Donnerstag, 7. Mai 2015

Links-Rechts-Schemata.

In den 90er Jahren galt Deutschland weltweit als „der kranke Mann Europas.“
16 Jahre konservative Kohl-Merkel-Regierung hatten den Staat völlig zum Stillstand kommen lassen.
Die Steuern wurden unter der CDU und den 29 Jahre Daueramtierenden FDP-Bundeswirtschaftsministern auf sagenhafte 56% Spitzensatz herauf getrieben.
Es galten strikte Monopolregelungen bei Telekommunikation und Grundversorgern. Sich ein in Amerika gekauftes Telefon selbst im Wohnzimmer anzuschließen war verboten. Man mußte die Telekom-Einheitsgeräte nehmen.
Ladenschlußgesetze mit Öffnungszeiten bis maximal 18.00 Uhr mußten penibel eingehalten werden.
Wer von staatlicher Unterstützung abhängig wurde, sah sich zu einem beispiellosen Ämterhopping – Sozialamt, Arbeitsamt, Wohnungsamt – gezwungen. Homoehe war ebenso wie Haschisch und Prostitution streng verboten.
Service war ein Fremdwort.

Um diese totalen Verkrustungen aufzubrechen mußte erst eine linke rot-grüne Regierung kommen.

Heute ist niemand der Schröder-Fischer-Regierung dankbarer als die Unternehmer.
Endlich konnte es wirtschaftlich wieder aufwärts gehen, endlich wurde Selbstständigen wieder Luft zum Atmen gegeben. Aber auch alle anderen lernten ein gewisses Maß an Selbstständigkeit. Welchen Stromanbieter, welche Telefonfirma man haben möchte, kann man sich jetzt selbstständig aussuchen.

In Amerika ist es ähnlich.
Die Republikaner haben sich derartig in eine verquere Verweigerer-Ecke manövriert, daß die Wall Street heute hinter der Demokratin Clinton steht.
Die Konservativen sind für die Wirtschaft unattraktiv geworden, weil sie sich zu sehr auf gesellschaftliche Repressalien konzentrieren.
Homophobie, Abtreibungsverbot, Vernachlässigung der Bildung und Gesundheit sowie „Einwanderer raus!“ sind aber wirtschaftsfeindliche Impulse.
Zudem sind die politisch Rechten immer dafür zu haben große ökonomische Einbußen zu riskieren, um ihre ideologische Außenpolitik durchzudrücken – Sanktionen gegen Russland, Sanktionen gegen den Iran, Kontaktverbot mit Cuba – für Unternehmer ist das ein Graus.

Auch in England sind die Konservativen eine Partei für die Ungebildeten und einfachen Leute.
Legendär sind die Anekdoten über Villenviertel, in deren Vorgärten ausschließlich Labour-Fahnen flattern und auf die Frage „Wer wählt denn überhaupt die Tories?“ geantwortet wird: Fragen sie doch mal meine Domestiken!“

Zwei Herzen schlagen in der Brust des Big Business der Londoner Finanzwirtschaft. Die Konservativen blocken jegliche Verbraucherschutz- und Umweltschutzrichtlinien ab, wälzen Steuern auf die Geringverdiener ab und fahren einen radikal neoliberalen Kurs zu Gunsten der Oberschicht.
Labour hingegen könnte die Unternehmenssteuern erhöhen.
Paradiesische Zustände für die Shareholder-Value-Ideologie. London ist das El Dorado der Hedgefonds und Private Equity-Firmen.
Hier gedeihen die internationalen Finanzheuschrecken und Lebensmittelspekulanten, die alles tun, was moralisch äußerst bedenklich ist.

Dennoch sind die Unternehmer nicht glücklich mit ihren Tories, weil mit Cameron auch das EU-Referendum und der durchaus wahrscheinliche Austritt aus der EU kommen könnten.

Großbritannien raus aus der Europa ist zwar der feuchte Traum der Rechtsextremen, Xenophoben und Doofen – aber eben auch ein ökonomisches Desaster.
Die ohnehin schrumpfende britische Wirtschaft bekäme bergeweise Schwierigkeiten und drohte neben der EU unterzugehen.

[….] Bei den Parlamentswahlen in Großbritannien sind die Konservativen von Premier David Cameron einer Prognosen zufolge stärkste Kraft geworden. Sie kommen demnach auf 316 Sitze im Parlament. Der Abstand zur zweitplatzierten Labour von Herausforderer Ed Miliband ist demnach überraschend groß - Labour kommt nur auf 239 Sitze.
Cameron hat also die Wahlen gewonnen - eine absolute Mehrheit im Parlament hat er aber wohl verfehlt. Für das Unterhaus gibt es 650 Mandate.
[….] Sollte sich die Prognose der britischen BBC bestätigen, haben die Tories von Cameron deutlich besser abgeschnitten, als die letzten Umfragen erwarten ließen und hätten sogar mehr Sitze gewonnen als bei der zurückliegenden Wahl 2010, als sie auf 307 Sitze kamen.
Bleibt Cameron im Amt - so wie es aussieht - droht ein Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Darüber will der Konservative die Briten im Jahr 2017 in einem Referendum abstimmen lassen. [….]

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