Sonntag, 26. Juli 2020

Fest im Sattel


Die mächtigsten Menschen der Welt sind alle in irgendeiner Weise von dem Corona-Virus bedroht.
Bolsonaro ist selbst infiziert, Johnson sogar fast an Covid19 gestorben und ihre besten Kumpel müssen zu drastischen Mitteln greifen, um von ihrem desaströsen Krisenmanagement abzulenken.
Recep Tayyip Erdoğan stieß mit seiner Entscheidung die Hagia Sophia wieder als Moschee zu verwenden die halbe Welt vor den Kopf, um seine Anhänger bei Laune zu halten.
Donald Trump schickt Sturmtruppen in demokratisch regierte US-Städte.

Ein internationaler Chef aber, der einer Organisation vorsitzt, deren Hauptzweck die Korruption ist, kann über solche Probleme nur lachen:
Thomas Bach!
Der Mann, der jedes Jahr Milliarden Dollar in die Taschen käuflicher Funktionäre verschiebt, in den Mastdärmen menschenrechtsfeindlicher Diktatoren zu Hause ist und für jeden Usurpator mit Geld und Macht ein Ohr hat.
Der deutsche FDP-Funktionär Bach, der eigentlich nur für die olympischen Spiele da sein sollte, erlebt gerade eine (mindestens) fünfjährige Olympiade. Die Olympischen Sommerspiele von 2020, die genau jetzt in Tokio stattfinden sollten, sind verschoben. Ein Megadesaster für Bachs IOC. Aber zu seinem Glück interessieren ihn der Sport wenig und die Sportler noch viel weniger.
Wozu auch? Die haben kein Geld und sind für seinen Posten irrelevant.

[…..] Gefehlt hat nur der weiße Rauch aus dem Kamin. Aber der 136. IOC-Konvent fand halt leider nicht in Rom, sondern virtuell statt, außerdem ist für den Rauch noch etwas Zeit: Als IOC-Boss bestätigt wird Thomas Bach erst bei der Session 2021. Nimmt man die einstündigen Hosiannagesänge des entrückten olympischen Stimmvolks zum Maßstab, die jetzt Bachs Verkündigung, den Ringe-Konzern weitere vier Jahre befehligen zu wollen, umrahmten, erscheinen liturgische Korrekturen für die nächste Krönungsmesse des Sport-Pontifex nicht ausgeschlossen: weißer Rauch also und Applaus, bis die Hände glühen.
Oder ist diese mittelalterliche Ekstase ob einer äußerst vorhersagbaren Amtsverlängerung des deutschen Wirtschaftsanwalts nur sportinternen Zwängen geschuldet? Außerhalb der Bruderschaft ist Bach nicht so gut gelitten; schon gar nicht bei denen, um die sich ja alles drehen soll im olympischen Sport: bei den Sportlern. [….]

Corona killt die Spiele.
Mit einigem medialen Aufwand wird nun daran erinnert, daß wir derzeit eigentlich Hundertschaften hochbezahlter Korrespondenten, TV-Techniker, Journalisten und noch viel mehr Funktionäre in Japan haben sollten.
Das TV-Sommerprogramm sollte freigeräumt sein für endlose Übertragungen der 30 km-Geherinnen und Luftpistolen-Schießer.
Die Magazine und Morgensendungen sämtlicher TV-Stationen müssten nun eigentlich thematisch mit Medaillenspiegeln bestückt; Zeitungstitelseiten für unbekannte schwitzende Muskel-Typen mit weit aufgerissenen Mäulern freigeräumt sein.

Aber den großen Elefanten im Raum spricht niemand an: Die Olympischen Spiele werden in Wahrheit gar nicht vermisst.
Wer nicht gerade selbst Sportler ist, oder in irgendeiner Form finanziell von Sportveranstaltungen lebt, kann durchaus auf das milliardenschwere Pharma-Spektakel verzichten.
Im Gegenteil, der Bombast-Kommerz ist sogar so unbeliebt, daß das IOC so gut wie keine Chancen mehr hat die Spiele an demokratisch regierte Länder  zu vergeben.
Wann immer das Volk auch etwas dazu sagen darf, heißt es ‚NEIN DANKE‘!
Hamburg, Oslo, München/Garmisch, Graubünden 2026, Boston, Innsbruck 2026 – überall holten sich die Bewerber und das IOC blutige Nasen vom Wahlvolk.
Ein so ökologisch wahnsinniges und extrem überteuertes Korruptionsprojekt kann man nur noch durchführen, wenn wie in Sotchi oder Peking per order die mufti entschieden wird und die Bewohner der fraglichen Orte nichts zu melden haben.

Selbst im obrigkeitshörigen Japan sinkt die Begeisterung für die auf den 23.Juli 2021 verschobenen Spiele dramatisch. Allein die Verschiebung um ein Jahr kostet sechs Milliarden Euro. Aber wer kann garantieren, daß die Pandemie 2021 völlig unter Kontrolle ist?

[….] Nachdem die Spiele ohnehin schon deutlich teurer wurden als veranschlagt, soll nun alleine die Verschiebung auf 2021 bis zu sechs Milliarden Euro kosten - bei denen unklar ist, wer sie trägt. Für das IOC stellt sich bei den Finanzen zudem die Frage, ob alle Sponsoren auch 2021 dabei bleiben.
[….] Yuriko Koike bleibt nach einer Wiederwahl Gouverneurin der Präfektur Tokio, was dem IOC eine gewisse politische Stabilität gewährleistet. Mitbewerber hatten sich für eine sofortige Absage der Spiele ausgesprochen.
Die Bürgerinnen und Bürger in Tokio sind einer Umfrage zufolge geteilter Meinung. 51,7 Prozent finden, dass die Spiele und die anschließenden Paralympics entweder abgesagt oder nochmals verschoben werden sollten, wie aus einer Ende Juni veröffentlichten Umfrage der japanischen Tageszeitung "Tokyo Shimbun" unter rund 1000 Menschen hervorging. 46,3 Prozent wollten dagegen, dass die Spiele im Sommer des nächsten Jahres stattfinden. [….]

Ein Gutes haben die geplanten olympischen Spiele immerhin – auf dem Sendeplatz der Sportsparte wurde in der ARD eine großartige Uwe Schwering-Reportage über die 37-Millionen-Stadt Tokio ausgestrahlt.


Ein faszinierender Moloch. Und ein genialer Leistungsbeweis für das öffentlich-rechtliche Korrespondenten-System. Schwering lebt sieben Jahren in Tokio, spricht selbstverständlich japanisch und kann kompetent durch das Land führen.

Wer noch nicht genug hat von Uwe Schwering, möge sich seine legendäre Abschiedsdokumentation von 2006 über das englische Essen ansehen!


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