Samstag, 30. November 2013

Naughty Nuns



Es gibt kaum etwas, das weltweit so hartnäckig positiv klonnotiert ist wie „Mutter Teresa.“ Im Sprachgebrauch der heutigen Jugend gibt es Neo-Adjektive wie „Mutterteresamäßig“ oder auch den Ausspruch „Ich bin doch nicht Mutter Teresa“, wenn eine sehr selbstlose Tat verlangt wird.
Erstaunlich, wie tief so etwas in kollektiven Bewußtsein feststeckt, obwohl doch längst allgemein bekannt sein sollte, was für eine Heuchlerin und Sadistin die selige Agnes Gonxha Bojaxhiu (1910-1997) war.
„Der Engel der Armen“ bevorzugte es selbst Erster Klasse zu fliegen. Trotz gut gefüllter Medikamentenschränke ließ sie gerne Frauen Schmerzen leiden, indem sie ihnen Analgetika verweigerte. In einer ähnlich perversen Schmerzverherrlichung wie Karol Woytila, sei laut Mutter Teresa durch das Leid eine besondere Nähe zu Jesus Christus erfahrbar, Schmerzen und Leiden seien daher positiv zu bewerten.
Ganz anders als sie selbst krank wurde. Sie ließ sich in den besten amerikanischen Privatkliniken behandeln.

Das meiste Geld des Ordens landet in Rom, auf einem Konto bei der Vatikanbank. Was auch immer dort damit geschieht – den Armen der Welt kommt es nicht zugute. Das Finanzgebaren Mutter Teresas hat Hilfe systematisch verhindert, denn so unterblieb der Aufbau einer effizienten Organisationsstruktur. Die Schwestern werden weder aus- noch weitergebildet, viele der Hilfseinrichtungen arbeiten nicht professionell und die Ordensgründerin war offensichtlich noch stolz auf diesen Zustand: laut stern soll sie die Missionarinnen der Nächstenliebe die “desorganisierteste Organisation der Welt” genannt haben.
Diese zynische Einstellung führt nicht nur dazu, dass Spendengelder nicht für den eigentlich vorgesehenen Zweck eingesetzt werden, Zeugen beschreiben zudem menschenverachtende Zustände, die in den Stationen der Missionarinnen herrschen sollen: Tuberkulosekranke werden nicht isoliert, Spritzen nicht anständig desinfiziert, aus Prinzip wird auf die Verabreichung von Schmerzmitteln verzichtet. Für Mutter Teresa war der Schmerz “das schönste Geschenk für den Menschen”, weil er so, “am Leiden Christi teilnehmen kann”; die britische Zeitung Guardian hingegen sah in den Sterbehospizen nur eine “organisierte Form unterlassener Hilfeleistung”.
Als wäre dies nicht schon genug, sind nun auch noch Vorwürfe aufgetaucht, dass der Orden in Kinderhandelsaktivitäten verstrickt sei. Wiederum der stern berichtet von einem Fall aus Indien, wo Nonnen einer Mutter ihr Kind wegnahmen und nach Deutschland vermittelten – ohne dass die Adoptiveltern ahnten, dass die leibliche Mutter des Kindes noch lebte und ihre Tochter nicht freiwillig weggegeben hatte.

Frau Bojaxhiu ist alles andere als ein Einzelfall. Wer sich mit den Berichten über die 700.000 – 1.000.000 in deutschen Christlichen Heimen misshandelten Kinder beschäftigt, liest immer wieder, daß die Brutalität der Ordensschwestern unübertroffen war. Neben körperlicher Gewalt und sexuellen Übergriffen, verstanden sie sich auf die perfidesten Methoden psychische Qualen zu bereiten. Die Bilder gleichen sich; sadistische Nonnen ruinierten überall in der katholischen Welt unendlich viele Kinderseelen. Es ist nicht festzustellen wie viele Kinder die Bräute Christi in den Suizid getrieben haben.

Küng, von Beruf Rechtsanwalt, leitete die unabhängige Expertenkommission, die die ungeheuerlichen Vorgänge in schweizerischen Kinderheimen durchleuchtete, die unter der Leitung des Ordens der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz standen. Die Untersuchung auf Veranlassung der Nonnen bezog sich auf die Zeit zwischen 1928 und 1970. […]
Auslöser ist der 2009 erstmals ausgestrahlte Dokumentarfilm "Das Kinderzuchthaus" von Beat Bieri, der das jahrzehntelang tabuisierte Thema öffentlich machte. Er schaffte es, dass sechs frühere Bewohner des Heimes ihr Schweigen brachen und einen Stein ins Rollen brachte, der die Alpenrepublik schwer erschütterte. Sie berichteten in bewegenden Interviews über sexuellen Missbrauch, Dunkelzellen ohne Bett, prügelnde Nonnen, Schwerstarbeit und sogar Selbstmorde aus Verzweiflung. [….]  Die Klosterschwestern übernahmen die Erziehung der Kinder. Eine Weisung der Ordensführung von 1926 lautete so: "Körperliche Strafen sollen stets mit großer Vorsicht gegeben werden. Das Schlagen auf den Kopf, auf den Mund oder auf den Rücken, Reißen an den Ohren und Haaren ist für Ordensschwestern unwürdig." Eine unbekannte Zahl von Nonnen ignorierte die Vorgabe. Sie schikanierten stattdessen ihre Schützlinge in grausamer Weise.
Zeuge spricht von tagtäglichem Missbrauch
"Die institutionelle Schuld der weltlichen und kirchlichen Behörden ist klar belegt. Es ist aber nicht auszuschließen, dass es in den verschiedenen Heimen Täter und Täterinnen gab, welche systematisch den Kindern abscheuliches Leid zufügten", lautet das Fazit der Kommission, die sich darum offenkundig bemühte, weder zu richten noch zu entschuldigen, sondern zu erklären. […..]
Auffällig ist, dass sich der Ingenbohler Schlussbericht in der Härte der Aussagen deutlich von dem Gutachten der Historikerkommission unterscheidet, die die Vorwürfe gegen den Orden im Auftrag der Luzerner Kantonsregierung ebenfalls untersuchte. Sie hatte ihr Ergebnis im Sommer präsentiert. In ihrem Endbericht heißt es zu Misshandlungen: "Einige der angewendeten Strafpraktiken werden heute als Foltermethoden aufgeführt, wie das 'Unterwasserdrücken' (Waterboarding - die Red.) des Kopfes oder das Einsperren in dunkle verliesähnliche Räume." Auch ist darin von harten Arbeitseinsätzen in der Landwirtschaft die Rede. Zum sexuellen Missbrauch wird betont: "Die Übergriffe wurden durch Frauen und Männer an Knaben wie an Mädchen begangen. (...) Die weitgehende Negierung möglicher Übergriffe ließ Täter und Täterinnen quasi unkontrolliert agieren, ja führte zu stillschweigender Allianzbildung, gegen die die Kinder nicht ankamen."

Die Verhältnisse in Österreich waren nicht anders und in Spanien betrieben dem faschistischen Regime treu ergebene Nonnen im 20. Jahrhundert sogar massenhaften Kindesraub und Menschenhandel. Sie sollen bis zu 300.000 Babies verkauft haben.
Morgen zeigt „Tele5“ wieder einmal den 2002 entstandenen Film „Die unbarmherzigen Schwestern“, welcher das perverse Treiben irischer Nonnen nachzeichnet.

Die Magdalenen-Heime - benannt nach der biblischen Figur der ehemaligen Prostituierten Maria Magdalena, der Jesus ihre Sünden verzieh - wurden im 19. Jahrhundert in Irland als Zuflucht für in Ungnade gefallene Frauen gegründet. Anfang des 20. Jahrhunderts übernahm die katholische Kirche diese Einrichtungen und führte strenge Regeln ein. Die Aufsicht unterstand den Barmherzigen Schwestern (Sisters of Mercy), die die jungen Frauen zu bis zu zehn Stunden unbezahlter täglicher Arbeit zwangen. Der sonst so heilige Sonntag bildete keine Ausnahme. Hunger, Prügel und sexueller Missbrauch führten zu zahlreichen Ausbrüchen und in den 50er- und 60er-Jahren auch zu Aufständen.

Auch wenn Nonnen keine Kinder oder Kranke in die Finger bekommen, stehen sie gern auf der Seite der Brutalen.
Beispiel Syrien. Dort ist die katholische Kirche ein der letzten und wichtigsten Stützen des Assad-Regimes. Daß Hunderttausende gekillt werden, teilweise sogar vergast wurden, stört nicht weiter.

Oberin Agnes-Mariam vom Kreuz erhebt ihre Stimme, sie will versöhnen in einem Krieg, 'der Syrien ausbluten lässt'. Und doch klingt sie nur wie der Lautsprecher des Regimes. Für die Rebellen ist die Ordensfrau denn auch 'Assads Nonne'. Sie behauptet etwa, die Opferzahlen beim Damaszener Giftgasangriff seien übertrieben gewesen - Russlands Außenminister Sergej Lawrow zitierte sie sogar als Kronzeugin. Sie erklärt, die Rebellen töteten Babys, um ihre Leichen als Kriegsopfer auf der Internetplattform YouTube zu zeigen: Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch nannte den Vorwurf 'bizarr'.
Die Gegner des Aufstands hingegen sehen in der 61-Jährigen eine Stimme der Wahrheit. [….]  Als Christin steht Agnes-Mariam Präsident Baschar al-Assad zwangsläufig näher als den Aufständischen. […]  Sie sagt, unter den Assads sei Syrien ein 'liberaler, säkularer Staat' gewesen, in dem die Frauen Rechte hatten.

Nonnen, immer wieder nett.

Durch den Christen des Tages Nr. 62, den geistig verwirrten Würzburger Rudolf Gehrig erfuhr ich von einer weiteren grandiosen Nonne.



Mutter Angelica, 90, Klarissin vom Orden der Poor Clares of Perpetual Adoration (Arme Klarissen der ewigen Anbetung) wurde in Canton, Ohio, geboren und gründete 1976 den religiösen Sender Eternal Word Television Network, EWTN.


Der Erfolg ist enorm, nach eigenen Angaben erreicht das inzwischen auch in deutscher Sprache gesendete Programm 200 Millionen Haushalte und ist damit der weltweit größte katholische Privatsender.
Man orientiert sich streng am päpstlichen Lehramt, lehnt Frauenpriestertum, Homosexualität, Ehescheidungen und andere Perversionen strikt ab.


Aber man muß der lieben Mutter Angelica einfach zustimmen, weil sie so sympathisch ist.




Freitag, 29. November 2013

Zwischenstand Mitgliederentscheid.


Nein, ich habe immer noch keine Entscheidung über meine Stimmabgabe beim GroKo-Mitgliederentscheid getroffen. Inhaltlich lehne ich das „Werk“ weiterhin ab, befürchte aber, ein „Nein“ der Basis könnte der SPD so schaden, daß einzig die CDU/CSU davon profitiert, indem sie in Zukunft locker absolute Mehrheiten holt.
Ein weiteres kleines Schrittchen in Richtung „Ja“ bedingt meine Persönlichkeitsstruktur, die prinzipiell immer gegen den Strom schwimmt.
Ich habe mein ganzes Leben lang extrem skeptisch und misstrauisch reagiert, wenn alle einer Meinung sind. In den Kreisen, in denen ich (virtuell) verkehre, ist die Stimmung so extrem gegen eine GroKo aufgehetzt, daß ich schon aus Prinzip anfange das Ding zu verteidigen.

Anyway. Ich habe ja noch ein paar Tage Zeit.
Interessant finde ich wie nervös die Parteioberen offensichtlich werden – obwohl sie natürlich dastehen wie ein Mann: Alle Landesverbände bejubeln den Vertrag und legen ihren Mitglieder dringend ein „Ja“ ans Herz. Offenbar glauben sie also nicht, daß das ein Selbstgänger wird. Die SPD-Mitglieder sind schon lange keine Arbeiter mehr, sondern ältere Männer mit Uniabschluß, die werden ihren eigenen Kopf benutzen.
Gabriel verlor gar in einem harmlosen ZDF-Interview mit Marietta Slomka so sehr die Fassung, daß ihm heute Crazy Horst beisprang und in alter CSU-Tradition beim ZDF intervenierte. Medienfreiheit wird im Königreich Seehofers immer weniger geduldet.
Inhaltlich war übrigens Frau Slomka ein bißchen auf dem Holzweg und eher Gabriel im Recht – aber was zählt das schon heutzutage?
Grundsätzlich ist aber der Mitgliederentscheid demokratietheoretisch in Ordnung. Es war immer klar, daß die SPD es so handhaben würde und die Wähler haben so gewählt, daß diese Option zum Tragen kam. Wer jetzt sauer ist, daß er nicht mitabstimmen kann, hat selbst Schuld. Er hätte ja rechtzeitig in die SPD eintreten können.

Die Zeit arbeitet allerdings gegen die Parteiführung. Zunächst einmal hatte niemand die 185 Seiten des Vertrages gelesen und die Berichterstattung stützte sich auf die Jubelbeschreibungen der Autoren.
„Stimmt zu, Genossen!“ schrieb der von mir eigentlich hochgeschätzte und oft zitierte Thorsten Denkler.
Inzwischen fangen aber immer mehr Menschen an das Konvolut zu lesen. Das ist sehr suboptimal für eine Mitgliederpartei wie die SPD. Die CSU hat es da einfacher. Sie verzichtet auf das ganze demokratische Chichi. Noch nicht mal Seehofer hat alle 185 Seiten gelesen und dennoch hat die Partei schon offiziell den K.O.alitionsvertrag abgesegnet. Das ist der klassische strategische Vorteil der Konservativen: Sie sind handlungsfähiger, wie lsie das lästige eigene Denken vermeiden und stets obrigkeitshörig das abnicken, was die Führung möchte.

Bei den Sozis werden allerdings die Lupen rausgekramt und im Kleingedruckten wimmelt es nur von Kröten. Die hopsen überall umher und quaken von Stunde zu Stunde lauter.
Keine Finanzierungspläne, lange Übergangsfristen, keine Transparenz, keine Reform der Unternehmens- oder Mehrwertsteuer, Rentenerhöhung einseitig zu Lasten der gesetzlich Angestellten, keine Reformen im Gesundheitssystem, keine Bafög-Reform, 400.000 Privatversicherte, die de facto keine Versicherung mehr haben, weil sie sich die Rasant steigenden Beiträge nicht mehr leisten können werden einfach im Stich gelassen und bei den Minderheiten sieht es noch dürftiger aus: Flüchtlinge und Asylanten werden im Stich gelassen, es gibt keine rechtliche Gelichstellung von Schwulen und obwohl Gabriel und Co werbewirksam aufsagen „die doppelte Staatsbürgerschaft kommt!“, kommt diese eben NICHT.
Wer älter als 23 ist  - ich bin selbst ganz knapp drüber – muß Ausländer bleiben und ist in Deutschland nicht willkommen.
Und übrigens, liebe CDU und liebe Journalisten: Nicht alle Ausländer in Deutschland, die gern Deutsche werden wollen, sind Türken.
Ach Schweden, Kanadier, Schweizer, Japaner, Australier und US-Amerikaner wie ich werden vor den Kopf gestoßen.
Allerdings nicht so sehr wie Flüchtlinge aus Afrika oder dem Nahen Osten. Die waren es offenbar keiner Partei bei den Koalitionsverhandlungen wert sich für sie einzusetzen.

Triumph der Hardliner.
[…] Tatsächlich festigt der Koalitionsvertrag den Status quo in der Asylpolitik. […]  Lampedusa, war da etwas?
Von dem angekündigten Wandel jedenfalls ist im Koalitionsvertrag so gut wie nichts übrig geblieben. Die Beschlüsse der Arbeitsgruppe Integration und Migration, die die Koalitionäre als "bedeutende Fortschritte" für Flüchtlinge verkaufen, sind in Wahrheit eine als Reform getarnte Zementierung des Status quo.
    Beispiel Arbeitsverbot: Flüchtlinge sollen nach dem Willen von Union und SPD künftig nach drei statt wie bisher neun Monaten arbeiten dürfen. Die sogenannte Vorrangprüfung durch das Arbeitsamt, das kontrolliert, ob eine freie Stelle adäquat durch EU-Bürger besetzt werden kann, bleibt jedoch bestehen. Gerade in strukturschwachen Regionen führt dies zu einem faktischen Arbeitsverbot. Die Gesetzesänderung bleibt wirkungslos.
    Beispiel Residenzpflicht: Die Regel, wonach Asylbewerber die Region, in der sie untergebracht sind, nicht verlassen dürfen, ist eine in Europa einzigartige Schikane. Schwarz-Rot will sie nun lockern. Flüchtlinge sollen sich künftig zumindest innerhalb eines Bundeslandes frei bewegen dürfen. Das klingt nach neuer Freiheit, ist jedoch in allen Bundesländern mit Ausnahme Bayerns und Sachsens längst Alltag. Vernünftig wäre gewesen, die Bestimmung ganz aufzuheben.
    Beispiel Asylentscheid: Bislang warten Flüchtlinge durchschnittlich neun Monate auf eine Entscheidung über ihren Asylantrag, manchmal bis zu eineinhalb Jahren. Das Procedere soll nun auf drei Monate verkürzt werden. Dies ist ein richtiges Ansinnen, auf das sich die EU allerdings bereits vor etwa einem halben Jahr in ähnlicher Form verständigt hat.
[…] Schwarz-Rot [will] Serbien und Mazedonien als "sichere Drittländer" einstufen. Menschen, die von dort nach Deutschland fliehen, hätten künftig keine Chance mehr auf Schutz. Dabei hat Maria Böhmer, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, die für die Union die Verhandlungen mit der SPD bei dem Thema führte, vor kurzem selbst noch "erhebliche Diskriminierungen" von Roma auf dem Balkan beklagt.  […] Auch Schwarz-Rot hält an der deutschen Abschottungspolitik fest.


Donnerstag, 28. November 2013

Die Wirklichkeit ist anders als die Realität – Teil II


Also zunächst einmal vorrausgeschickt: Ich bin immer noch nicht entschieden, wie ich über den K.O.alitionsvertrag abstimmen werde.
Ich finde es allerdings wenig angenehm als „Koalitionsbefürworter“ tituliert zu werden.
Ich lehne Schwarzrot ab! Ich hätte viel lieber RotRotGrün und allein die Vorstellung, daß mit SPD-Stimmen solche Typen wie Dobrindt und Friedrich in die Regierung kommen, löst bei mir Brechreiz aus.

Aber mal abgesehen davon, was ich gerne HÄTTE; stelle ich mir die Frage was praktisch wirklich möglich ist und welche Konsequenzen ein „Nein“ von der Basis hätte.

Ich habe noch gar nicht entschieden, wie ich letztlich abstimme, aber sollte ich „Ja“ ankreuzen, dann nur deswegen weil ich die Hosen voll habe und befürchte, daß es dann noch viel übler für die SPD kommt.
Zementiert das womöglich viele lange Jahre Opposition im <20%-Tal?
Dann ist es ganz vorbei mit der Hoffnung endlich eine andere Euro-Politik zu bekommen, den Banken an den Kragen zu gehen, einen Mindestlohn einzuführen, das Krankenversicherungssystem gerechter zu machen, die doppelte Staatsbürgerschaft zu legalisieren, die Homoehe endlich voll zu akzeptieren und selbstbewußt gegenüber der USA aufzutreten.

Das „Verräter“-Geschrei und die Pöbelei wider die pöstchenversessene Parteispitze finde ich allerdings absurd. Denn sie klüngelt eben nicht in irgendwelche Hinterzimmern aus, sondern übersendet just im Moment eine hundert Doppelseiten starke Ausgabe des „Vorwärts“, in der der gesamte Koalitionsvertrag abgedruckt ist.
Die Basis entscheidet und diskutiert just jetzt enorm heftig.
Man kann ja ablehnen, wenn man mit den Ergebnissen unzufrieden ist.

Zu gerne wüßte ich wie das Ergebnis wohl ausfallen könnte.
Allein, das zu schätzen scheint unmöglich.
In den ersten Aufwallungen bejubelten heute viele Zeitungskommentatoren den Vertrag. Ja, es sei ein bißchen viel Klientelbedienen und viel zu unklar finanziert, aber die SPD hätte sich doch erstaunlich weit durchgesetzt.
Der heutige MoPo-Leitartikel ist mit „Zustimmen, Genossen!“ überschrieben. SPD-Mitglieder hätten demnach allen Grund zufrieden zu sein. Eine breite Mehrheit für die GroKo wäre nur Formsache.

SPD-Chef Sigmar Gabriel zeigt sich sicher, dass die Genossen einem Regierungsbündnis mit der Union zustimmen werden: "Die Mitglieder der SPD werden stolz auf das sein, was wir für die Menschen in Deutschland in diesem Koalitionsvertrag erreicht haben". Der Koalitionsvertrag stärke Deutschland und Europa.

Auch die seriöseren Medien haben viel Häkchen bei der SPD-Wishlist gemacht und können sich nicht vorstellen weshalb die Mitglieder ablehnen sollten.

Hat die SPD angesichts ihres mageren Wahlergebnisses beim 'Groko-Deal' mehr erreicht, als je gedacht? Das ist die Frage, um die sich an der Basis alles dreht. Die Spitzen-Genossen jedenfalls sind hoffnungsfroh.
[….] Wenn man wissen will, wie die Stimmungslage ist vom Norden bis zum Süden dieser Republik, der sollte nach Schleswig-Holstein schauen. Nein, im Grunde können sie dort über den Koalitionsvertrag nicht jammern: Der Nord-Ostsee-Kanal wird als eines der wenigen Verkehrsprojekte explizit erwähnt. Die Kliniken im Norden erhalten mehr Geld. Die windreichen Länder werden bei der Förderung von Land-Windstrom bessergestellt. Und SPD-Landeschef Ralf Stegner, oberster Windmacher im Land, könnte bald nach Berlin ziehen, als Generalsekretär der Bundes-SPD.
Besser könnte die Lage in Schleswig-Holstein also kaum sein - wenn da nicht dieses frostige Klima herrschen würde an der linken Basis. 'Die CDU hat sich in fast allen Bereichen durchgesetzt', nörgelt zum Beispiel Ostholsteins Kreischef in den Kieler Nachrichten. Stegner selbst brachte die Laune der linken Genossen im Radio auf den Punkt: Auf die Frage, ob die SPD in der Opposition nicht besser aufgehoben sei, sagte er kurz und knapp: 'Im Prinzip ist das ja auch so.' Kieler Politologen erwarten trotzdem ein Ja zur großen Koalition - weil viele passive Mitglieder ein schwarz-rotes Bündnis weniger quälen dürfte als die aktiven Funktionäre der polarisierten Nord-SPD. Wenn man gerne wettet, würde man sagen: 60 zu 40 für ein Ja. […]
Wenn es aber für die SPD-Bundesspitze am Mittwoch eine Wortmeldung gab, die wirklich wichtig war, dann die von Leni Breymaier aus Baden-Württemberg. Einen organisierten linken Parteiflügel, der den Namen verdient, hat die Sozialdemokratie im Südwesten nicht. Aber sie hat in Breymaier, die Verdi-Bezirksleiterin ist und zugleich SPD-Landesvize, eine linke Stimme, die erfahrungsgemäß kräftig Wind machen kann. Und genau das tat Breymaier nun eben nicht. Nach Jahren des Sozialabbaus, sagte sie, 'stimmt wenigstens die Richtung wieder'. Trotz aller Enttäuschungen, etwa in der Steuer- und Europapolitik: 'Der gesetzliche Mindestlohn wiegt schwer auf der Haben-Seite.'

Na, dann können Sigmar und Andrea ja schon mal den Sekt kaltstellen.
Oder ist die Sache doch noch nicht gelaufen?
Einigen Konservativen geht schon der Arsch auf Grundeis.

Es ist schon verrückt, dass theoretisch die Mitglieder der SPD sowohl den Wählerwillen als auch die extrem langen und umfänglichen Koalitionsverhandlungen ad absurdum führen können. Dass all das umsonst, leider nicht kostenlos, gewesen wäre, wenn es den SPD-Unterhändlern in den nächsten Wochen nicht gelingen sollte, die eigene Basis von ihren Ergebnissen zu überzeugen. Ärgerlich, unglaublich. [….] Es kann nicht angehen, dass am Ende ein paar Hunderttausend Parteimitglieder über die Zukunft der restlichen 80 Millionen Bundesbürger entscheiden, und dass die darauf so lange warten müssen.
[….] Man kann das als klug und mutig bezeichnen, genauso gut aber als verantwortungslos und feige. Denn die SPD hat ja bereits über ihre Richtung abgestimmt, als sie sich dafür entschied, Gabriel zum Parteivorsitzenden zu wählen. Der hat damit nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht, über eine Regierung mit der Union zu verhandeln und am Ende eben auch über den Koalitionsvertrag zu entscheiden. Dass er sich danach noch einmal die Zustimmung der Mitglieder holen möchte/muss, zeugt nicht unbedingt von einem tiefen Vertrauensverhältnis zwischen Parteispitze und Parteibasis. Die CDU hätte das, gerade unter der Vorsitzenden Angela Merkel, niemals nötig gehabt. [….] Die SPD-Spitze riskiert viel. Denn ein Nein der Basis hätte nicht nur für die Regierungsbildung in Deutschland Folgen, sondern auch für Sigmar Gabriel und die Partei als Ganzes. Natürlich müssten der Vorsitzende und seine engsten Verbündeten sofort zurücktreten, weil sie mit ihrer Politik dann bewiesenermaßen keinen Rückhalt mehr in der Basis hätten.

Unfreiwillig gibt Herr Haider zu, daß der Koalitionsvertrag vielleicht doch nicht ganz so sozialdemokratisch ist, wie er kommuniziert wird. Es gibt Genossen, wie zum Beispiel Tammox, die mit ihren Anliegen auf ganzer Linie im Stich gelassen werden.
Ich halte es zwar grundsätzlich für äußerst fragwürdig der Basis große Weisheit zuzutrauen, aber immerhin ist die Breite Diskussion, die in der Partei gerade stattfindet, sicher demokratieförderlich. Die Parteien wirken an der politischen Willensbildung mit – heißt es im Grundgesetz. Und genau das passiert gerade. Deswegen sind sogar tausende Menschen in den letzten Wochen extra in die SPD eingetreten. Dort lagern sie aber nicht als Karteileichen, wie es bisher üblich war, sondern die werden mit Konzepten und Schriftsätzen überhäuft, zum Diskutieren animiert und sollen am Ende entscheiden.
Das kann doch nur positiv sein.

Es fragt sich nur, ob die Genossen intellektuell dazu in der Lage sind.
In den sozialen Netzwerken und den Diskussionsforen der SPD tobt immerhin das Leben. Aber in dieser virtuellen Wirklichkeit sieht es völlig anders aus, als in der medialen Printrealität, nach der eine breite Zustimmung der Genossen zu erwarten ist.
Ich habe heute im Laufe des Tages viele hundert Stellungnahmen gelesen und kann berichten, daß rund 98% davon klar gegen die große Koalition argumentieren. Dagegen bin ich noch relativ Schwarzrotfreundlich. Ausgerechnet ich. Man kann mir einiges vorwerfen, aber nicht, daß ich jemals Sympathien für die CDU oder Merkel geäußert hätte!
Natürlich; die Verärgerten sind lauter und aktiver. Diejenigen, die mehr oder weniger grummelnd der Parteiführung zustimmen wollen, beteiligen sich nicht so rege an den Diskussionen.
Das virtuelle Meinungsbild ist aber derartig klar auf Gegenkurs, daß ich mir durchaus vorstellen kann, daß Gabriel und Nahles am 14.12. nicht etwa mit den ersehnten Ministerposten dastehen, sondern eher mit NICHTS nachdem sie in Schimpf und Schande von ihren Parteiämtern zurücktreten mußten, weil ihnen die Basis eindrucksvoll das Misstrauen ausgesprochen hat.
Und niemanden täte es mir weniger Leid, als um Nahles.
Aber die ganze Parteiführung hängt drin. Wer soll es denn sonst machen?
Die hervorragende Stimmung, die Siggi und Andrea gestern zur Schau stellten, dürfte angesichts des massiven Internetshitstorms deutlich abgekühlt sein.

Doch im Internet mehren sich die Proteste – vor allem auf der offiziellen Facebook-Seite der SPD.
Die SPD postete dort ein Foto mit den Inhalten, die die Partei bei den Verhandlungen durchsetzen konnte. Innerhalb weniger Stunden wurde das Foto schon über 1000 mal kommentiert und in den meisten Fällen kritisiert.
Norbert H. schreibt: „Das hier als 'Erfolg' zu posten, verhöhnt einen großen Teil der ehemaligen SPD-Wähler... Gute Nacht Deutschland!“ Detlef H.s Meinung: „Die Unterschrift für weitere Armut und Stillstand in Deutschland. War die SPD nicht mal eine Arbeiterpartei.????? Und jetzt“.
Zudem gibt es bereits den Aufruf: „Liebe SPD-Basis, rettet unser Land vor diesem KoaltionsvertragsENTWURF.“ Fred M. legt nach: „Diesen Vertrag könnt ihr euch an die Backe schmieren.“
Ganz offensichtlich überwiegt die Ablehnung.

Nach meinem Eindruck ist das noch eine euphemistische Darstellung der MoPo.

Mike: Ja, IHR (SPD) werdet schon wissen warum Ihr laut Brüllen müsst das der Koavertrag die SPD Handschrift trägt. Wenn das EURE Handschrift ist > Empfehlung : Grafologe besuchen

Phil: Bitte, liebe SPD Mitglieder, sagt NEIN zu dieser Koalition.

    Michael:  Selbstverständlich!
    Daniel: Selbstverständlich stimme ich mit Nein.
   
Julia: Der Koalitionsvertrag ist ein Schlag ins Gesicht für jeden SPD Wähler!
    Walter: Ex-Wähler bitte!
    Mike: Aber sowas von Ex-Wähler....!

Volker: In diesem Vertrag mit Verlaub gesagt ist nicht einmal Kerzenlicht zu sehen, leider hoffentlich sieht es Ihre Basis auch so und läßt sich nicht einlullen. Ich wünsche es mir für Alle Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, und vor allem für die ehrlichen SPD`ler und Wähler.

Dennis: Alle SPD-Mitglieder sollten gegen den Koalitionsvertrag stimmen, allein schon deswegen weil dort nicht die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare vereinbart ist.

Rita: Der Koalitionsvertrag ist ein Schlag ins Gesicht für unsere homosexuellen Mitbürger, deren Eltern, Geschwister und Freunde die aufgrund des Wahlprogramms die SPD gewählt haben.

Norman: Verkauft eure Seelen NICHT für Ministerposten, Macht & Geld... BITTE EIN KLARES NEIN!!!!!

Deborah: Ich stimme mit nein - das ist Verrat an der eigenen Partei!

Jens: Ein ganz deutliches: NEIN

Fräulein: Wir können und dürfen uns nicht so verkaufen. Wenn der Koalitionsvertrag die Zustimmung erhält, verraten wir unsere eigenen Ideale! Sagt NEIN und stoßt Gabriel und Nahles von ihrem selbst erbauten Thron. Wer meint, es seien gute Ergebnisse erzielt worden, hat es nicht anders verdient

Johan: Hoffentlich sagt die Basis NEIN und zwingt damit diese neoliberale SPD-Führung ihre Führungsposten abzugeben.

Volker: Es ist so widerlich wie sich die Parteispitze der CDU/CSU angebiedert hat. Sie haben gerade den Renteneintritt durchbekommen und das ist alles. Wagen Sie es nicht noch die 8,50 € anzuführen die erst 2017 richtig greifen und die vielen Einschränkungen, schon jetzt sagen Wirtschaftsexperten wohl gemerkt unabhängige, dass man gerade noch mit 10,50 € auskommt. Sie haben Ihre Wähler betrogen und verbreiten dann noch Halbwahrheiten, damit selbst Ihre Basis nicht merkt wie sie betrogen wird.

Bodi: Es geht um Macht und Posten. Ablehnen!

Christoph: Normal sollte man wirklich mal gegen diese Saubande demonstrieren. Was da zum Teil für Schrott veranstaltet wird ist Betrug am Volk und Wähler!!

Jörn: Handschrift der SPD? Ich sehe da gar nichts! Das ist Muttis Diktat; sie hat sich auf nichts festgelegt, was irgendwie mit Sozialdemokratie zu tun hat. Der Werbung der SPD-Spitze für dieses "Macht(t)werk" ist schon peinlich!

Usw. usf.

Mittwoch, 27. November 2013

Was soll die Alternative sein?


 Als ich gestern Nacht ins Bett ging, hieß es ein Entwurf des Koalitionsvertrages kursiere unter den Journalisten. Der wäre aber noch 177 Seiten lang und müsse natürlich deutlich gekürzt werden, bevor er unterschrieben und den SPD-Mitgliedern vorgelegt werden könne.
Inzwischen ist der Vertrag fertig, die drei Parteivorsitzenden sind zufrieden und das Werk wurde auf übersichtliche 185 Seiten gekürzt.
So viele Worte zu benötigen, ist nur zu verständlich, wenn inhaltlich die großen Projekte fehlen, die für sich selbst sprechen würden.
Es wäre allerdings vermessen deswegen nun in Gram und Enttäuschung zu verfallen, da mit einer übermächtigen Kanzlerin Merkel, deren Hauptcharaktermerkmal die Risikoscheu ist, nichts anderes zu erwarten ist. Diese mäandernde Phlegmatikerin wurde schließlich genau deswegen gewählt: Der saturierte Urnenpöbel wollte keine Veränderungen.

„Eine große Koalition ist eine Option für die Lösung großer Aufgaben“
(Angela Merkel Brennpunkt, ARD, 27.11.13)

Deswegen ist und bleibt Gabriels Argument richtig, man könne von einer CDU-Chefin, die gerade haushoch eine Wahl GEWONNEN habe nicht erwarten, daß sie ein 100%iges SPD-Programm als Koalitionsvertrag unterschreibe.


Hätten all die Linken und Piraten und Nichtwähler, die sich jetzt in den Sozialen Netzen beklagen und/oder hämische „Wer hat und verraten….“-Kommentare abgeben, alle die SPD gewählt, hätte sie eine absolute Mehrheit und könnte tatsächlich all das umsetzen, das man von ihr erwartet, ohne sie gewählt zu haben.
Ein schizophrenes Verhalten. Wer erst die SPD schwächt, indem er Kleinstparteien oder gar nicht wählt, sollte sich anschließend nicht beklagen, wenn die CDU so stark ist, daß sie ihre gestrigen und Lobby-freundlichen Pläne durchsetzt.



Gabriel und Merkel bestätigen, es habe wegen des SPD-Mitgliederentscheids noch keine Personalentscheidungen gegeben; man wolle der Basis die Möglichkeit geben rein inhaltlich zu diskutieren.
Ein plausible Erklärung, aber sicher nur die halbe Wahrheit. Ich nehme eher an, daß die SPD-Führung die abschreckende Wirkung einiger Namen fürchtet.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden auch die xenophoben Lügner Friedrich und Dobrindt zu Merkels Mannschaft gehören.
Welches SPD-Mitglied kann dazu sein „Ja“ ankreuzen? Außerdem munkelt man schon sehr lautstark, daß die beiden SPD-Topreligioten, die strenggläubigen Nahles und Steinmeiner Minister werden sollen. Nahles ist nicht nur bei mir, sondern bei vielen SPD-Mitgliedern extrem unbeliebt.
Wie lächerlich das Parteipräsidium argumentiert: Da wird die Weisheit der Mitglieder gepriesen, die allein über die neue Bundesregierung entscheiden dürfen – aber die eigentlichen Knackpunkte, nämlich die Personalien, will man ihnen nicht zumuten. Dafür wird die Basis dann doch als zu dumm erachtet. Sie würde von den sechs Namen der zukünftigen SPD-Minister so verwirrt, daß sie dann nicht mehr objektiv entscheiden könne.
Ich widerspreche nicht der These, daß Volksabstimmungen, Plebiszite und Urwahlen problematisch sind, weil man dann diejenigen entscheiden läßt, die am wenigstens von einer Materie verstehen. Wenn man sie aber doch entscheiden läßt, dann könnte man ihnen auch wenigstens reinen Wein einschenken und mitteilen über welches Kabinett eigentlich entschieden wird.



In einer vernünftig ausgehandelten großen Koalition gibt es als Kompromisse und jede Partei muß auf ein paar Lieblingsprojekte verzichten.

Meine Zustimmung zu dem Vertrag hängt also davon ab, ob ich genügend SPD-Handschrift im Vertrag wiederfinde.
Das ist eine nicht sehr leicht zu beantwortende Frage, da offenbar jedes SPD-Mitglied seine ganz persönlichen Interessen als genuine SPD-Kernforderungen auffasst und nur zustimmen will, wenn diese zu seiner Zufriedenheit in der GroKo umgesetzt wird.
Man kann das sehr schön in den Sozialen Netzen verfolgen. Die Basis wettert schon gegen den Koalitionsvertrag; wobei jeder sich selbst zum Maßstab erhebt:

Christoph K.: Der Koalitionsvertrag bringt für mich persönlich keine einzige Verbesserung.

Dennis S.: "Zukunft gestalten" und dabei auf Kosten der jüngeren Generation die Rentenkasse für die Älteren plündern, das ist doch echt das genaue Gegenteil von "Zukunft gestalten", wenn man nur von der noch gut gefüllten Rentenkasse, d. h. von der Substanz lebt, völlig entgegengesetzt zu dem, was man angesichts der demographischen Entwicklung tun müsste. [….] So sieht die SPD die Zukunft? Ich sage: Für die Zukunft stimmen bedeutet gegen diese Mogelpackung Koalitionsvertrag zu stimmen.

Kai G.:  Wenn die SPD im Koalitionsvertrag die völlige Gleichstellung von Homosexuellen in Sachen Ehe und Adoptionsrecht nicht durch bekommt, bin ich gegen den Koalitionsvertrag! Dann lieber "Rot Rot Grün" oder Neuwahlen !!!
Es kann einfach nicht sein das "neue Nationen" wie Schottland schon weiter sind mit der Gleichstellung als wir in Deutschland und dies alles nur um ein paar Bauern in Bayern und der Christlich Konservativen in Deutschland vorzugaukeln das es sich bei der CDU um den "Fackelträger" der guten alten Werte handelt. Und dabei macht die SPD mit ... das war's für mich dann

Yasar E.: Bin hier geboren 41 j. alt. Und immer noch Ausländer. Danke.
(Facebook 27.11.13)

Würde ich auch so persönlich argumentieren, wäre meine Entscheidung ganz leicht.
Denn Gabriel und Nahles haben alle Punkte, die mir persönlich die wichtigsten sind, und die daher auch oft in diesem Blog ausgebreitet wurden ignoriert. Ich bin auf ganzer Linie der Benachteiligte.

1.)  Ich werde eben nicht für würdig befunden die deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen, weil ich vor 1990 geboren werde. (Gabriel versucht damit zu beschwichtigen, daß die CDU immerhin überhaupt mal von ihrer Doppelpasspanik abgerückt wäre und nach 2017 vermutlich doppelte Staatsbürgerschaft auch für ältere Ausländer wie mich erlaubt werden könnte.
2.)  Der totale moralische Bankrott Deutschlands, nämlich die massive Unterstützung von Mord, Totschlag und Krieg durch Waffenexporte in alle Krisenregionen wird nicht unterbunden.

Schwarz-rot macht nicht einmal mehr den Versuch, sich einen friedlichen Anstrich zu geben: Die Bundeswehr für Auslandseinsätze fit machen, drohende Aufweichung des Parlamentsvorbehaltes für Bundeswehreinsätze, europäische (Kampf-)drohnen, Militarisierung der EU, Stillstand bei der Abrüstung und weiter so bei den Waffenexporten. Schon auf dem Papier ist dieser Vertrag noch kriegerischer als der schwarz-gelbe Vertrag von 2009 – und das will schon was heißen.
Der Parlamentsvorbehalt für Auslandseinsätze soll von einer Kommission überprüft werden, da deutsche Soldaten zunehmend in NATO- und EU-Stäben integriert seien. Es droht die Aufweichung des Parlamentsvorbehaltes, wie sie von der Union schon länger gefordert wird.
Die Koalition möchte eine „europäische Entwicklung“ von Drohnen und sie schließt auch die Anschaffung von Kampfdrohnen nicht aus, sondern verspricht nur eine vorherige sorgfältige Prüfung.
Rüstungsexporte: Ein ganz kleines bisschen mehr Transparenz, aber keine Einschränkungen und keine neuen Regeln oder gar Verbote. Weiter so wie bisher.
Abrüstung: Es ist gut, dass deutsche Kleinwaffen künftig fälschungssicher markiert werden sollen. Aber das war es auch schon. Selbst der Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland steht nicht mehr drin. Als einzige Lehre aus den Chemikalien-Lieferungen nach Syrien beschließt die Koalition, künftig solche Exporte „besonders strikt“ zu kontrollieren – das wurde es auf dem Papier allerdings auch früher schon.
Die syrischen Flüchtlinge werden ganz allein gelassen, es wird ausdrücklich keine weitere Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien geplant sondern maximal eine „gemeinsame europäische Initiative zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge“.

3.)  Eine Gesundheitsreform wird noch nicht einmal angedacht, Es kommt keine Bürgerversicherung und die niedrig verdienenden Privatversicherten werden weiterhin völlig der Willkür der Versicherungskonzerne überlassen, ohne daß ihnen gesetzlich die Möglichkeit zugestanden wird wenigstens die Kasse zu wechseln, weil ihre Rückstellungen dann an die Kasse fließen und nicht etwa an denjenigen, der sie bezahlt hat, nämlich der einzelne Patient.

Andere haben sich da wesentlich effektiver für ihre Wunschliste eingesetzt. Seehofer bekommt beispielsweise 100% seiner Pläne durch: Keine Steuererhöhungen für Multimillionäre, weiterhin die grotesk fehlsteuernde Bildungsfernhalteprämie, Hotelsteuer, die letztlich auch eine Subvention ist, bleibt und gegen das ausdrückliche Wahlversprechen Merkels soll sogar noch die Antiausländer-Maut kommen.

Als verantwortlicher Bürger, der zwar unwürdig ist bei den Bundestagswahlen zu wählen, darf und soll ich aber dennoch beim SPD-Mitgliederentscheid mitmachen und habe daher sogar eine relativ viel gewichtigere Stimme bei der Bildung der deutschen Regierung mitzusprechen.
Ein echter Witz. Ich bin es also nicht wert eine von 82 Millionen Wählerstimmen abzugeben, darf aber das 160fache Stimmengewicht von einem unter 500.000 innerhalb der SPD abgeben.
Ich will mich also bemühen festzustellen, ob es unter dem Strich so viele „Verbesserungen für den kleinen Mann“ gibt, wie Gabriel und Co behaupten.
Bei den Mandatsträgern sind die Mehrheiten wie zu Erich Honeckers Zeiten.
2 Enthaltungen, keine Nein-Stimme bei Probeabstimmung in der SPD-Fraktion.
Warum sind die alle so begeistert?

„Das ist eine Menge Geld, das wir da mobilisieren konnten!“
(Sigmar Gabriel, Brennpunkt, ARD, 27.11.13)

Offenbar sieht Gabriel wirklich das Allheilmittel im Geld ausgeben – ohne daß gefragt wird woher die Moneten kommen.

Von den Strompreiserhöhungen entfallen 87% Industrieausnahmen, die weiter bestehen bleiben und einen falsch designter Strommarkt, beklagt sich Grünenfraktionschef Hofreiter. Außerdem komme „keine staatliche Stromaufsicht“, assistiert Gregor Gysi.

Bundestagsabgeordnete, Minister, Unternehmer und bezahlen NICHTS für die Rentenwohltaten, weil sie nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sind. Dafür wird aber die Lidl-Kassiererin als Melkkuh heran gezogen. Das soll Gerechtigkeit à la SPD sein?

Ja, ich glaube auch, daß der Mindestlohn eine gute Sache ist und kann sogar damit leben, daß die CDU der SPD offenbar Übergangsfristen bis ins Jahr 2017 abgehandelt hat.
Aber ich kann nirgends den Willen erkennen die grundsätzlich ungesunden, umweltzerstörenden und ökonomisch zutiefst ungerechten Strukturen zu ändern.

Zudem fehlen mir die Impulse, die unter der Überschrift „moralischer Regieren“ zu subsummieren sind: Flüchtlinge, Obdachlose, Analphabeten werde ignoriert, die Waffenexporteure geschont.

Der Koalitionsvertrag ist dick, aber nicht stark. Union und SPD wagen keine Reformen. Die Partner wollen eine üppige Vorratsdatenspeicherung einführen - der Grundrechtssensibilität gebührt die Note mangelhaft, genau wie dem Umgang mit Flüchtlingen.
"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne", schrieb einst der Schriftsteller Hermann Hesse. [….] Als Motto für den Koalitionsvertrag von Merkel, Seehofer und Gabriel passt er nicht.
Von einem Zauber ist nichts zu spüren, von großen, gar großartigen Projekten, die man mit einer großen Koalition verbinden möchte, ist nichts zu lesen; ein visionäres Kribbeln stellt sich an keinem einzigen Absatz der 185 Seiten ein: keine Pflegereform, keine Steuerreform, keine demokratische Offensive, keine migrationspolitische Gesamtstrategie, keine Konsequenzen aus dem NSU- und dem NSA-Skandal. Das Papier ist dick, aber nicht stark. [….] Der Satz, der zur sich formierenden Koalition passt, lautet daher: Diesem Auftakt wohnt ein Zittern inne. Aber ohne dieses Zittern wird die SPD nicht wieder regierungsfähig. [….]
Wer nach einem noch verborgenen Zauber des Koalitionsvertrags sucht, wird schon auf der ersten Seite enttäuscht. Dort steht der nichtssagende Satz: "Deutschlands Zukunft gestalten". Also liest man sich, gelangweilt eingestimmt, durch viele Allgemeinheiten, Plattheiten, Absichtserklärungen. Im Kapitel "Bürgerbeteiligung" heißt es, dass die Koalition die "Akteure der Zivilgesellschaft konsequent in die Diskussion um Zukunftsprojekte einbinden" will. Solcher Lall mündet in der Ankündigung, dass Deutschland im Rahmen der "Digitalen Agenda" einen "Digital Champion" benennen wird. [….] Bisher war nicht bekannt, dass Ex-Innenminister Otto Schily auf Seiten der SPD an den Koalitionsverhandlungen beteiligt war. Wer den innen- und rechtspolitischen Teil des Koalitionspapiers liest, wird den Eindruck nicht los, dass das so gewesen sein muss: Dieser Teil ist partiell von einer so konservativen Rigidität, dass einem beim Lesen die Sehnsucht nach einer FDP anfällt - die es verhindert hätte, dass nun in den Zeiten von NSA allen Ernstes wieder eine üppige Vorratsdatenspeicherung eingeführt werden soll, die sich um die Vorgaben des Verfassungsgerichts wenig schert.
Der Grundrechtssensibilität des Koalitionsvertrags gebührt die Note: mangelhaft. [….] (Heribert Prantl, 27.11.13)

Für das Herz findet sich fast nichts im Vertrag.

Im Koalitionsvertrag 2009 wollte man explizit Jungen fördern, jetzt heißt es: "Die Jungenarbeit soll nicht zu Lasten der Mädchenarbeit ausgebaut werden." Rollenstereotypen soll "entgegengewirkt", Mädchen und junge Frauen mehr für technische Berufsfelder begeistert werden.
Die gesetzliche Frauenquote für Vorstände und Aufsichtsräte kommt, allerdings sind viele Details offen. Butterweich bleibt man bei Lohndifferenzen zwischen Männern und Frauen. Firmen werden aufgefordert, aber nicht verpflichtet, Gehälterunterschiede zu beseitigen.
Die Sukzessivadoption für gleichgeschlechtliche Lebenspartner soll "zügig" umgesetzt werden, aber bei der Öffnung der Ehe oder einem vollen Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare lässt man sich weiter vom Bundesverfassungsgericht treiben. Altersdiskriminierung soll abgebaut, die europäische Jugendarbeitslosigkeit bekämpft werden.
Fazit: Anliegen, die in einer modernen Gesellschaft selbstverständlich sein sollten. Hier hätte man viel mutiger sein können.  [….]
Verbraucherschutz und Landwirtschaft

Keiner der Koalitionspartner hat umstrittene eigene Anliegen durchgesetzt - vielleicht auch deshalb, weil die Themen für die Parteien keine Herzensangelegenheit sind.
Es dominieren Ausweichwörter wie "prüfen", "evaluieren", "entwickeln". Neu ist: Die Koalition erkennt die "Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung gegen grüne Gentechnik" an - eine striktere Regulierung fordert sie aber nicht. Der Debatte über Massentierhaltung soll mit einem "wissenschaftlichen Diskurs" begegnet und EU-einheitliche Tierschutzstandards durchgesetzt werden. Zum Öko-Landbau findet sich nur die dürre Information, das entsprechende Bundesprogramm werde "verstetigt".
Beim Verbraucherschutz ist Transparenz das Stichwort, allerlei neue Gremien sollen den Konsumenten mit Rat und Tat zur Seite stehen. Nachdem die SPD mit dem Vorstoß zur Begrenzung der Dispo-Zinsen gescheitert ist, sollen Banken ihre Kunden jetzt warnen, wenn sie ihr Konto überziehen. Wirklich neu ist eine Prüfpflicht, die Schwarz-Rot den Behörden bei wiederholten Verstößen gegen Verbraucherrechte auferlegen will.
Fazit: Die Vereinbarungen sind Kompromisse auf niedrigem Niveau.

Sowas muß man eigentlich ablehnen.
Ich will nicht zur Freude der Rechtsaußens beitragen.



Aber was passiert dann?

Es wird früher oder später zu Neuwahlen kommen, bei denen die SPD als nicht regierungsfähig auf unter 20% abstürzen wird und Merkel wird entweder allein und absolut oder mit AfD/FDP regieren.

Dann gibt es noch viel weniger für mich zu gewinnen.



Dienstag, 26. November 2013

Effektive Gewalt


Bei körperlicher Gewalt bin ich ein echter Versager. Das ganze Konzept behagt mir nicht.
Schon als kleines Kind stand ich besorgt und betroffen abseits, wenn irgendwelche Leute sich rauften.
Ich hatte auch nie Lust auf Kriegsspielzeug, sondern begeisterte mich immer mehr für Spiele, bei denen man etwas aufbaute: Lego zum Beispiel. Und häkeln konnte ich ziemlich gut.
Das Zerstören und Kaputttreten lockte mich nicht.
Als ich mit ca acht Jahren von meiner übereifrigen Nachbarin mit zum Reiten genommen wurde – sie hatte ein eigenes Pferd – stellte sich zwar raus, daß ich ein Naturtalent war, aber ich hörte nach einigen Monaten wieder auf, als man mir eine Gerte andrehte, weil ich es nicht fertig brachte dem armen Pferd damit eins überzuziehen. Später versagte ich bei den Mannschaftssportarten in der Schule, wenn sie körperlichen Einsatz gegen die Mitspieler erforderten.
Völlig undenkbar, daß ich Wehrdienst absolviert hätte. Krieg behagte mir weder in Theorie noch in Praxis.
Noch heute morde ich keine Spinnen, die sich in meine Wohnung verirren, sondern fange sie in meiner „friendly trap“ und setze sie dann vorsichtig zurück in die freie Natur.
Prügel sind mir als erwachsenem und sehr deutlich überdurchschnittlich großem Mann noch viel suspekter, als in meiner Kindheit.
Ich kann mir wirklich nicht vorstellen jemanden zu schlagen – außer Frauen und Kinder natürlich.

Das Militär und seine waffenfanatischen Offiziere betrachte ich als lächerliche Gestalten. Wie können erwachsene Menschen nur so geistig retardiert sein, daß sie sich bunte Buttons ans Revers heften und dann wie gedopte Pfadfinder mit geistiger Entwicklungsstörung im Gleichschritt sinnlos umherstapfen??

Zur Not kann ich gerade noch einsehen, daß es Situation geben mag, in denen sich ein Staat oder eine Organisation gegen einen Aggressor schützen muß. Und das geht oft nur mit Soldaten.
Das beste Beispiel dürfte hierfür wohl WK-II sein.
Das Volk der Dichter und Denker war zu so bestialischen Verhaltensweisen übergegangen, daß man es mit aller Gewalt aufhalten mußte, bevor es noch das Leben auf dem gesamten Planeten zerstörte.

Die moralischen Frontlinien verliefen immerhin eindeutig: Die Deutschen waren die Schlechten und die Alliierten die Guten.

Heute ist das alles so unklar geworden.
Die Guten von einst gibt es immer noch; Ihre Kampfkompetenz ist sogar noch erheblich ausgeweitet worden.
Ihnen fehlen allerdings die passenden Ziele.
Um überhaupt eine andere Armee zu finden, die man plattmachen kann, muß man sich erst mal einen Kriegsgrund aussuchen.

Der „Tonkin-Zwischenfall“ 1964, die von Irakern an die Wand geworfenen Kuweitischen Brutkasten Babys 1990, oder die von Saddam gehorteten Massenvernichtungswaffen, mit denen er auch Europa ausradieren könne – alles stellte sich als dreiste Lüge der Amis heraus.

In Afghanistan, im Sudan klappt es noch viel weniger mit dem Konzept der staatlich verordneten gewalttätigen Auseinandersetzung. Weder gewinnt man damit die Herzen der eroberten Nationen, noch kann man damit die ehemaligen Kriegsgegner zu Raison bringen.

Was soll das also alles noch? Wozu hält man sich überall auf der Welt Militär? Militär, das hundertmal so viel Geld kostet wie alle Entwicklungshilfegelder weltweit.
 Hat das Militär in Wahrheit heute einen ganz anderen Sinn?
Ist es vielleicht nur eine Komplexkompensationstruppe für konservative Politiker mit sehr kleinen Penissen?
Oder braucht man Armeen, um die für die eigene Gesellschaft zu brutalen Jugendlichen zu parken? Real Bootcamp als Erziehungsmaßnahme.
Sind Heere womöglich nur die Tarnarme von besonders effektiven Lobbygruppen? Also eine künstlich generierte massive Nachfrage nach Rüstungsgütern?
Die US-Army zum Beispiel, die nachgewiesenermaßen völkerrechtswidrige Kriege anzettelt, geächtete Munition benutzt und fröhlich foltert, tritt bei mir um die Ecke als Auftraggeber der Uniklinik auf. Deutsche Forschungsaufträge – freundlich finanziert by Killing Joe?

Das amerikanische Verteidigungsministerium gibt deutschen Hochschulen Geld: für Forschung zu erblich bedingten Tumoren etwa. Ist doch harmlos, sagen viele Unis jetzt. Und verdrängen dabei offenbar, dass die Amerikaner vor allem eins interessiert - wie sich das Wissen militärisch nutzen lässt.
[…] Wie der NDR und die "Süddeutsche Zeitung" berichteten, sollen 22 deutsche Hochschulen und Forschungsinstitute seit dem Jahr 2000 mehr als zehn Millionen Dollar Forschungsgeld aus dem Haushalt des US-Verteidigungsministeriums erhalten haben. Bei den geförderten Projekten handele es sich demnach sowohl um Grundlagen- als auch um Rüstungsforschung, zum Beispiel an Sprengstoffen. So habe die Ludwig-Maximilians-Universität in München vom US-Verteidigungsministerium 2012 mehr als 470.000 Dollar erhalten, um militärische Sprengstoffe zu verbessern.
[…] Einige Institute geben sich gar ahnungslos: Die Arbeitsgruppe "Erblich bedingte Tumor- und Fehlbildungserkrankungen" des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) erhält seit zehn Jahren Geld aus den USA.

70 Milliarden US-Dollar beträgt allein das jährliche Forschungsbudget der US-Army.
Das ist allein etwa 100 mal so viel, wie das deutsche Bundesforschungsministerium als Forschungszuschuss an deutsche Hochschulen im Jahr verteilt.

Was machen die Armeen bloß mit ihrem gesammelten Wissen?
Besonders nachhaltig wirken ihre Aktionen nicht.
Nach 13 Jahren in Afghanistan, haben es die westlichen Alliierten geschafft, daß die Taliban wieder gestärkt sind und ihre Scharia wieder eingeführt wird. Karsai will das Schlagen von Frauen wieder einführen.

Frauen und Mädchen werden von ihren Partnern , Verwandten oder bewaffneten Gruppen, einschließlich der Taliban, angegriffen - manchmal sogar am helllichten Tag. So oder so scheint es keinen der Machthaber sonderlich zu interessieren, was mit ihnen geschieht.   Für viele Frauen ist Schweigen die einzige Option. Wenn sie sich trauen, Misshandlungen zu melden oder vor ihren Peinigern zu fliehen, werden sie in der Regel getötet. Und auch für AktivistInnen, die versuchen ihnen zu helfen, kann das Aufdecken solcher Taten tödlich enden.  [….] Abgesehen von der Taliban werden Frauen auch von ihren eigenen Männern, Vätern, Brüdern oder Cousins misshandelt - einfach weil diese wissen, dass sie ungeschoren davonkommen. Sie wissen, dass niemand sie davon abhalten wird, und wann immer eine Frau geschlagen wird, man ihr Verbrennungen zugefügt oder sie getötet wird und die Verantwortlichen - wenn sie überhaupt angeklagt werden - nur für ein paar Monate ins Gefängnis kommen, stärkt das die gängige Meinung, dass solche Verbrechen erlaubt sind.

Und was machen US-Army und deutsche Bundeswehr, die doch angeblich in Afghanistan sind, um genauso solche Umtriebe zu verhindern?
Auch die deutsche Bundeswehr ist sich selbst die größte Gefahr. In den letzten 20 Jahren starben bei Auslandseinsätzen insgesamt 103 deutsche Soldaten. Davon kamen aber nur 36 „durch Fremdeinwirkung“ ums Leben.  67 wurden durch Selbstmorde oder „Unfälle“ gekillt.
Und das sind nur die Peanuts.
Die mit Abstand meisten Soldaten geben sich nach ihren Einsätzen selbst die Kugel. Rund 25 pro Tag allein in den USA.

The bad news: the number of military and veteran suicides is rising, and experts fear it will continue to rise despite aggressive suicide prevention campaigns by the government and private organizations.
The Pentagon and Department of Veterans Affairs (VA), already struggling to meet an increasing demand from troops and veterans for mental health services, are watching the suicide rates, and the growing number of those considered "at risk" of suicide, with apprehension.
"It really is extremely concerning," said Caitlin Thompson, a VA psychologist and clinical care coordinator at the national crisis line for the military and veterans.
The warning signs of an approaching wave of suicides are unmistakable.
-- While the rate of suicides has traditionally been lower for the military ranks than for civilians, that trend has begun to reverse.
-- The number of suicides among active-duty troops of all services remains relatively low, at 350 last year, Pentagon data show. But that number has more than doubled since 2001, while in the Army's active-duty ranks, suicides have tripled during the same period, from 52 soldiers in 2001 to 185 last year.
-- Roughly half of active-duty troops who die by suicide never served in Iraq or Afghanistan. But there is growing evidence that war trauma weighs heavily on those who did. In one indication of deep emotional stress, the suicide rate among U.S. troops deployed to Iraq between 2004 and 2007, a period of intensified fighting, jumped from 13.5 to 24.8 per 100,000, according to a report issued in 2009 by the Army surgeon general.
-- Some 8,000 veterans are thought to die by suicide each year, a toll of about 22 per day, according to a 2012 VA study. The VA acknowledged the numbers might be significantly underestimated because they're based on incomplete data from 21 states, not including Texas or California. Even so, the data documents an increase of nearly 11 percent between 2007 and 2010, the most recent year of data in the study.
-- The population of veterans over 50 -- more than two-thirds of all veterans -- is swelling with aging baby boomers. Mostly men, they are considered more at-risk of suicide because they tend to be socially isolated, struggle with physical or mental deterioration, and possess easy familiarity with firearms.[….]

Das Bild scheint weltweit ähnlich auszusehen. Auch in Deutschland steigt der Anteil der Psychos unaufhörlich. Etwa 20 Prozent der Bundeswehrianer sind heutzutage klinisch deprimiert.

Krank in den Krieg - das gilt für jeden fünften Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz. Laut einer Studie zu posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) haben 20 Prozent der Soldaten eine psychische Vorerkrankung. So ist ihr Risiko größer, nach der Rückkehr unter Problemen zu leiden.
Die sogenannte Dunkelzifferstudie der TU Dresden wurde 2009 vom Bundestag in Auftrag gegeben. Bereits 2011 veröffentlichten die Forscher erste Ergebnisse. Für den zweiten Teil, die heute vorgestellte Längsschnittanalyse, wurden die Soldaten erneut befragt. So fanden die Wissenschaftler heraus, dass psychisch vorbelastete Bundeswehrmitglieder ein vier- bis sechsfach höheres Risiko für eine psychische Erkrankung im Einsatz mitbringen als ihre gesunden Kameraden.
Das Ergebnis zeigt, dass etwa jeder vierte Soldat im Auslandseinsatz ein traumatisches Erlebnis hat. Etwa 13 Prozent sind sogar mit mehr als drei traumatischen Erlebnissen konfrontiert. Nach der Rückkehr erkranken knapp drei Prozent der Soldaten an einer PTBS. Darüber hinaus leiden viele Soldaten nach dem Einsatz unter Angststörungen und Alkoholproblemen.

Inge Höger: Krieg macht krank
"Die neue Dunkelzifferstudie zu psychischen Erkrankungen von Bundeswehrangehörigen, die im Auslandseinsatz waren, spricht all den glänzenden Werbebroschüren der Bundeswehr Hohn und führt noch einmal vor Augen: Krieg macht krank, selbst wenn man ihm scheinbar gesund entronnen ist“, kommentiert Inge Höger, abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, die neue Dunkelzifferstudie zu Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) bei Bundeswehrangehörigen. Danach wird nur höchstens jede fünfte psychische Erkrankung von Bundeswehrangehörigen nach dem Einsatz behandelt. Höger weiter:
„An den Folgen von Kriegseinsätzen wie in Afghanistan leiden nicht nur Bevölkerung und Umwelt in den Einsatzgebieten, sondern auch die Soldaten und Soldatinnen und ihre Gesundheit. Das destabilisiert Familien und stellt auch die gesamte Gesellschaft vor große Herausforderungen. Die Regierung muss dieses Problem endlich ernst nehmen. Die Studie muss zur Konsequenz haben, dass Union und SPD in ihren Koalitionsgesprächen die Auslandseinsätze der Bundeswehr grundsätzlich in Frage stellen.
Auch der Ansatz des Bundeswehrbeauftragten, Hellmut Königshaus (FDP), geht in die völlig falsche Richtung. Er hatte angesichts der mit 20 Prozent hohen Zahl von Bundeswehrangehörigen, die bereits vor Beginn des Einsatzes psychisch krank sind, ein Früherkennungsverfahren gefordert, das sicherstellt, dass nur ‚gesunde‘ Soldatinnen und Soldaten an die Front geschickt werden. Auch quasi ‚handverlesene‘ Soldatinnen und Soldaten sind nicht vor den krank machenden Wirkungen des Einsatzes geschützt. Der beste Schutz der Soldaten und Soldatinnen vor PTBS und anderen psychischen Erkrankungen ist es, sie nicht mehr in Kriegseinsätze zu schicken."

Da kann man mal wieder sehen, wie wenig ich von militärischen Dingen verstehe.
Ich dachte bisher immer, es sei Ziel und Zweck eines Krieges möglichst viele von den Gegnern zu töten und selbst einigermaßen unbeschadet aus den Ballereien hervorzugehen.
Offenbar ist es aber genau umgekehrt. Die tödlichste Gefahr stellen Bundeswehr und US-Army für sich selbst dar!
Kein Wunder also, daß die Taliban gewinnen und nun wieder annähernd so mächtig wie zu Beginn des Krieges sind.
Die westlichen Armeen sind zwar tödlich, aber hauptsächlich für die eigenen Jungs und Mädels.
Die Einstellungspolitik de Maizières und Hagels ist also völlig falsch!
Wenn sie die Taliban besiegen wollen, sollten sie eben auch Taliban statt Deutsche, respektive Amerikaner in ihren Armeen einsetzen.
Nach kurzer Zeit wären die alle so deprimiert, daß sie sich selbst von den Gipfeln der ToraBora-Gebirge stürzen würden.