Montag, 5. Mai 2014

In der schwarzen Provinz


In allen Bundesländern gibt es diese ultraschwarzen Wahlkreise, wo nur konservative Bauern oder ähnliches hocken.
Der bundesweit bekannteste superschwarze Wahlkreis ist Cloppenburg-Vechta in Niedersachen. Dort leben nur Schweinzüchter und die die CDU holt dort Ergebnisse, die klar über denen der CSU in ihren Hochburgen liegen.
Da kann Merkels Partei auch einen Hydranten aufstellen; er würde die absolute Mehrheit holen.
In der Millionenstadt Hamburg gibt es zwar keine sicheren Bundestagswahlkreise für die CDU, aber wenn man eine Ebene drunter rutscht, finden sich doch Stadtteile, die fest in CDU-Hand sind. Dazu zählen Blankenese, Nienstedten, Wellingsbüttel, Poppenbüttel, Lemsahl, Sasel, Ohlstedt,  Tatenbarg, Ochsenwerder, Reitbrook, Spadenland, Kirchwerder und Francop. (Glücklicherweise sind die Letztgenannten im Hamburger Süden allesamt dünn besiedelt)
In NRW sieht es ähnlich aus – auch da sind die tiefschwarzen Wahlkreise die großen Ländlichen am Rande. Und selbst in der „Herzkammer der Sozialdemokratie“ gibt es todsichere CDU-Hochburgen.
Paderborn, Hochsauerlandkreis, Coesfeld, Steinfurt, Borken, Heinsberg und Kleve.

Sprechen wir über Kleve.
Zugegeben, ich kenne Kleve nicht. Aber Kleve ist mir schon deswegen unsympathisch weil es seit 20 Jahren kontinuierlich Ronald Pofalla mit meistens mehr als 50% der Erstimmen in den Bundestag schickt. (1983-1994)
Das ist eigentlich unverzeihlich.
Vor Pofalla war es in Kleve allerdings noch schlimmer CDU. Heinrich Seesing (1983-1994) holte ebenso wie Jochen van Aerssen (1976-1983) bis zu 60%, der Bauer und Theologe Emil Solke (1969-1976 und 1953-1961)  kam auf bis zu 76% und der stramm katholische Adelige Felix Freiherr von Vittinghoff gen. Schell zu Schellenberg (1961-1969) holte ebenfalls über 70% für die CDU in Kleve.

Untypischerweise für Kleve ist die Inkarnation der verbalen Entgleisung Ronald Pofalla ein evangelischer Christ.


Daß der Schreihals kurz nach dem erneuten Gewinn seines Bundestagsmadats 2013 seine eigenen Parteifreunde gleich wieder im Stich ließ, um seine politische Karriere zu Gunsten eines extra für ihn geschaffenen pro-forma-Jobs beim Staatskonzern Bundesbahn mit einem siebenstelligen Jahresgehalt hinzuwerfen, kam nicht überall gut an.

Die Nachricht, dass der Kreis Klever CDU-Bundestagsabgeordnete Ronald Pofalla in den Vorstand der Deutschen Bahn AG wechselt, ist bei den Christdemokraten landauf, landab gestern wie eine Bombe eingeschlagen. […]   Wie die Gemütslage der christdemokratischen Mitglieder im Kreis Kleve aussieht, machte der CDU-Kreisparteichef Dr. Günther Bergmann aus Kalkar deutlich: "Das ist jetzt eine schwierige Zeit für die Partei im Kreis Kleve. Vor wenigen Wochen hat Ronald Pofalla noch die Koalitionsverhandlungen in Berlin als Kanzleramtsminister koordiniert, um dann in letzter Sekunde auf ein Ministeramt zu verzichten, weil er eine Familie gründen wollte. Und jetzt kommt der nächste Überraschungssprung", sagt Bergmann, für den die Meldung vom Seiteneinstieg bei der Bahn "völlig überraschend" kam.   Kleves CDU-Stadtverbandschef Jörg Cosar setzt einen drauf: "Das Ganze hat in meinen Augen mit politischer Kultur nichts mehr zu tun. Das schadet der CDU im Kreis und ist auch für die Kommunalwahl nicht gerade günstig."  […]

Aber was passiert bei den am 25.05.2014 in Kleve stattfindenden Kommunalwahlen? Werden die Wähler sauer auf ihre CDU sein?
Die Religionsstruktur der an der niederländischen Grenze gelegenen Stadt gibt da Hinweise. 66% sind römisch-katholischen, 16 % evangelisch, 19% bekennen sich zu einer anderen Konfession oder sind konfessionslos.
Wie sollten so fromme Menschen nicht die CHRISTLICH-demokratische Union wählen?
Nun ja. So wie sich die Bürger nicht mehr auf ihre CDU verlassen können, so lockern sich auch die Bindungen zur RKK. Gucken wir auf die kleine Hansestadt Emmerich am unteren rechten Niederrhein, die als  kreisangehörige Stadt zum Kreis Kleve gehört.
Emmerich wurde vor 1.300 Jahren als Missionsstation im Bistum Utrecht gegründet; heute leben dort 30.000 Menschen.
Bürgermeister Johannes Diks, natürlich von der CDU, wurde mit 61,4% gewählt. Die vielen katholischen Schäfchen verteilen sich auf fünf Pfaffen.

In Emmerich gibt es zwei römisch-katholische Seelsorgeeinheiten mit fünf Pfarren.
Die Seelsorgeeinheit St. Christophorus und St. Johannes der Täufer deckt räumlich die Ortsteile Altstadt, Leegmeer, Speelberg, Vrasselt, Praest und Dornick ab. Am 28. November 2004 wurden die vier katholischen Stadtgemeinden St. Martini, St. Aldegundis, Heilig-Geist und Liebfrauen zur neuen Stadtpfarre St. Christophorus fusioniert.
Zur Pfarre St. Johannes der Täufer zählt die namengebende Kirche in Dornick, St. Antonius in Vrasselt, und St. Johannes Baptist in Praest.
Die Seelsorgeeinheit Elten, Hochelten, Hüthum wird gebildet von den Pfarren St. Georg in Hüthum, St. Martinus in Elten, und St. Vitus in Hochelten.
Die katholischen Pfarreien von Emmerich gehören zum Dekanat Emmerich im Kreisdekanat Kleve des Bistums Münster.
(Wiki)

Aber selbst im Rheinisch-katholischen Kernland ist nicht mehr alles eitel Sonnenschein. Die frommen Schäfchen des mächtigen Münsteraner Bischofs Felix Genn geben sich im Amtsgericht die Klinke in die Hand, um auszutreten. 2012 sagten 58 Emmericher der RKK Adieu, im drauffolgenden TVE-Jahr traten 120 aus und selbst diese Rekordzahl ist in den ersten vier Monaten des Jahres 2014 schon fast eingeholt – 95 Menschen verließen die Katholische Kirche bis April 2014.
Was ist da los?
Eigentlich nichts Besonderes. Es ist nur die RKK 2014, die nervt.

Als sich die Situation um die Geistlichen Karsten Weidisch und Christian Olding zuspitzte, äußerten viele Gläubige deutlich ihre Enttäuschung über die Kirche. Ins Zentrum der Kritik rückte nicht der Glaube an sich, sondern die Amtskirche. Daher wurden Stimmen laut, einen Schlussstrich zu ziehen und aus der Kirche auszutreten. Quasi als Denkzettel für die Amtskirche.
Hubert Lemken, Geschäftsführer des Kreisdekanates Kleve, weiß, dass Entwicklungen rund um die Kirche genau verfolgt werden und die Gläubigen sensibel darauf reagieren. So war die Zahl der Austritte im gesamten Kreisdekanat schon einmal 2010 spürbar angestiegen, als die Kirche wegen der Missbrauchsvorwürfe Negativschlagzeilen machte. "Und als es diese Geschichte mit Tebartz van Elst gab, haben wir das sofort bei den Austrittszahlen in Kevelaer gemerkt", sagt Lemken. Der umstrittene Bischof stammt aus der Kommune.


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