Achh,
grrr…, nachdem die Hamburger SPD bei den letzten Bürgerschaftswahlen im Jahr
2011 vier bis fünf Prozentpunkte besser abgeschnitten hatte, als
prognostiziert, hoffte ich natürlich auch diesmal, es könnte nach zuletzt vorhergesagten
47% für eine absolute Mehrheit reichen.
Knapp
verpasst. Und dafür ist die rechtswiderliche AfD im Parlament.
So hatte ich mir das natürlich nicht gedacht.
Da wir
Hamburger kumulieren und panaschieren, gibt es noch kein Wahlergebnis. Anders
als in Bananenrepubliken wie der USA werden wir aber bald unbezweifelbare
Zahlen einer Sechsparteien-Bürgerschaft haben, die ungefähr so aussehen:
SPD 45,7%
(-2,7%)
CDU 15,9
% (-6,0%)
Grüne
12,2 % (+1,0%)
FDP 7,4%
(+0,7%)
Linke
8,5% (+2,1%)
AfD 6,1%
(+6,1%)
Anders
als bei vielen Landtagswahlen, gibt es diesmal wohl wenig Spielraum zur
Interpretation. Die Analyse der Zahlen ist eindeutig. In einer ZDF-Befragung
nach der Zufriedenheit mit Olaf Scholz sagten 83% der Hamburger er mache seine
Sache gut. Für „schlecht“ votierten nur 12%.
Es gab
keinen ernsthaften Zweifel, daß Scholz weiter regieren würde, also packte viele
Wähler das Phlegma; sie schleppten sich erst gar nicht zur Wahlurne. Die
Wahlbeteiligung sank auf den historischen Tiefstwert von 53%. Das kostete die SPD
die absolute Mehrheit und schob FDP und AfD über die 5%-Hürde, da die Wähler
der Kleinen immer besser mobilisiert sind.
CDU-Wersich
sagte, das schlechteste CDU-Ergebnis aller Zeiten habe daran gelegen, daß es
keine Machtperspektive gab. Das ist ausnahmsweise keine Ausrede, sondern dürfte
der Wahrheit entsprechen.
Wersich
hatte zwar im Duell mit Scholz recht heftig gelogen und damit an die unsägliche
Lügen-Tradition der CDU-Parlamentarier in Hamburg angeschlossen, aber insgesamt
war er doch eher moderat und wenig polternd.
Befragt
man alle Wähler Hamburgs, wieso sie
nicht die CDU gewählt haben, bekommt man weit überwiegend die Antwort es habe
an den Inhalten gelegen. Ganz anders das Bild bei den CDU-Sympathisanten, die
lieber die Schuld Wersich zuschieben. Recht mies. Als ob irgendjemand anders
den Job übernommen hätte in den aussichtslosen Kampf gegen Scholz zu gehen.
Meine
hier mehrfach beschriebene Analyse von der CDU als Partei ohne Unterleib hat
sich bestätigt: Ja, alle lieben Merkel, aber dahinter kommt nichts mehr.
Die vielbeschriebene
Großstadtschwäche der CDU hat sich mit der Wahl in Hamburg weiter
verfestigt. Es ist das schwächste
Ergebnis der CDU bei einer Landtagswahl seit 50 Jahren.
Nach den glorreichen
Zeiten unter Ole von Beust mit Werten von 47,2 und 42,6 Prozent in den Jahren
2004 und 2008 verlor die Hamburger CDU bereits bei der letzten
Bürgerschaftswahl im Februar 2011 fast die Hälfte ihrer Wähler. Die mageren
21,9 Prozent vor vier Jahren wurden nun noch unterboten.
Daran kann auch der
Versuch des parlamentarische Geschäftsführers der Unionsfraktion, Michael
Grosse-Brömer, das Abschneiden seiner Partei zu relativieren, wenig ändern:
"Das ist kein schönes Ergebnis. Nun war es aber das Ergebnis einer
einzelnen Großstadt - nicht mehr und nicht weniger."
Die
Großstadt-Offensive der CDU zeigte zumindest in Hamburg keine Wirkung. Seit dem
Sommer 2014 ist der Berliner Bundestagsabgeordnete Kai Wegner
Großstadtbeauftragte der CDU/CSU. Er soll Wege aufzeigen, wie seine Partei
wieder im urbanen Milieu punkten kann. Kurz zuvor hatte die CDU in Düsseldorf
den Bürgermeisterposten an die SPD verloren - es war die letzte der zehn
größten Städte, in denen sie noch regiert hatte. In Berlin, Hamburg, München,
Köln, Frankfurt, Düsseldorf, Dortmund, Essen und Bremen sind SPD-Politiker die
Chefs im Rathaus, in Stuttgart ist es der Grünen-Politiker Fritz Kuhn.
Ziemlich
albern waren heute die Versuche der Journalisten Olaf Scholz eine
Kanzlerkandidatur zuzuschieben.
Das
kennen wir ja schon von 2011, aber offenbar will er erstens tatsächlich in Hamburg
bleiben (er hat ja genügend bundespolitische Erfahrung als
Bundesarbeitsminister und SPD-Generalsekretär) und zweitens hängt das alles von
Angela Merkel ab.
Wenn sie
2017 noch einmal antritt, wird sie auch gewählt. Da hat niemand eine Chance.
Wer sollte da den undankbaren Job als Zählkandidat übernehmen? Die Suppe würde
wohl Gabriel auslöffeln müssen; immerhin ist er Vizekanzler.
Ulrich
Deppendorf behauptete immer wieder, Scholz käme für 2021 in Frage.
Das
halte ich aber für sehr fraglich, ob Scholz dann nach einer Dekade als
Hamburger Regierungschef mit Mitte 60 noch so ein Abenteuer beginnen würde.
Außerdem
wäre Gabriel dann an der Reihe, sobald es echte Chancen für einen SPD-Kanzler
gäbe.
Aber
Deppendorf behauptete auch, Nahles und Weil liefen sich für 2021 warm.
Das sehe
ich absolut noch nicht.
Nahles
ist einfach zu unfähig und vor allem zu unbeliebt. Und bei Weil sehe ich kein bundespolitisches Format.
Insgesamt
war es heute wieder einmal ein Wahlabend mit äußerst durchwachsenen journalistischen
Leistungen. Niemand nahm die CDU für ihre 15,9 oder 16,0% in die Zange. Tauber
konnte mit lächerlichen Ausflüchten davon kommen. Es sei eben in den Städten „eine
Frage der Persönlichkeiten“ – so die Steilvorlage des CDU-Generals vor Schaustens
Füße. Statt ihn zu fragen, wieso die CDU denn keine Persönlichkeiten habe,
grinste sie nur und dankte ihm.
Sowohl Bettina
Schausten im ZDF als auch Jörg Schönenborn ließen ihre Sympathien für schwarzgelb
erkennen. Das ZDF zeigte um 18.13 Uhr ausführlich die Jubelstellungnahme
Christian Lindners, während ntv und Phönix schon Live-Schaltungen zum Mann des
Abends offen hatten, nämlich Scholz, der in der Altonaer „Fabrik“ vor die
Kameras gegangen war.
In der
ARD räumte Schönenborn knirschend ein, daß man der SPD trotz der Verluste an
diesem Abend auch einen Erfolg zubilligen müsse. Eine seltsames Statement bei
einer SPD, die DREI MAL so stark wie die CDU wurde.
Im ZDF
befragte Schausten derweil den „Politikwissenschaftler“ Karl-Rudolf Korte;
natürlich OHNE zu erwähnen, daß er CDU-Mitglied und Merkel-Biograf ist; zum
Abschneiden der FDP. Seine unfassbar absurde Antwort – „offensichtlich haben
die Wähler hier in Hamburg keine Angst vor der Freiheit und wählen deswegen die
FDP!“ – nahm sie ebenfalls lächelnd hin, ohne ihn zu ohrfeigen oder zumindest
nachzufragen, ob er ernsthaft meine die Wähler von SPD, Linken und Grünen
hätten alle Angst vor der Freiheit.
In den
großen Kandidatenrunden wurde konsequent von allen sechs Parteienvertretern die
Linke Dora Heyenn als letzte befragt, obwohl sie klar mehr Stimmen als
AfD-Kruse und FDP-Suding hatte. Für ZDF und ARD sind Linke immer noch Paria,
die man nur mit Missachtung und möglichst kurz anspricht.
Der
schlimmste Ausfall des Abends war Grünen-Spitzenkandidat Jens Kerstan, der
frech log und wie aus seiner schwarz-grünen Zeit gewohnt seinem Hass auf die
SPD frönte. Undiplomatisch, unseriös, unsäglich. Den will ich nicht auf der
Senatsbank sehen. Mein Mitleid gilt Scholz, daß er mit solchen Typen verhandeln
muß.
Der
beste Einfall des Abends kam vom Grünen Bundesgeschäftsführer Michael Kellner,
der in der Berliner Runde dem schon wieder xenophob faselnden Ex-Dr. Scheuer
vorwarf zu „hetzen“ und ihm dann ganz ruhig erklärte in der CSU wären zum Thema
Einwanderungspolitik ziemlich viele Vollpfosten unterwegs.
Wo er
Recht hat…..
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