Es gab
schon mal Durchbrüche bei Friedensverhandlungen.
Voraussetzung
war meistens, daß an der Spitze einer der Konfliktparteien ein personeller
Wechsel stattfand und zufälligerweise ein außergewöhnlich charismatischer,
weitblickender Stratege die Geschicke eines Landes bestimmte.
Der
Friedensnobelpreisträger Anwar as-Sadat (1918-1981) verließ einfach die
ausgetretenen Pfade, überwand das bisherige Denken und ging auf Jerusalem zu.
Genauso
ein großer Mann ist der Friedensnobelreisträger Michail Gorbatschow, der an der
Spitze der KPdSU angekommen verkündete, was bisher immer gegolten hätte, müsse
nicht weiterhin gelten. Er wechselte die Denkperspektive und ging mit
einseitigen Vorleistungen auf den Westen zu. Dazu brauchte es ein gewaltiges Rückgrat.
Er mußte nicht nur die Widerstände in seinem eigenen Laden überwinden, sondern
stieß auch bei der NATO auf tumbe Abwehr. Der deutsche Bundeskanzler Kohl
befand, Gorbatschow meine es nicht ernst, das sei bloß Propaganda und verglich
ihn öffentlich mit Goebbels.
Wenn
keine der Konfliktparteien so eine außergewöhnliche Gestalt zur Verfügung hat,
kann ein sehr starker und sehr engagierter Vermittler eines bewirken.
So
geschah es beim Osloer Friedensprozess. Israel hatte zwar den großartigen Rabin
an der Spitze, aber ohne den unermüdlichen und persönlichen Einsatz Bill
Clintons hätten sich 1993 Yitzhak Rabin und Jassir Arafat nicht die Hand
gegeben; hätten die Außenminister Mahmud Abbas, Schimon Peres, Warren
Christopher und Andrei Kosyrew keine Verträge unterschrieben.
In der
verfahrenen Lage der Levante und der Ostukraine bedürfte es wieder eines dynamischen
und engagierten Staatsmannes mit Charisma.
Theoretisch
steht dafür der Friedensnobelpreisträger Barack Obama zur Verfügung.
Aber
praktisch ist es wohl so, daß sich die fünf Mitglieder des Osloer Nobelpreis- Komitees
jeden Tag seit ihrer Entscheidung von 2009 in Grund und Boden schämen.
Guantanamo-Todesstrafen-Drohnenkrieger-Obama hält sich bei internationalen
Friedensbemühungen demonstrativ zurück. Er unternimmt nichts, sondern heizt im
Zweifelsfall mit verbalen Attacken Konflikte weiter an.
Naja,
die Norweger haben etwas westliche Schlagseite, wenn man sich die
Verteilung der Friedensnobelpreise nach Nationen ansieht:
USA: 21,
GB: 12, Frankreich: 9,…,.. Deutschland immerhin noch: 4, am Ende liegen
Russland (inkl Sowjetzeit) mit ZWEI Friedensnobelpreisen und China mit einem.
Zuhause
in Washington rockern die bellizistischen GOPer dermaßen rum, daß man es Obama
schon hoch anrechnen muß, wenn er nur schmollend im Oval Office sitzt und
nichts tut.
Im Verhältnis zu
Deutschland aber baut sich in Washington eine geradezu feindselige Stimmung
auf. Weil Merkel neue Waffen für die Ukraine ablehnt, pöbeln die US-Senatoren
John McCain und Lindsey Graham auf der Sicherheitskonferenz, als wollten sie
die Gastgeberin aus ihrer eigenen Party mobben. In Washington ist dieser
Krawall Regierungsalltag, Obama muss seit Jahren damit leben.
McCain würde Soldaten
und Waffen am liebsten über die halbe Welt verteilen. Einmal verglich er sogar
einen Handschlag Obamas mit Kubas Diktator Raúl Castro mit dem zwischen Neville
Chamberlain und Adolf Hitler. Wer die Karibik-Sozialisten mit Hitler
vergleicht, würde in Berlin ausgelacht. In Washington ist Senator McCain der
Chef im Streitkräfte-Ausschuss.
Obama,
der nichts zu verlieren hat, zeigt keinerlei internationalen Einsatz. Sein
ganzes Phlegma wird nur zu deutlich, wenn er sich ausgerechnet an die
Großphlegmatikerin Merkel hängt und sie machen lässt, während er alles aus
sicherer Distanz beobachtet.
Sehr
aktiv und freundlich wird Obama hingegen bei dem brutalen Horrorregime des Königs Salman.
[…] Es wirkt wie eine Pilgerfahrt. Der
saudische König ist gestorben, und alle eilen nach Riad. Frankreichs Präsident
und der britische Premier waren schon da, der US-Präsident will am Dienstag
kommen. Der Westen verneigt sich vor dem toten Herrscher. Das ist prinzipiell
nicht verwerflich. Zu kondolieren ist eine zivilisatorische Errungenschaft.
Leider belassen es die Staats- und Regierungschefs aber nicht beim Kondolieren,
sie machen einen Kotau.
In dem Land, das die
Königsfamilie sich untertan gemacht hat, gelten Frauen nichts. Homosexuelle
werden verfolgt, Blogger ausgepeitscht, Todesurteile öffentlich mit Säbeln
vollstreckt. Es grenzt an eine Selbstaufgabe der Demokraten, wenn in London
sogar die Fahnen am Parlament auf Halbmast gesetzt werden, weil König Abdullah
gestorben ist.
Es ist absurd, wenn
Merkel die "Klugheit" und "ausgewogene Politik" des
Monarchen preist. Und es ist
bezeichnend, dass Obama den Gedenkmarsch für die Opfer des islamistischen Terrors
in Paris geschwänzt hat, jetzt aber zu den Mittelalter-Theokraten in Riad
pilgert. […]
[…]
Barack Obama bietet für seinen
Antrittsbesuch bei Saudi-Arabiens neuem König Salman nahezu alles auf, was in
der Sicherheitspolitik der Amerikaner Rang und Namen hat: Außenminister John
Kerry, CIA-Chef John O. Brennan, General Lloyd J. Austin, Chef des US Central
Command, das für den Nahen Osten und Zentralasien zuständig ist, sowie seine
wichtigsten Berater für Sicherheit, Lisa Monaco und Susan Rice, begleiten den
US-Präsidenten.
Zur 30-köpfigen
Delegation Obamas gehören sogar wichtige Republikaner, die in Saudi-Arabien geschätzt
werden: die Ex-Außenminister James Baker (unter George Bush Sr.) und
Condoleezza Rice (unter George W. Bush) sowie Senator John McCain, Obamas
größter außenpolitischer Kritiker und Rivale bei der Wahl 2008.
Mit seinem
persönlichen Erscheinen und der hochkarätigen, parteiübergreifenden Delegation
will der US-Präsident nach dem Tod von König Abdullah zeigen, wie wichtig ihm
Saudi-Arabien als Partner ist. Obama will einiges wieder gut machen, denn das
Verhältnis der beiden Länder hat sich in seiner Amtszeit verschlechtert.
Deshalb hofiert er nun den neuen Monarchen Salman. Seinen Besuch in Indien hat
der US-Präsident eigens dafür abgekürzt. […] Saudi-Arabien
mischt […] selbst energischer in der Region mit: Es
schickte seine Panzer nach Bahrain, unterstützte in Ägypten den Putsch des
Militärs und greift auch in Libyen gegen die Radikalislamisten ein.
[…]
Die saudische Linie ist klar: Stabilität
statt demokratischer Experimente. Zu diesem Kurs scheint auch Obama wieder
zurückkehren zu wollen. […]
Möchte man den
Zynismus der globalen Ordnung an einem besonders drastischen Beispiel erklären,
findet sich kein besseres als das saudisch-amerikanische. Washington hat den
Verbündeten am Golf nicht nur ausgewählt, sondern mitgeformt - eine Diktatur,
die ihre Legitimität mit monarchischer Folklore und wahhabitischem
Radikal-Islam begründet, und die ihre Öleinnahmen grotesk ungerecht verteilt.
Eigentlich sollten sich die USA mehrere Jahre nach Beginn des Arabischen
Frühlings fragen, ob sie weiter auf dieses Regime setzen sollen, das trotz
mancher Reform im Winter der alten Ordnung verharrt. Stattdessen klammern sich
die beiden Partner jetzt fester aneinander denn je.
Nein,
heute in Minsk läßt sich Obama nicht blicken und läßt die Leichtgewichte Merkel
und Hollande allein mit Poroschenko und Putin.
Die Saudis sind ihm wichtiger.
So ein
netter König.
[…]
Es ist die 25. Exekution in dem
Königreich seit Jahresbeginn, also innerhalb von nur 41 Tagen. Die meisten
Hingerichteten waren Ausländer, die wegen Drogenvergehen verurteilt wurden. Zum
Vergleich: Im gesamten Jahr 2014 wurde gegen 83 Menschen in Saudi-Arabien die
Todesstrafe vollstreckt.
[…]
Die rasante Zunahme von Hinrichtungen
sowie die Auspeitschung des islamkritischen Bloggers Raif Badawi haben in den
vergangenen Monaten international für Aufsehen gesorgt. […] Das Strafrecht in Saudi-Arabien ist nicht
verschriftlicht, Richter orientieren sich am Koran und den Überlieferungen des
Propheten Mohammed - und legen diese besonders streng aus. Deshalb ähnelt der
Strafenkatalog in dem Königreich sehr stark den Regeln der Terrororganisation
"Islamischer Staat".
Noch
weiß man nicht was die vier Verhandlungspartner in Minsk erreichen. Merkel,
Putin, Poroschenko und Hollande verhandeln hinter verschlossenen Türen.
Viel
anzubieten haben die EU-Vertreter nicht, Druck machen können sie nicht.
Sie sind
aber dennoch zum Durchbruch verdammt, weil am Horizont schon die Neocon-Falken
kreisen, die nur zu gerne den militärischen Konflikt eskalieren lassen würden.
Das wäre
eine Steilvorlage für Putin.
Die Russen fühlen sich ohnehin kontinuierlich vom Westen betrogen
und wenn nun mit amerikanischer Technik in Richtung Russland gefeuert würde,
könnte der Kreml alle Zurückhaltung fallen lassen und direkt seine eigene
Hightech-Armee einsetzen.
Eine
atomare Supermacht wäre somit Konfliktpartei in einem Scharmützel gegen eine
marode Resterampen-Armee auf der westlichen Front-Seite.
„Der
Westen“ hat hingegen nichts zu gewinnen.
Gewonnen
hat aber definitiv einer.
Ein
Mann, der sich zu seinem großen Missvergnügen zum Paria Europas gemausert hatte
und nun wieder von den größten Mächten der EU gebauchpinselt wird.
Ähnlich
wie in Nordkorea steuert Weißrussland auf eine Erbdiktatur zu. Oppositionsparteien
werden verboten, Kritiker „verschwinden“ bei Nacht und Nebel und werden nie
wider gesehen.
Bei „Wahlen“
holt der Chef immer locker über 80% der Stimmen und baut seinen Sohn Nikolai
(*2004) jetzt schon gezielt zu seinem Nachfolger auf. Seit Jahren tritt das Balg BEWAFFNET zusammen mit seinem Papa auf.
Wenn
extrem homophobe von der EU geächtete Diktatoren ihre süßen kleinen
Söhnchen mitbringen, ist einer immer ganz entzückt und nimmt sich Zeit:
Präsident Alexander
Lukaschenko, 1994 nach einer demokratischen Verfassung gewählt, hat das Land
mit einem Verfassungscoup im November 1996 und danach in einen neo-sowjetischen
autoritären Staat umgewandelt:
Die Geltung von Verfassung und Gesetzgebung
wurde durch die Willkür von Präsidialdekreten ersetzt.
Die Teilung zwischen der Exekutiven, der
Legislativen und der Judikativen Gewalt des Staates wurde aufgehoben.
Wahlen werden systematisch manipuliert. Das
Parlament hat keine Rechte. Das Budget des Präsidenten unterliegt der
Geheimhaltung.
Die elektronischen Medien liegen in der
Hand der Staatsmacht. Die freie Presse wird behindert, kritische Journalisten
werden verfolgt.
Regierungsunabhängige Organisationen werden
verboten.
Führende Oppositionelle wurden ermordet
oder „verschwanden“.
Diese und andere
Menschenrechtsverletzungen sind von belarussischen und internationalen
Menschenrechtsorganisationen sowie von Europarat, OSZE und Vereinten Nationen
dokumentiert worden.
Das EU-Parlament
hatte Weißrussland immer wieder scharf verurteilt.
Die
Ukraine-Krise muß für Lukaschenka wie ein Sechser im Lotto sein.
Nachdem
er 2012 über Westerwelle gepöbelt hatte, er sei lieber ein Diktator als schwul,
wurde sein Land weitgehend ignoriert und mit Desinteresse gestraft.
Ein Jahr
nach den Maidan-Vorfällen ist das alles vergessen. Lukaschenka gefällt sich
als Hort der Stabilität und präsentiert seine Hauptstadt Minsk als Drehscheibe
der diplomatischen Schwergewichte.
Lukaschenka
statt Obama.
Ein
Treppenwitz der Geschichte. Ob demnächst auch ein Friedensnobelpreis nach Minsk
geht?
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