Samstag, 18. Oktober 2014

Gerechte Strafe

Es kommt beim Thema „selbstbestimmtes Sterben“ viel zusammen im Moment.
Der absurde Einsatz der Konservativen für ein Verbot von eigenständigen Entscheidungen, die lobenswerte Kampagne „Mein Ende gehört mir“, der spektakuläre Freitod Udo Reiters, der die Aktion vehement unterstützt hatte, sowie einige Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt.

Uwe-Christian Arnold, Michael Schmidt-Salomon: „Letzte Hilfe. Ein Plädoyer für das selbstbestimmte Sterben“
Rowohlt, 240 Seiten
ISBN 978-3-498-09617-5

Hans Küng: „Glücklich sterben?“
Piper, 160 Seiten
ISBN: 978-3-492-05673-1

Eine Woche vor seinem Suizid hatte Udo Reiter noch in der Talkshow von Maybrit Illner gesessen und die Theologin Margot Käßmann verstört mit dem Sarkasmus, dem Witz, aber auch der Härte, in der er über Selbstmorde sprach. "Ich sitze seit 48 Jahren im Rollstuhl", hatte er gesagt. "Trotz Rollstuhl habe ich ein schönes selbstbestimmtes Leben geführt. In meinem Alter fragt man sich dann doch, wie soll das weitergehen? Vor allem: Wie soll’s aufhören? Da bin ich für mich zu dem Ergebnis gekommen, dass ich eigentlich nicht als Pflegefall enden möchte. Nicht als jemand, der langsam sein Ich verliert, der von anderen dann gewaschen, gebürstet und gewindelt wird, und ich möchte auch nicht als gutmütiger oder bösartiger Idiot vor mich hindämmern, sondern möchte rechtzeitig sagen können: Es ist sehr schön gewesen, es hat mich sehr gefreut, aber jetzt möchte ich gehen." Dabei lugte er über seine Brille, wie er es immer tat, wenn er etwas Spitzes sagte, er war ein Schelm. Er schaute auch so, wenn er Vorträge vor der Katholischen Bischofskonferenz oder vor Bundestagsfraktionen hielt, stets ging es um seine eine zentrale Forderung: Der Mensch solle frei entscheiden dürfen, wann es an der Zeit sei, Schluss zu machen. Er selbst wollte einen "Cocktail einnehmen" können, wenn er das Gefühl habe, seine Vitalität zu verlieren, einen Cocktail, "der gut schmeckt und mich dann sanft einschlafen lässt".


Inhaltlich ist das Thema meiner Ansicht nach wenig kompliziert und absolut ausgelutscht. Dazu ist alles gesagt.
Wir erleben hier nur ein Aufbäumen der um ihren Einfluß fürchtenden Topreligioten dieses Landes.

Dabei werden ihnen alle Teppiche ausgerollt. Insbesondere weil die von den vielen Kirchenvertretern in den Fernsehräten christlich geprägten TV-Redaktionen geradezu manisch diese Theo-Vögel einladen, um auf Kosten der Gebührenzahler für ihren Verein Werbung zu machen.
Morgen hat der fromme Katholik Günther Jauch, der sich schon persönlich für die religiöse Separierung christlicher Kinder in Berlin („Pro Reli“) einsetzte und von der Beichte schwärmt, wieder eine besonders deprimierende Talkrunde zusammengestellt, um über den „Fall Reiter“ zu diskutieren:

Thomas Gottschalk (Zimmertemperatur-IQ, ebenfalls frommer Katholik, der das Frauenpriestertum strikt ablehnt:

Diesem Konstrukt der katholischen Kirche, einer über 2000 Jahre gewachsenen und damit doch sehr konservativen Veranstaltung, ist meiner Meinung nach nicht damit geholfen, dass man sagt: Jetzt lass doch mal die Mädels ran. Ich persönlich habe schon geschluckt, als ich erstmals Ministrantinnen in Turnschuhen gesehen habe.
(TG 21.11.11),

Franz Müntefering (frommer Sterbehilfegegner) und Nikolaus Schneider (Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland).

Interessant ist wie die Frommen ihre gewaltige TV-Präsens nutzen.
Bizarra Käßmann, die vermutlich dümmste Bischöfin der Welt, ist  gewissermaßen omnipräsent und bekannter als Merkel, Steffi Graf und Helene Fischer zusammen.
Es dürfte kaum jemand in diesem Lande geben, der Käßmann noch nicht in BILD oder TV plaudern hörte.
Und der Effekt ist eindeutig. Insbesondere, wenn sich die Evangelischen in intime Dinge einmischen, die jedermanns Privatsache sind.
Ihnen laufen sogar doppelt so viele Mitglieder wie der RKK davon.
Da braucht es gar keinen TVE und keinen massenhaften Kindesmissbrauch.

Alle evangelischen Landeskirchen sind im vergangenen Jahr geschrumpft. Das geht aus einer Umfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar) bei den Landeskirchenämtern und der EKD hervor. Die 20 Mitgliedskirchen der EKD hatten zum 31. Dezember 2013 rund 23,04 Millionen Mitglieder. Das sind 315.000 weniger als im Vorjahr, was einen Rückgang um 1,4 Prozent bedeutet. Der Verlust entspricht in etwa der Einwohnerzahl einer Großstadt wie Mannheim. Hauptgrund für das Minus ist die negative Bevölkerungsentwicklung. 2002 gab es in Deutschland noch 26,2 Millionen landeskirchliche Protestanten.
[….] Überdurchschnittlich hohe Verluste verzeichneten die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (-2,1 Prozent), die Lippische Landeskirche (-1,9 Prozent) und die Nordkirche (-1,7 Prozent).


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