Mittwoch, 19. Februar 2014

Debakulierende Demokratie

 Mal im Ernst: Eine echte Koalitionskrise kann es nicht geben, weil wir keine Alternative haben. Die Umfragen zeigen eine zementierte politische Stimmung. Würde die GroKo platzen, müßte sich Merkel mindestens ein halbes Jahr mit Wahlkampf und Koalitionsverhandlungen abärgern, um dann am Ende des Gleiche wieder zu bekommen, oder aber mit den ungeliebten Herren Ströbele und Hofreiter ins Bett steigen.
Wie lange könnte das wohl gut gehen mit dem stets kurz vorm Platzen agierenden Crazy Horst an ihrer Seite?
Für die Sozis sieht es noch  grauer aus. Sie können nur verlieren und wären ihren schönen ministeriellen Einfluß gleich wieder los.
Ganz offensichtlich sind aber Nahles, Gabriel, Steinmeier und Schwesig sehr gerne Bundesminister.

Oppermann und Gabriel, die beiden Hauptziele des zornigen Zausels aus München geben sich daher auch sichtbar Mühe devot und servil um die CSU herum zu kriechen. Sie überschütten Friedrich, den schlechtesten Minister der letzten Jahrzehnte, mit Lob und Mitleid.
Sie jammern untertänig um Entschuldigung und flehen den Bayernkönig an wieder lieb zu ihnen zu sein.

Die CSU hat ihm schon indirekt den Rücktritt nahegelegt: SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann steht in der Edathy-Affäre seit Tagen im Fokus der Kritik. Jetzt versucht der Sozialdemokrat mit Worten des Bedauerns, die Wogen zu glätten. "Mir tut aufrichtig leid, dass durch meine Veröffentlichung Hans-Peter Friedrich zum Rücktritt gebracht wurde", sagte Oppermann am Mittwoch, bevor er im Innenausschuss des Bundestags auftrat. Er ergänzte: "Es tut mir auch persönlich leid."
Trotz aller politischen Rivalität hätten beide bei den Koalitionsverhandlungen einander schätzen gelernt. "Ich bin absolut überzeugt, dass er nichts Unrechtes tun wollte", sagte Oppermann über Friedrich.

Auch der SPD-Parteichef überschüttet die „braune Faust Merkels“ mit Empathie. Friedrich habe es so gut gemeint….

Am Freitag erklärt der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel: "Ich stell mir vor, er hätte uns das damals nicht gesagt und heute würde es rauskommen - man würde Herrn Friedrich heute den Vorwurf machen: 'Warum hast Du das damals nicht gesagt, bevor Menschen in ihre Ämter gekommen sind?'" Heute dröhnt uns der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl aus der Zeitung entgegen: "Es kann ja wohl nicht wahr sein, dass ein SPD-Abgeordneter mutmaßlich kinderpornografische Schriften kauft und die einzige Konsequenz darin besteht, dass ein CSU-Minister zurücktritt."
Beide Aussagen sind Zeichen grenzwertiger politischer Denke: Erst die Partei, dann der Rechtsstaat. Der CSU-Minister ist zurückgetreten, weil er eine Grenze überschritten hat - und nicht, weil ein SPD-Abgeordneter möglicherweise illegales Material gekauft hat. Und Sigmar Gabriel kann sich ruhig vorstellen, was passiert wäre, wenn: Dann hätte vielleicht nicht der Bundestagsabgeordnete Edathy sein Mandat niedergelegt, dann wäre vielleicht der Staatssekretär Edathy zurückgetreten.
Und dann? Dann hätten die Menschen den berechtigten Eindruck gehabt, dass in diesem Land tatsächlich alle gleich behandelt werden. So müssen sie leider denken, dass Bundestagsabgeordnete, Parteichefs und Fraktionsfunktionäre irgendwelche nebulösen Sonderregeln für sich in Anspruch nehmen.


Fälschlicherweise verstehen die Mitglieder der Bundesregierung die derzeitige Krise immer noch als EDATHY-Problem und versuchen sich daher so scharf wie nur irgend möglich von ihm zu distanzieren.
In Wahrheit haben wir aber ein Koalitionsproblem, weil es in Merkels Umgebung von Dilettanten wimmelt.

Die Krise ruhte. Die Wirtschaft brummte. Und in der Politik herrschte Friede, Freude, Eierkuchen - bis vor wenigen Tagen. Die Edathy-Affäre brachte plötzlich etwas ans Tageslicht, was ansonsten verborgen bleibt: Wenn Regierende unter sehr großem Druck stehen, benehmen sie sich wie aufgescheuchte Hühner und neigen zu Kurzschlusshandlungen. Die Affäre zeigt auch, dass es keine Kontrollmechanismen gibt. Wenn der Druck erst mal groß genug ist, wird auf allen Seiten nur noch improvisiert. Und da sind wir bei einem Problem, das weit über diesen konkreten Fall hinausgeht.
[…]  Eines der Grundübel dieser Koalition ist, dass es kaum inhaltliche Gemeinsamkeiten gibt. Die Union duldet ohne Begeisterung die Programmatik des Mindestlohns und der Rente mit 63. Sie duldet den Kuschelkurs des Außenministers gegenüber Russland. Die SPD überlässt der Union die Führung in Fragen der europäischen Finanzpolitik sowie in der Innen- und Verteidigungspolitik. Kurz gesagt: Jeder macht hier sein Ding. Angela Merkel thront über dieser Konstellation ohne große eigene inhaltliche Vorstellungen. […]
Wenn eine Große Koalition Deutschland durch diesen Sumpf manövrieren will, bräuchte sie ein Maß an Geschlossenheit, Vertrauen, Kompetenz und Aufrichtigkeit. Das aber ist hier überhaupt nicht gegeben. Die Edathy-Affäre ist nicht um ihrer selbst willen wichtig. Sie zeigt uns, dass diese Regierung komplexen Aufgaben nicht gewachsen ist.

Ursprünglich ging es hier einmal um eine Einzelperson, um die deviante Sexualität eines Bundestagsabgeordneten, Bilder von nackten Jungen, staatsanwaltliche Ermittlungen. Nun erlebt Deutschland gerade etwas, was man sonst nur aus Ländern kennt, auf die die Deutschen gewöhnlich herabblicken: eine Regierungskrise. Dafür ist aber nicht die traurige Neigung des ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy verantwortlich, sondern der Mangel an Führungs- und Verantwortungsbereitschaft an der Regierungsspitze.   [….]
Hans-Peter Friedrich, Sigmar Gabriel und ein paar andere Polit-Profis haben gerade vorgemacht, dass man sich auch beim Sturz von einem Hocker verletzen kann. Als der Kinderporno-Verdacht gegen den damaligen SPD-Abgeordneten Edathy aus der Sphäre des BKA in die Sphäre der Politik sickerte, brannten dort offenbar alle Sicherungen durch. Anstatt sich an die Regeln zu halten - die des Gesetzes oder die der Vernunft - bewiesen sowohl der CSU-Mann Friedrich als auch die SPD-Größen Gabriel, Steinmeier und Oppermann ein erstaunliches Maß an Ungeschick. […]

Um sich aus dem selbstverschuldetem Sumpf zu ziehen, will Gabriel nun Edathy maximal abstrafen. Er soll raus aus der Partei.
Der SDP-Chef macht sich damit lächerlich. Edathy ist ohnehin gestrafter als jeder andere deutsche, der gegen keine Gesetze verstoßen hat. Er ist politisch für immer erledigt und seine bürgerliche Existenz ist dauerhaft zerstört.
Und genau auf so einem trampelt Gabriel nun weiter rum – um den Blick vom politischen Führungsversagen abzulenken.

Dass die SPD über das Verhalten ihres Ex-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy „entsetzt und fassungslos“ ist, wie es Sigmar Gabriel am Montag formuliert und in einem Rundbrief an alle Mitglieder seiner Partei geschrieben hat, ist absolut verständlich.
Ein Bundestagsabgeordneter, der von seinem Büro oder von zu Hause aus im Netz fragwürdige Nacktbilder von Minderjährigen bestellt, muss jeder Partei unangenehm sein, und Edathy bestreitet seinen Einkauf auch nicht. Mehr als das kann man Edathy aber nach allem, was man zum gegenwärtigen Zeitpunkt weiß, nicht vorwerfen, und strafbar gemacht hat er sich damit noch nicht.
Dass Gabriel jetzt auch verlauten lässt, dass er Edathy am liebsten aus der Partei werfen würde, ist daher völlig überzogen. Gabriel ergreift die Flucht nach vorne und bedient mit solchem Populismus direkt die Stammtisch-Gefühle einer Gesellschaft, die ihr Urteil über Edathy längst gefällt hat. Und er tut das, um vom dilettantischen Krisenmanagement der SPD-Spitze in dieser Affäre abzulenken.
Wer die SPD schon etwas länger beobachtet, der reibt sich aber noch aus einem anderen Grund die Augen. Parteiausschluss, da war doch mal was? Richtig: Fast zwei Jahre lang quälte sich die Partei zwischen 2009 und 2011 durch zwei Parteiordnungsverfahren. Doch am Ende schaffte sie es nicht, einen Thilo Sarrazin vor die Tür zu setzen – und das, obwohl dessen rassistische Weltsicht und seine abfälligen Äußerungen über Muslime oder Hartz-IV-Empfänger allem widersprechen, wofür die SPD eigentlich stehen sollte.
Nun aber soll ein verdientes Mitglied der Partei, das sich als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschuss seine Meriten und parteiübergreifende Anerkennung erworben hat und fünf Mal aus seinem Wahlkreis in Niedersachsen direkt in den Bundestag gewählt wurde, wegen einer persönlichen Verfehlung einfach so aus der Partei geworfen werden? […]   Gabriel hat aus dem gefloppten Ausschlussverfahren gegen Thilo Sarrazin offenbar nichts gelernt. Wo seine Partei bei Sarrazin zu feige war, beweist er jetzt Gratismut.

Ich staune über so viel blinden Aktionismus eines Vizekanzlers und mächtigen Parteichefs. Mit zitternden Knien steht er vor den bayerischen Stammtischen und versucht sich einen schlanken Fuß zu machen, indem er den Pöbel umschmeichelt.

Im Kern geht es bei einem Ordnungsverfahren laut Parteiengesetz um die Frage, ob ein Mitglied "vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen Grundsätze oder Ordnung der Partei verstößt und ihr damit schweren Schaden zufügt". Edathy mag gegen die Grundsätze der SPD verstoßen haben. Und ja, er hat eine Koalitionskrise ausgelöst - aber eben nur mittelbar. Bislang waren nicht einmal geltungssüchtige Hinterbänkler auf die Idee gekommen, Edathys Neigungen den Sozialdemokraten vorzuwerfen und seinen Rauswurf zu fordern. Dass die SPD nun ohne Not ein Parteiordnungsverfahren anstrebt, geht an der Sache vorbei - und zum jetzigen Zeitpunkt zu weit.

Um Gabriels blinden Aktionismus noch zu unterstützen, robben sich auch Maas und Schwesig an den Urnenpöbel heran. Ganz wie einst Zensursula wollen sie jede Darstellung nackter Kinder aus der Öffentlichkeit verbannen.

Für den Parteichef geht es offenbar um ein deutliches Signal an die Öffentlichkeit, nach dem Motto: So etwas wird in der SPD nicht akzeptiert. Dass die sozialdemokratische Familienministerin Manuela Schwesig am gleichen Tag verkünden lässt, sie werde Regelungen zum Kinder- und Jugendschutz überprüfen, könnte die SPD in der Edathy-Debatte wieder in die Offensive bringen.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erwägt ein Verbot des Handels mit Nacktfotos von Kindern. Niemand dürfe "mit dem Körper von Kindern und Jugendlichen Geschäfte machen", erklärte Maas in Berlin. "Wir wollen klären, wie wir das gewerbsmäßige Handeln mit Nacktbildern von Kindern oder Jugendlichen unter Strafe stellen können." Solche Fotos fänden sich oft jahrelang im Internet und "haben schwere Folgen für die betroffenen Kinder und Jugendlichen", erklärte der Justizminister. "Wir werden den Kampf gegen Kinderpornographie mit der ganzen Härte des Rechts führen», fügte Maas hinzu.

Maas ist, wie ich mehrfach betonte, einer der Guten.
Er betont daher, daß er nicht Eltern kriminalisieren wolle, die ihre Kinder am Strand spielend knipsen.
Es wird aber gezielt der Eindruck erweckt als ob es legal sei Kinder nackt zu photographieren und dann diese Bilder im Internet zu verkaufen.
Das ist es natürlich nicht!
Der Mann, der sie Filme und Bilder für die Avoy-Film in Rumänien angefertigt hat, sitzt im Knast!

Der Produzent war ein Deutscher: Markus Rudolph R., etwas untersetzt, Brillenträger. 2001 kam er nach Rumänien, um für eine deutsche Holzfirma zu arbeiten. In seiner Freizeit umgab er sich gerne mit Jungen. [….]  Sie wussten nicht, dass R. in seiner Heimat bereits im Gefängnis gesessen hatte, wegen des Herstellens von Kinderpornographie. Er gewann das Vertrauen von immer mehr Kindern, sie mochten ihn, er lud sie oft zum Pizzaessen ein. Dafür zogen sie sich für ihn aus, in Gärten, in Hotels, in seiner Wohnung, die Kamera lief immer mit. [….] Im August 2010 brach R. mit vier Jungen im Auto nach Deutschland auf. Noch vor der Grenze wurde er verhaftet, ein Schäfer hatte das nackte Treiben beobachtet und die Polizei alarmiert. In der Wohnung des Videofilmers finden die Beamten Kinderkostüme wie eine Ritterrüstung aus Plastik, Spielzeug-Handschellen, Gleitmittel, Kinderunterhosen und Unmengen von Datenträgern. [….] R. wurde zu 20 Monaten Haft verurteilt. [….]

Offensichtlich hat hier der Rechtsstaat, sogar grenzüberschreitend funktioniert. Der Hersteller und die Verbreiter des Materials wurden gefunden und ins Gefängnis gebracht.

Darüber hinaus alle Kinderbilder mit einem Bann zu belegen, halte ich für höchst fraglich.
Es Dabei überschreitet man womöglich einen ganz schmalen Grad und kriminalisiert harmlose Menschen.

Meine Mutter ist ausgebildete Photographin.
Insbesondere als ihr Kinder klein waren schoss sie viele Photos von uns und filmte uns ausführlich im Garten spielend, im Wasser planschend mit einer Super-Acht-Kamera.
Immer mal wieder sah sie sich diese Filme an und lachte dann darüber wie groß ich inzwischen geworden wäre.
Nun bekommt das alles einen latent schmutzigen Anstrich.
Es ist aber nicht schmutzig, sondern völlig harmlos, moralisch und legitim. Und privat.

Klar, es könnte irgendwo auf der Welt jemanden geben, denen diese Bilder sexuell stimulieren.
Aber deswegen solche Aufnahmen zu verbieten ist absurd.
Wo sollte das hinführen?

Wenn man anfängt an sich harmlose Bilder zu verbieten, weil jemand anders sich daran aufgeilen KÖNNTE, muß man am Ende alles Mögliche verbieten.

Ich zum Beispiel ekele mich vor nackten Füßen; ich halte es fast für eine Phobie.
 (Papst Franz war mir mit seiner öffentlich inszenierten Fußküsserei gleich unsympathisch – I GITT!)
Daher fällt mir dauernd in der Werbung auf, daß einem nackte Füße entgegengestreckt werden. Offenbar handelt es sich um ein extrem beliebtes Motiv, das sicher den meisten nicht auffällt, denen Füße egal sind.
ABER es gibt ja auch Fußfetischisten, die sich daran aufgeilen.
Das finde ich dann EXTREM widerlich, da ich ja schon Füße an sich ekelig finde.
 Also könnte ich der Schwesig-Gabriel-Maas- Intention folgend doch jetzt eigentlich verlangen, daß Fuß-Bilder generell verboten werden, oder?

Es gibt aber sicher für so ziemlich alle Körperteile Fetischisten. Es gibt ja auch Atemnophile, die auf Amputierte stehen und jede Menge Paraphile, die auf spezielle Binderungen abfahren, oder Gerontophile, die von Falten spitz werden.

Am Ende müßten wir also jegliche Darstellung von Menschen verbieten, weil sich unter ihnen 0.01% der Leute sich daran aufgeilen könnten.

Und das wäre noch nicht alles – einige masturbieren vor Bauwerken, weil sie auf Stahl oder Beton abfahren.
Und dann die Zoophilen…
Also müßte man sofort sämtliche Katzen- und Hunde-Pics von FB entfernen!

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