Montag, 21. November 2022

Neue christliche Traditionen  

 

Annette Zoch, die viel besser als ihr Vorgänger Matthias Dobrinski bei der Süddeutschen Zeitung über Kirchenthemen schreibt, weil sie auf dessen larmoyanten prokatholischen Ton verzichtet, nimmt einen Rom-kritischen Standpunkt ein.

Sie schreibt aber nicht offen atheistisch oder Glaubens-kritisch. Während ich mich, als extrem kirchenkritischer Mensch, über Bischöfe wie Woelki und abgehobene Homophobe, misogyne Vatikanische Bullen freue, weil sie den Niedergang der Kirchen fördern, schwingt bei Zoch klares Missfallen mit.

Offensichtlich hält sich nichts von den Kurienkardinälen, die sich einen Dreck um die Bedürfnisse der deutschen gläubigen Katholiken scheren.

[….] Alle seien sich aber bewusst, so heißt es dann noch salbungsvoll im Kommuniqué, "dass sie mit dem gesamten heiligen und geduldigen Gottesvolk auf dem Weg sind, auch wenn verschiedene Positionen aufeinanderstoßen". Da aber schätzt die Kurie die Lage falsch ein: wenn die überwiegende Mehrheit der Katholikinnen und Katholiken in Deutschland eines nicht mehr hat, dann dies: Geduld. […]

(Annette Zoch, SZ, 21.11.2022)

Indem sich die Kurienkardinäle kategorisch gegen Neuerungen stellen, schaffen sie automatisch Neuerungen an anderer Stelle.

So zwingen Priestermangel und Gläubigenschwund die deutschen Bistümer dazu, im großen Stil Kirchen zu entwidmen, die Gebäude zu verkaufen und so dem verbliebenen Kern der regelmäßigen Gottesdienstbesucher, einen kräftigen Tritt in den Hintern zu versetzen.

Da ich generell alte Menschen mag, tut es mir beim Zusehen Leid, wenn in den diversen TV-Dokumentationen über Kirchenschließungen, das unvermeidliche Häufchen geriatrischer Gläubiger singend und betend auf ihre Rollatoren gestützt verfolgt, wie die Abrissbirne in den Kirchenturm einschlägt.

Die armen grauen Geronten sind zu unflexibel, um sich noch zu ändern. Aber sich an einer misogynen, antidemokratischen, hochkriminellen, raffgierigen, homophoben Kinderfic**rorganisation festzukrallen, ist kein zukunftsträchtiges Konzept.

Die modernen Gottesdienste der Kirche sind Profanierungs-Riten.

Die Kerzen werden gelöscht, Messdiener räumen huldvoll den Altar ab, legen die Kerzenhalter zu Boden. Kirchliche Pfadfinder transportieren die heiligen Figuren in andere Kirchen, bleiummantelte Reliquien werden gesegnet in bischöfliche Tresore getragen und die Geistlichen sind mit allerlei kirchenrechtlichen Vorschriften beschäftigt.

[….] Das katholische Kirchenrecht differenziert zwischen der notwendigen Weihe oder Segnung einer Kirche (Kirchweihe, can. 1217 CIC) und der notwendigen Weihe eines feststehenden Altars (can. 1237 §1 CIC). Beide (can. 1238 §2 CIC) bedürfen einer gesonderten Profanierung, die ausschließlich und wirksam durch ein Dekret des Ordinarius vollzogen wird (can. 1212 CIC und can. 1222 CIC) und daher keiner liturgischen Handlung bedarf. Im Fall einer Kirche muss der Ortsbischof zuvor den Priesterrat anhören (ohne auf die Befolgung von dessen Votum verpflichtet zu sein) und die Zustimmung derer einholen, die „rechtmäßig Rechte an der Kirche beanspruchen“ (can. 1222 §2 CIC), was in Deutschland den Kirchenvorstand (nicht den Pfarrgemeinderat) oder einen Patron betrifft.  [….]

(Wiki)

Es gibt viel zu tun, denn in den letzten 30 Jahren wurden in Deutschland über 1.000 Kirchen profaniert. Tendenz schnell steigend.

Nicht nur die Kirchengebäude muss man loswerden, sondern auch Kirchenorgeln, Heiligenfiguren, Kirchenbänke, Bibeln, geschnitzte Kanzeln, Altäre und eingemauerte Reliquien fallen in den deutschsprachigen, sowie den skandinavischen  Ländern, massenhaft an. Wohin also mit all dem religiösen Tand?

Zum Glück gibt es Osteuropa! Dort sind homophobe zölibatäre Kinderfic**er in bunten Kleidern immer noch sehr populär.

Der der fromme Wuppertaler Gebraucht-Kirchenorgel-Händler Andreas Ladach macht so gute Geschäfte mit polnischen Orgelkäufern, daß er die Sprache lernte.

[….] In fast jedem Ort in Deutschland gibt es eine Kirche. Und sie bleibt immer häufiger leer. Oft werden die Gotteshäuser dann geschlossen, entweiht oder entwidmet, verkauft und sogar abgerissen. Wenn eine Kirche aufgegeben wird, erfährt es der Orgelmakler Andreas Ladach als einer der ersten. Dann kümmert er sich um den Abbau der Kirchenorgel, die er meist nach Osteuropa verkauft.  [….]

(Echtes Leben: Gotteshaus zu verkaufen, ARD, 20.11.2022)

Wird in Deutschland wieder einmal eine Kirchen zugemacht, ist er in Windeseile zur Stelle, demontiert die Orgelpfeifen und schickt sie bald mit einem hübschen Gewinn für die Gemeinde gen Osten.

Der Ukraine-Krieg ist eine feine Sache für die Gebraucht-Kircheninventar-Händler. Denn je mehr das Elend und die Armut in Osteuropa um sich greift, je autoritärer und damit kirchenaffiner die Regime werden, desto frommer werden die Bürger und pressen such nur zu gern auf ausrangierte Kirchenbänke aus Köln-Nippes oder Recklinghausen.

Problematisch sind allerdings die vielen Bibel und Gesangbücher, die in der Ukraine oder Polen durch die deutsche Sprache unnütz sind.

Dafür ließ sich der Göttinger Pfaff Harald Storz aber ein schönes Ritual einfallen.

[….] Der ehemalige Pastor Harald Storz hat in Göttingen nicht mehr gebrauchte Bibeln begraben. Die Bücher wurden nach dem Gottesdienst ohne Kreuz oder Grabstein in der Nähe der St.-Albani-Kirche beigesetzt. Vergleichbare Aktionen habe es in Deutschland bisher kaum gegeben, sagte Storz. Das Begräbnis sei angelehnt an eine jüdische Tradition. Während seiner aktiven Zeit als Pastor für die St.-Jacobi-Kirche in Göttingen seien ihm öfter alte Bibeln überlassen worden, sagte Storz. "Menschen haben die Bücher etwa bei Haushaltsauflösungen von verstorbenen Familienmitgliedern gefunden und wollten sie nicht wegwerfen", sagte Storz. Doch er habe auch nicht gewusst, was er mit den Werken hätte anfangen sollen - und sie letztlich mit einem unguten Gefühl in den Müll geworfen.  [….]

(SZ/dpa, 20.11.2022)

Abreißen, verkaufen, vergraben – diese drei Worte stehen für das christliche Leben in Deutschland 2022. I LIKE!

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