Samstag, 3. Mai 2014

In der Schmollecke.


Es ist schon an sich demütigend wie unterwürfig Merkel im Weißen Haus auftritt und dann auch noch von ausgerechnet dem Senator, der Sarah Palin für eine wunderbare US-Vizepräsidentin hielt und persönlich auf dem Euromaidan zusammen mit Faschistenführern Öl ins Kiewer Feuer goss, angepinkelt wurde.
Nun gut, in Amerika wimmelt es bekanntlich von enthirnten Politikern, die unter Außenpolitik Säbelrasseln und Kriegführen verstehen.

Weniger schön ist es natürlich zu beobachten wie Obama seine inzwischen ohnehin ruinierte Glaubwürdigkeit weiter unterminiert, indem er wie sein Vorgänger Behauptungen über andere Länder aufstellt, die nicht zu belegen sind.

[….] Obama lobt die Kiewer Übergangsregierung ohne Vorbehalt, Merkel ist vorsichtiger. Der US-Präsident sieht die prorussischen Separatisten uneingeschränkt als Werkzeuge Moskaus, die Kanzlerin ist da nicht so explizit. Und vom russischen Präsidenten spricht Obama nur noch als "Mr. Putin".
[…]  Merkel [ist] bereit, sich in der Causa NSA zu gedulden. Erwartungsgemäß hat ihr der US-Präsident an diesem Freitag keine wirklichen Zugeständnisse gemacht, der von Obama erwähnte "Cyber-Dialog" war bereits von den Außenministern beider Seiten vereinbart worden. [….]

Und Merkel steht daneben und sagt nichts.
Dabei bestreiten die sogenannten „prorussischen Kräfte“ überhaupt in Kontakt zu Moskau zu stehen.
Offenbar hat sie aus den falschen Anschuldigungen, die das Weiße Haus gegen den Irak abfeuerte nichts gelernt.
Diplomatie?
Globalisierte Welt?
Wechselseitige Abhängigkeiten?

Merkel und Obama wollen durch Ausgrenzung und Isolation einer Nation ihre Zwecke erreichen – in der Annahme, daß Russland, von dem Deutschland auch noch energiepolitisch abhängig ist – dann vor ihnen in den Staub fällt und alles tut was Amerika möchte.
Was für eine dumme und veraltete Denkweise.
Wir sind nicht mehr im 19. Jahrhundert, in dem man wirtschaftliche Verbindungen einfach kappen könne. Die Menschen sind auch nicht mehr ortsgebunden, sie agieren supranational und dann gibt es auch noch so etwas wie das Internet; auch wenn das für unsere Kanzlerin noch „Neuland“ ist.

Ich staune immer noch über den Tonfall, der in der deutschen Presse herrscht. Dabei zeigen doch gerade die Ereignisse im Osten der Ukraine, daß die in Ohnmacht vereinten Merkel und Obama ohne Putin völlig hilflos sind. Das gilt im Übrigen auch für andere internationale Konflikte.

Günther Jauch, der politische Depp, schafft in seiner morgigen Sendung mit reißerischen russophoben Titeln Hysterie:

"Kriegsgefahr in Europa - Ist Putin noch zu stoppen?"
In der Mopo wird die normale Anrede „Präsident Putin“ gar nicht mehr benutzt, sondern nur noch bedrohlich vom „Kreml-Herrscher“ gesprochen, als handele es sich um Sauron.
Sehr seriöser Journalismus!


Nun tat er als außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion einmal das, was wirklich sein Job ist und versuchte sich an Ort und Stelle Informationen über die große aktuelle außenpolitische Krise zu besorgen, statt nur devot die Anweisungen aus dem Kanzleramt abzunicken.
Das ist schließlich die ureigene Aufgabe der Mitglieder des außenpolitischen Ausschusses.
Da schreit die CDU aber Zeter und Mordio und fällt über den eigenen Parteifreund her. Eine sehr „merkwürdige Mission“ sei das, assistiert gehässig Spiegel-Online.

Offenbar frönt man in der größten Regierungsfraktion den eigenen Vorurteilen und will sich unter gar keinen Umständen von der Realität verwirren lassen.

Daß es womöglich Schröder stille Diplomatie war, die dafür sorgte, daß jetzt die deutschen Offiziere der OSZE freigelassen wurden, weil Moskau den Sondergesandten Wladimir Lukin nach Slawjansk schickte, um dem selbsternannten Bürgermeister Wjatscheslas Ponomarjow, einzuheizen, wird kaum erwähnt.

Eine rühmliche Ausnahme bildete gestern ein längerer und empfehlenswerter Kommentar von Thorsten Denker, der aufgrund der ökonomischen, kulturellen und politischen Verquickungen ausdrücklich dafür wirbt JEDEN Gesprächsfaden mit Moskau zu pflegen.
Die Ausgrenzungspolitik der EU, die lieber Putin von Gesprächen und Gipfeln auslädt und auf die große Sprachlosigkeit setzen, ist verrückt.

[…]  Jeder weiß, dass die Nord Stream AG zu 51 Prozent dem russischen Gasriesen Gazprom gehört. Die anderen 49 Prozent aber liegen in deutschen, niederländischen und französischen Händen. Der deutsche Energiekonzern Eon aus Düsseldorf und die zur BASF-Gruppe gehörende Wintershall Holding mit Sitz in Kassel teilen sich zusammen 31 Prozent der Anteile.
Die Pipeline-Gesellschaft Nord Stream ist also auch ein sehr deutsches Unternehmen. Gazprom hält die Mehrheit. Die Schlüsselpositionen in dem Unternehmen aber sind mit Deutschen besetzt. Es wäre recht eigentümlich, wenn an der Feier kein Deutscher teilgenommen hätte.
Die von Nord Stream gebaute Pipeline endet übrigens an der Küste von Mecklenburg-Vorpommern. Einer wie Erwin Sellering müsste schon hinterm Mond leben, um nicht die Chance zu ergreifen, sich im direkten Gespräch mit den deutschen und russischen Betreibern eine Lageeinschätzung aus erster Hand zu holen.
Moralisten würden vielleicht sagen, Schröder hätte die Party absagen müssen. Das wäre nicht realistisch. Putin hätte sich vor den Kopf gestoßen gefühlt. Und das wegen einer Feier. Es darf bitte wichtigere Anlässe geben, das Verhältnis zu Russland noch schlechter werden zu lassen, als es ohnehin schon ist.
Nein, es ist gut und wichtig, dass auch solche informellen Anlässe genutzt werden, um mit Putin im Gespräch zu bleiben. Gewiss: Die Lösung für die Dauerkrise in der Ukraine, die auch von den USA akzeptiert werden kann, wird nicht bei einem pompösen Galadinner gefunden werden. Aber Deeskalation durch Gesprächsbereitschaft auf allen Ebenen: Das ist das zweite deutsche Interesse. Mit Putin zu reden ist besser, als nicht mit ihm zu reden. Das weiß sogar die Kanzlerin. […]  Das wäre eigentlich auch eine Aufgabe für den für Außenpolitik zuständigen Fraktionsvize Andreas Schockenhoff, in der Fraktionshierarchie sozusagen der direkte Vorgesetzte von Mißfelder. Schockenhoff war von 2006 bis 2014 sogar Koordinator für die deutsch-russischen Beziehungen. Aber dank seiner langjährigen und fast schrillen Anti-Russland-Rhetorik bekommt er wohl nicht mal mehr den Hausmeister im russischen Außenministerium an den Apparat. […]  


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