Dienstag, 7. Oktober 2014

Aufmerksamkeitskonfusionssyndrom


Am 5. September 1997 starb in Antibes Sir Georg Solti, der große ungarisch-britische Dirigent. Ein echter Verlust für die Welt. Sir Solti war nicht nur einer der bedeutendsten Opernregisseure des 20. Jahrhunderts; er ist auch der Künstler, der die meisten Grammys erhielt: 31 Grammys für ihn persönlich, weitere sechs an Techniker und einer an einen seiner Solisten. Weitere 74 Mal wurde er nominiert.
Soltis Tod wurde allerdings kaum registriert, weil fünf Tage vorher eine leicht unterbelichtete britische Prinzessin bei einem Autounfall in Paris ums Leben kam und der 6. September 1997, als die Nachricht von Soltis Tod über die Ticker lief, ein emotionaler Weltausnahmetag war. Ganz England und Milliarden Menschen an ihren Fernsehern begafften weinend die Beerdigung der Puffärmel tragenden Britin mit dem debil gesenkten Blick.
Während der gebürtige Ungar ein Jahrhunderttalent war, hatte die adelige Blondine, die mit dem schwerreichen und nach einem ausgestorbenen Mauritiusanischen Nachtvogel benannten Berufssöhnchen eines ägyptischen Emporkömmlings ihr Luxusleben in den teuersten Hotels der Welt genoss, gar keine Talente. Sie konnte weder singen, noch tanzen, noch schreiben, turnen, eislaufen, Porzellan malen, kunststopfen, oder komponieren.
Sie war eine überflüssige Vertreterin des Homo demens, die ihre sinnfreie Existenz damit aufzupeppen versuchte, daß sie ihre 100-Jährige Schwiegergroßmutter nachts anrief und dann auflegte. Eine über Hundertjährige zu erschrecken fand sie ungeheuer komisch.

Gäbe es so etwas wie Schwarmintelligenz, hätte sich die geballte Aufmerksamkeit auf den Dirigenten und nicht das Aristokratenpüppchen konzentriert.

Persönlich hing ich noch mehr an Sergiu Celibidache, dem rumänischen Superdirigenten des gleichen Geburtsjahres wie Solti, 1912.
Celibidache erlebte ich einmal sogar in der ersten Reihe sitzend ein Beethoven- und ein Brucknerkonzert dirigierend.
Erste Reihe Mitte ist akustisch zwar suboptimal, aber dafür konnte ich den Meister einige Stunden aus allernächster Nähe beobachten. Der Mann hatte eine Ausstrahlung, die ich nie vergessen werde. Es war übrigens nicht so ungewöhnlich, daß ich ihn live hörte, denn Celibidache war deutscher Staatsbürger und fast 20 Jahre lang Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker, so daß er durchaus auch in unseren Breitengraden häufiger anzutreffen war. Man mußte allerdings eine Konzertkarte kaufen, da er es grundsätzlich ablehnte Schallplatten, bzw CDs aufzunehmen.
Celibidache starb am 14.08.1996 in der Nähe von Paris.
Aber wer redet noch von ihm?

Viel redet man hingegen von Xavier Naidoo, der ähnlich wie die Inselprinzessin mit Haufenweise Fans gesegnet ist, ohne daß man weiß womit er es verdient hat zum Objekt der Adorierung zu werden.
Der Mannheimer Rapper blamiert sich üblicherweise durch seine Mitwirkung an drittklassigen Castingshow-Trashsendungen, aus denen irgendwelche zweck- und talentfreien TV-Homunculi hervorgehen, die im Augenblick ihres Sieges schon wieder zu Recht vergessen werden.
Das Produzieren von pseudomusikalischen Einheits-Eintagsfliegen auf VOX und Pro7 gehört ohnehin verboten. Es ist zudem aber auch noch sinnlos diese Shows in Deutschland zu produzieren, da das deutsche Publikum einen legendär grottig-schlechten Geschmack hat. Castingshowgewinner sind international nicht zu vermarkten, weil die zu starkes Ohrenbluten auslösen.
Eigenartigerweise ist das nicht in allen Ländern so.
Veranstaltet man solchen Shows in Amerika oder Großbritannien, ist das zwar immer noch eine schlimme Sache, aber es finden sich dort tatsächlich Gewinner, die sogar singen können und tatsächlich internationalen Erfolg haben können.

Naidoo, der mich schon durch seine extrem zur Schau getragene Frömmigkeit dazu zwingt Vomex-Großpackungen zu vertilgen, ist aber nicht nur doof und fromm, sondern darüber hinaus auch noch irre und rechts.
Damit reicht er auf der Unerträglichkeitsskala sogar schon in die Regionen Gauck hinein.

Popsänger Xavier Naidoo hat mit Auftritten vor Verschwörungstheoretikern und Rechten am Einheitsfeiertag für Aufsehen gesorgt. […] "Da hab ich gedacht, dann komm ich auch mal rum", sagte Xavier Naidoo am Einheitsfeiertag, hielt also vor dem Kanzleramt eine kurze Rede und stimmte den Refrain seines Songs "Was wir alleine nicht schaffen" an. Applaus. Darauf übernahm wieder Carschten Halter das Mikrofon, der als Antisemit geltende Organisator und Moderator vieler sogenannter Montagsdemo-Veranstaltungen. […] Zuvor war Naidoo schon bei den 300 Teilnehmern einer Friedenskundgebung vor dem Reichstagsgebäude rumgekommen und hatte auch dort eine Rede gehalten. Veranstalter dieser Demo: unter anderem die Reichsbürgerbewegung, in der Verschwörungstheoretiker, Rechtsextreme und andere Wahnhafte sich als staatenlos deklarieren und die Rechtmäßigkeit der Bundesrepublik anzweifeln. Im Publikum, so berichteten es zahlreiche Medien übereinstimmend, war auch der Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke. Naidoo, am Tag zuvor 43 Jahre alt geworden, sagte ins Mikro, er habe "keine Ahnung, wer hier steht, mir geht's nur um die Liebe". […] Dabei ist das, was Naidoo am Freitag über seine gesellschaftspolitische Einstellung sagte, gar nicht neu. Neu ist, dass er sich an die abseits der Massenmedien organisierte Klientel der Geschichtsverdreher, Antisemiten, Nato-Gegner und Rechtspopulisten nun erstmals in der Öffentlichkeit wandte. […] Sein großes Vorbild, so Naidoo weiter, sei Jesus. "Er ist auf alle Menschen zugegangen. Ich möchte ebenfalls auf Menschen zugehen, egal wo sie sind, egal wo sie herkommen. Ich möchte von Liebe, Frieden, Gerechtigkeit und meiner Überzeugung sprechen. […]

Warum wird überhaupt über so eine geistige Null mit dem Nervpotential eines Kleinkindes mit Megaphon berichtet?
Naidoo ist irrelevant und sollte mit der gebührenden Beachtung, als gar keiner, behandelt werden.

Medien in Deutschland setzen aber gerne kollektiv auf eigenartige Pferde.
Ginge man von der Quantität der Magazinbeiträge der letzten Wochen aus, muß die wichtigste Story offensichtlich ein neues Telefon einer amerikanischen nach einer  Frucht einer Pflanzengattung der Kernobstgewächse benannten Computerfirma sein. Die Jünger dieses Konzerns scheinen planetenweit in kollektive Ektase versetzt zu sein.
Sorry flüchtende Syrer, bombardierter Ostukrainer, an Ebola krepierende Westafrikaner und verhungernde Kinder – Ihr könnte da nicht mithalten.


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