Dienstag, 5. Mai 2015

Feindbilder Teil II

Sprach ich gestern eher von der Rezeption Amerikas durch die Linken, möchte ich nun noch ein Augenmerk auf die eigenartige Unterwürfigkeit der deutschen politischen Klasse werfen.


     – und genau das ist es doch offensichtlich, was wir auch jetzt wieder im Kanzleramt erleben:
Die NSA verstößt massiv gegen deutsches Recht, richtet ökonomischen und diplomatischen Schaden an, und Merkel fabriziert zu ihrem Totalversagen einen Megamerkelmurx-Satz:


Glatte Arbeitsverweigerung. Einen sinnleereren Satz zum Thema kann ich mir nicht vorstellen.
Hat sie gelogen? Hat sie nicht gelogen? Gab es Wirtschaftsspionage gedeckt vom Kanzleramt? Wird sie den Amis auf die Finger klopfen? Wird ein Kanzleramtsministerkopf rollen? Wird es irgendwelche Konsequenzen geben? Veröffentlicht Merkel die Selektorenliste?
"Das, was zu verbessern ist, muss verbessert werden" sagt dazu rein gar nichts aus.
Es erinnert stark an die Passagen des Volker Pispers-Programmes, in denen er Merkel Furzgeräusche in den Mund legt.

Diese kategorische Verweigerung, Washington die Meinung der deutschen Regierung zu sagen, wird im Weißen Haus natürlich so verstanden, als ob ein devoter Pavian sein nacktes Hinterteil präsentiert.

Das ist an sich schon ein erbärmliches Verhalten. Aber noch schlimmer wird es, wenn man sich die double standards vergegenwärtigt.
Wehe wenn Russland auch nur ein Prozent der amerikanischen Schweinereien anstellte, die Obama verantwortet: Folterlager der CIA, illegale Drohnenangriffe auf souveräne Staaten, Ausspionieren Europäischer Regierungen und Industriekonzerne.
Dann würde Merkel als erstes nach Sanktionen schreien.
Beispiel Drohnen. Obama segnet geheime „Kill-Listen“ ab, die keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Man weiß nicht genau wer drauf steht und wieso.
Jetzt konnte nachgewiesen werden, daß für die geplante Ermordung von insgesamt 41 Männern in Pakistan und dem Jemen 1147 Menschen getötet wurden. Die menschlichen Kollateralschäden bei den angeblich so präzisen Drohen sind also 25-fach!
25 unbeteiligte Zivilisten läßt das Weiße Haus töten, um einen ihrer angeblich todeswürdigen Männer zu killen.
Wenn man der britischen NGO „Reprieve“ folgt, wird es ekelig:

The Kill List is a covert US programme that selects individual targets for
assassination. The list is personally approved by President Obama and requires no public presentation of evidence or judicial oversight. Targets often die in covert drone strikes in foreign countries and are never notified of what they are accused to have done.
Information on the Kill List and drone strikes is limited to media reporting and
anonymous leaks by US, Pakistani and Yemeni officials. Nevertheless, by sifting this information, we found 41 names of men who seemed to have achieved the impossible: to have ‘died,’ in public reporting, not just once, not just twice, but again and again. Reports indicate that each assassination target ‘died’ on average more than three times before their actual death.
This raises a stark question. With each failed attempt to assassinate a man on
the Kill List, who filled the body bag in his place? In fact, it is more accurate to say ‘bodybags’: many other lives are sacrificed in the effort to erase a name from the Kill List.  In one case, it took seven drone strikes before the US killed its target. In those strikes, as many as 164 people died, including 11 children.  In total, as many as 1,147 people may have been killed during attempts to kill
41 men, accounting for a quarter of all possible drone strike casualties in Pakistan and Yemen. In Yemen, strikes against just 17 targets accounted for almost half of all confirmed civilian casualties. Yet evidence suggests that at least four of these 17 men are still alive.
Similarly, in Pakistan, 221 people, including 103 children, have been killed in attempts to kill four men, three of whom are still alive and a fourth of whom died from natural causes.
(Repive 25.11.2014)

Kein anderes Land könnte sich so einen staatlich gelenkten Massenmord erlauben, ohne daß es zu UN-Sicherheitsratssitzungen und Sanktionsdrohungen käme.

Das nimmt „der Westen“, nimmt „die NATO“, nimmt Euro, nehmen Merkel, Steinmeier und Gauck einfach so hin, ohne sich zu trauen ein Wort der Missbilligung nach Washington zu richten.

Washington mordet unterdessen lustig weiter – diese Killaktionen sind keineswegs auf Pakistan und den Jemen beschränkt.
Die fromme Pfarrerstochter Merkel und der fromme Pfarrer Gauck haben nichts dagegen.

[…] Bei einem amerikanischen Luftangriff auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sind im Norden Syriens nach unterschiedlichen Angaben bis zu 80 Zivilisten getötet worden. Dutzende wurden demnach verletzt. Unter den Opfern seien ganze Familien, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. […] US-Kampfjets griffen den Berichten zufolge ein Dorf unter Kontrolle der IS an, das rund 40 Kilometer südlich der Stadt Kobane liegt. […] Die vom IS kontrollierte Nachrichtenagentur Amaaq bezifferte die Zahl der getöteten Zivilisten mit 80. Beobachter außerhalb der IS-beherrschten Zone sprachen von zusammengerechnet 90 Toten und Verletzten. Es dürfte sich um den bisher folgenschwersten Luftangriff der US-Allianz in Syrien gehandelt haben. Bei den bisherigen Angriffen sollen insgesamt 70 Zivilisten getötet worden sein. […]

Aber Amerika ist ja unser großer Freund. Da lassen wir ein paar Massenmorde gerne zu. Schwamm drüber.
Bei anderen gucken wir dafür umso genauer hin und lassen unserer Empörung freien Lauf.
Beispiel Moskau. Zu den traditionellen Siegesfeiern über Deutschland, das im zweiten Weltkrieg weit über 25 Millionen Russen getötet hatte, bläst sich Berlin schon wieder als Moralapostel auf, statt an so einem Tag in Sack und Asche bei der Nation aufzutreten, der man mit Abstand die höchste Anzahl von Todesopfern zugefügt hat.

[…] Möglichst allein soll Kremlchef Wladimir Putin auf der Tribüne am Roten Platz bei der bisher größten Militärparade zum Sieg der Sowjetunion über Hitlerdeutschland stehen. So hätte es der Westen gern am 9. Mai. Das auf den Triumph von einst so stolze Land soll wegen seiner Politik in der Ukraine bestraft und international isoliert werden – ausgerechnet zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs, den Moskau groß feiert. […]   26 Staats- und Regierungschefs haben ihre Teilnahme an der bombastischen Waffenschau zugesagt, wie der Kreml mitteilt. Zudem ist Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon unter den Gästen. Auch die Staatschefs von China und Indien kommen. Doch anders als noch zum 60. Jahrestag sind es diesmal deutlich weniger Gäste. 2005 waren es noch 40 Staats- und Regierungschefs. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder und US-Präsident George W. Bush reisten an.
Diesmal aber sagten viele demonstrativ ab. Dass die Alliierten von einst – USA, Großbritannien und Frankreich – "nur" ihre Botschafter schicken, trifft die Russen tief. Kremlchef Putin warnte davor, das Kriegsgedenken für "geopolitische Machtspiele" zu missbrauchen. Russische Kommentatoren sprechen von einem "beispiellosen Affront". Der 9. Mai soll in diesem Jahr ein Tag großer Emotionen werden mit reichlich Nationalstolz und Patriotismus. […] Zuerst abgewunken hatte US-Präsident Barack Obama. Er sieht Putin als "Aggressor". Im Kreml heißt es, es sei "bedauerlich", dass die Zeichen auf Konfrontation stehen. […] "Natürlich haben wir unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht das wärmste Verhältnis mit einigen Ländern in Westeuropa und in Nordamerika", sagt der Chef der Präsidialverwaltung, Sergej Iwanow. Er wiegelt ab – die Zahl der Gäste sei nicht wichtig. "Es ist vor allem ein russischer Feiertag", betont er. "Es ist unser Gedenktag." Die Russen seien stolz darauf, dass die Sowjetunion einst die "entscheidende Rolle spielte beim Sieg über den Nazismus". Mit 27 Millionen Toten brachte die damals von Diktator Josef Stalin zum Sieg geführte Sowjetunion den größten "Blutzoll". Es sei deshalb ein Tag für Kriegsveteranen, sagt Iwanow. […]

Moskau ist wütend.
Und womit?
Mit Recht!

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