Samstag, 8. Februar 2014

Stop Putin-bashing.


Nun hat es der olle Gauck malgeschafft. Seine private Russland-Phobie hat auf das ganze Volk umgegriffen.
Klickt man heute durch das Internet, scheint Putin der größte Schurke der Weltgeschichte zu sein.

Warum eigentlich?

Weil in Russland auf Druck der reaktionären und mächtigen orthodoxen Kirche ein Antihomogesetz erlassen wurde?
Wäre das der Maßstab, müßten 70 Regierungschefs weltweit noch sehr viel mehr geächtet werden.
Wo sind eigentlich die Facebook-Schmähbilder gegen den monarchischen Diktatoren König und Premierminister Abdullah ibn Abd al-Aziz von Saudi-Arabien?
Der läßt Schwule gleich erhängen oder steinigen. Die würden von Glück reden, könnten sie in Russland leben.
Gerade Sochi ist eine Hochburg des homosexuellen Lebens in Russland.

»Ich bin schwul.«    In Sotschi kann man so einen Satz sagen, ohne um sein Leben fürchten zu müssen. Die Kleinstadt an der Küste ist die weiche Version von Russland: mediterranes Klima, Parks, Palmen, Bars, Straßenkatzen und viele alten Frauen, die Laub zusammenfegen. Vier Millionen Touristen strömen jedes Jahr nach Sotschi, auch Putin hat hier eine Villa, Gewalt wie in Moskau oder St. Petersburg gegen Schwule und Lesben gab es bislang nicht. Vor Kurzem hat ein zweiter Schwulen-Club geöffnet, das »Serkala«. Im Sommer sonnen sich Homosexuelle am Schwulen-Strand, im Lenin-Park gibt es einen Schwulen-Treffpunkt, und am Strand verkaufen Souvenirshops Reisepässe-Kopien, auf denen »Schwulen-Ausweis« steht. »Jeden Sommer«, sagt Andrej, »kommen Väter mit ihren Familien und leben ihre schwulen Seiten nachts bei uns aus.«
Roman und sein Partner Andrej haben in den letzten Wochen Reportern aus aller Welt Interviews gegeben. Der Rummel nervt sie inzwischen. »Viele wollen ihr Bild vom bösen Russland bestätigen«, sagt Andrej. »Dabei ist Sotschi ein Paradies für Homosexuelle.« Das Paradies liegt weit weg vom Kreml, und es gibt einen schon zu Sowjetzeiten bekannten Spruch: »Was in Sotschi passiert, bleibt in Sotschi.«

Natürlich muß man Putin nicht gerade als Vorkämpfer der Menschenrechte feiern.
Aber er ist reich und verlässlich.
Deutschland, welches vollständig von Gasimporten aus Russland abhängig ist, hat in Putin einen Partner, der Sicherheit bietet.
 Noch nie kam Russland seine  Lieferverpflichtungen nicht pünktlich nach und nie wurde ein unfairer Preis verlangt.
Bedenkt man, daß sich das größte Land des Planeten noch vor 20 Jahren in Auflösung befand, daß sich Hungersnöte breit machten, während die später euphemistisch „Oligarchen“ genannten Großverbrecher Milliarden werte unter den Nagel rissen, daß Zig Millionen Menschen monatelang keinen Lohn erhielten, daß die Kriminalität explodierte, kann man nur von einem Wunder sprechen, wie das Land heute prosperiert.
Putin hat dabei keine demokratischen Spielregeln befolgt, wie man sie Schweden oder Belgien einhält. Aber wenn er das getan hätte, wäre er sicher längst nicht mehr am Ruder, womöglich gar ermordet (in der russischen Politik wird mit harten Bandagen gespielt) und es ist sehr unwahrscheinlich, daß es den Russen dann besser ginge.
Man erinnere sich nur an den korrupten stets volltrunkenen Boris Jelzin, der seine Meinung dreimal am Tag änderte und nach drei Flaschen Vodka mit dem Nuklear-Koffer rumspielte.
Mit einiger Wahrscheinlichkeit wäre es ohne so eine „harte Hand“ längst zum Bürgerkrieg gekommen und die Ex-UdSSR wäre weiter ausgefranst.
Es hätte aber auch personell viel schlimmer kommen können. Man denke nur an die Wahlerfolge des geisteskranken und kriegslüsternen Wladimir Schirinowski.
Der Juden- und Schwulenhasser ist zu allem fähig und beeindruckt bis heute mit Gaga-Vorschlägen.

Mit Sex nur einmal pro Quartal will der prominente russische Politiker Wladimir Schirinowski (67) Moral und Disziplin in der Gesellschaft verbessern.
„Viermal im Jahr ist genug“, schreibt der Chef der ultranationalistischen Parlamentspartei LDPR in einem Leitfaden, wie der Internetsender Doschd am Dienstag berichtete.

Bedenkt man wie kurz es erst freie Wahlen in Russland gibt, ist die Liberalität sogar schon recht weit fortgeschritten in dem Land, welches seit tausend Jahren nur Diktatoren-Regime kennt.

Man hätte mal die Deutschen 20 Jahre nach dem Ende der Hitler-Diktatur nach ihrer Meinung zur Homoehe fragen sollen.
Wie hätten wohl Briten oder Österreicher zu vordemokratischen Zeiten auf sich küssende Männer reagiert?

Dank Putin prosperiert Russland und dank dieser Prosperität haben die Russen auch Zeit über Politik nachzudenken und wählen nicht mehr automatisch mit 2/3-Mehrheiten Putin.
Seine Macht wankt ein bißchen, es gibt Widerstand von Bürgerrechtlern.
Das spricht eigentlich für ihn. Immerhin ist es also möglich ihn abzuwählen. Diie Möglichkeit ist sogar so real, daß Putin den Schulterschluss und die Unterstützung der mächtigen homophoben Popen sucht.
Suchen muß.

Putin wird heute in Russland nicht mehr besonders geliebt oder adoriert. Aber doch anerkannt. Er hat seine Versprechen wahr gemacht und Russland zurück auf die Weltbühne geführt. Das Trauma des Zusammenbruchs ist überwunden. Russland ist wieder wer. Ohne Russland geht in den meisten internationalen Krisen gar nichts. Russlands Militär ist wieder stark. Und FORBES kürte Putin sogar zum mächtigsten Mann der Welt. 50 Jahre lang war der Titel synonym mit dem US-Präsidenten. Aber der ist auf Platz Zwei gerutscht.
Die gedemütigten Russen können also wieder stolz sein. Sie haben Kaufkraft, die internationalen Handelskonzerne drängen in die russischen Metropolen und  - so einfach kann Politikerzuspruch funktionieren: Putin hat die Renten so deutlich erhöht, daß Städte nicht mehr von Myriaden bettelnden Babuschkas gefüllt sind.

Man sollte nicht so deutsch sein, wenn man auf Russland guckt.
Der von mir hochgeschätzte Wladimir Kaminer (habe gerade begeistert sein letztes Buch „Diesseits von Eden“ gelesen) sieht Putin viel pragmatischer.

tagesschau.de: Kurz vor Beginn der Winterspiele in Sotschi gibt es Meldungen, dass viele Hotels nicht fertig geworden sind. […]

Kaminer: Solche Meldungen gibt es nur, weil die Welt viel genauer auf Sotschi schaut als auf die Winterspiele zuvor. Man braucht schon ein bisschen guten Willen beim Blick auf diese Spiele. Wenn man von vornherein eine kritische Haltung hat, wird immer etwas nicht stimmen. [….]

tagesschau.de: Empfinden Sie diese ganze Kritik im Vorfeld als Miesmacherei?

Kaminer: Ich finde Kritik super! Das ist genau das, was Russland braucht. Was ich als falsch empfinde, sind die Boykotts. Wenn beispielsweise der deutsche Bundespräsident den Spielen den Rücken kehrt. Das ist eine sehr naive und kindische Haltung. Gerade in unserer Zeit, wo die Welt eine kleine Kugel geworden ist, wo alles mit allem verbunden ist, kann man ein so ein großes Land wie Russland doch nicht außer Acht lassen.
Im Gegenteil: Da soll man hinfahren und soll meckern. Und man soll sich über unfertige Hotels beschweren. Übrigens haben Österreicher diese Hotels gebaut ...
[….] Und Putin sucht nach Herausforderungen. Natürlich wäre es viel einfacher, in Sibirien Winterspiele zu machen. In drei Vierteln des russischen Territoriums liegt neun Monate im Jahr Schnee. Aber das wäre keine richtige Aufgabe für diesen "ewigen" Präsidenten. Deshalb hat er Sotschi ausgesucht. Das hat vor ihm noch keiner gemacht, an einem Badeort Winterspiele zu veranstalten.
[….] Dass Putin die Entscheidung für Sotschi getroffen hat, liegt auch an den alten Minderwertigkeitskomplexen, die das Land noch immer hat. Selbst 20 Jahre nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums fühlt sich Russland noch immer abgeschnitten vom Rest der Welt. Und deshalb versucht Putin, so viele internationale Projekte wie möglich an Land zu ziehen. Das dient dem Zweck, das Land wieder in die Weltgemeinschaft zu bringen. Und dann kommt die Weltgemeinschaft und sagt: Nicht alle Hotels sind fertig.
[….] Ich hoffe sehr, dass viele Menschen nach Russland kommen und mit der Bevölkerung in Kontakt treten. Allein das bringt das Land schon voran. Und es hilft den Russen, sich nicht mehr als Außenseiter und als Ergebnisse eines gescheiterten sozialistischen Experiments zu betrachten, sondern als normale Menschen.

tagesschau.de: Die Familie Ihrer Frau lebt in der Nähe von Sotschi, im Nordkaukasus. Welche Auswirkungen haben die Spiele auf ihr Leben?

Kaminer: Unsere Verwandten im Nordkaukasus haben die Arschkarte gezogen bei diesen Spielen. Von der ganzen Freude und dem Fest bekommen sie nichts mit, dafür bekommen sie die ganze Gängelei durch die Sicherheitsmaßnahmen ab. An jeder Ecke stehen Polizisten und kontrollieren jedes Auto fünfmal am Tag. Das sind beinahe schon Hamburger Verhältnisse.
Dafür ist der Nordkaukasus zurzeit der sicherste Ort der Erde. So viele Sicherheitskräfte hat es, glaube ich, noch nie auf einem Fleck gegeben. Hoffentlich drehen sie nicht durch und schießen sich gegenseitig über den Haufen.
[….]
tagesschau.de: Eine Dokumentation im russischen Staatsfernsehen würdigte Putin als Vater der Winterspiele in Sotschi. Schon seit Jahren inszeniert sich Putin als Vater und Beschützer der Nation. Kommt das bei den Russen gut an?

Kaminer: Ich kenne viele, die ihn wählen, aber ich kenne niemanden, der ihn mag. Die Russen haben sich Putin nicht wirklich ausgesucht. Wer im Land die Macht hat, wurde schon immer in den Kreml-Türmen beschlossen. Für die Russen sind das alles Schurken, egal wer da sitzt. Und sie wollen nicht alle vier Jahre einen neuen Schurken haben. Man muss das Böse ja nicht mehren. Die Menschen mögen Putin zwar nicht, aber sie kennen ihn. Und das ist ihnen lieber als die Ungewissheit.
Das ist nicht so wie bei den Amerikanern, die ganz versessen auf ihre vielen Präsidenten sind. Wahrscheinlich gibt es da ein extra Schulfach, Präsidenten zählen. Die Russen lachen über so etwas. Die können alle ihre Präsidenten an einer Hand abzählen. Selbst wenn die Hand nur drei Finger hat.

Stichwort Amerika.

Nicht auszudenken wie übel Russland im publizistischen Licht da stünde, wenn es auch nur annähernd so abscheuliche Methoden wie die von Merkel und Gauck so heißgeliebte USA anwendete:

USA:
Hinrichtungen. Hinrichtungen von Geisteskranken. Hinrichtungen unter bestialischen Umständen. Hinrichtungen von Minderjährigen. Hinrichtungen von Unschuldigen.
Russland tut das nicht.

USA:
Regelmäßige Drohnenangriffe auf souveräne Staaten bei denen regelmäßig unschuldige Zivilisten getötet werden.
Russland tut das nicht.

USA:
Zwei illegale Angriffskriege während einer Präsidentschaft mit vermutlich über einer Millionen Toten.
Russland tut das nicht.

USA:
Geheime und nicht geheime extraterritoriale Folterlager, in denen Menschenrechte nicht gelten.
Russland tut das nicht.

USA:
Wikileaksskandal – ungeniert schreiben US-Botschaften weltweit auf für was für Idioten sie die Politiker ihres Gastlandes halten.
Russland tut das entweder nicht oder ist wenigstens nicht dumm genug sich dabei erwischen zu lassen.

USA:
NSA-Skandal. Billionenfaches Ausforschen privater Daten im Ausland, Anzapfen des Internets, generalstabsmäßige Wirtschaftsspionage, Verwanzen der EU-Büros, Abhören der Telefone Europäischer Verbündeter. Sich nicht dafür entschuldigen.
Russland tut das entweder nicht oder ist wenigstens nicht dumm genug sich dabei erwischen zu lassen.

USA:
Europa-Abteilungsleiterin im US-Außenministerium, Victoria Nuland: „Fuck the EU.“ Merkel is pissed.
Russland tut das entweder nicht oder ist wenigstens nicht dumm genug sich dabei erwischen zu lassen.

Man stelle sich vor Russland hätte Deutschland auch nur 1/10 so viel gedemütigt, wie es die USA tun!

Victoria Nuland ist nun verbrannt, jedenfalls für den Job als Europa-Beauftragte. Zwar hat sie sich „entschuldigt“. Schön. Das aber ändert nichts daran, dass dieser Form von spätestpubertärer Kraftmeierei oft Überzeugungen zugrunde liegen. Nuland hat, auch als ehemalige Nato-Botschafterin in Brüssel, viel Erfahrung mit Europa und seinen Besonderheiten. Dass man mit Beleidigungen eine Renaissance der Beziehungen befördern kann, ist unwahrscheinlich.
Schon allein die Anmutung, Nuland vertrete eine Fuck-the-EU-Mentalität, ist eine schlechte Voraussetzung für ihren jetzigen Job und ihre zukünftige Arbeit mit den Europäern. Maulheldinnen sind in diffizilen Lagen nicht gefragt.
Nuland ist weniger ein Problem für Europa als vielmehr für ihr Land. Zum einen bestätigt ihr Ton Vorurteile darüber, dass sich Barack Obamas Amerika nicht nur stärker von Europa abwendet, sondern damit auch an die Politik von Obamas Vorgänger Bush anknüpft. Bushs Leute, etwa Vizepräsident Cheney oder der Wutbürger Rumsfeld, waren outspoken. Moskaus oder Kiews Spione zeigen nun, dass Obamas Leute eine ähnliche Sprache führen.
Außerdem hat Nulands Gerede Moskau und den Moskau-Treuen in Kiew einen politischen Vorteil verschafft. „Der“ Westen steht als uneinig in der ukrainischen Frage da. Anstatt gemeinsam zu handeln, beleidigt man sich.
Drittens wird sich Nulands Zitat verselbständigen, und es wird lange leben. Es wird ein Symbol werden für die transatlantischen Zustände so wie auch Rumsfelds Satz vom „alten Europa“ jahrelang ein solches Symbol war.
Die Diplomatin Victoria Nuland hat mit einem kleinen Satz großen Schaden angerichtet. Besonders ärgerlich ist, dass die Geheimdienste der Autokraten diese Kabale als Erfolg feiern können.
(Kurt Kister, SZ vom 08.02.2014)

Putin ist offenbar in der Lage Diplomatie und Außenpolitik sehr viel geschickter zu gestalten als die Supermacht USA.

Mit Putin kann man gemeinsam Politik machen und Positives bewirken. Das haben Schröder und Chirac 2003 bewiesen.
Putin ist ein Stabilitätsanker und tut in Sochi genau das was die Welt von ihm erwartet:
Mit ungeheurem finanziellen Aufwand Olympische Spiele durchzusetzen und dabei auch im Namen der Sicherheit mit fast 100.000 Soldaten und Polizisten zu garantieren.
Welches Land hätte das noch wuppen können.
Wenn man solche Art Spektakel will, wenn das IOC solche Rekord- und Superlativveranstaltungen bestellt, soll man sich nicht anschließend beschweren, wenn Putin genau das liefert!

Statt wie der bekloppte Gauck beleidigt fernzubleiben, sollte man Putin und seine Machtfülle nutzen und ihn in alle internationalen Problemfelder mit einbeziehen und nicht gegen ihn arbeiten.
Syrien, Iran, Ukraine – in all den Ländern debakuliert der Westen und ist zu arrogant, um vorher mal in Moskau anzurufen.
Auch bezüglich des Irakkrieges und des Afghanistanfeldzuges hätten die kriegsfreudigen George W. Bush-Anhänger Merkel und Schäuble mal lieber auf Putin hören sollen.
Der Mann hatte mit all seinen Prognosen Recht und das Weiße Haus hat auf ganzer Linie versagt. Verbrecherisch versagt.

Vergessen wir auch nicht unsere Geschichte:
Mehrfach haben Europäische Mächte Russland angegriffen und drangen Tausende Kilometer in Russisches Territorium ein. Umgekehrt griff Russland nie Westeuropa an.
Als Deutschland zuletzt in Russland einfiel, 1941, verursachte das am Ende mehr als 20 Millionen tote Russen. Keine andere Nation hat so einen hohen Blutzoll zahlen müssen.
Die Russische Rote Armee hat Deutschland von Hitler befreit. Und die Russische Rote Armee hat Auschwitz befreit.

Statt uns jetzt aufzublasen und den Russen Lehrstunden über Menschenrechte zu halten, sollten Deutsche ruhig noch ein bißchen kleinlaut sein.

An Russlands Homogesetzen gibt es nichts zu beschönigen.
Aber das Mittel dagegen lautet „kultureller Austausch“.
Man sollte Russland mit offenen Armen begegnen und unserer gesellschaftlichen Werte vorleben.
Mit den Russen sprechen, lautet das einfache Rezept.
Und wenn es dem ein oder anderen Wichtigtuer nicht passt, daß Russland sich mit Fußballmeisterschaften und Olympia in Szene setzt, sollte man das vorher überlegen und Moskau nicht den Zuschlag geben.
 Zumindest nicht, ohne sich vorher die gesellschaftlichen Freiheiten garantieren zu lassen, die man jetzt vermisst.






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