Donnerstag, 16. Juni 2016

Wir sind eine Komikernation.

Dieser Tage, kurz nach dem Massaker in Orlandos Schwulendisko „Pulse“ wird viel über Homophobie gesprochen.
Homophobe Schwule können in ihrem religionsbeförderten Selbsthass offensichtlich sehr gefährlich werden.

Einige Studien unterstützen aber die These, dass Homophobie auch dadurch ausgelöst werden kann, dass Männer, die sich als heterosexuell identifizieren, mit eigenen homosexuellen oder femininen Anteilen nicht zurechtkommen. So konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass homophobe Männer von Schwulenpornos stärker erregt wurden als Männer mit positiveren Einstellungen zu Schwulen.

Die inzwischen reichlich in Deutschland vorhandenen Islamhasser tun sich allerdings schwer damit nur den 1,3 Milliarden Muslimen Homohass unterzujubeln.

Ein schwieriges Unterfangen, denn die längste Zeit waren Orient und Islam sehr homophil. Am Hofe der Kalifen wurden schwule Dichter berühmt, die in unzähligen Liebesgedichten homosexuelle Liebe priesen.

Jahrhundertelang sind die islamischen Gesellschaften von Andalusien bis Indien tolerant mit homosexuellen Menschen umgegangen. Die inzwischen alltägliche Homophobie in der islamischen Welt ist ein modernes Phänomen und erst unter dem Einfluss der europäischen Kolonialherren entstanden. Besonders die prüden viktorianischen Briten brachten die Homosexuellenfeindlichkeit in den Nahen und Mittleren Osten.  [….] Bis heute gehen in der islamischen Welt die Meinungen darüber weit auseinander, was überhaupt als homosexueller Sex angesehen wird. Noch immer ist es für junge Männer in islamischen Gesellschaften sehr schwierig, vor der Ehe sexuelle Kontakte zu Frauen zu knüpfen. Laut einer Studie aus Marokko hat deshalb ein großer Teil der heranwachsenden Männer den ersten Geschlechtsverkehr mit einem anderen Jungen. Als homosexuell wird dabei nur der passive Partner angesehen.

Homohass kommt von uns christlichen Europäern.
Wir trugen ihn insbesondere auch in die afrikanischen Kolonien.
So befinden sich die brutalsten antischwulen Gesetze in Afrika. Homosexualität wird in Afrika schwer bestraft.

Unter den zehn Nationen, die tatsächlich heute noch, bzw wieder die Todesstrafe für schwule Liebe vorsehen, sind vier Afrikanische.

• Jemen – Nach dem Strafrecht aus dem Jahr 1994 können verheiratete Männer gesteinigt werden wegen Homosexualität. Unverheiratete Männer werden ausgepeitscht oder müssen für ein Jahr ins Gefängnis. Frauen müssen sieben Jahre lang ins Gefängnis.

• Iran – Nach Schariarecht Todesstrafe und Männer können z.B für Küssen ausgepeitscht werden, ebenso wie Frauen.

• Irak – Strafrecht verbietet Homosexualität nicht ausdrücklich, aber die Menschen werden von Milizen getötet oder von Richtern unter Bezug auf Schariarecht verurteilt

• Mauretanien – Homosexuelle Männer können gesteinigt werden, nach einem Gesetz von 1984, Frauen kommen ins Gefängnis.

• Nigeria – Homosexualität ist ein Haftgrund, aber in einigen Gegenden gibt es Schariarecht, dort wird die Todesstrafe umgesetzt. Homosexuelle dürfen auch keine Treffen abhalten oder Vereine gründen.

• Katar – Schariarecht, Todesstrafe für außerehelichen Sex, egal welcher sexuellen Orientierung

• Saudi Arabien – Homosexuelle werden nach Schariarecht gesteinigt. Jeder Sex außerhalb der Ehe ist illegal.

• Somalia – Strafrecht fordert Gefängnis, aber in einigen Gegenden gibt es Schariarecht, dort gilt die Todesstrafe

• Sudan – Nach dreimaligem Verstoß Todesstrafe, beim ersten und zweiten Mal auspeitschen und Gefängnis. Im Süden des Landes wurden etwas gelockerte Gesetze erlassen.

• Vereinigte Arabische Emirate – Uneinigkeit ob das Gesetz Todesstrafe vorschreibt für einvernehmlichen homosexuellen Sex oder nur bei Vergewaltigung. Nach AI keine Todesstrafen, aber alle sexuellen Akte außerhalb der Ehe sind verboten.

Die mehrheitlich von US-amerikanischen Evangelikalen aufgehetzten stramm christlichen Schwulenhasser sind inzwischen Legende, weil sie so unfreiwillig komisch agieren – natürlich kann man das nur aus sicherer Entfernung „komisch“ finden.


Vor einem Vierteljahrhundert positionierten sich Skandinavien und die Beneluxländer radikal anders, indem sie die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare öffneten.

1999 legte das rotgrün regierte Deutschland gegen den heftigen Widerstand einer gewissen christlichen Führerin Merkel mit einer Art Ehe-Light nach.
Der konservativen George W. Bush-Administration platze fast der Kopf.
Das stramm christliche Amerika der frühen Nuller Jahre positionierte sich verglichen mit Deutschland irgendwo im Mittelalter.

Ein Treppenwitz, wie sich inzwischen die Vorzeichen verkehrt haben.
Gay Marriage gibt es jetzt in allen US-Bundesstaaten, der Präsident unterstützt dies offensiv und wenn man Umfragen glauben darf hat er in dieser Angelegenheit auch zwei Drittel der US-Bevölkerung an seiner Seite.
Sogar Teile der hochradikalisierten US-Republikaner wollen die „Homoehe“ inzwischen tolerieren.
In Deutschland hingegen amöbt Merkel im elften Kanzlerjahr vor sich hin und sorgt dafür, daß Schwule und Lesben weiterhin klar diskriminiert bleiben.

Noch erstaunlicher ist wie stramm katholische Nationen wie Malta, Spanien, Portugal oder Irland Deutschland längst überholt haben.
Und, kaum zu glauben, selbst die christlichsten Länder in Südamerika, stramme Anhänger des Papstes, sind längst an Deutschland vorbei gezogen.
Die Ehe ist ohne Wenn und Aber für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet in Argentinien, Brasilien, Chile, Kolumbien, Mexiko und Uruguay. In Venezuela liegt ein entsprechender Gesetzentwurf vor.

Es ist ohnehin erbärmlich peinlich, in welchem internationalen Boot Merkels Christenpartei mittlerweile mit ihrer Homophobie sitzt.

Aber der Gipfel dürfte diese Woche erreicht worden sein, als der  Bundesgerichtshof auf Druck eines in der Homofrage fortschrittlicheren Landes aus Afrika eine gleichgeschlechtliche Elternschaft anerkannte.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einem lesbischen Paar, das nach südafrikanischem Recht verheiratet ist, die doppelte Elternschaft zuerkannt - ihr Kind hat damit auch nach deutschem Recht zwei Mütter, und zwar ganz ohne Adoption. Laut BGH verstößt die Anerkennung einer solchen Co-Mutterschaft nicht gegen den sogenannten ordre public, ist also mit den wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung vereinbar. Der Familiensenat stützte sich dabei auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare aus dem Jahr 2013. Damals hatten die Richter klargestellt, dass Kinder bei gleichgeschlechtlichen Eltern gut aufgehoben sind: "Es ist davon auszugehen, dass die behüteten Verhältnisse einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die in einer Ehe."
 (SZ, 15.06.2016)

Sagenhaft Frau Merkel!
Nun hinkt Deutschland sogar Afrika zehn Jahre hinterher. Südafrika hatte nämlich schon 2006 die „Homoehe“ legalisiert.

"Ich will nicht, dass Deutschland das einzige Land auf der Welt ist, in dem Juden nicht ihre Riten ausüben können. Wir machen uns ja sonst zur Komiker-Nation"

Kanzlerin goes Mittelalter.
Aber das immerhin konsequent.

Genitalverstümmelung wird in Deutschland aus Rücksichtnahme auf archaische Texte in der Genesis gestattet.

Und ebenfalls aus Rücksichtnahme auf mittelalterlich-religiöse Vorstellungen lehnt Merkel gleiche Rechte für LGBTIs ab.

Auch Reproduktionsmedizin bleibt in Deutschland verboten.
Die in anderen Nationen seit vielen Jahren legalen „Leihmutterschaften“ bleiben ebenso verboten wie das Einpflanzen einer „Leih-Eizelle“.
Die SPD würde Deutschland gern ins 21. Jahrhundert bringen, aber Heiko Maas darf nicht wie er will. Da sei die Pastorentochter Merkel vor.

Derzeit arbeitet ein vom Justizministerium eingerichteter Arbeitskreis an einem Konzept, doch mit einem Gesetz ist vorerst nicht zu rechnen. Dabei ist eine Reform überfällig: Väter, Mütter und vor allem Kinder brauchen Klarheit darüber, was Familie im 21. Jahrhundert bedeutet.

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