Freitag, 31. Dezember 2021

Der Gewinner des Jahres 2021

Die meiner Ansicht nach abscheulichste Meldung des Jahres 2021 in Deutschland, war die investigative SPIEGEL-Recherche über den abgrundtiefen Kindersex-Sumpf im Bistum Trier.

Die Story ist ein absolutes „must read“ und würde in einem funktionierenden Rechtsstaat ein politisches Erdbeben auslösen, umfangreichste Ermittlungen des Bundesanwaltschaft nach sich ziehen und die römisch-katholischen Kirche in Deutschland mindestens die Gemeinnützigkeit entziehen. Die Bundesländer würden solchen Bischöfen nicht mehr ihr Gehalt zahlen und die RKK-Vertreter aus ihren Ethikräten werfen.

(….) Extrem brisant sind die Namen der moralischen Hauptschuldigen:

1.) Der Trierer Bischof Reinhard Marx (2001 bis 2008), dem ausgerechnet einer der perfidesten Kinderfi**er-Schützer Kardinal Degenhardt 1996 die Bischofsweihe spendete.  Später stieg Marx zum Erzbischof von München und Freising, Metropoliten der zugehörigen Kirchenprovinz, Kardinalpriester von San Corbiniano, Präsidenten der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (ComECE), Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Großprior der deutschen Statthalterei des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem, Mitglied des Kardinalrates und Papst-Vertrauten auf.

2.) Der seit 2009 amtierende Trierer Bischof Stefan Ackermann, der 2010 zum Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz aufstieg.

3.) Georg Bätzing, ab 1996 Regens des Priesterseminars in Trier, ab 2012 Generalvikar des Bistums Trier, 2016 Franz-Peter Tebartz-van Elst-Nachfolger als 13. Bischof von Limburg und schließlich seit 2020 Nachfolger von Reinhard Kardinal Marx als Chef der deutschen Bischofskonferenz.

Es sind also gewissermaßen die prominentesten deutschen Top-Kleriker überhaupt, die sich die Hände im Missbrauchssumpf von Trier so unfassbar dreckig gemacht haben.

So erklärt sich mutmaßlich auch der von Marx im Juni 2021 angebotene und von Bergoglio prompt verwehrte Rücktritt als Erzbischof von München und Freising. Wahrscheinlich überwältigte ihn die Angst vor weiteren Enthüllungen. (….)

(Der kriminelle Sumpf von Trier, 12.12.2021)

Statt in Schimpf und Schande abgewickelt zu werden, saßen die hochbezahlten zölibatären Moralapostel in den bunten Kleidern, die Enthüllung einfach aus.

Offenbar schert sich keiner der kirchentreuen Politiker um ein paar Zehntausend sexuell missbrauchte und lebenslang brutal psychisch gequälte Kinder.

Besonders erbärmlich fallen in dieser Hinsicht die neuen FDP-Bundesminister auf, die allesamt „so wahr mir Gott helfe“ schworen.

Verkehrsminister Wissing ist tief fromm, spielt im Gottesdienst die Orgel.

Justizminister Buschmann ist überzeugter Katholik und offensichtlich ebenfalls gewillt, die Sextäter seiner Kirche zu beschützen und den Myriaden Opfern den Mittelfinger zu zeigen.

Es gab nach meiner Erinnerung so gut wie gar kein Medienecho auf die Enthüllungen von Trier. Kaum eine andere Zeitung griff das Thema auf, kein namhafter Politiker fühlte sich zu einem Kommentar bemüßigt und die Kinderfi**er-Schützer-Bischöfe gaben erst Recht keine Anzeichen von Scham oder Reue zu erkennen.

Warum auch? Sie haben die schlimmsten überhaupt denkbaren Verbrechen in ihrem Verein gefördert, die Strafverfolgung der Täter behindert und bekommen seit 12 Jahren das eindeutige politische Signal „Ihr dürft das!“.

Wie sollten sie das dröhnende Schweigen der gesamten politischen Klasse und des gesamtes Justizapparates anders verstehen als

„verprügelt, foltert, missbraucht, quält, misshandelt weiter so viele Kinder, wie Ihr mögt. Ihr habt Generalpardon und könnt Euren Sadismus gegenüber Hilflosen und Schwachen mit freundlichen Grüßen aus Parlament und Regierung gern weiter nach Lust und Laune ausleben!“

Georg Bätzing, als Vorsitzender der Bischofskonferenz, Chef der Katholischen Geistlichen in Deutschland, legt sogar noch einen drauf.

Den Hunderttausenden, die als Kinder Opfer von sexuell übergriffigen Priestern wurden oder in katholischen Kinderheimen grausam misshandelt wurden, aber auch den Angehörigen der über 100.000 Covid-Toten in Deutschland ätzt Bätzing entgegen, sie sollten Gott für das Jahr 2021 danken. Die missbrauchten Kinder im Bistum Trier zu seiner Zeit als Generalvikar, als er alles tat, um die Verbrechen zu vertuschen, erwähnte er mit keinem Wort.

Was für eine perfide, vollkommen schamlose Person!

[….] Das zu Ende gehende Jahr war nach Auffassung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, nicht nur schlecht. »2021 mit all seiner Beschwer, mit der Dramatik einer weltweiten Pandemie, mit Kriegen, Flucht und Vertreibung, Naturkatastrophen und Hungersnöten, mit politischen Zuspitzungen und neuen Hoffnungsträgern – es war nicht nur ein Jahr großer Zumutungen, wir haben persönlich und im Miteinander manch Gutes erfahren«, sagte der Limburger Bischof  [….] Für die erfahrenen Wohltaten dränge es Christinnen und Christen, Gott am Ende des Jahres zu danken. [….] Bätzing erinnerte daran, dass sich die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beim Großen Zapfenstreich der Bundeswehr zu ihrem Abschied unter anderem das Kirchenlied »Großer Gott, wir loben dich« gewünscht habe. [….]  Sie habe Gott damit aber auch ganz unbefangen zum Abschied gedankt.  [….]

(SPON, 31.12.2021)

Daß Bätzing von seinen Schäfchen nicht mit Forken und Mistgabeln davon gejagt wurde, macht ihn wahrlich zum großen Gewinner des Jahres.

Immerhin beweist er mit seiner Existenz, seiner Position und der angehäuften Ehrungen, daß es eins offensichtlich nicht gibt: Einen gerechten Gott.

Donnerstag, 30. Dezember 2021

Omikron mit zweimal BioNTech im Arm – Teil V

Hurra, heute konnte ich in mein Corona-Symptomtagebuch für das Gesundheitsamt eine „leichte Besserung“ eintragen.

Wie sich herausstellte, fehlte auf der von mir empfohlenen Basis-Medikamentenliste für Omikron….

(….)  Darüber hinaus empfehle ich folgende Dinge im Haus zu haben:

Digitales Fieberthermometer, Pulsoxymeter, reichlich Sterillium, Corona-AG-Tests, die üblichen Schmerz/Fiebermittel (Ibuprofen, Paracetamol, ASS), abschwellendes Xylometazolin-Nasenspray, Husten/Schleimlöser (zB Gelomyrtol forte), Hustensäfte/Hustenbonbons, eine ganze Kollektion von Vitamin-Brausetabletten, Instant-Brühe (zB Knorr Delikatessbrühe) und ein Halsdesinfektionsmittel (zB Dequonal-Spray). (….)

(Omikron mit zweimal BioNTech im Arm, 25.12.2021)

….etwas Entscheidendes. Nämlich ein potenter Wirkstoff gegen den sogenannten „unproduktiven Husten“. Dieser trockene Reizhusten ist offenbar typisch für eine Omikron-Infektion und in meinem Fall inzwischen das alles dominierende Symptom. Sämtliche klassische Hustenmittel, die ich kenne, haben dagegen völlig versagt.

Eine kleine Linderung bringen lediglich „GeloRevoice Halstabletten“. Ich nenne sie Zeitlupe-Brausetabletten. Ganz langsam sprudeln sie im Mund vor sich hin und bilden dabei einen zähen Schneckenschleim aus Speichel, Xanthan, Carbomer und Hyaluronsäure. Wenn ich versuche zu schlafen, klebe beim Lutschen ganz gern eine GeloRevoice von innen an den Gaumen. Wenn man nach ein oder zwei Stunden aufwacht, klebt immer noch ein Rest von dieser Schleimquelle im Mund und kleistert das staubtrockene Hustenreizgefühl zu.

Aber die entscheidende Hilfe bringt nur die rezeptpflichtige chemische Keule mit Codein. So war ich überglücklich, heute aus der Apotheke ein Fläschchen „Paracodein N-Tropfen“ zu bekommen. Der Arzt, der mir das verschrieb, klärte umsichtig darüber auf, mit dem Zeug im Organismus, keine schweren Maschinen zu bedienen oder Auto zu fahren, aber glücklicherweise stellt sich die Frage bei einer Quarantäne ohnehin nicht.

Das Omikron-Geschehen rollt unterdessen wieder einmal genauso durch Deutschland, wie es von den Experten seit Wochen prognostiziert wurde.

Allein Hamburg meldet heute 1622 neue Fälle und 14 Tote.

Offiziell lässt sich das nicht so leicht feststellen. Der Anteil der Omikron-Variante der sequenzierten PCR-Test-Proben, liegt aktuell bei 9,5%.
Aber die neusten Zahlen beziehen sich auf vor 14 Tagen genommene Test (!) und aktuell gibt es noch nicht mal Klarheit über die Corona-Infektionslage, weil die digitale und Gesundheitsstruktur in Deutschland nach 12 Jahren FDP/CDU/CSU-Besetzung der für die Gesundheitsämter und Digitalisierung zuständigen Ministerien (Rösler, Bahr, Gröhe, Spahn), technisch hinter dritte-Welt-Ländern zurück liegt.

Die wahre Inzidenz dürfte daher dreimal so hoch sein, wie die offiziell vom RKI festgestellte Zahl.

[….] Weltärzte-Chef: Deutschland ist gerade „mehr als peinlich“

Der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery, hält es für „mehr als peinlich“, dass Deutschland über die Feiertage keine validen Zahlen zur Entwicklung der Corona-Pandemie hat. „Wir haben ein riesiges Digitalisierungsproblem nach wie vor in Deutschland“, sagte er am Donnerstag im Deutschlandfunk. Dass es über die Feiertage keine vernünftigen Zahlen gebe, liege auch am Föderalismus, an unterschiedlichen Meldesystemen in den einzelnen Bundesländern. „Hier hätte man in den letzten eineinhalb Jahren wirklich mehr machen können“, sagte Montgomery. Das Fehlen der Zahlen sei auch ein Problem, weil die Politik auf deren Basis Gesetze mache, die gerichtsfest sein müssten. [….]

(MOPO, 30.12.2021)

Deutschland wird noch lange unter der katastrophalen Merkel-Kanzlerschaft zu leiden haben.

In den nächsten Tagen und Wochen werden sich verdammt viele Menschen in Deutschland mit Impfdurchbrüchen plagen.

An dieser Stelle der Hinweis, daß die Antigen-Selbsttests offenbar wegen der vielen Mutationen am Spike-Protein nicht ganz zuverlässig Omikron detektieren.

Ein kleiner Trick schafft Abhilfe.    Eine noch nicht endgültig überprüfte Studie aus Kapstadt besagt, daß bei Nasenanstrichen nur 86% der PCR-Tests positiv sind, aber 100% der Speichelproben von Omikron-Infizierten. Offenbar ist die Erreger-Konzentration im Speichel also höher als im Nasensekret. Bei den handelsüblichen AG-Selbsttests zum Nasenabstrich, sollte man den Tupfer vorher zusätzlich mit Speichel versehen, dann in die Nasenlöcher gehen und wie üblich fortfahren.

[….] Selbst wenn Omikron deutlich seltener zu schweren Krankheitsverläufen führen sollte, sei eine hohe Zahl der Krankenhauseinweisungen zu erwarten, wenn die Infektionszahlen sehr hoch stiegen. Ohne Verhaltensänderungen der Bevölkerung oder politisch gesetzte Schutzmaßnahmen müsse die Krankheitslast durch das Omikron-Virus 90 Prozent geringer sein als durch Delta, damit ein Kollaps der Gesundheitsversorgung ausbleibe - danach sieht es aber bislang nicht aus. Die Perspektive für die kommenden Wochen ist somit ziemlich düster.   Langfristig könnte Omikron aber auch den Ausweg aus der Pandemie weisen: Ein Virus, dass sich so gut auch in der bereits geimpften oder genesenen Bevölkerung ausbreitet, hat das Potenzial, nahezu alle Menschen zu infizieren. Zudem weisen Daten aus Südafrika darauf hin, dass Menschen nach einer Omikron-Infektion sehr gut auch vor den anderen bekannten Virusvarianten geschützt sind. Für die Geimpften wäre das ein natürlicher Immun-Booster, für die Ungeimpften der mitunter gefährliche Erstkontakt mit dem Erreger.  Was die Impfkampagne nicht hinbekommt, schafft die Natur womöglich auf ihre Weise. [….] Während Geimpfte und Genesene Omikron-Infektionen nach bisherigem Anschein in den allermeisten Fällen gut überstehen, ist die Variante für immun-naive Menschen wahrscheinlich ähnlich gefährlich wie Delta. "Vielleicht auch etwas weniger", sagt der Immunologe Reinhold Förster von der Medizinischen Hochschule Hannover. Doch die schiere Anzahl der Patienten kann bei einer massiven Omikron-Welle zu einem Problem werden. [….]

(Hanno Charisius, 30.12.2021)

Es ist, wie Drosten sagte: Omikron schreibt jetzt die Regeln.

Noch. Möglicherweise ruhen wir uns im Sommer auf der Vorstellung einer kontrollierbaren Endemie aus und werden ob unserer egoistischen Kurzsicht, den Entwicklungsländern keine Corona-Vakzine abzugeben, mit einer neuen Mutante konfrontiert, die ansteckender als Omikron und tödlicher als Delta ist. Die nicht von den herkömmlichen Tests erkannt wird und die von Impfungen nicht gebremst wird.

Eins ist jetzt schon sicher: In dem Fall werden wir wieder nicht vorbereitet sein und von vielen Gesundheitsministern hören, daß damit nun wirklich niemand rechnen konnte. Die Schulen werden keine Luftfilter und kein W-Lan haben, immer mehr Intensivstation personell kollabiert sein, die AfD wird die Entwicklung hysterisch als „Panikmache“ diskreditieren und Wolfgang Kubicki wird alle Gegenmaßnahmen als verfassungswidrig brandmarken.

Da wenigstens keine Scheuers, Spahns und Karliczeks mehr amtieren, wird womöglich die Impfkampagne zur vierten und fünften Auffrischung besser funktionieren, aber wenn eine neue Mutante tödlich genug ist, nützt das auch nichts mehr.

Mittwoch, 29. Dezember 2021

Konservative Blitzbirnen

Gerade hatte ich noch „die Politiker“ als im Vergleich zu den Wählern schlau und kompetent gewürdigt.

In ihrer Pauschalität trifft die Aussage auch zu, aber das bedeutet selbstverständlich nicht, daß jeder einzelne Politiker kompetent ist.

Natürlich ist Politik komplex; Abgeordnete können sich nicht in allen Themenfelder gleich sicher bewegen. Daher spezialisieren sie sich und sind in Fachausschüssen aktiv. Ein Haushaltspolitiker muss nicht notwendigerweise jedes Detail der afrikanischen Entwicklungshilfe kennen.

Gelegentlich offenbaren sich aber auch in ihrem ureigenen Fachgebiet eklatante Lücken. Grünen-Chef Habeck hatte im Bundestagswahlkampf keine Ahnung was es mit der Entfernungspauschale auf sich hat und Annalena Baerbock erzählte immer wieder zum Megathema Corona, trotz bestehender Masern-Impfpflicht, daß eine Impflicht in Deutschland rechtlich gar nicht möglich wäre.

Da ist es fast schon sympathisch, wenn Minister, die nichts über ihr eigenes Ministerium und ihre Aufgaben wissen, wie  Kramp-Karrenbauer, Karliczek oder Seehofer lieber schweigen und Däumchen drehend abwarten bis die Legislaturperiode und damit der peinliche Irrtum, der sie zu Ministern machte, abgelaufen ist.

Es gibt aber auch die tolldreisten Vorwitzigen, die trotz ihrer Ahnungslosigkeit, die Öffentlichkeit suchen und mit verblüffender Chuzpe ihre Verblödung demonstrieren.

So fällt Deutschlands ranghöchster Covidiot, Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki nicht nur mit hanebüchenen Ansichten und wissenschaftlichen Falschaussagen auf, sondern demonstriert auch sein unterkomplexes Denken, indem er offenbart, die simpelsten Zusammenhänge nie verstanden zu haben.  Kubicki plapperte Mitte November im SPIEGEL-Interview, bei steigender Hospitalisierung durch Ungeimpfte, solle man eben die „Notfallreserve der Intensivbetten“ aktivieren.  Sagenhaft, nach all den Jahren weiß der Mann nicht, daß die Intensivkapazität von der Anzahl der Pflegekräfte abhängt und nicht etwa von den Möbeln.

[…]  FDP*-Politiker Wolfgang Kubicki glaubte, die Lösung des Intensivbetten-Problems zu kennen. Er schlug im Interview mit dem Spiegel vor, schlicht die Notreserve zu aktivieren. […]  „Zur Notfallreserve gehören meistens die Betten, die auf der Intermediate Care Station oder im Aufwachraum stehen“, erklärte Pflegewissenschaftlerin Martina Hasseler dem Spiegel. „Sollen sie zum Einsatz kommen, muss das Personal von der Intensivstation diese Betten zusätzlich bedienen.“  Aufgrund des massiven Mangels an Pflegekräften können einige der vorhandenen Betten gar nicht genutzt werden. Man müsse den Menschen erst erklären, „dass die Betten aus der Notfallreserve nicht pflegen können, sondern dass das Pflegekräfte machen. Und diese fehlen“, sagte Hasseler. Auch auf Twitter regte sich Unmut über Kubickis Lösungsansatz, er wurde vielfach wie blanker Hohn empfunden.  „Diesem Mann gehört in der jetzigen Situation langsam echt der Mund verboten“, schimpfte eine Userin. Und rechnete vor: „Ausbildung zur Pflegekraft drei Jahre. Ausbildung zur Intensivpflegekraft fünf Jahre. Was immer man jetzt lamentiert und an Bonbons draufpackt: es kommt mindestens fünf Jahre zu spät.“ Alexander Eichholtz, der als Personalrat an der Berliner Charité arbeitet, schrieb spöttisch zu einem Foto eines leeren Krankenhausbetts: „Das ist ein Krankenbett. Alleine kann das gar nix, selbst wenn wir das ‚aktivieren‘, Herr Kubicki.“ [….]

(Merkur, 18.11.2021)

Eklatante Wissens-und Verständnislücken gab auch Bayerns Gesundheitsminister, der fromme Augsburger Jurist Klaus Holetschek zu erkennen, als er im November angesichts der anrollenden vierten Welle völlig überrascht war.

(….)   Seit Monaten prophezeien Virologen, Mathematiker, Ärztevertreter unisono, was für ein Desaster wir im Winter erleben werden, wenn die Impfquote nicht drastisch erhöht wird, aber sie werden kollektiv von der politischen Klasse ignoriert. Nachdem nun exakt das eintritt, was alle vorausgesagt haben, erklären die Regierenden; damit habe nun wirklich niemand rechnen können.

  [….] Reihenweise geben sich Politiker jetzt »überrascht von der Dynamik« der Coronazahlen. Wie kann das sein? [….] Das RKI lag bei dem nun eingetretenen, mit der aktuellen, niedrigen Impfquote berechneten Szenario etwa ein bis zwei Wochen daneben, die gegenwärtige Kurve wurde jedoch exakt vorgezeichnet. Die echte oder gekonnt gespielte Überraschtheit auf politischer Ebene ist dementsprechend von fast imponierender Dreistigkeit, »überrascht von der Dynamik« wurde hierbei zu meiner persönlichen Hassformulierung, die von verschiedenen Akteuren nahezu wortgleich übernommen wurde.  Wie kann man bei berechneten Kurven von einer »Dynamik« »überrascht« werden? Der Witz an einer exponentiellen Kurve zum Beispiel ist, dass sie an jeder Stelle exponentiell ist und nicht erst »plötzlich« ganz am Ende. Es gibt wenig Vohersagbareres als exponentielle Kurven (klar: das Amen in der Kirche). Dementsprechend ist es auch eine semantische Albernheit, von explodierenden Zahlen zu sprechen, als seien die Ziffern aus dem Hinterhalt geworfene Blendgranaten. Und rein praktisch: Wie kann man bei exakt derselben Anordnung wie im vorherigen Jahr, bei einer saisonalen Wiederholung mit loseren Kontrollumständen, von einer »Wucht« »überrascht« werden? Auch der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek performt ohne Not die Überraschtheit einer Person, die in den Wald läuft und dort aufgrund der unerwartet vielen Bäume überfordert ist: »Ich glaube, dass wir eine Dynamik momentan erleben, die wirklich nicht vorhersehbar war.« [….] 14. November 2021. Katrin Göring-Eckardt twittert: »Es bleibt tragisch, dass so wenig vorbereitet war für diese Situation.« Eine Kolumnistin in München wirft ihren Laptop schreiend aus dem Fenster. [….]

(Samita El Ouassil, 18.11.2021)   (….)

(Corona-Parteipolitik, 19.11.2021)

In Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kulminierte all das Nichtwissen und kultivierte sich in einer ministerlichen Borniertheit, die sich regelrecht zu seinem signature move auswuchs. Kostenlose Tests versprechen, ohne darüber nachzudenken, wo die herkommen sollen, Maskendesaster, Impfkampagne verbummelt, Aufforderung zum Boostern, während er gleichzeitig de Vakzin-Bestellungen einstellt und die Impfzentren schließt. Der Mann ist es auch, der in zwei Jahren Pandemie zusah, wie 3.000 Intensivbetten still gelegt wurden, ohne auf die Idee zu kommen, sich um das fehlende Pflegepersonal zu sorgen.

Auch das Triage-Desaster geht auf Spahns Konto. Gestern musste das Bundesverfassungsgericht die Regierung dringend anmahnen, behinderte und schutzbedürftige Menschen bei pandemiebedingter Triage zu schützen.

All das sind elementare Aufgaben des Bundesgesundheitsministers, die Spahn offensichtlich gar nicht intellektuell erfasste.

Ein Paradebeispiel eines fachlich hoffnungslos überforderten Gesundheitsministers ist neben CSU-Mann Holetschek und CDU-Mann Spahn auch der CDU-Kollege in NRW.  Karl-Josef Laumann, 64, amtiert seit 2017 als Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen. Der höchste akademische Grad des stramm konservativen Katholiken ist der Hauptschulabschluss. Als Beruf erlernte er Maschinenschlosser. Seit 1990 sitzt er abwechselnd im Bundestag und Landtag, wurde als erster Hauptschüler unter Hermann Gröhe Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit (2013 bis 2017) und dabei auch Beauftragter der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten sowie Bevollmächtigter der Bundesregierung für Pflege.  Während seine Schulbildung also außerordentlich dürftig ist, kann Laumann aber  durchaus auf jahrelange Erfahrungen in Gesundheitsministerien verweisen. Daher gelangte der Mann nach knapp zwei Jahren Pandemie zu einer bahnbrechenden Erkenntnis, die er seinem NRW-Volk diese Woche mitteilte.

Corona wird auch in Form von Aerosolen durch die Luft verbreitet!

"Ich habe heute noch eine Expertise aus dem Gesundheitsamt Köln bekommen, die ganz klar sagen: Das Neue an dieser Omikron-Variante ist, dass sie sich nicht nur durch Tröpfen überträgt, sondern dass sie auch - ähnlich wie Masern - sich durch die Luft überträgt."

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU)

Potzblitz. Wer hätte damit gerechnet!

[….] Zig Millionen Deutsche diskutieren seit Monaten über Corona. In vielen Punkten herrscht nicht immer Einigkeit. Bei Wissenschaftlern ebenso. In dem Punkt, dass sich alle Corona-Varianten in Aerosolen über die Luft verbreiten, gibt es längst keine zwei Meinungen mehr.  Wie viele Interviews und Debatten wurden zur Notwendigkeit von Luftfiltern geführt? Warum stehen an nahezu jeder Ecke im Landtag Luftfilter und warum braucht es sie, wenn erst jetzt klar wird, dass sich Omikron über die Luft verbreitet?  Und als hätte unser Gesundheitsminister hier nicht schon die Glanzleistung vollbracht, mit nur einem Satz die Verwirrung komplett zu machen, kommt der nächste: Seine Quelle ist das Gesundheitsamt in Köln. Was wissen die mehr als das Robert Koch-Institut? [….]

(WDR, 29.12.2021)

Ich fühle mich so müde…

Dienstag, 28. Dezember 2021

Omikron mit zweimal BioNTech im Arm – Teil IV

Hamburg kann sich nun mit dem Titel „Omikron-Hauptstadt“ schmücken.

Lange war Hamburg das Schlußlicht bei den Inzidenzen der Bundesländer; nun liegen wir ganz vorn.

Grundsätzlich gibt es in Großstädten ein intensiveres Infektionsgeschehen, weil die Bevölkerungsdichte sehr viel höher als in Flächenländern ist. Die Unterschiede in [Einwohner pro Quadratkilometer] sind enorm.

Baden-Württemberg 308, Bayern 184, Thüringen 133, Sachsen-Anhalt 109, Mecklenburg-Vorpommern 69.

Zum Vergleich: Berlin 4.055, Hamburg 2.424 und Bremen 1.624

Die drei Stadtstaaten Bremen und Hamburg konnten diesen pandemischen Nachteil aber durch ihre sehr guten Impfquoten (Erstimpfungen Bremen 87%, Hamburg 83%) überkompensieren. In Berlin fällt dieser Vorteil durch den hohen Ossi-Anteil der Bevölkerung mit 74% Erstgeimpften schwächer aus.

Durch die neue Virus-Mutante fällt aber der Hansestädtische Impfquotenvorteil weniger ins Gewicht, weil Omikron derartig ansteckend ist, daß es auch bei sehr vorsichtigen Doppelt-Geimpften wie mir verstärkt zu Impfdurchbrüchen kommt. Hamburgs Reichtum und die damit verknüpfte hohe Reisetätigkeit, sowie die traditionell sehr engen Verbindungen zu den beiden europäischen Omikron-Hauptnationen Dänemark und England, tun ihr übriges.

Heute am 28.12.21 liegt die 7-Tage-Inzidenz in Hamburg und Bremen bei 271, bzw. 265. Damit belegen die gut durchgeimpften Stadtstaaten schon die Plätze sechs und sieben – nach den fünf Ost-Bundesländern. Spitzenreiter ist das dünn besiedelte Thüringen mit 495.

Heute, fünf Tage nach meinem ersten positiven AG-Test, kam der lang erwartete Anruf vom Gesundheitsamt. Eine große Überraschung ist eingetreten: Ich bin von der Omikron-Variante befallen. Da ich im großen Impfzentrum geimpft wurde, waren meine Daten leicht nachvollziehbar. Sie verzeichnen derzeit sehr viele Impfdurchbrüche. Wichtig ist nur die Quarantäne. Ich muss noch eine gute Woche allein in der Wohnung bleiben und soll die Menschen anrufen, mit denen ich vor meiner Infektion Kontakt hatte. Das Gesundheitsamt ist hoffnungslos überfordert und hat allein in Hamburg über 100 neue Stellen ausgeschrieben.

[….] Kontaktnachverfolgung in Hamburg eingestellt – und jetzt kommt Omikron

Rund 6600 Hamburgerinnen und Hamburger haben laut RKI in den vergangenen sieben Tagen ein positives Corona-Testergebnis erhalten, die Inzidenz am zweiten Weihnachtsfeiertag: 354. Trotzdem macht die Stadt keine Kontaktpersonen mehr ausfindig. Hamburg hat die Kontaktnachverfolgung schon vor Wochen eingestellt, [….]

(Mopo, 28.12.2021)

Man braucht kein negatives Testergebnis vor dem Ende der Quarantäne. Ich soll selbst beobachten, ob ich dann noch Symptome habe.

Mein Genesenen-Status wurde mir bereits per Email zugeschickt. Die Aufforderung zum Boostern erlischt damit. Nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen bin ich mit der Kombination „zweimal BioNTech plus Omikron-Genesung“ die nächsten fünf bis sechs Monate sogar besser immunisiert als mit „dreimal BioNTech“ oder „zweimal BioNTech plus einmal Moderna“.

Vermutlich bin ich ein unkomplizierter Fall für das Gesundheitsamt. Ich lebe ohnehin allein, bin selbstständig, hatte meine Versorgung bereits organisiert und natürlich schon jeden kontaktiert, mit dem ich in der Woche vor meinem positiven Test Kontakt gehabt haben könnte. Glücklicherweise waren das nur wenige und diejenigen haben inzwischen mehrere negative Tests gemacht.

Wo ich mich also genau angesteckt habe, wird für immer im Dunklen bleiben. In Frage kommen dafür nur ganz wenige Situationen, in denen ich Lebensmittel einkaufte. Ich trug dabei zwar immer eine Maske, aber selbst die FFP2-Maske schützt nur zu 95% und auch das nur, wenn sie absolut perfekt sitzt, so daß jeder Aerosolaustausch nur durch die Maske passiert und nichts an den Rändern entweicht. Ich schätze also, effektiv zu 85% geschützt gewesen zu sein und das reicht eben nicht, wenn im Verkaufsraum irgendjemand mit einfacher medizinischer Maske, womöglich in der Nasen-freien Version getragen, Omikron-Partikel verbreitet.

Gelegentlich habe ich in Geschäften auch Menschen ohne Maske oder sehr nachlässig sitzenden Exemplaren ohne FFP-Wirkung gesehen. Während ich früher in solchen Fällen darum bat, die Maske richtig aufzusetzen, sehe ich jetzt leider davon ab, weil Maskenlose genau wie die meisten Hundebesitzer, die man darum bittet, ihren Vierbeiner in Lebensmittelgeschäften anzuleinen, in der Regel aggressiv reagieren. Diese Typen sind von ihrer Querdenker-Blase so angestachelt, daß sie durchaus handgreiflich werden und bekanntlich auch schon in solchen Situationen mordeten.

Wenn man also dieser Konfrontation aus dem Weg gehen will, bleibt einem nur blitzartig wegzurennen, wenn man die Nasen von Seuchenfreunden erspäht.

Das Gesundheitsamt verschickt einen personalisierten Link zum „Hamburg Pandemie Manager“. Dabei handelt es sich um ein Symptomtagebuch, welches ich alle 24 Stunden updaten soll.

 

Das ist immerhin so simpel gestaltet, daß es von jedem begriffen werden kann.

Dazu gibt es Online-Flyer mit den Verhaltensregeln für diejenigen, mit denen ich Kontakt hatte.

[….] Ich arbeite mit Älteren oder Menschen mit Vorerkrankungen – was gilt für mich?

    Informieren Sie Ihre/n Arbeitgeber/in!

    Lassen Sie sich regelmäßig bei der Arbeit testen und tragen Sie eine FFP2-Maske.

Ich bin vollständig geimpft – was gilt für mich?

Sie sind gut geschützt!

Aber in manchen Fällen kann das Virus trotz Impfung übertragen werden, deshalb gilt für 10 Tage:

    Keinerlei direkten Kontakt zu Älteren, Menschen mit Vorerkrankungen und Schwangeren. Lieber mehr Abstand halten und eine FFP2-Maske tragen!

    Regelmäßige Selbst-Testungen sind sinnvoll.

Ich bin nicht vollständig geimpft – was gilt für mich?

    Wiederholte Selbst-Testungen sind sinnvoll!

    Minimieren Sie die Kontakte zu anderen Personen für 10 Tage:

    Möglichst keine privaten Treffen und Feierlichkeiten. Bleiben Sie mit Familie und Freunden mög-lichst über Telefon, Internet und andere soziale Medien in Kontakt.

    Bleiben Sie möglichst viel zu Hause!

    Dort gilt:

    - viel lüften

    - regelmäßig Hände waschen (mindestens 20 Sekunden)

    - husten und niesen Sie in die Ellenbeuge

    - viel Zeit in getrennten Räumen - wenig Zeit in Küche, Flur, Bad

    Darf ich arbeiten?

    Ja, aber arbeiten Sie möglichst von zu Hause. Wenn dies nichtmöglich ist, halten Sie bitte Abstand zu Kolleg*innen und tragen eine FFP2-Maske.

    Einkaufen von Lebensmitteln?

    Bitten Sie möglichst Familie, Freunde und Nachbarn um Unterstützung.

    Arzttermine? Fehlende Medikamente?

    Rufen Sie vorher die Arztpraxis an!

Bitte 14 Tag lang auf Symptome achten:

    Fühle ich mich schwach?

    Habe ich Fieber?

    Husten? Schnupfen? Halsschmerzen?

    Geruchs- oder Geschmacksstörungen? [….]

(Gesundheitsamt Hamburg Nord)

Außerdem erhielt ich bereits online den Genesenen-Ausweis, um den mich sicher viele Covidioten und Impfbuch-Fälscher beneiden.

Auf diesen begehrten Nachweis hätte ich allerdings lieber verzichtet, weil die ständigen Kopfschmerzen, die verstopfte Nase und insbesondere der permanente Krampfhustenreiz  wirklich lästig sind.

Basis-Idiotie

 

Kaum eine Berufsgruppe schlägt sich mit einem derart schlechten Image rum, wie „die“ Politiker.

Abgesehen davon, daß Pauschalurteile immer ungerecht sind und die schlechten, eigennützigen oder korrupten Politiker einfach auffälliger als die vielen hart Arbeitenden sind, leidet diese Berufskaste darunter, immer für alles verantwortlich gemacht werden, das mies läuft.  Während sie umgekehrt nie einen Achtungsbonus für das bekommen, das gut läuft in der Infrastruktur oder der täglichen Versorgung.

Wer in die Politik geht, verfügt im Durchschnitt über eine deutlich höhere Allgemeinbildung als Otto Normalbürger, engagiert sich mehr ehrenamtlich und zeigt Interesse am Wohlergehen der Menschen. Myriaden Posten in der Kommunalpolitik können mangels Interesses der Bürger nicht vergeben werden. Das liegt nicht daran, daß diese Jobs so attraktiv sind und üppig bezahlt werden – sonst fänden sich genügend Bewerber. Auch die größten Politverächter wissen, daß man sich mit einem Platz im Ladratsamt oder als Gemeindekämmerer unglaublich viel Arbeit aufhalst, jeder Ärger bei einem abgeladen wird und man zudem auch noch ehrenamtlich unterwegs ist.

98% der Deutschen sind nicht Mitglied einer Partei und 99,9% tun sich nicht den Tort an, politisch zu arbeiten.  Bei einem 80-Millionen-Volk bilden zwei Prozent zahlende Parteimitglieder immer noch einen deutlich ausreichenden Personenpool, um die Parlamente zu besetzen. Das Problem ist nur, unter den ein bis zwei Prozent Parteimitgliedern - das sind immerhin noch rund eine Million Menschen - die paar Hundert heraus zu filtern, die im Bundestag sitzen.

Da kommen die anderen 98% der Deutschen ins Spiel, die weniger gebildet, weniger interessiert und weniger qualifiziert sind. Sie bekommen bei Wahlen Personen zur Direktwahl und Parteilisten zu Auswahl vorgelegt und entscheiden dann so, daß beispielsweise 16 Jahre am Stück die bräsige Merkel im Kanzleramt sitzt, daß Typen wie Scheuer, Spahn und Karliczek Minister werden.

Das zeigt; schon bei einer Bundestagswahl verlagert man die Entscheidungsgewalt aus der Gruppe von einer Millionen halbwegs Interessierten und Informierten, in die größere und doofere Gruppe, die intellektuell mit einer solchen Wahl überfordert ist. Sie haben keinerlei politische Qualifikation, verstehen das aber aufgrund eines übergeordneten internationalen Dunning-Krueger-Effekts nicht nur nicht, sondern halten sich selbst aufgrund ihres „gesunden Menschenverstandes“ sogar für besser qualifiziert, als Profipolitiker.

Das ist nichts anderes, als eine besonders idiotisch völkisch verbrämte Null-Aussage.

"Der gesunde Menschenverstand ist nur eine Anhäufung von Vorurteilen, die man bis zum 18. Lebensjahr erworben hat."

-      Albert Einstein

Die Volksvertreter müssen natürlich irgendwie den Willen des Souveräns abbilden; das kann man durch als allgemeine Wahlen bestimmen, wenn ich auch gewisse Modifizierungen am Wahlrecht, um die Doofheit etwas auszufiltern dringend empfehlen würde. Das wäre durch einige simple Maßnahmen möglich.

Man könnte die Demokratie um eine Demarchie (=Losverfahren) nach David van Reybrouck ergänzen, oder gemäß Jason Brennan eine Epistokratie (=Herrschaft der Wissenden) einführen.

(….) Brennans Lösung ist, sehr vereinfacht in meinen Worten ausgedrückt, daß man bei der Stimmenabgabe ein Multiple-Choice-Kompetenztest ausfüllen muß.

Je nach Ergebnis werden die Stimmen gewichtet. Wer alle Fragen korrekt beantworten kann, bekommt vielleicht drei Stimmen, während die Stimme des Blödmanns, der nichts über Parteien weiß nur mit 50% gewichtet wird.

Das ist ein Modell, über das ich schon seit Jahren nachdenke. Es erscheint mir praktisch kompatibel, weil so ein Multiple-choice-Test so viele Fragen haben könnte, daß man ihn nicht ohne weiteres auswendig lernen kann.

Es könnten 100 allgemeine politische Fragen erstellt werden, von denen jeder Wähler nach dem Zufallsprinzip bei der Stimmenabgabe 10 beantworten muß. Solche Tests sind leicht von Computern auszuwerten und würden keine großen Auszählungsprobleme mit sich bringen.

Jede Stimme könnte dann mit der Anzahl der richtigen Antworten multipliziert werden, so daß je nach Wissensstand zwischen Null und zehn Stimmen ins Wahlergebnis eingehen. (….)

(Auswege aus der Demokratie, 09.04.2017)

Die schlechteste Methode, Entscheidungen zu treffen, ist die Verlagerung vom Plenum der Volksvertreter zu den Nächstdümmeren, ihren Wählern.

Plebiszite sind ganz schlecht. In dem Fall bekommen nicht nur mehr Dumme die Möglichkeit das Ergebnis zu beeinflussen, sondern die Dümmsten sind durch den Dunning-Krueger-Effekt auch noch überproportional laut und generieren anders als die Dorftrottel (village idiots) früherer Generationen, durch die Algorithmen der Social-Media-Konzerne, auch extrem überproportional viel Aufmerksamkeit. Die riesige Mehrheit der vernünftigen Geimpften kommt in den Klugtelefonen kaum vor. Aber eine kleine Minderheit der Verblödeten diktiert die Nachrichtenlage.

Das Original-Boston ist nicht die berühmte 700.000-Einwohnerstadt in Massachusetts, sondern ein kleiner 35.000-Seelenort in der englischen Grafschaft Lincolnshire, an der Nordsee. Gegründet im Jahr 650, wurde sie über Jahrhunderte zu der nach London zweitwichtigsten britischen Handelsstadt.

Die rumreichen Zeiten sind aber lange vorbei. Viel Geld haben die britischen Bostoner nicht. Die Bauern betreiben Landwirtschaft und ließen bis vor wenigen Jahren ihre Felder von osteuropäischen Billig-Arbeitern bestellen.

Der aktuelle SPIEGEL stellt die ortsansässige Blumenhändlerin Mandy Bedford vor, die es irgendwie nicht mochte, so viele Ausländer im Ort arbeiten zu sehen. Sie wollte es britischer und votierte daher für den Brexit. Ihre BLUMEN bekommt sie aber nahezu zu 100% aus Holland. Nun ist der Brexit seit einem Jahr Realität und ihr Arbeitstag wurde - ÜBERRASCHUNG - teurer und komplizierter, weil nun fast alle Waren, die sie verkauft, aus dem Zoll-Ausland kommen.  

[…..] Fragt man [Mandy Bedford], was der Brexit für sie verändert hat, schnauft sie und sagt: »Alles.« Sie weiß noch, dass sie selbst vor fünfeinhalb Jahren für den EU-Austritt gestimmt hat. Aber sie weiß nicht mehr so genau, warum. »Das ist so lange her, ich glaube, es ging irgendwie darum, unsere eigenen Regeln zu bestimmen.« Als er dann kam, der Brexit, prasselten plötzlich lauter neue Regeln auf Bedford und ihren Mann nieder, die seit 30 Jahren im Geschäft sind. […..] Für ihre Blumen, die sie großenteils aus Holland importieren, mussten sie über Nacht beginnen, endlose Formulare auszufüllen. Wegen der Kontrollen verzögerte sich die Lieferung mal einen, mal mehrere Tage. Manchmal warteten sie auch vergeblich. »Niemand hat uns je davor gewarnt«, sagt Bedford. […..] Weil alles schlagartig teurer und zeitaufwendiger wurde, mussten auch die Bostoner Blumenhändler ihre Preise erhöhen. Bis auf die Gelben Narzissen, »die wachsen auf englischem Boden«, wurde hier am Stand alles mindestens zehn Prozent teurer. »Das klingt nicht nach viel«, sagt Bedford, »aber schauen Sie sich um, das ist kein reicher Ort. Boston ist nicht das, was es einmal war.« […..]

(SPIEGEL, 23.12.2021)

Wer neoliberal-angelsächsisch denkend annimmt, ein „small business owner“ mit Jahrzehnte-langer Erfahrung, könnte wenigstens sie Basics seiner eigenen Branche beurteilen, wird wieder einmal eines Besseren belehrt.

Nein, die Bedfords betreiben ein Geschäft, das nahezu vollständig von frischen Waren aus der EU abhängt, kamen aber nicht auf die Idee, daß ein EU-Austritt irgendwie ungünstig sein könnte. Die Brexit-Volksabstimmung ist ein Musterbeispiel für die Diktatur der Inkompetenz.

Schwachsinnige, wie die "normalen Bürger", darf man eben bei so grundsätzlichen Dingen, nicht vorher fragen.

Die Beschränktheit des Volkes wächst bizarrerweise bei vollständigem Informationszugang (durch freies Internet) auch noch, weil eine Mehrheit der Menschen durch das fehlende Gatekeeping bei der Informationsflut hoffnungslos überfordert ist und Halt in Hass, Verschwörungstheorien und simplen Lösungen sucht.

Hinzu kommt auch noch das fatale „Idiocracy“-Prinzip: Die Doofen vermehren sich viel schneller als die Schlauen, die Fehlinformation verbreitet sich als von clickbaiting-affinen Algorithmen in Form von Fake News erheblich schneller, als ein  einstündiger Christian Drosten-Vortrag, der wissenschaftlich fundiert ist.

Auf diese Weise mutierten große Teile der US-amerikanischen Q-TrumpliKKKans, die noch vor wenigen Jahren bereit waren, einen geradezu rationalen Menschen wie Mitt Romney zu wählen, zu einer hoch-debilen aggressiven Gaga-Masse, gegen die der 30.000-fache Lügner Donald Trump schon zu seriös wirkt.

[…..] In Phoenix, Arizona, feiert der durchgedrehte Teil einer zunehmend durchgedrehten Partei. Hier wirkt selbst Donald Trump wie die Stimme der Vernunft. Ein Ausflug in die Parallelwelt. […..] Donald Trump Jr. steht in einer Wolke aus Glitzerkonfetti auf einer Bühne. Über die Bildschirmwände hinter ihm flackern Blitze, aus den Lautsprechern lautes Gestampfe. "Wir sind die Frontlinie der Freiheit", ruft Trump Jr. in die Halle. "Yeaaah", kreischen ein paar Tausend Menschen. "Kämpft für euer Land, denn es ist es wert", ruft Trump. "Yeaaah." Dann beginnt ein Sprechchor. "Ju, Äs, Ei", rufen die Leute und klatschen bei jeder Silbe. "Ju, Äs, Ei. Ju, Äs, Ei." […..] Die konservative Studentenorganisation Turning Point USA feiert hier am Wochenende vor Weihnachten ihr "Americafest 2021", eine Mischung aus Konferenz, Party und Messe, bei der allerlei patriotischer Kram angeboten wird. Etwa zehntausend Besucherinnen und Besucher sind aus dem ganzen Land angereist. Auf der Rednerliste stehen praktisch alle Männer und Frauen, die im rechten Lager in Amerika als Idole angehimmelt werden, darunter ein 18-Jähriger, der mit einer AR-15 zwei Menschen erschossen hat. Es ist, um es gleich zu sagen, keine Veranstaltung, die zuversichtlich stimmt. […..] Nach Trump Jr. ist Sarah Palin dran. Die frühere Gouverneurin von Alaska und Vizepräsidentschaftskandidatin des Jahres 2008 ist als Vertreterin der "Bärenmamas" da. So nennen die Republikaner die konservativen Mütter, die in den vergangenen Monaten überall im Land Aufstände gegen Schulbehörden angeführt haben, die angeblich Amerikas Jugend mit marxistischem Teufelszeug wie der Critical Race Theory vergiften wollen. […..] Sarah Palin, fünffache Mutter und siebenfache Großmutter, hat ihre Fähigkeit nicht verloren, Sätze zu beginnen, die nicht immer so enden, dass sich daraus ein Sinn ergibt. Sie redet über Bärinnen: "Yeah, also die Bärenmamas", sagt Palin. "Yeah, eine Mutter stellt sich halt einfach auf die Hinterbeine, um ihre Jungen zu beschützen und die Freiheit für die nächste Generation zu bewahren." Und sie redet über das Virus: "Es geht nicht um das Virus, sondern darum, dass uns die Regierung kontrollieren will", sagt sie. "Es gibt mehr Viren auf der Erde als Sterne im Himmel." Sie werde sich niemals impfen lassen, sagt Palin. "Ich werde diese Impfung nur über meine Leiche bekommen." Die zehntausend Menschen im Saal, von denen etwa drei einen Mundschutz tragen, sind begeistert. […..]

(Hubert Wetzel, SZ, 27.12.2021)

Alle diese Menschen haben das Wahlrecht. Staatsformen, die ihr Heil in plebiszitären Elementen suchen und dieses Amalgam aus Bosheit und  Borniertheit, befragen und beteiligen wollen, müssen scheitern.

Sonntag, 26. Dezember 2021

Omikron mit zweimal BioNTech im Arm – Teil III

Normalerweise neige ich gar nicht dazu, mich übermäßig aufzuregen und kann gerade besonders schlechte Nachrichten sehr gefasst und rational aufnehmen.

Ich habe in meinem Leben schon sehr viel Wartezeit vor Intensivstationen verbracht, weil ich mehrfach der alleinige Inhaber der Patientenverfügung und Entscheidungsträger war. Wenn es zum Beispiel um die eigenen Eltern geht – und ich hatte ein sehr enges Verhältnis zu meiner Mutter – ist es natürlich emotional katastrophal von den Intensivmedizinern zu hören, daß es nun aber wirklich dem Ende entgegen geht.  Die Option, die einige Freunde und Verwandte wählten, nämlich mit dem Hinweis, sie wären zu sensibel, der Situation nicht gewachsen, einfach nicht ins Krankenhaus zu kommen, gab es für mich nie.

Sehr oft beobachtete ich in der Situation, wie Angehörige anderer Patienten von den schlechten Nachrichten eines Arztes völlig überrascht wurden, laut losheulten, hysterisch wurden, die Nachricht einfach verneinten oder gar wegliefen.

Anfangs habe ich mich immer gewundert. Denn es nützt ja nicht nur nichts, sich derartig aufzuregen; es ist im Gegenteil schädlich, weil man gerade in so einer Situation rational besonders gut funktionieren sollte, um konzentriert jede Information aufzunehmen.

Später vermutete ich eine andere kulturelle Prägung. Es könnte womöglich psychologisch heilsam sein, wenn man, wie beispielsweise die Wiener, ein riesiges Brimborium um den Tod veranstaltet. Wenn man, wie orientalische Klageweiber, mal ein paar Stunden alles rauslässt, ist man vielleicht anschließend irgendwie befreit. Als Kind habe ich erlebt, wie eine österreichische Bekannte meiner Eltern, sich bei der Beerdigung ihres Mannes, tatsächlich laut kreischend auf den Sarg warf, die Kiste umklammerte und schrie „Verlass mich nicht, mein Heinz!“  Eine halbe Stunde später beim Leichenschmaus konnte sie schon fast wieder lachen.

Inzwischen glaube ich aber, die Unfähigkeit rational mit dem Tod umzugehen, rührt aus der Verdrängung solcher Gedanken. Die meisten Leute beschäftigen sich nicht mit der eigenen Vergänglichkeit, lagern Krankheiten aus, verbannen jede Vorsorge aus ihren Gedanken. Wenn es aber doch auf sie hereinbricht; und es trifft nun einmal jeden; fallen sie aus allen Wolken vor Schreck.

Daher rate ich schon seit vielen Jahren allen Menschen, auch sehr Jungen, alle Vorbereitungen zu treffen. Ich hatte schon Organspenderausweise und einen Beerdigungsvertrag, bevor ich 30 Jahre alt war.

Inzwischen habe ich längst auch alle anderen Dinge geregelt. Patientenverfügung, Generalvollmacht, Pflegevorsorge, Testament. Zu wissen, daß es dabei keine Ungewissheiten gibt, beruhigt ungemein.

Als ich zuletzt operiert wurde, mir ein Pfund Altmetall aus dem Bein geholt wurde, war das natürlich ein Routineeingriff, der nicht ernsthaft Besorgnis erregte.  Dennoch lagen ein bis zwei Stunden Vollnarkose vor mir. Ich hatte eigentlich ganz gute Laune und freute mich das Zeug los zu werden. Nur buchstäblich auf dem allerletzten Meter, als ich schon nackt auf so einem Metalltisch vor dem OP lag und eine 12-Jährige Anästhesisten kam, die es trotz meiner völlig normalen Venen, einfach nicht schaffte eine Zugang zu legen und zunehmend panisch an den absurdesten Stellen meines Körpers rumpiekste, sagte ich noch freundlich „das ist ja schließlich ein Lehrkrankenhaus“, dachte aber im Stillen ‚verdammt, warum muss ausgerechnet ich jemand erwischen, der das zum ersten mal macht?‘. Aber dann dachte ich an meine Sitzungen im Notariat und war einfach nur beruhigt: Ich habe für alles vorgesorgt. Wenn ich nicht mehr aufwache, gibt es keine Unklarheiten. Irgendwann muss ja Schluss sein und wenn es mich jetzt treffen sollte, hätte ich das Glück ohne Schmerzen und langes Siechtum abzureisen. Aber im nächsten Moment kam ich dann schon im Aufwachraum zu mir.

Als mein Corona-AG-Test positiv war, später auch das positive PCR-Ergebnis kam, war ich verblüffenderweise doch etwas geschockt.

Das passt nicht zu mir und ich erkläre es mir damit, daß ich wegen meiner extrem vorsichtigen Lebensweise offensichtlich insgeheim nie wirklich damit gerechnet hatte, mir selbst Covid einzufangen. Dabei deuteten die Symptome schon sehr stark darauf hin.

Vielleicht war der Moment, es schwarz auf weiß zu sehen, auch nicht schockierend genug, mich in meinen superrationalen Krisenmodus runter zu fahren.

„Ich habe Omikron!“ – wie klingt das denn? Daran muss man sich kurz gewöhnen.

Inzwischen habe ich diese psychische Miniklippe aber überwunden. So ist es nun mal. Liest man die Prognosen über das Omikron-Infektionsgeschehen, die katastrophalen Auswirkungen auf die „kritische Infrastruktur“ nach, könnte man daraus fast schließen, Glück zu haben, ganz am Anfang der supersteilen Welle zu reiten, bevor alles zusammengebrochen ist.

Vom Gesundheitsamt habe ich immer noch keinen Pieps gehört, weder die versprochene Email, noch der Anruf, der mich über die Verhaltensmaßnahmen aufklärte, kam.

Aber wie genau „häusliche Quarantäne“ zu verstehen ist, kann man beispielswiese bei der Verbraucherzentrale nachlesen und sich anschließend wieder einmal freuen, allein zu leben.

Quarantäne mit Mitbewohnern, mit denen man sich Bad und/oder Küche teilt, ist viel schlimmer. Schön allein über Weihnachten, verbringe ich die Covid-Krankheit mutmaßlich noch am angenehmsten.

Das soll bitte aber nicht als Plädoyer für eine dieser grotesken bayerischen Leberkäs-Partys verstanden werden. Es macht keinen Spaß und ist schon deutlich mehr als eine fiebrige Erkältung!

Wie heftig meine Symptomatik ohne meine beiden BioNTech-Spritzen wäre, mag ich mir gar nicht ausmalen.

An Tag sechs klingen die Symptome weiter ab; Nase zu, nur noch leichte Kopfschmerzen, Müdigkeit, ständiger trockener Husten, der ganze Schädel brummt etwas.

Und es brummt gleich noch ein bißchen mehr, wenn ich mich wieder der Nachrichtenlage zuwende.

 Die FDP lädt gerade gewaltige Schuld auf sich, indem sie maßgeblich das unnütze Sterben in dieser Pandemie, durch Blockade der Gegenmaßnahmen, anheizt.

[….]  Es ist vor allem die Rücksicht auf die FDP, die die deutsche Coronapolitik schon seit Wochen prägt und hemmt. Das gibt so gut wie jeder aus dem Kreis der Sozialdemokratie und der Grünen zu, [….]  Schon das Ende der »pandemischen Lage von nationaler Tragweite« wurde vor allem auf Drängen der FDP ausgerufen. Inzwischen bereut fast jeder Fachpolitiker diesen Schritt, [….]  Nun, da es notwendig wäre, sich auf die anstehende Omikron-Welle vorzubereiten, reagiert die Ampelregierung träge. Intern hat die FDP-Führung dem Bundeskanzler längst zu verstehen gegeben, dass sie einen weiteren Lockdown unter keinen Umständen mittragen werde. Nur halten viele Wissenschaftler genau diesen für notwendig. [….]  Die Liberalen haben in der Pandemie ihren Maßnahmenskeptizismus zum Markenkern erhoben und damit im Wahlkampf Stimmen geholt. [….]  Unter Gesundheitspolitikern von SPD und Grünen kursiert hinter vorgehaltener Hand bereits ein Witz: Natürlich tut die FDP in der Coronakrise alles, um das Sterben zu verhindern. Nachsatz: vor allem das Kneipensterben. [….]   Im Wahlkampf hatten prominente Liberale noch einen »Freedom Day« gefordert, also das baldige Ende sämtlicher Maßnahmen. Einer der Lautesten war Parteivize Wolfgang Kubicki. »Wir brauchen den Freedom Day so schnell wie möglich, weil die Menschen mittlerweile mental am Ende sind mit den Maßnahmen«, sagte er im September. Inzwischen hat man den Eindruck, vor allem Kubicki ist mental am Ende. [….]  So hat Kubicki, der auch Bundestagsvizepräsident ist, zusammen mit rund 30 anderen liberalen Abgeordneten einen Gruppenantrag dagegen formuliert. »Vielen Impfpflichtbefürwortern scheint es um Rache und Vergeltung zu gehen«, sagte er nun in einem Interview, fast im Verschwörerjargon. Warum die FDP Kubicki nicht einfangen könne, wollte Bayern-Chef Markus Söder in der Ministerpräsidentenkonferenz vom neuen Justizminister Marco Buschmann wissen. Schließlich rede einer der ranghöchsten Männer im Staate wie ein Querdenker. Buschmann wiegelte ab, er sei in der Runde als Minister, nicht als FDP-Vertreter. Wer mit Kubicki ein Problem habe, solle ihn direkt ansprechen. [….] 

(23.12.2021, DER SPIEGEL 52/2021)

Ganz anders als Leerdenker, Aluhüte, BILD und AfD uns weismachen wollen, diktieren eben keineswegs Wissenschaftler den Corona-Kurs der Regierung, sondern die Bundesregierung, die Landesregierungen und die Parlamente bestimmen das allein auf politischer Ebene.

Christian Drosten klärt darüber in seinem ausführlichen Weihnachtsgespräch mit der Süddeutschen Zeitung auf. Auch dafür gebe ich eine ausdrückliche Leseempfehlung, um beim aktuellen Pandemiegeschehen up to date zu sein.

Am Rande geht es aber auch um die Beschaffung von Patientendaten und die Kommunikation mit den Regierenden.

[…] CD: Großbritannien etwa ist uns immer einige Wochen voraus gewesen bei den neuen Varianten. Die dortige Datenwissenschaft lieferte uns entscheidende Informationen. Dafür sollte sich Deutschland irgendwann einmal ganz ausdrücklich bedanken. [….] In England ist nicht nur die Statistik gut entwickelt, jeder Patient lässt sich durch das ganze medizinische System komplett nachverfolgen. Die Verfügbarkeit von anonymisierten Patientendaten für die Datenwissenschaft würde auch bei uns einiges vereinfachen.

SZ: Großbritannien hatte nicht nur gute Daten, sondern auch von Beginn an einen Expertenrat. Trotzdem ist es nicht besser durch die Pandemie gekommen als Deutschland.

CD: Na ja, Johnson versus Merkel - da muss man nicht mehr viel zu sagen. Und auch mit der neuen deutschen Regierung dürfte es nicht schlechter weitergehen. [….]

(SZ-Interview Drosten, 23.12.2021)

Bleibt zu hoffen, daß Drosten den destruktiven Einfluss der FDP nicht fatal unterschätzt. Politik ist nicht sein Fachgebiet.

Aber es ist wie bei einem positiven PCR-Test; man muss es so hinnehmen! Auch die FDP-Beteiligung an der Bundesregierung ist sehr schlecht, aber real und nicht zu ändern.  Jede andere Kanzlermehrheit würde zu CDU-Ministern führen und das wäre noch schlimmer. Während Myriaden Deutsche in Hamburg und anderswo vergeblich zum Boostern Schlange standen, oder wie ich eben nicht mehr rechtzeitig vor der Infektion einen Termin bekamen, weil Herr Spahn zwei Jahre lang vergessen hatte eine Impfstoff-Logistik aufzubauen, zum Beginn der bisher schwersten Corona-Welle, die Vakzin-Lieferungen blockierte, so daß viele impfbereite Ärzte  nur die Hälfte der benötigten BioNTech- und Moderna-Einheiten bekamen, dachte Deutschlands schlimmster Minus-Minister erst mal an sich.

[….] Nach Rationierung: Bundestag erhielt 10.000 Biontech-Dosen[….] Als Bürger kommt man derzeit nur mit Glück an eine Impfung mit dem Biontech-Vakzin. Der Bundestag hingegen boostert ausschließlich mit dem knappen Impfstoff. Ärztevertreter sind empört.  Lange Schlangen vor Impfzentren, kaum freie Impftermine, eine Impfstoffversorgung, die auf Kante genäht ist: Die Booster-Kampagne gerät kurz vor Weihnachten massiv ins Stocken. [….]  Eine Institution muss sich um solche Probleme nicht scheren: Der Bundestag hat sich frühzeitig mit Biontech-Impfstoff eingedeckt und boostert seine Mitarbeiter ausschließlich mit dem begehrten mRNA-Vakzin des Mainzer Biotechnologieunternehmens. [….] Ende Oktober machte die Bundeswehrkrankenhausapotheke Berlin der Parlamentsärztin des Bundestags ein Angebot über 10.000 Biontech-Dosen, so die Bundestagsverwaltung gegenüber t-online. [….]  Alles sei "in Absprache mit dem Bundesgesundheitsministerium" geschehen. [….] Eine Woche zuvor hatte Spahn die Begrenzung der Biontech-Lieferungen angekündigt. Am 19. November schrieb Spahns Staatssekretär Thomas Steffen an die Länder, dass künftig nur noch 30 Biontech-Dosen pro Impfarzt und Woche zur Verfügung stünden. Der Aufschrei in der Ärzteschaft wurde noch lauter, als Spahn seine Begründung hinterherschickte: Zunächst hieß es, man wolle mit der Begrenzung bald verfallende Moderna-Impfdosen retten. Wenig später legte er den eigentlichen Grund offen: die knappen Vorräte an Biontech-Impfstoff. Dass eine Woche nach Spahns Mangelerklärung die Bundeswehrkrankenhausapotheke Berlin 10.000 Dosen des Biontech-Impfstoffs an den Bundestag ausliefert, wirft ein zweifelhaftes Licht auf Spahns Endphase an der Spitze der deutschen Impfkampagne. Für die Bürger wird der begehrte Impfstoff rationiert, aber für sich und seine Parlamentskollegen hat Spahn ausreichend vorgesorgt? [….]

(T-online.de, 24.12.2021)

Man könnte argumentieren, auf die 10.000 Einheiten käme es in einer weltweiten Pandemie auch nicht an.

Aber die politischen Folgen sind fatal, weil Spahns Verhalten Wasser auf die Mühlen derjenigen ist, die mit einem Bein schon im Verschwörer-Lager stehen, oder Demokratie und Politiker generell ablehnen. So müssen hunderte ehrlich arbeitende Abgeordnete nun ungerechterweise für einen Spahn haften.

Der wütende Mob, der „die da oben“ beschuldigt und „Haut ab“-grölend mit Fackeln zu den Privatwohnungen von Ministern zieht, hat wieder mehr Munition.

Inzwischen hätte ich nach acht Tagen doch mal Lust etwas Warmes zu essen. Ich habe sogar Lebensmittel im Kühlschrank, auf die ich Appetit hätte. Zum Beispiel wunderbare frische Flower Sprouts von Hamburger Bauern. Die gibt es nur zu dieser Jahreszeit und sind eine absolute Delikatesse.

Aber da ich leider keine Domestiken, wie zum Beispiel einen Privatkoch habe, müsste ich schon selbst in die Küche gehen, um die Dinger zu putzen und blanchieren. Dazu bin ich aber noch zu omikronig-lustlos und bleibe erst mal bei einer weiteren Tüte WASA-Paprika-Cracker.

Flower Sprouts sind übrigens im Kühlschrank recht gut haltbar. Die kann ich noch in ein paar Tagen zubereiten.