Dienstag, 26. November 2013

Effektive Gewalt


Bei körperlicher Gewalt bin ich ein echter Versager. Das ganze Konzept behagt mir nicht.
Schon als kleines Kind stand ich besorgt und betroffen abseits, wenn irgendwelche Leute sich rauften.
Ich hatte auch nie Lust auf Kriegsspielzeug, sondern begeisterte mich immer mehr für Spiele, bei denen man etwas aufbaute: Lego zum Beispiel. Und häkeln konnte ich ziemlich gut.
Das Zerstören und Kaputttreten lockte mich nicht.
Als ich mit ca acht Jahren von meiner übereifrigen Nachbarin mit zum Reiten genommen wurde – sie hatte ein eigenes Pferd – stellte sich zwar raus, daß ich ein Naturtalent war, aber ich hörte nach einigen Monaten wieder auf, als man mir eine Gerte andrehte, weil ich es nicht fertig brachte dem armen Pferd damit eins überzuziehen. Später versagte ich bei den Mannschaftssportarten in der Schule, wenn sie körperlichen Einsatz gegen die Mitspieler erforderten.
Völlig undenkbar, daß ich Wehrdienst absolviert hätte. Krieg behagte mir weder in Theorie noch in Praxis.
Noch heute morde ich keine Spinnen, die sich in meine Wohnung verirren, sondern fange sie in meiner „friendly trap“ und setze sie dann vorsichtig zurück in die freie Natur.
Prügel sind mir als erwachsenem und sehr deutlich überdurchschnittlich großem Mann noch viel suspekter, als in meiner Kindheit.
Ich kann mir wirklich nicht vorstellen jemanden zu schlagen – außer Frauen und Kinder natürlich.

Das Militär und seine waffenfanatischen Offiziere betrachte ich als lächerliche Gestalten. Wie können erwachsene Menschen nur so geistig retardiert sein, daß sie sich bunte Buttons ans Revers heften und dann wie gedopte Pfadfinder mit geistiger Entwicklungsstörung im Gleichschritt sinnlos umherstapfen??

Zur Not kann ich gerade noch einsehen, daß es Situation geben mag, in denen sich ein Staat oder eine Organisation gegen einen Aggressor schützen muß. Und das geht oft nur mit Soldaten.
Das beste Beispiel dürfte hierfür wohl WK-II sein.
Das Volk der Dichter und Denker war zu so bestialischen Verhaltensweisen übergegangen, daß man es mit aller Gewalt aufhalten mußte, bevor es noch das Leben auf dem gesamten Planeten zerstörte.

Die moralischen Frontlinien verliefen immerhin eindeutig: Die Deutschen waren die Schlechten und die Alliierten die Guten.

Heute ist das alles so unklar geworden.
Die Guten von einst gibt es immer noch; Ihre Kampfkompetenz ist sogar noch erheblich ausgeweitet worden.
Ihnen fehlen allerdings die passenden Ziele.
Um überhaupt eine andere Armee zu finden, die man plattmachen kann, muß man sich erst mal einen Kriegsgrund aussuchen.

Der „Tonkin-Zwischenfall“ 1964, die von Irakern an die Wand geworfenen Kuweitischen Brutkasten Babys 1990, oder die von Saddam gehorteten Massenvernichtungswaffen, mit denen er auch Europa ausradieren könne – alles stellte sich als dreiste Lüge der Amis heraus.

In Afghanistan, im Sudan klappt es noch viel weniger mit dem Konzept der staatlich verordneten gewalttätigen Auseinandersetzung. Weder gewinnt man damit die Herzen der eroberten Nationen, noch kann man damit die ehemaligen Kriegsgegner zu Raison bringen.

Was soll das also alles noch? Wozu hält man sich überall auf der Welt Militär? Militär, das hundertmal so viel Geld kostet wie alle Entwicklungshilfegelder weltweit.
 Hat das Militär in Wahrheit heute einen ganz anderen Sinn?
Ist es vielleicht nur eine Komplexkompensationstruppe für konservative Politiker mit sehr kleinen Penissen?
Oder braucht man Armeen, um die für die eigene Gesellschaft zu brutalen Jugendlichen zu parken? Real Bootcamp als Erziehungsmaßnahme.
Sind Heere womöglich nur die Tarnarme von besonders effektiven Lobbygruppen? Also eine künstlich generierte massive Nachfrage nach Rüstungsgütern?
Die US-Army zum Beispiel, die nachgewiesenermaßen völkerrechtswidrige Kriege anzettelt, geächtete Munition benutzt und fröhlich foltert, tritt bei mir um die Ecke als Auftraggeber der Uniklinik auf. Deutsche Forschungsaufträge – freundlich finanziert by Killing Joe?

Das amerikanische Verteidigungsministerium gibt deutschen Hochschulen Geld: für Forschung zu erblich bedingten Tumoren etwa. Ist doch harmlos, sagen viele Unis jetzt. Und verdrängen dabei offenbar, dass die Amerikaner vor allem eins interessiert - wie sich das Wissen militärisch nutzen lässt.
[…] Wie der NDR und die "Süddeutsche Zeitung" berichteten, sollen 22 deutsche Hochschulen und Forschungsinstitute seit dem Jahr 2000 mehr als zehn Millionen Dollar Forschungsgeld aus dem Haushalt des US-Verteidigungsministeriums erhalten haben. Bei den geförderten Projekten handele es sich demnach sowohl um Grundlagen- als auch um Rüstungsforschung, zum Beispiel an Sprengstoffen. So habe die Ludwig-Maximilians-Universität in München vom US-Verteidigungsministerium 2012 mehr als 470.000 Dollar erhalten, um militärische Sprengstoffe zu verbessern.
[…] Einige Institute geben sich gar ahnungslos: Die Arbeitsgruppe "Erblich bedingte Tumor- und Fehlbildungserkrankungen" des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) erhält seit zehn Jahren Geld aus den USA.

70 Milliarden US-Dollar beträgt allein das jährliche Forschungsbudget der US-Army.
Das ist allein etwa 100 mal so viel, wie das deutsche Bundesforschungsministerium als Forschungszuschuss an deutsche Hochschulen im Jahr verteilt.

Was machen die Armeen bloß mit ihrem gesammelten Wissen?
Besonders nachhaltig wirken ihre Aktionen nicht.
Nach 13 Jahren in Afghanistan, haben es die westlichen Alliierten geschafft, daß die Taliban wieder gestärkt sind und ihre Scharia wieder eingeführt wird. Karsai will das Schlagen von Frauen wieder einführen.

Frauen und Mädchen werden von ihren Partnern , Verwandten oder bewaffneten Gruppen, einschließlich der Taliban, angegriffen - manchmal sogar am helllichten Tag. So oder so scheint es keinen der Machthaber sonderlich zu interessieren, was mit ihnen geschieht.   Für viele Frauen ist Schweigen die einzige Option. Wenn sie sich trauen, Misshandlungen zu melden oder vor ihren Peinigern zu fliehen, werden sie in der Regel getötet. Und auch für AktivistInnen, die versuchen ihnen zu helfen, kann das Aufdecken solcher Taten tödlich enden.  [….] Abgesehen von der Taliban werden Frauen auch von ihren eigenen Männern, Vätern, Brüdern oder Cousins misshandelt - einfach weil diese wissen, dass sie ungeschoren davonkommen. Sie wissen, dass niemand sie davon abhalten wird, und wann immer eine Frau geschlagen wird, man ihr Verbrennungen zugefügt oder sie getötet wird und die Verantwortlichen - wenn sie überhaupt angeklagt werden - nur für ein paar Monate ins Gefängnis kommen, stärkt das die gängige Meinung, dass solche Verbrechen erlaubt sind.

Und was machen US-Army und deutsche Bundeswehr, die doch angeblich in Afghanistan sind, um genauso solche Umtriebe zu verhindern?
Auch die deutsche Bundeswehr ist sich selbst die größte Gefahr. In den letzten 20 Jahren starben bei Auslandseinsätzen insgesamt 103 deutsche Soldaten. Davon kamen aber nur 36 „durch Fremdeinwirkung“ ums Leben.  67 wurden durch Selbstmorde oder „Unfälle“ gekillt.
Und das sind nur die Peanuts.
Die mit Abstand meisten Soldaten geben sich nach ihren Einsätzen selbst die Kugel. Rund 25 pro Tag allein in den USA.

The bad news: the number of military and veteran suicides is rising, and experts fear it will continue to rise despite aggressive suicide prevention campaigns by the government and private organizations.
The Pentagon and Department of Veterans Affairs (VA), already struggling to meet an increasing demand from troops and veterans for mental health services, are watching the suicide rates, and the growing number of those considered "at risk" of suicide, with apprehension.
"It really is extremely concerning," said Caitlin Thompson, a VA psychologist and clinical care coordinator at the national crisis line for the military and veterans.
The warning signs of an approaching wave of suicides are unmistakable.
-- While the rate of suicides has traditionally been lower for the military ranks than for civilians, that trend has begun to reverse.
-- The number of suicides among active-duty troops of all services remains relatively low, at 350 last year, Pentagon data show. But that number has more than doubled since 2001, while in the Army's active-duty ranks, suicides have tripled during the same period, from 52 soldiers in 2001 to 185 last year.
-- Roughly half of active-duty troops who die by suicide never served in Iraq or Afghanistan. But there is growing evidence that war trauma weighs heavily on those who did. In one indication of deep emotional stress, the suicide rate among U.S. troops deployed to Iraq between 2004 and 2007, a period of intensified fighting, jumped from 13.5 to 24.8 per 100,000, according to a report issued in 2009 by the Army surgeon general.
-- Some 8,000 veterans are thought to die by suicide each year, a toll of about 22 per day, according to a 2012 VA study. The VA acknowledged the numbers might be significantly underestimated because they're based on incomplete data from 21 states, not including Texas or California. Even so, the data documents an increase of nearly 11 percent between 2007 and 2010, the most recent year of data in the study.
-- The population of veterans over 50 -- more than two-thirds of all veterans -- is swelling with aging baby boomers. Mostly men, they are considered more at-risk of suicide because they tend to be socially isolated, struggle with physical or mental deterioration, and possess easy familiarity with firearms.[….]

Das Bild scheint weltweit ähnlich auszusehen. Auch in Deutschland steigt der Anteil der Psychos unaufhörlich. Etwa 20 Prozent der Bundeswehrianer sind heutzutage klinisch deprimiert.

Krank in den Krieg - das gilt für jeden fünften Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz. Laut einer Studie zu posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) haben 20 Prozent der Soldaten eine psychische Vorerkrankung. So ist ihr Risiko größer, nach der Rückkehr unter Problemen zu leiden.
Die sogenannte Dunkelzifferstudie der TU Dresden wurde 2009 vom Bundestag in Auftrag gegeben. Bereits 2011 veröffentlichten die Forscher erste Ergebnisse. Für den zweiten Teil, die heute vorgestellte Längsschnittanalyse, wurden die Soldaten erneut befragt. So fanden die Wissenschaftler heraus, dass psychisch vorbelastete Bundeswehrmitglieder ein vier- bis sechsfach höheres Risiko für eine psychische Erkrankung im Einsatz mitbringen als ihre gesunden Kameraden.
Das Ergebnis zeigt, dass etwa jeder vierte Soldat im Auslandseinsatz ein traumatisches Erlebnis hat. Etwa 13 Prozent sind sogar mit mehr als drei traumatischen Erlebnissen konfrontiert. Nach der Rückkehr erkranken knapp drei Prozent der Soldaten an einer PTBS. Darüber hinaus leiden viele Soldaten nach dem Einsatz unter Angststörungen und Alkoholproblemen.

Inge Höger: Krieg macht krank
"Die neue Dunkelzifferstudie zu psychischen Erkrankungen von Bundeswehrangehörigen, die im Auslandseinsatz waren, spricht all den glänzenden Werbebroschüren der Bundeswehr Hohn und führt noch einmal vor Augen: Krieg macht krank, selbst wenn man ihm scheinbar gesund entronnen ist“, kommentiert Inge Höger, abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, die neue Dunkelzifferstudie zu Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) bei Bundeswehrangehörigen. Danach wird nur höchstens jede fünfte psychische Erkrankung von Bundeswehrangehörigen nach dem Einsatz behandelt. Höger weiter:
„An den Folgen von Kriegseinsätzen wie in Afghanistan leiden nicht nur Bevölkerung und Umwelt in den Einsatzgebieten, sondern auch die Soldaten und Soldatinnen und ihre Gesundheit. Das destabilisiert Familien und stellt auch die gesamte Gesellschaft vor große Herausforderungen. Die Regierung muss dieses Problem endlich ernst nehmen. Die Studie muss zur Konsequenz haben, dass Union und SPD in ihren Koalitionsgesprächen die Auslandseinsätze der Bundeswehr grundsätzlich in Frage stellen.
Auch der Ansatz des Bundeswehrbeauftragten, Hellmut Königshaus (FDP), geht in die völlig falsche Richtung. Er hatte angesichts der mit 20 Prozent hohen Zahl von Bundeswehrangehörigen, die bereits vor Beginn des Einsatzes psychisch krank sind, ein Früherkennungsverfahren gefordert, das sicherstellt, dass nur ‚gesunde‘ Soldatinnen und Soldaten an die Front geschickt werden. Auch quasi ‚handverlesene‘ Soldatinnen und Soldaten sind nicht vor den krank machenden Wirkungen des Einsatzes geschützt. Der beste Schutz der Soldaten und Soldatinnen vor PTBS und anderen psychischen Erkrankungen ist es, sie nicht mehr in Kriegseinsätze zu schicken."

Da kann man mal wieder sehen, wie wenig ich von militärischen Dingen verstehe.
Ich dachte bisher immer, es sei Ziel und Zweck eines Krieges möglichst viele von den Gegnern zu töten und selbst einigermaßen unbeschadet aus den Ballereien hervorzugehen.
Offenbar ist es aber genau umgekehrt. Die tödlichste Gefahr stellen Bundeswehr und US-Army für sich selbst dar!
Kein Wunder also, daß die Taliban gewinnen und nun wieder annähernd so mächtig wie zu Beginn des Krieges sind.
Die westlichen Armeen sind zwar tödlich, aber hauptsächlich für die eigenen Jungs und Mädels.
Die Einstellungspolitik de Maizières und Hagels ist also völlig falsch!
Wenn sie die Taliban besiegen wollen, sollten sie eben auch Taliban statt Deutsche, respektive Amerikaner in ihren Armeen einsetzen.
Nach kurzer Zeit wären die alle so deprimiert, daß sie sich selbst von den Gipfeln der ToraBora-Gebirge stürzen würden.







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