dann viel attraktiver, sagt Anjes Tjarks von den Grünen. Unsere besten Kunden kommen aber mit dem eigenen Wagen, entgegnet der Schuhunternehmer Ludwig Görtz. [….]

Also fiel Fegebank gleich wieder um und erklärte die eben noch begrüßten Pläne als „irre“.

[….] Anjes Tjarks, Vorsitzender der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Wir treten kräftig in die Pedale und heben den Ausbau der Fahrradstadt Hamburg auf die nächste Stufe. Denn der Radverkehr ist ein zentraler Schlüssel für eine nachhaltige Mobilität und eine lebenswerte Stadt. Mit unserem Radverkehrskonzept stellen wir nun weitere konkrete Maßnahmen vor, um das Radfahren einfach, schnell, sicher und bequem zu machen. Denn dieser Vierklang ist es, der die Menschen auf’s Fahrrad bringt. Um dies zu erreichen, wollen wir ein Rad-Komfortnetz aufbauen, auf dem lästiges Warten an Ampeln möglichst vermieden wird. Ein solches Komfortnetz wollen wir auf allen viel befahrenen Routen testen und bei Erfolg weiter ausbauen. Die Kurzformel für diese Maßnahme lautet: Lange Strecken, wenige Stopps, mehr Freude am Radeln. Konkret stellen wir uns eine solche Strecke zum Beispiel auf der Veloroute 4 vor, so dass man aus Winterhude in einem Rutsch bis in die City radeln kann. Weitere wichtige Bausteine unseres Konzeptes sind u.a. mehr Protected Bike Lanes und das Fahrradparken vor der Haustür. Denn wer aus der Wohnung kommt und weiß, dass sein Fahrrad ebenerdig, sicher und wettergeschützt direkt vor der Tür parkt, wird auch danach greifen. Wir werden alles dafür tun, um das Radfahren in Hamburg noch besser und sicherer zu machen. [….]

Die meisten Medien steigen voll ein und erklären ebenfalls wie wichtig Schnellradwege, Ampelfreiheit, Komfort-Radparkhäuser, „bike protected lanes", Radstationen und Luxusräder sind.

Erstens: Ja, Radfahren ist gut.
Zweitens: Ist es trotzdem möglich einfach nur Fahrrad zu fahren, ohne das zu einem politischen Popanz aufzubauen und ein halbes Dutzend Forderungen zu stellen?
Ich bin heute zwar gezwungenermaßen Autofahrer, aber ich war auch mal jünger und viele Jahre ein passionierter Radfahrer.
Als Kind und Schüler war ich kaum von dem Ding runter zu bekommen und erledigte alle meine Wege mit dem Zweirad.
Allerdings war es damals so, daß man sich zu dem Zweck einfach draufsetze und losfuhr.
Ich war nie in einem Luxusfahrradshop und habe mir für vierstellige Beträge irgendwelche Must-have-Modelle aufschwatzen lassen, ich hatte nie einen Fahrradhelm, nie Radhosen, nie windschnittige Radschuhe, sicher keine Radwesten und auch kein besonderen Schlösser.
Ich habe auch nie eine Radstation, wettergeschützte protected lines, oder ampelfreie Velo-Routen vermisst.

Die heutige Ausstattung der Radler ist einfach nur lächerlich. Außerdem ist es mir rätselhaft wie es sein kann, daß heutzutage 60% der Radfahrer abends ohne Licht fahren, wenn sie schon so ein unglaubliches Bohei um ihre Treiben veranstalten, jedes Radtour zum Event verklären.
Meine Fahrräder hatten nie auch nur annähernd den Luxus, den zumutbare Drahtesel heute bieten müssen.
 Aber als Jugendlicher wußte ich durchaus, daß Fahrräder von Polizisten auf Verkehrssicherheit überprüft wurden. Dazu gehörten funktionierende Bremsen, eine Klingel und natürlich Licht.
Das war alles. Allerdings waren wir damals noch nicht so hoffnungslos verweichlicht, daß wir widerstandsfreie LED-Scheinwerfer mit uns rumschleppten – die offenbar ständig vergessen werden – sondern hatten schlichte festinstallierte Lampen, die über einen kleinen Dynamo am Reifen betrieben wurden. Ja, sicher, dafür mußte man minimal mehr in die Pedale treten, aber lange vor der Notwendigkeit von E-Scootern und Elektro-Bikes waren auch die vielen Komfort-Ansprüche von heute noch nicht erfunden.

Also bitte Tjarks und andere Radler: Fahrt Rad, aber das ist nicht das einzige Thema der Welt. Man muss nicht unbedingt pausenlos darüber sprechen und man braucht auch keine spezielle Rad-Infrastruktur.
Jetzt möchte ich schon aus Prinzip nur noch Auto fahren. Ihr nervt so dermaßen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen