Immer noch
leide ich unter Quadrataugen, weil ich die ganze Nacht im TV Diskussionen über
das Chaos im Weißen Haus sehe.
Das ist eben das Problem an der Demokratie. Es kann durchaus wie in Polen, in
der Türkei oder in Ungarn jemand mit großer Mehrheit in die Regierung gewählt
werden, der selbst kein Demokrat ist, sich nicht für die Erhaltung der
demokratischen Spielregeln einsetzt und andere Spielregeln einführt.
Die
Deutschen kennen das schon. Seit 1918 lebten sie in einer Demokratie, wählten
dann 1933 in einer demokratischen, freien Wahl einen Antidemokraten zum
Reichskanzler, der alsbald die Weimarer Republik abschaffte und sich selbst zum
„Führer“ ausrief.
Ist die
Staatsform demokratisch, wird demokratisch gewählt, muß das also keineswegs so
bleiben.
Ist die
Staatsform monarchistisch oder absolut, kann sie sich andererseits auch in eine
aufgeklärtere Richtung bewegen.
Der
liberale, schwule Intellektuelle Friedrich, der Große (1712-1786) bezeichnet
sich in seiner philosophischen Streitschrift „der Antimachiavel“ als Diener
seines Staates.
[…..]
Der gute und selbstlose Herrscher – »Ich
bin der erste Diener meines Staates« –, als der er sich im Gegensatz zu den egomanen
Feudalherren seiner Zeit verstand, war zugleich ein Bild, mit dem er Propaganda
machte, und man kann sich sehr wohl fragen, ob nicht auch die verfleckte
Hauptmannsuniform, die er tagaus, tagein trug, mehr Bescheidenheit ausstellen
sollte, als wirklich empfunden wurde. Friedrichs bedenkenloser Einsatz aller
Mittel, auch der echten zum falschen Schein, ist nicht zu verstehen ohne den
Erfahrungspessimismus, der ihn gelehrt hatte, dass mit Werten allein sich
niemand Anerkennung verschafft, wohl aber mit Waffen und Geld. […..]
Friedrich
II. hatte viele dunkle Seiten, war ein gewissenloser und eitler Kriegstreiber.
Aber zweifellos setzte er auch für die damalige Zeit extrem progressive
Liberalisierungen und Verbesserungen für seine Untertanen durch.
Er
verstand, daß er eine Fürsorgepflicht hatte und Preußen zu dienen hatte.
Natürlich
war er als Denker und Schöngeist dem grotesken Luftkopp, der gegenwärtig im Weißen Haus
sitzt, intellektuell in jeder Hinsicht überlegen.
Trump
wurde allerdings 277 Jahre nach Friedrichs Krönung Staatschef.
Man
sollte meinen, daß mit den Jahrhunderten ein gewisser zivilisatorischer
Fortschritt eingetreten wäre.
Dem ist
aber nicht so, denn ganz offensichtlich begreift Trump überhaupt nicht, daß
auch der Job als POTUS ein Dienender ist, daß er zum Wohle der amerikanischen
Nation handeln muß, daß er die Macht nur geliehen hat, daß die Insignien (Air
Force One, White House, The Beast, das Militär, die Dienste) nach wie vor dem
Volk gehören und nicht ihm persönlich.
Er verwechselt
sich immer noch mit einem CEO, glaubt ihm gehöre alles.
Trump
denkt immer noch nur an sein eigenes Wohl und erwartet, daß nun alle für ihn
arbeiten. Dabei verhält es nicht natürlich genau andersherum; der US-Präsident
arbeitet für alle anderen.
Der Fall
Trump lehrt, daß Demokratien nicht nur in den zu Unrecht gescholtenen
Bananenrepubliken und Osteuropa geschliffen werden.
[….]
Es gibt verschiedene Formen der Demokratiemessung.
Nach dem Demokratieindex von 2014 leben nur rund 12,5 % der Weltbevölkerung
in „vollständigen Demokratien“, der Rest in teildemokratischen (teils autoritären)
Systemen oder Autokratien. [….]
Die
Einschläge kommen sehr nahe.
Nicht nur die USA diffundieren in Richtung des
garstigen Quintetts aus Ungarn, Polen, Russland, den Philippinen und der
Türkei.
Es
erscheint verrückt; im Internetzeitalter, welches doch die große
Informationsfreiheit bringen sollte/könnte, bemühen sich die klassischen
Demokratien eifrig darum die Pressefreiheit zu schleifen.
Mit großem
Eifer verfolgt der Israelische Ministerpräsident ISRAELISCHE NGOs im eigenen Land. Daß der
ausgesprochene Israelfreund Sigmar Gabriel es wagte überhaupt mit Bibis
Kritikern zu sprechen, führte zum Eklat.
[….]
Der israelische Ministerpräsident
Benjamin Netanjahu hat sein für den Nachmittag geplantes Treffen mit
Außenminister Sigmar Gabriel in Jerusalem kurzfristig abgesagt. Das sagte
Gabriel am Dienstag. Hintergrund ist eine Gesprächsrunde des Außenministers mit
Vertretern von regierungskritischen Menschenrechtsorganisationen. "Die
Zusammenkunft ist abgesagt", erklärte auch Netanjahus Sprecher David
Keyes. Grund sei Gabriels Absicht, sich mit einer israelischen Organisation zu
treffen, die die Behandlung der Palästinenser durch Israel kritisch sieht.
[….]
Netanyahu
und der Likud führen inzwischen regelrecht Krieg gegen die freie Presse.
Schon
lange unterliegt die gesamte Berichterstattung über militärische
Angelegenheiten einer strengen Zensur.
NGOs
versucht man mundtot zu machen und öffentliche Sender, die nicht von der
Regierung gelenkt werden, erscheinen der Likud-Regierung sinnlos.
Man höre
und staune, auch die Demokratie der Welt, England, beginnt gerade die
Pressefreiheit zu schleifen.
Reporter
ohne Grenzen erstellt jährlich eine Rangfolge der Pressefreit.
Die
Top-5 sind wenig überraschend die säkularen Nordeuropäer Norwegen, Schweden,
Finnland, Dänemark und die Niederlande.
Deutschland
liegt unverändert auf Platz 16. Die USA dürfte ihren gegenwärtigen miserablen Platz
43 unter Donald kaum halten.
Aber
auch England steigt unter der Tory-Regierung kontinuierlich ab. Reichte es 2015
noch für Platz 34, war es 2016 nur noch Platz 38 und in 2017 rutscht
England auf Platz 40. Schuld ist insbesondere die
ungenierte Einflussnahme Camerons und Mays auf die
BBC.
[….]
Eines dieser Beispiele ist
Großbritannien. Dort hat die konservative Regierung schon unter Ex-Premier
David Cameron versucht, die BBC durch finanzielle Beschränkungen, aber auch
durch direkten politischen Einfluss zu schwächen. Durch den Brexit steht die
BBC jetzt von zwei Seiten unter Druck. 70 zumeist konservative Abgeordnete
kritisieren den Sender wegen zu kritischer Brexit-Berichterstattung.
Gleichzeitig laufen Brexit-Gegner Sturm, weil sie in einer zurückhaltenden
Berichterstattung zu einer großen Demonstration gegen den EU-Austritt erste
Spuren von Selbstzensur wittern. Dazwischen zerreibt sich die BBC. [….]
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen