Mittwoch, 6. April 2016

Faul, faulig, rechts

Jetzt fragen sich die schwäbischen Sozis, was sie mit Nils Schmid anfangen können. So ein Netter. Fleißig, sympathisch, unprätentiös, bescheiden, zurückhaltend, skandalfrei, erfolgreicher Superminister – aber das Charisma eines Brötchens und daher auch an der Wahlurne massakriert.

[…] "Lieber Nils", so beginnt der Brief von baden-württembergischen Kommunalpolitikern, aber weiter geht es weniger freundlich. Das "unglaublich schlechte Abschneiden bei den letzten beiden Landtagswahlen hängt auch mit Dir als Spitzenkandidat zusammen", heißt es weiter. Schmid sei ein exzellenter Fachmann und integrer Mensch, könne aber Menschen nicht begeistern. "Diese Eigenschaft fehlt Dir - und das kann man auch nicht lernen", steht da kategorisch. Deshalb solle er sein Amt als Vorsitzender niederlegen und sich öffentlich von der Idee verabschieden, in fünf Jahren wieder als Spitzenkandidat anzutreten. […]

Auf der rechten Seite des politischen Spektrums gibt es dieses Problem nicht.
Persönliche Integrität, Intelligenz und Bescheidenheit einer Person schließen Rechtsextremismus aus.

Es wundert wenig, daß nicht nur Lucke, sondern auch seine Nachfolgerin Petry im Licht des politischen Erfolges noch eitler, selbstherrlicher und selbstverliebter werden.
Die anderen eitlen, selbstherrlichen und selbstverliebten Typen in der AfD beginnen Petry wie eine sterbende Bienenkönigin aus dem Nest zu mobben. Von der Partei-Homepage wurde die Parteichefin inzwischen verbannt.

[…] Von Petry aber, immerhin das bekannteste Gesicht der Partei: kein Bild, kein Text. Nichts. Fast wirkt es so, als habe sie die AfD schon verlassen, wie einst der frühere Partei-Mitgründer Bernd Lucke. Hat sie aber nicht.
Ihre derzeitige Abwesenheit auf der offiziellen Seite ist ein Symptom für den schleichenden Prozess, der sich seit Längerem in der rechtspopulistischen AfD abzeichnet: Petry, auch sächsische Landes- und Fraktionschefin, ist an der Spitze zunehmend isoliert. Es sind weniger inhaltliche Differenzen, es ist ihr Stil, der manche in der Partei bereits an das Agieren Luckes erinnert - einst hatte sie ihm fehlenden Integrationswillen vorgehalten.
Nun sprechen sie in der Partei immer öfter über Petrys Egozentrik. […]

Andere Rechts-Fraktionen zerlegen sich genauso in den Landtagen.
Es dauert meist nicht lange, bis sie sich aufspalten, austreten und gegenseitig so zu hassen beginnen, daß sie endgültig zu Comedy-Gestalten werden.

Zuletzt sollten Petrys Liebhaber Markus Pretzell und Schießbefehl-Trixi aus der ECR-Fraktion im EU-Parlament geworfen werden, weil man selbst bei den ganz Rechten nichts mehr mit den deutschen Irren zu tun haben wollte.

[…]  ECR group kicks out German far-right MEPs
Two MEPs from the far-right Alternative for Germany have been asked to leave the European Conservatives and Reformists group in the European Parliament.
“The ECR Bureau met this evening and has invited the AfD to leave the ECR Group before 31st March, otherwise a motion will be tabled to expel them at its next meeting on the 12th April,” said a statement from the ECR.   There are two AfD members in the ECR — Beatrix Von Storch and Marcus Pretzell. […]

Einen ähnlichen Weg ging die AfD-Fraktion in Hamburg.
Zunächst zerlegte sie sich, indem sich Fraktionschef Kruse von der Bundesparteispitze absetzte und sich darauf konzentrierte sich mit den Mitgliedern seiner eigenen Fraktion, insbesondere Dirk Nockemann, zu streiten.

Vermutlich würde es noch viel mehr in der AfD-Fraktion der Hamburger Bürgerschaft krachen, wenn sie nicht so stinkend faul wären. Ihre Büros sind verwaist, sie schwänzen die Bürgerschaftssitzungen und kommen nicht in die Ausschüsse.
Der Fraktionschef Kruse setzte sich für mehrere Monate nach Kalifornien ab; der Mann lebt gar nicht mehr in Deutschland, kassiert aber 8.000 Euro monatlich als Volksvertreter in Hamburg.

Wie der Herr, so das Gescherr. Die Wahlergebnisse in Sachsen-Anhalt, RLP und BW zeigen, daß sich die Wähler ohnehin nicht für AfD-Programmatik oder die konkrete Arbeit der AfD-Politiker interessieren. Sie sind lediglich ungebildet, hasserfüllt und xenophob, so daß sie bräunlichen Pöblern nachlaufen.

Irgendwie niedlich, wenn sich jetzt ausgerechnet die Polit-Simulanten aus dem Umfeld der Yellowpress-Ikone Katja Suding über die ostentative Faulheit der AfD aufregen. Als ob das neu wäre. Als ob das ihre Wähler störte.

 […] Die Abgeordneten der AfD haben sich im ersten Jahr der Wahlperiode nur sehr spärlich an den inhaltlichen Diskussionen der Hamburgischen Bürgerschaft beteiligt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung sämtlicher Sitzungsprotokolle der Fachausschüsse, die der FDP-Abgeordnete Michael Kruse jetzt vorgelegt hat. Laut seiner Auflistung haben die bis zum Fraktionsaustritt von Ludwig Flocken im Februar 2016 noch acht AfD-Abgeordneten sich nur sehr selten mit Wortbeiträgen oder Fragen in den Ausschüssen beteiligt.
In den insgesamt 18 Sitzungen der Ausschüsse für Justiz, Wissenschaft und Öffentliche Unternehmen meldeten sich die AfD-Abgeordneten demnach laut den öffentlichen Protokollen nicht ein einziges Mal mit Fragen oder eigenen Vorschlägen zu Wort. Auch bei den insgesamt neun Sitzungen des wichtigen Haushaltsausschusses leistete die AfD keinerlei Beitrag. In vielen anderen Ausschüssen hielten sich ihre Abgeordnete ebenfalls zurück.
[…] [Der Abgeordnete] Joachim Körner leistete nicht einen einzigen Beitrag zu den Fachdiskussionen.
"Die Arbeit der AfD-Fraktion ist nicht nur qualitativ dünn. Die Zahlen zeigen, dass die AfD-Fraktion in einigen Themengebieten schlicht die Arbeit verweigert", urteilt FDP-Mann Michael Kruse. "In mehr als 70 Prozent der Ausschusssitzungen des ersten Bürgerschaftsjahres hat die AfD-Fraktion nicht einen einzigen inhaltlichen Beitrag abgeliefert, hat also weder etwas gefragt noch eine inhaltliche Einschätzung vorgenommen."
In den inhaltlichen Beratungen vieler Fachausschüsse sei die AfD "schlicht nicht existent". […]

Verblüffend, aber selbst in der AfD gibt es Ausnahmen. Mandatsträger, die nicht moralisch völlig verkommen sind und erwägen ernsthaft zu arbeiten.
So einer sitzt ausgerechnet im Erfurter Landtag – also unter der Fuchtel von Hobby-Goebbels Höcke.
Rechtsanwalt Oskar Helmerich, (*1960 in Deggendorf)  hatte sich seine Arbeit in der AfD offensichtlich ursprünglich anders vorgestellt.
Heute erkennt er in der AfD „fast nur noch Extremisten und Verfassungsfeinde", während er zu Luckes Zeiten "nur vernünftige Leute kennengelernt" habe. Der scharfe Rechtsdrall insbesondere des Thüringer Landesverbandes, dessen Landesvorstand er bis März 2015 angehörte, widerte ihn allerdings zunehmend an. Helmerich, sowie die AfD-Abgeordneten Jens Krumpe und Siegfried Gentele stellten sich gegen die stramm völkische „Erfurter Erklärung“ Höckes.
Der Thüringer Landeschef verträgt Kritik ähnlich gut wie sein rhetorisches Vorbild Adolf Hitler. Alle drei Fraktionskollegen, die es wagten zu widersprechen, wurden entweder gegangen oder kamen einem Fraktionsausschluss durch Austritt zuvor.

Ehemalige AfDler mit Restverstand?
Was macht man mit solchen Typen?
Helmerich möchte gern zur SPD wechseln. Dort ist man nur mäßig begeistert ehemalige Rechte zu integrieren. Nach heftigen Diskussionen stimmte eine 2/3-Mehrheit der Sozis dafür Helmerich als parteilosen Abgeordneten in ihrer Fraktion zu dulden.

[…] Jeder bekommt seine 15 Minuten Ruhm, hat Andy Warhol gesagt. Oskar Helmerich, 56, bekam seine im Herbst 2015. Dabei hatte der Mann, der da hinter dem Rednerpult im Thüringer Landtag stand, so gar nichts von Warhol: graues Sakko, schlammfarbene Krawatte, schütteres Haar. Doch das, was er sagte, brachte die Mehrheit der Abgeordneten dazu, rhythmisch zu klatschen - und mindestens einen auf die Palme.
Helmerich, aus der AfD ausgetreten und fraktionslos, knöpfte sich seinen bisherigen Fraktionschef Björn Höcke und dessen gespanntes Verhältnis zu den Medien vor. Dabei fielen Worte wie "Realitätsverlust" und "schwerwiegende Persönlichkeitsstörung". Na und, könnte man sagen, da hat einer nachgetreten. Die Neuigkeit aber ist, wo dieser Mann nun eintreten will.
[…] Der Kollaborateur wird bedroht, auch das hört man. Im Mai 2015 zitierte die Thüringer Allgemeine aus einer anonymen E-Mail, die dem "Spalter" einen Kieferbruch ankündigte. […]


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