Eigenartig, daß eine so überzeugte Karnevalistin wie
Annegret Kramp-Karrenbauer den Sinn des Karnevals so gar nicht begreift.
Da muss ich als eiskalter Norddeutscher, der sich niemals
verkleidet und konsequent jeden Fasching meidet, wohl ein bißchen aufklären.
Offenbar kennt AKK weder die historische noch die literarische
Bedeutung eines Hofnarren und die
sich daraus ergebende Narrenfreiheit.
Gemeint sind die außergewöhnlichen Umstände unter denen ein
einfacher Bürger den Mächtigen etwas ins Gesicht sagen darf, ohne dafür böse
Konsequenzen spüren zu müssen. Simpel ausgedrückt: Die Schwachen dürfen sich
über die Starken lustig machen. Im Karneval dürfen sogar alle Narren sein. Der
Narr wird König, und der König wird erniedrigt.
AKK stellte das Konzept auf den Kopf, indem sie als eine der
mächtigsten Menschen Deutschlands über die Schwächsten (in dem Fall
Transgender) herzog.
Verschärfend kam hinzu, daß sie als katholische Vorsitzende
der CHRISTEN-Union für eine politisch-religiöse Richtung spricht, die
traditionell immer die aggressivsten LGBTI-Feinde waren.
[….] Als CDU-Vorsitzende sollten Sie sich nicht als Putzfrau verkleiden. Das
ist heikel. Sie hat bei ihrem Vortrag schale Witze über die Feinstaubdebatte
oder das Gewicht von Peter Altmaier gemacht, sich dabei aber hinter der Rolle
der Putzfrau versteckt, es einer Putzfrau in den Mund gelegt. Das hat etwas
Feiges. Als Politiker verstecke ich mich nicht hinter einer Figur, die in der
Hierarchie unter mir liegt. Das hat was Despektierliches und ist für die
Putzfrau ehrverletzend. Kramp-Karrenbauer hat so getan, als würde die doofe
Putzfrau reaktionäre Gedanken hegen. Dabei hatte Kramp-Karrenbauer selbst
solche Gedanken.
[….] Der Karneval ist heute Popkultur und versucht, Menschen zu
integrieren. Alle können mitmachen, auch sexuelle Minderheiten, auch
Vertreter des dritten Geschlechts. Hier aber hat sich eine Mehrheit über eine
Minderheit lustig gemacht. Da ist Frau Kramp-Karrenbauer ihre Konservativität
zum Verhängnis geworden. Sie verharrt noch in der Brauchtumskultur der
Sechzigerjahre. [….] Man sollte die kleinen Leute nicht zur Zielscheibe
machen - es sei denn, sie verhalten sich asozial. Vertreter des dritten
Geschlechts sind aber nicht asozial. [….]
Auch ihre Rolle als Parteichefin begreift Kramp-Karrenbauer
offensichtlich nicht, wie man an ihrem völlig vermasselten Rücktritts-Statement
sehen konnte.
(….) Alles was Annegret
Kramp-Karrenbauer vor zehn Tagen bei ihrer Rücktrittsankündigung versprach –
Führung von vorn, Findungsprozess bis Dezember, Zusammenführung von Kanzleramt
und CDU-Parteivorsitz - ist bereits
Makulatur.
Die gesamte CDU-Führung ist
blamiert bis auf die Knochen und wird inzwischen selbst von den eigenen
Ministerpräsidenten Hans und Günther als „irrlichternd“ beschrieben. (….)
Das Prinzip der Verantwortungsübernahme kennt AKK offenbar
nicht und machte noch im Abgang Angela Merkel madig.
(…..) Annegret Kramp-Karrenbauers
Rücktrittsgrund war die von Merkel angeordnete Trennung von Parteivorsitz und
Kanzlerkandidatur, bzw Bundeskanzleramt. Das habe nicht funktioniert und daher
solle der nächste CDU-Bundesvorsitzende auch Kanzler/Kanzlerkandidat sein.
Was für eine fadenscheinige
Scheiße, die von dem eigentlichen Grund – „ich bin unfähig und noch nicht mal
der CDU-Vorstand unterstützt mich“ – ablenken soll.
Das Thema Kanzlerschaft steht
nicht zur Debatte. Kein CDU-Politiker kann ohne Neuwahlen Angela Merkel im
Kanzleramt beerben, weil dazu eine Kanzlermehrheit im Bundestag notwendig ist,
die vollkommen ausgeschlossen ist.
Es gäbe sie nur in drei
Konstellationen:
1.) Schwarzrot, aber das wird
garantiert kein einziger SPD-Abgeordneter mitmachen, weil damit dem Neuen der
ungeheure Vorteil eines Amtsbonus‘ für die nächste Bundestagswahl geschenkt
würde.
2.) Jamaika, aber das ist nach
Lindners Nein auf der FDP-Seite ohnehin unwahrscheinlich und von den Grünen
ausgeschlossen; würden sie doch damit ihre 8,9% im Bundestag zementieren,
während sie bei Neuwahl stabil über 20% erreichen könnten.
3.) Kemmerich-Koalition, aber
auch das ist nach dem Erfurter Desaster ausgeschlossen.
Abgesehen von dieser
mathematischen Unmöglichkeit einer neuen Kanzlermehrheit, wäre das auch
taktisch für die CDU desaströs, da Merkel immer noch die beliebteste
CDU-Politikerin ist und zudem zwei Drittel der Wähler wünschen, daß sie in der
Groko bis zum Ende der Legislatur amtiert.
Ein CDU-Vorsitzender kann also
vor dem Herbst 2021 maximal die Kanzlerkandidatur erreichen.
Dazu hätte aber AKK das
Vorschlagsrecht. Wenn sie davon so überzeugt ist, hätte sie einfach ihren
eigenen Anspruch anmelden müssen.
Ihre Theorie von der
Zusammenführung der beiden Ämter ist aber löcherig, denn auch als zukünftige
Kanzlerkandidatin hätte sie sich in Erfurt in der CDU-Landtagsfraktion eine
blutige Nase geholt. Den Ostlern sind widersprüchliche Vorgaben aus dem Konrad-Adenauer-Haus
inzwischen egal.
AKKs Unehrlichkeit bei ihrer
Rücktrittsbegründung und ihr vollkommen idiotischer Zeitplan bis Ende Dezember,
der erneut ihr strategische Naivität belegt, hat nur ihrer Partei erneut
geschadet. Nun hat sie eine veritable Führungsdebatte mit Flügelstreit an der
Backe. Dazu kommen eine lame-duck-Verteidigungsministerin, eine Kanzlerin in
völlig erlahmter Ideenlosigkeitsendphase und eine autoritätslose Parteichefin
mit nur noch sehr begrenzter Restlaufzeit. (….)
(
Plädoyer für Friedrich Merz, 15.02.2020)
AKK wird nicht wie sie wollte in zehn Monaten ihren
Chefposten los sein, sondern bereits in acht Wochen.
Auf den frühestmöglichen Zeitpunkt, den 25.04. wurde der
CDU-Wahlparteitag vorgezogen, weil niemand mehr länger als unbedingt nötig von
der Noch-Vorsitzenden geführt werden will.
Noch heute verweist sie im Spiegel-Interview perfide auf
andere, wenn es um die Kardinalkatastrophe von Erfurt geht.
[…..] Und wenn Sie auf die Ereignisse in Thüringen anspielen: Die sind eben
auch den schwierigen Verhältnissen in Thüringen geschuldet, die von der
dortigen CDU mitverschuldet worden sind. Da sind Entscheidungen, die wir in den
Führungsgremien der Bundespartei gemeinsam getroffen haben, leider nicht immer
gemeinsam nach außen mitgetragen worden. Die CDU braucht aber alle Kräfte, um
diese schwierigen Fragen zu lösen. Und ich sehe mich als Teil der Lösung. […..]
Es sind von Anfang an vor Ort eine Reihe
von Fehlern gemacht worden. Der erste lag darin, dass die Thüringer CDU nach
ihrer klaren Wahlniederlage nicht sofort erklärt hat, dass sie in die
Opposition geht, sondern wochenlang den Eindruck erweckt hat, sie versucht doch
irgendwie, in die Regierung zu kommen. Der zweite große Fehler war aus meiner
Sicht, dass Bodo Ramelow sich im Landtag zur Wahl gestellt hat, obwohl er keine
Mehrheit hatte. Nach der Landesverfassung hätte er ja einfach geschäftsführend
im Amt bleiben können. Der dritte große Fehler war dann ohne jeden Zweifel,
dass die CDU einen FDP-Kandidaten unterstützt hat, der mit den Stimmen der AfD
ins Ministerpräsidentenamt gekommen ist. Das war der größte Fehler von allen.
[….]
Aus Sicht der CDU-Vorsitzenden haben also alle anderen Schuld,
während sie selbst Teil der Problemlösung ist.
Ihrem Nachfolger gibt sie auf den Weg, daß Merkel weitere
anderthalb Jahre Kanzlerin bleibt und damit die Situation, an der sie selbst
scheiterte erhalten bleiben wird.
Es wird also in Zukunft noch viel ungemütlicher für die CDU,
da alle möglichen Nachfolger extreme Merkel-Kritiker sind.
Laschet käme zwar mit Merkel aus, tritt aber gemeinsam mit
Spahn an, der schon der Parteivorsitzenden Merkel bei Parteitagen rüde in die
Parade fuhr.
Merz hasst Merkel sogar wie die Pest, hat es nie überwunden
ihr vor 18 Jahren zu unterliegen. Röttgen schließlich ist der einzige Minister
in 15 Jahren Merkel-Kanzlerschaft, den Merkel so sehr verachtete, daß sie ihn
knallhart aus dem Kabinett warf.
Merkel hegte große Sympathien für AKK, aber selbst in dieser
Harmonie funktionierte die Doppelspitze nicht.
Wie soll die Regierungspartei CDU dann erst funktionieren,
wenn Kanzlerin und Parteichef sich gegenseitig verachten.
Offensichtlich breitet AKK ihrer Partei eine unmögliche
Zukunft aus.
Sie hätte entweder noch ein Jahr durchhalten müssen, um
turnusgemäß zur nächsten Bundestagswahl eine gemeinsamen Kanzlerkandidaten zu
küren oder aber gemeinsam mit der Kanzlerin eine frühere Exitregelung finden
müssen.
Mit ihrer tatsächlich gewählten Methode macht sie alles noch
schlimmer.
Und vielleicht will sie das auch, so könnte man ihren
ätzenden Tonfall verstehen, als der SPIEGEL nachfragte, ob sich die
Parteichefkandidaten eigentlich mit der Kanzlerin besprechen: "Ich bin
nicht der Date-Doctor zwischen Union und Kanzleramt"
Kramp-Karrenbauer ist offensichtlich in Pestlaune und sogar
gewillt die Groko zu opfern.
[….] CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat SPD-Generalsekretär Lars
Klingbeil eine Diffamierungs- und Schmutzkampagne vorgeworfen. Klingbeil
behaupte seit Monaten, die Bundes-CDU habe ein Problem mit der Abgrenzung zur
AfD, sagte Kramp-Karrenbauer. Dabei gebe es an der Position der Bundespartei
"überhaupt nichts zu deuteln".
Kramp-Karrenbauer forderte den SPD-Generalsekretär auf, er solle
"die Konsequenz ziehen und seine Partei auffordern, diese Regierung zu
verlassen mit der CDU" – oder er solle die Angriffe einstellen. Bisher
habe Klingbeil weder das eine noch das andere getan. "Also kann ich es nur
als eine ganz bewusste Diffamierungs- und Schmutzkampagne werten nach dem
Motto: Irgendwas wird schon hängenbleiben." Entweder behaupte Klingbeil,
dass die gesamte Bundesspitze der CDU lüge, "oder er muss es für so
unerträglich halten, mit der CDU zusammenzuarbeiten, dass er dann eben die
Konsequenzen ziehen muss. Und dann muss er mit seiner Partei aus dieser
Regierung austreten." [….]
(DPA, 24.02.2020)
Dabei ist es natürlich AKK, die hier lügt.
Das Verhältnis zur AfD ist eben nicht geklärt. Das ist
schließlich die Ursache für das Thüringen-Desaster.
[….] Der
gefährlichste und dümmste Satz zum Umgang mit der AfD in den ostdeutschen
Bundesländern stammt von Lars-Jörn Zimmer, dem stellvertretenden Vorsitzenden
der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt. "Ich kann keine 25 Prozent
der Wählerinnen und Wähler einfach vor den Kopf stoßen und sagen: 'Mit Euren
Vertretern rede ich nicht, was Ihr wollt, was Ihr sagt, ist mir völlig
egal'."
Zur Ehrenrettung der CDU in Sachsen-Anhalt muss man sagen, dass der
Vorsitzende der dortigen CDU-Fraktion, Siegfried Borgwardt, sich umgehend
distanzierte: Es handele sich um Zimmers "persönliche Meinung, die nicht
der Beschlusslage der Fraktion entspricht." CDU-Landeschef Holger
Stahlknecht sagte: "Das unterläuft eine Partei, das schadet uns
allen." Und Zimmers CDU-Bürokollege, der Bundestagsabgeordnete Kees de
Vries, kündigte entsetzt die Bürogemeinschaft auf.
Mal über Hitlers gute Seiten reden?
Zimmer ist aber nicht der Einzige. In Thüringen erklärte der
CDU-Abgeordnete Michael Heym schon kurz nach der Wahl im Oktober:
"Rechnerisch reicht es für ein Bündnis aus AfD, CDU und FDP. Ich finde,
das sollte man nicht von vornherein ausschließen." Im Sommer 2019 hatten
Zimmer und der zweite CDU-Fraktionsvize im Landtag von Magdeburg, Ulrich
Thomas, eine "Denkschrift" veröffentlicht, in der nicht nur stand,
dass man doch mal über eine Zusammenarbeit mit der AfD nachdenken müsse,
sondern auch: "Es muss wieder gelingen, das Soziale mit dem Nationalen zu
versöhnen."
Leuten, die in Geschichte ein bisschen aufgepasst haben, lief es da
kalt den Rücken herunter.
Ein CDU-Mitglied namens Christian Reinboth aus Werningerode im Harz
sagte dem MDR damals: "Das ist kein Sonderfall. So etwas lesen sie auch
von CDU-Anhängern bei Facebook oder auf Twitter immer wieder."
Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten, die Positionen der Zimmers, Heyms und
Thomas‘ in der CDU zu erklären. Die eine ist: Sie sind selbst rechtsradikal bis
rechtsextrem und schreiben so etwas wie "das Soziale mit dem Nationalen
wieder versöhnen" (man beachte das "wieder"!) mit voller Absicht,
weil sie, so wie Björn Höcke von der AfD, endlich auch mal über Hitlers gute
Seiten reden wollen.
Oder sie haben immer noch nicht verstanden, was die AfD eigentlich ist
und will. […..]