Das Geschacher um die neue EU-Kommissionspräsidentin von der
Leyen war natürlich nicht elegant.
Außerdem war es Wasser auf die Mühlen der Brüssel-Kritiker,
weil eine Chefin auserkoren wurde, die nie zur Wahl stand – und genau das hatte
man fälschlicherweise bei der EU-Wahl suggeriert: Die Wähler könnten quasi
direkt den Boss wählen.
Andererseits sind die Wähler auch ein wenig verblödet, wenn
sie dieser Illusion Glauben schenken.
Die EU ist eben kein Nationalstaat, kein homogenes Gebilde,
hat kein einheitliches Wahlrecht und keine EU-weit gültigen Wahllisten.
Die EU ist immer noch in statu nascendi; erst nach den
Wahlen wurde darum gerungen in welche Fraktionen die gewählten Parteien eigentlich
gehören.
Besonders unappetitlich verfährt dabei traditionell die
Europäische Volkspartei EVP, die Rechtsradikale, EU-Feinde, extrem Homophobe und
Antidemokraten von der ungarischen Fidesz nicht aus ihren Reihen ausschließen
mag, weil das ihre Mehrheit kostete.
Nach der antisemitischen „Anti-Brüssel-Kampagne“ Orbáns ist
seine Fidesz bis heute Mitglied der EVP-Fraktion, weil von der Leyen seine
Stimmen brauchte.
Jarosław Kaczyńskis rechtspopulistische Prawo i
Sprawiedliwość (PiS) schloss sich mittlerweile der offen EU-kritischen Fraktion
der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) an, die ebenfalls für von der
Leyen stimmten.
Die PiS ist eigentlich so rechtsradikal, daß sie in die Nazi-Fraktion
"Identität und Demokratie" (Vlaams Belang, Rassemblement National RN,
Wahre Finnen, Lega, AfD, FPÖ,..) gehört, wie es sich der ID-Chef Marco Zanni von
der italienischen Lega-Partei wünschte, aber die meisten europäischen
Rechtsradikalen sind durch Millionenkredite aus Moskau sehr Russland-hörig.
Hier nimmt die traditionell Russland-feindliche PiS eine Sonderstellung ein.
Sich in diesem Sumpf eine Mehrheit für eine EVP-Kandidatin
zu suchen, kann nicht elegant sein und so verzeihe ich den europäischen
Regierungschefs das Gekungel um von der Leyen, die aufgrund ihrer Verwurzelung in fundamental-christlichen rechtsradikalen
Schwulenhasser-Kirchen viele Fürsprecher bei Fidesz und
PiS hat.
Mauscheln ist in diesem Fall unumgänglich.
Schwer zu ertragen ist
aber die Personalie von der Leyen an sich.
Sie hat als Ministerin ihre Unfähigkeit vielfach bewiesen
und mit der Finanzierung von evangelikalen „Homo-Heilern“ bewiesen wie weit
rechts sie in Wahrheit steht.
Die deutsche EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen reist auf radikal-evangelikalem Ticket
und kam mit Stimmen der rechtsextremen Babiš, Orbán und Morawiecki ins Amt, bei
denen sie sich auch sofort erkenntlich zeigte, als in ihren Ländern die
Rechtsstaatlichkeit weiter abgebaut wurde.
Erbärmlicherweise konnten die EU-Regierungschefs keinen
besseren Chef ermauscheln.
Es liegt am heterogenen Konstrukt der EU, daß ihre
Kommission nahezu ausschließlich nach Proporz und nicht durch Fähigkeit besetzt
wird.
Man kann den Kommissionspräsidenten kaum einen Vorwurf
machen, wenn beispielsweise Berlin den am rechten Rand ohne Fachkenntnisse und
sprachliche Fähigkeiten herumtrottelnden Günther Oettinger nach Brüssel schickt
und darauf beharrt, der Mann müsse deutscher Kommissar werden.
Juncker hatte nicht die Autorität Frau Merkel anzurufen und
um einen besseren Deutschen zu bitten, weil damit das sorgsam austarierte Gleichgewicht
zerstört worden wäre.
Das EU-Parlament dient in diesem Fall als Feigenblatt, das
die Kommissare bestätigen muss. Aber wie will man mit diesen zusammengewürfelten
Fraktionen eine klare Linie finden? Zumal die verblödteten Wähler lauter
semidebile EU-Hasser ins Parlament schickten mit dem Auftrag alles zu sabotieren.
Die 73 ID-Abgeordneten wollen „Stachel im Fleisch“ sein und da sind noch nicht mal
die 26 Pis-Parlamentarier und die 29 irren Farage-Brexit-Abgeordneten eingerechnet.
Im Rat der EU herrscht Einstimmigkeitsprinzip; das bedeutet,
für jede einzelne Entscheidung braucht man das OK aus Warschau, Budapest und
London. Babiš, Orbán, Morawiecki und zu allem Übel jetzt auch noch der irre
Johnson haben ein Vetorecht.
Fassungslos starren wir alle auf das Chaos an der Themse,
lesen immer mehr desaströse Szenarien über die nahe ökonomische und finanzielle
Zukunft.
Kann man diesen irren Brexit nicht doch nicht aufhalten?
Sieht es nicht nach der Kaskade der parlamentarischen Niederlagen des PMs
schlecht für ihn aus?
Nein, man kann den Brexit nicht aufhalten, da die Hälfte der
Briten fanatische Irre sind, die nicht verschwinden würden und erst ihre Lektion
durch eine dramatische Rezession lernen müssen.
Außerdem bedeutet eine Brexit-Verschiebung, daß weiterhin
der zutiefst verlogene und amoralische Veto-Johnson am Tisch der EU-Regierungschefs
säße und den Rest Europas lähmen und chaotisieren würde.
Schließlich muss den Möchtegern-Exit-Nationalisten in
Frankreich, Italien und Ungarn gezeigt werden welche fatalen Konsequenzen außerhalb
des Handelsdaches EU blühen.
Die gegenwärtige EU ist schon schwierig genug. Es gilt
Abstimmungsregeln zu straffen, das Einstimmigkeitsprinzip abzuschaffen und
Verstöße gegen EU-Regeln – wie sie beispielsweise Deutschland immer wieder
begeht – wesentlich radikaler zu ahnden.
Es muss Schluß damit sein, daß insbesondere osteuropäische
Mitglieder europäische Werte wie Pressefreiheit oder Unabhängigkeit der Justiz
schliefen können, ohne daß massive Konsequenzen aus Brüssel folgen, weil jede
nationale Regierung durch das Veto-Recht Erpressungspotential hat.
Es muss endlich Schluß damit sein, daß Brüssel von einer
nationalen Regierung wie zum Beispiel der in Polen gezwungen werden kann Janusz Wojciechowski, 64, PiS ausgerechnet
als Agrarkommissar, also als Herr über die größten Geldmassen einzusetzen.
Die EU-Agrarpolitik, die massiv Fluchtursachen schafft, weil
zentralafrikanische Länder mit hochsubventionierten EU-Hühnerklein überschwemmt
werden. In Ländern wie dem Senegal, wo 80% der Menschen von Landwirtschaft
leben, werden die Bauern massenhaft in den Ruin getrieben, weil sie ihre Hirse
nicht mehr verkaufen können, weil die EU Billigweizen, der nur 30% der
einheimischen Hirse kostet in den Senegal pumpt.
Diesen Wahnsinn soll nun also Wojciechowski weiterführen und
dabei für eine PiS-Regierung sprechen, die so radikal wie kaum eine andere
Migration (als direkte Folge der EU-Politik) blockiert.
[….] Der Pole Janusz Wojciechowski soll nächster EU-Agrarkommissar werden.
Ursula von der Leyen präsentierte heute ihr Team, das sie als künftige
EU-Kommissionspräsidentin führen will.
Erwartungsgemäß stellte von der Leyen den polnischen Juristen Janusz
Wojciechowski (64) offiziell als ihren Kandidaten für das Amt des
EU-Agrarkommissars vor.
Gegen Wojciechowski ermittelt derzeit das Europäische Amt zur Betrugsbekämpfung
(OLAF) wegen angeblich falscher Spesenabrechnungen während seiner Zeit als
Europaabgeordneter. [….]
Von der Leyen steht in der Schuld der PiS, deren homophoben
Positionen sie offenbar ohnehin nahesteht.
Aber auch sonst hat sie kein glückliches Händchen. Gleich
vier von ihnen stecken in juristischen Schwierigkeiten.
[….] Bei vier Kandidaten dürften laufende juristische Verfahren einiges an
Klärungsbedarf hervorrufen. Bei dem Polen Janusz Wojciechowski könnte es
„Unregelmäßigkeiten bei der Erstattung von Reisekosten“ geben, die in seiner
Zeit als Europaabgeordneter von 2004 bis 2016 anfielen. Er selbst spricht von
einem Versehen, die EU-Antibetrugsbehörde ermittelt.
Auch gegen die Französin Sylvie Goulard gibt es, wie gestern berichtet,
eine laufende Ermittlung wegen Betrug, bei denen es um die Vorwürfe der
Scheinbeschäftigung geht. Die Rumänin Rovana Plumb steht ebenfalls in der
öffentlichen Kritik - wegen Korruption, da sie in ihrem Heimatland an einer
Regierungsentscheidung zugunsten einer Firma verantwortlich sein soll.
Weiteren Kandidaten dürfte vor allem ihre Herkunft zum Verhängnis
werden. Der Ungar Laszlo Trocsanyi wird sich in der Anhörung vermutlich Fragen
zum EU-Strafverfahren gegen sein Heimatland wegen Verletzung rechtsstaatlicher
Prinzipien anhören. Der Italiener Paolo Gentiloni soll in Zukunft für die
Kontrolle der EU-Haushaltsvorgaben zuständig sein - Kritiker kreiden an, dass
solch ein Posten nicht aus dem hochverschuldeten Italien besetzt werden solle.
Ein letzter Wackelkandidat ist Margaritis Schinas aus Griechenland,
dessen Posten unter dem Titel „Unseren europäischen Lebensstil schützen“ läuft.
Im Hinblick auf die Abschottungstendenzen der EU in Richtung Mittelmeer gab es
für diese Besetzung Kritik von Grünen und Sozialdemokraten. [….]
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