Sonntag, 10. November 2013

Drei gute Nachrichten jenseits der Weißwurscht.



 Als Nordlicht versteht man fremde Kulturen unterschiedlich gut.
Wachsender Beliebtheit erfreut sich beispielsweise der Urlaubswohnungstausch mit Kopenhagenern. Angeblich sind sich die Bürger beider Städte so ähnlich, daß sie sich in der jeweils anderen Wohnung blind zu Recht finden.
Und dann die Sache mit den Briten.
Wir Hanseaten halten Hamburg gelegentlich für das britischere London. Wenn es in England regnet, gehen in Hamburg die Regenschirme auf, lautet ein bekanntes Sprichwort. So wird die Begeisterung für englische Lebensart erklärt.
Die steifen Hamburger sind dabei den Londonern gar nicht so ähnlich, wie den Kopenhagenern, aber wie lieben die britische Exzentrik und machen begeistert englische Hutmoden beim Derby in Klein Flottbek nach.

Gen Süden fremdelt der Hanseat.
Oktoberfest verstehen wir nicht. Hier gibt es zwar ein ähnlich großes Ereignis sogar dreimal im Jahr, den „Hamburger Dom“ mit denselben Fahrgeschäften, aber gerade mal ein Bierzelt („Zum Ochsen“) findet man. Es fällt in der Regel durch gähnende Leere auf. Zu Blasmusik zu saufen und zu schunkeln fiele keinem Hamburger ein.
Fasching und Karneval versuchen wir gar nicht erst.

Besonders rätselhaft erscheinen uns Bayerische Eigenarten wie die Akzeptanz von Korruption und Kriminalität.
Zu sehen war das bei der Bayernwahl am 15.09.13: All die CSU’ler, die durch besonders dreiste Bereicherungen ihrer Sippe aufgeflogen waren, wurden sogar noch mit Stimmenzuwächsen wiedergewählt.
Der Bayer akzeptiert nicht nur politische Schweinereien und Bestechung; er honoriert sie sogar. Auch Ulli Hoeneß ist beliebter denn je.
Das läuft in Norddeutschland offenbar ganz anders. Dort können auch lange im Sattel sitzende CDU-Regierungen plötzlich mit extremen Stimmenverlusten bestraft werden, wenn ein Skandal ans Licht kommt.
Man erinnere sich an Christoph Ahlhaus, der 2011 in Hamburg einen Verlust von 21 Prozentpunkten hinnehmen mußte.
Oder an Uwe Barschel, der in Schleswig-Holstein eine ähnliche Abfuhr kassierte. Wahlergebnis 1983 in Kiel; CDU = 49%; SPD = 43%.
Wahl 1988: CDU = 33%, SPD = 55%.

Heute erreichen uns allerdings gleich drei gute Nachrichten aus Bayern, die hoffen lassen!

1.) Die Bürger in CSUlandistan haben einer Olympiabewerbung bei Volksabstimmungen eine klare Absage erteilt!

Die Menschen in der Millionenstadt München haben Nein zu Olympia gesagt. Beim Bürgerentscheid stimmten am Sonntag 52,1 Prozent gegen die Bewerbung der Landeshauptstadt für die Olympischen Winterspiele 2022, lediglich 47,9 Prozent waren dafür. Von den insgesamt rund 1,3 Millionen Stimmberechtigten bei den Urnengängen in den vier geplanten Austragungsorten kommt mehr als eine Million aus München.
Auch die Bevölkerung in Garmisch-Partenkirchen (Ja: 48,44 Prozent - Nein: 51,56 Prozent, Wahlbeteiligung: 55,80 Prozent), im Berchtesgadener Land (Ja: 45,98 Prozent - Nein: 54,02 Prozent, Wahlbeteiligung: 38,25 Prozent) und im Landkreis Traunstein (Ja: 40,33 Prozent - Nein: 59,67 Prozent, Wahlbeteiligung: 39,98 Prozent) entschied sich gegen Olympia. Am deutlichsten fiel die Ablehnung damit im Kreis Traunstein aus, wo fast 60 Prozent Nein zu dem Großprojekt sagten.

Solche Megaereignisse sind heutzutage sowieso nur noch absurd. Sie zerstören die Umwelt, kosten wegen der ganzen Auflagen Milliarden mehr als geplant und dann ist da noch das Terrorproblem. Da muß man immer zehntausende Polizisten im Einsatz haben. Und all das nur für zehn Tage Mega-Kommerz, bei dem ein paar alte fette extrem korrupte Funktionäre dabei absahnen, wie ein paar gedopte Muskelberge und bärtige Chinesinnen sich kloppen.

Das Votum ist eindeutig. Die Bürger in und um München wollen nicht noch einmal Olympische Spiele ausrichten. Selbst in Garmisch-Partenkirchen, wo die Bewerbung für die Winterspiele 2018 noch Zustimmung gefunden hatte, gab es diesmal keine Mehrheit für den zweiten Anlauf, einer Kandidatur für den Winter 2022.
Das Ergebnis ist in dieser Deutlichkeit überraschend; bis auf die Grünen hatten alle maßgeblichen Parteien für ein Ja plädiert. Offenbar klafft der Wille der meisten Politiker und der der meisten Wähler bei der Frage "Wie halten wir es mit Olympia?" weit auseinander. Das zeigt das Dilemma bei vielen Großprojekten in diesem Land: politisch gewollt, aber beim Bürger nicht durchsetzbar.
Für München, Garmisch-Partenkirchen, Ruhpolding und Königssee bedeutet das Nein eine verpasste Chance. Bedrohlich aber ist das Verdikt für das Internationale Olympische Komitee. Auch in der Schweiz, wo das IOC residiert, haben die Bürger eine Bewerbung um Spiele im Schnee und auf Eis abgelehnt. In freiheitlichen Gesellschaften hat die olympische Idee offensichtlich ein Problem, noch Anklang zu finden.
Das Nein ist deshalb auch ein empfindlicher Schlag für den deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach. Es zeigt: Kommerz und Korruption, Intransparenz, Prunksucht und die Nähe zu fragwürdigen Mächten haben der Organisation, der er seit kurzem vorsteht, eine Krise beschert, die tief reicht. Das IOC wirkt wie aus der Zeit gefallen - Parallelen zur katholischen Kirche sind nicht fern. […]

2.) Ausgerechnet der stets als Hardcore-Law-and-Order-Politiker aufgefallene Günter Beckstein wollte Nachfolger von Kathrin Göring-Kirchentag als EKD-Präses werden.
Allein seinen Christenbrüdern gefiel das überhaupt nicht den  ehemaligen CSU-Ministerpräsidenten zum Kirchenchef zu machen und ihn dann zu Waffenexporten und Flüchtlingen sprechen zu lassen.
Schade eigentlich. Denn damit hätten sich die Austrittszahlen bei den Protestanten auch noch mal stark vergrößert.

Auf der Jahrestagung des Parlaments der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist die Wahl eines Synoden-Präses am Sonntag zunächst gescheitert. In zwei Wahlgängen am frühen Abend erreichten weder der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) noch die Bremer Juristin und frühere Kirchenpräsidentin Brigitte Boehme die erforderliche Mehrheit. In beiden Wahlgängen unterlag Beckstein jedoch seiner Konkurrentin.   Beckstein - bisher Vize-Präses der Synode - erklärte daraufhin, er stehe für einen dritten Wahlgang nicht mehr zur Verfügung. [….]
Die bisherige Synoden-Vorsitzende Katrin Göring-Eckardt hatte das höchste Laienamt der evangelischen Kirche im September vorzeitig niedergelegt, weil sie sich ganz auf ihre Arbeit als Grünen-Fraktionschefin im Bundestag konzentrieren will. Beckstein war bereits 2009 mit dem Versuch gescheitert, an die Spitze des Kirchenparlaments zu kommen - damals unterlag er Göring-Eckardt.

3.) Möglicherweise haben selbst in Bayern die Zeiten ein Ende, in denen sich die reichen und Mächtigen sich nicht um Gesetze scheren mußten, weil CSU-hörige Staatsanwaltschaften auf Geheiß der Staatskanzlei agierten.
Nun erwischte es eine der ganz großen Bayerischen Fußball-Ikonen.

Uli Hoeneß, Aufsichtsratsvorsitzender und Präsident des FC Bayern, wartet noch auf seinen Prozess wegen Steuerhinterziehung, Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hat sein Verfahren bereits hinter sich. Nachdem Rummenigge Anfang Februar vom Zoll am Flughafen München mit zwei teuren Luxus-Uhren im Handgepäck erwischt worden war, hat er nun eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 249.900 Euro akzeptiert und das Geld bereits an die Staatskasse überwiesen.
Das hat der Landshuter Oberstaatsanwalt Markus Kring der SZ bestätigt: "Die Vollstreckung ist bei uns als erledigt gekennzeichnet." Rummenigge war nach einem Aufenthalt in Katar, wo 2022 die Fußball-Weltmeisterschaft stattfindet, mit den zwei Uhren zurückgekehrt. Statt zum Zoll ging er aber durch den Ausgang "Nichts zu verzollen". Als er erwischt wurde, hatte er angegeben, ein Freund hätte ihm die beiden Uhren geschenkt. […]
Der Vorstandschef gilt im landläufigen Sinn nun als vorbestraft.






1 Kommentar:

  1. Ja ja. Im Saarland ist es (bei 95 % Katholiban-Anteil) genauso. Das kann natürlich an der Größe liegen, da ja durchaus die Durchflechtung mit Bekanntschaften sehr gut möglich ist (wie in Ísland - nur dass es dort kurz darauf in der Presse steht). Vielleicht ein Grund, warum ich da nicht mehr hin will.

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