Sonntag, 22. September 2013

Danke an die Kleinstparteienwähler für eine absolute Merkel.



"Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert."
Albert Einstein

Claudia Roth hat ja Recht: Die gesellschaftlichen Mehrheiten für die Gleichstellung der Homoehe, gegen die Herdprämie, gegen die Ausbeutung von Leiharbeitern, für den Mindestlohn, für die Strafbarkeit von Abgeordnetenbestechung, gegen Waffenexporte, für Finanzmarktregulierungen gibt es!
Leider ist der Urnenpöbel zu doof entsprechend zu wählen.

Gregor Gysi hat ja Recht: Die Zeit der Ausschließeritis ist vorbei.
Die SPD klemmt sich natürlich selbst die Hoden ab, wenn sie weiterhin auf Zuruf der Union-Wadenbeißern Dobrindt und Co brav „Ich werde niemals den Linken die Hand geben“ aufsagt. Das ist taktisch kaum noch zu verantworten, wenn damit immer die CDU an der Macht gehalten wird.

Die SPD scheißt in jede Hose, die man ihr hinhält.
(Dieter Hildebrandt)

Ein bißchen wird sich die Linke dazu allerdings auch noch bewegen müssen. Denn Steinbrück und Co haben natürlich Recht, daß eine Bundesregierung mit ihren vielen internationalen Verpflichtungen nicht mit einer Linkspartei gebildet werden kann, die kategorisch NJET zu jedem UN-Einsatz sagt.

Die sozialen Träume sind mit dieser Wahl ausgeträumt.
Mal nicht taktisch gesprochen:
Merkel, die massiv von unten nach oben umverteilt hat und Abermilliarden Steuermittel zu den Bankern und Stromkonzernen verschoben hat, bekommt heute schon fast allein die absolute Mehrheit. In einigen Hochrechnungen hat sie das auch noch. Dazu kommen noch mal fast zehn weitere Prozentpunkte deutlich rechts der Mitte zusammen; nämlich 4,9% für die AfD und noch mal 4,8 % für die FDP.
Offensichtlich ist also mit dem Versprechen von sozialer Politik kein Blumentopf zu gewinnen. 


Linke, SPD und Grüne haben alle Mindestlöhne in ihren Wahlprogrammen gehabt. Der Wähler hätte das also ermöglichen können und wählt mit riesiger Mehrheit dagegen. Sich über die Ausbeuterei in prekären Jobs zu beklagen, kann man spätestens ab jetzt also getrost dem Wählerwillen zuordnen.

Taktisch analysiert bleibt es dabei, daß zwar glücklicherweise nur rund zwei Prozent die Piraten gewählt haben. Aber daran sieht man natürlich umso klarer, daß diese Wähler uns (möglicherweise; ganz klar ist es noch nicht) eine absolute Unionsmehrheit beschert haben. Durch die 2,2- Piratenprozente ist der Kuchen kleiner geworden, so daß das CDU-Tortenstück schon (fast) allein zur Kanzlermehrheit reicht!
Wären die 2,2 %-Punkte an die Grünen oder SPD gefallen, gäbe es keine absolute Mehrheit für Merkel und RotGrün käme immerhin etwas mehr in die Nähe einer Mehrheit.

Die SPD hat ein 180-seitiges Wahlprogramm vorgelegt, in dem ihre gesamte Programmatik durchdacht und durchgerechnet vorgelegt wurde. Kleinsteinkommen würden entlastet, der Rechtsextremismus bekämpft und es gäbe bald einen Mindestlohn.
Die einzelnen Punkte habe ich immer wieder aufgezählt. In allen Wahlkampfauftritten haben sich auch die SPD-Kandidaten nach der „Klartext“-Vorgabe an diese rein inhaltliche Argumentation gehalten.
Tatsache ist aber auch, daß die Mehrheit des Urnenpöbels kein Interesse dafür aufbringen konnte und lieber den absolut nichtssagenden CDU-Grinseplakaten, die vollkommen ohne eine inhaltliche Festlegung daherkamen, folgte.

Es ist sogar noch schlimmer; Nach einer ZDF-Umfrage bevorzugen fast zwei Dritten der verbliebenen FDP-Wähler ebenfalls die CDU.

Bei Merkels Konterfei beginnen die Menschen euphorisch zu klatschen und zu jubeln, können aber auch bei hartnäckigem Nachfragen keinen Punkt nennen, weswegen sie das eigentlich tun. Denn Merkel hat nicht eins ihrer Vorhaben von 2009 umgesetzt.
Sie ist als Regierungschefin de facto nicht tätig geworden. Sie hat ein unbeschriebenes Blatt hinterlassen. Und genau das schätzen die Wähler.
Die SPD konnte mit einem Fakten-orientierten Wahlkampf nicht gegenhalten.
Hinzu kam natürlich, daß sie mit einem zuweilen desinteressierten und dann auch noch quertreibenden Parteichef verwirrte.
Von der völlig ungeeigneten und religiotischen Wahlkampfmanagerin Nahles, die den unsäglich dummen Spruch „Das Wir entscheidet“ ausgerechnet von einer Leiharbeitsfirma abgekupfert hatte, will ich erst gar nicht sprechen.
Nahles, die ohnehin unbeliebt ist und auf Parteitagen grottenschlechte Ergebnisse erzielt, ist eine zuweilen parteischädigende Person, die DRINGEND aus ihrem Amt entfernt gehört.

Die Andrea Nahles gehört dahin wo sie herkommt - in die Eifel wo’s am Dunkelsten ist.
(„Drucker August“ alias Georg Schramm)

Eins hat die Generalsekretärin allerdings wahrheitsgemäß von sich gegeben: Frau Merkel ist am Zug. Sie muß sich jetzt eine Regierung zusammen suchen. Die Freude über 7,5 Prozentpunkte Zuwachs mag groß sein, aber ich nehme an, daß die Kanzlerin klug genug ist zu wissen, daß ihr schwere Zeiten bevorstehen:

Merkel wird es mit einer CSU zu tun haben, die aufgrund ihrer absoluten Mehrheit in Bayern wieder viel aufmüpfiger werden wird. Crazy Horst hat nichts mehr zu verlieren und wird auf seine Maut pochen.
Ihr größtes Problem lautet allerdings Bundesrat. Dort gibt es nur noch zwei (von 16) ihr gesonnene Regierungen, nämlich Sachsen und Bayern.
Das bedeutet, daß sie bei jedem zustimmungspflichtigen Gesetz – und das sind die meisten – einer Zweidrittelmehrheit in der Länderkammer gegenüber steht.
Auch Volker Bouffiers Kopf wird wohl rollen. Seine CDU steht zwar mit rund 39% gut da, aber es wird sich schlecht ein Koalitionspartner finden lassen. Merkel wird damit komplett zur Dame ohne Unterleib. Stark im Bund, in den Ländern marginalisiert.
Und genau mit diesen Ländern muß sie sich irgendwie einigen.
Da werden Kompromisse für sie verdammt teuer und umso schwerer ihrer eigenen Partei zu verkaufen, da sie jetzt nicht mehr den schwarzen Peter einer starken FDP zu schieben kann.
Merkel ist in ihrer Partei zweifellos mächtiger als jeder andere CDU-Chef vor ihr.
Das hat Vor- und Nachteile. Sie kann sich in den Gremien ohne jede Diskussion per order di mufti durchsetzen.
Aber sie ist eben auch alles, was die CDU hat. Zukunft hat das Modell nicht.

Mit dieser Wahl wird aus der Regierungszeit Merkel eine Ära - die Ära des Merkelismus, einer Machtpolitik, der man das Machtvolle nicht anmerkt. Die Bürger haben der Kanzlerin nicht nur einen Sieg, sondern einen Triumph beschert. [….]
Und sie macht Macht zu einer unspektakulären Angelegenheit. Das gefällt vielen Deutschen auch. So hat sie es geschafft, dass die bescheidene Bilanz ihrer Regierungskoalition ihrer Beliebtheit nicht geschadet hat: Was gut läuft, hat die Kanzlerin gemacht, was schlecht läuft, die schwarz-gelbe Koalition.
[…]  Merkel wird von dem wohligen Gefühl der Wähler zum Wahltriumph getragen, dass es in fast ganz Europa drunter und drüber gehe, nur nicht in Deutschland. [….]
Die früher so starke Garde der CDU-Ministerpräsidenten existiert nicht mehr; derzeit besteht die CDU als Merkel plus fast Nichts; Das ist die Schattenseite ihres Triumphs. Das wird irgendwann die Chance der SPD.

Es gibt aber auch ein Gutes an dieser Wahl:
Das parteispendenorientierte Regieren der FDP hat seinen würdigen Abschluß dem dreifachen Doppel-Aus innerhalb von acht Tagen gefunden:

FDP raus aus der Regierung und raus aus dem Landtag in Bayern
FDP raus aus der Regierung und raus aus dem Landtag in Hessen
FDP raus aus der Regierung und raus aus dem Bundestag.

Es wurde auch höchste Zeit.

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Die Minister Westerwelle, Rösler, Zeil, Hahn und Co sind ab sofort alle arbeitslos.
Die gelbe Pest hockt nun nur noch in einer Regierung, nämlich in Sachsen.
Die Staatsminister Sven Morlok (Wirtschaft, Arbeit, Verkehr) und Jürgen Martens (Europa, Justiz) aus dem Kabinett Tillich sind tatsächlich die letzten Minister der FDP; die es noch in der Bundesrepublik gibt.
Immer noch zwei zu viel.



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