Freitag, 14. August 2015

Wie es hier so läuft – Teil IV

Mal wieder ein kleiner Abstecher ins Regionale.

Heute erfolgt ein kleiner Abstecher zur CDU zwischen Alster und Elbe.
Die Konservativen leiden hier traditionell an Personal-Mangel.
Ole von Beust hatte als Spitzenkandidat die CDU 2001 auf erbärmliche 26,2% abstürzen lassen, während die SPD auf 36,5% kam.
Er nutzte aber die rechtsradikale Gang des kriminellen Koksers Schill und eine willige FDP, um sich dennoch zum Bürgermeister wählen zu lassen.
Sein großes Glück war der spätere homophobe Erpressungsversuch seines Zweiten Bürgermeisters Schill.
Von Beust war zwar damals noch nicht geoutet, aber jeder in Hamburg wußte, daß er schwul ist und so kam es zu einer psychologisch verständlichen großen Solidarisierung mit ihm.
Bei den vorgezogenen Neuwahlen im Februar 2004 schoss die CDU demzufolge auf 47,2% und errang die absolute Mehrheit, während der verbrämliche Schill Amt und Mandat verlor; sich sogar auf der Flucht vor der Justiz nach Brasilien absetzte.
Bei den nächsten regulären Wahlen im Februar 2008 sank von Beusts Stern. Die absolute Mehrheit war futsch, es kam zur schwarz-grünen Katastrophenkoalition. Bald hatte der Bürgermeister keine Lust mehr, warf hin und überließ dem Heidelberger Pykniker Ahlhaus das Feld.
Kurz darauf zerbrach die Koalition und die CDU verursachte das dritte Mal durch ihre eigene Unprofessionalität vorgezogene Neuwahlen (1993, 2004, 2011).
CDU-Spitzenkandidat war der amtierende Bürgermeister Christoph Ahlhaus, der es schaffte auf einen Schlag die 20,7 Prozentpunkte zu verlieren und die CDU auf die Hälfte (=21,9%) zu schrumpfen. Die Ära Scholz brach an.

Dietrich Wersich, CDU-Gesundheitssenator von 2008-2011, übernahm die extrem unangenehme Aufgabe als Fraktionsvorsitzender die von 56 auf 28 Mann geschrumpfte Gruppe demoralisierter CDU-Abgeordneter zu führen.

Das war gar nicht so einfach, denn die Hamburger Bürgerschaft ist ein sogenanntes „Feierabendparlament“. Der Tradition entsprechend sollen die Abgeordneten aus der Mitte der Bürger kommen – daher auch „Bürgerschaft“ statt Parlament – und weiterhin ihren Berufen nachgehen, so daß sie im sozialen und wirtschaftlichen Leben verankert bleiben.
2.668 Euro beträgt die „Diät“, die ein Abgeordneter in Hamburg verdient.
Bedenkt man, daß Hamburg das mit Abstand reichste Bundesland Deutschlands ist, kann man also nicht gerade von üppiger Versorgung sprechen. Ein einfacher Abgeordneter in Bayern erhält 11.008 Euro monatlich.

Die Fraktionsvorsitzenden hingegen gelten aufgrund ihrer Aufgabenfülle verständlicherweise als „Hauptberufliche“ und bekommen daher dreifache Diäten.
Rund 8.000 Euro verdienen sie im Monat.
In der CDU gab es durchaus Gerangel um den Posten. Nicht, weil das so eine schöne Aufgabe wäre, aber da die Partei nun keine Pöstchen mehr zu vergeben hatte, war der einzige 8.000er Job finanziell interessant.

Man stellte sich nach dem gewaltigen 20,7 Prozentpunkte-Minus auf eine Durststrecke ein. Bei der nächsten Wahl 2015 konnte es ja nur bergauf gehen.
Dachte die CDU.
Aber dann kam der 15.02.2015 und die CDU war bei 15,9% auf Augenhöhe mit den Grünen gelandet.
Möglicherweise muß die Merkelpartei in ihrer Geburtsstadt in absehbarer Zeit um ihre Zweistelligkeit kämpfen.
Der Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidat Wersich nahm seinen Hut und die auf nunmehr nur noch 20 Abgeordnete geschrumpfte Union bekam einen aus Hamburg-Harburg importierten neuen Chef, der weniger großstädtisch und  schwul (als Wersich und von Beust) sein sollte und dafür konservatives Profil zeigen soll:
André Trepoll, Jahrgang 1977, Quiddje (geboren in Celle), Bart-Bauch-Brille, römisch-katholisch, Abschiebungs-Hardliner, übernahm die abermals geschrumpfte CDU-Truppe.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Wersich gibt sich Trepoll aber nicht mit den lumpigen 8.000 Euro monatlich zufrieden, sondern erhält von seiner Partei einen 7.000-Euro-Aufschlag, so daß er mit monatlich €15.000 sogar knapp mehr als der Bürgermeister Olaf Scholz (€14.800) verdient.
Man kennt das ja aus Hamburg, daß viele städtische Angestellte deutlich üppiger als Senatoren oder Bürgermeister bezahlt werden.
Die CDU-Hamburg empfindet es auch als überhaupt nicht irgendwie albern, daß ausgerechnet der Chef ihrer derzeitigen 20-Mann-Mikrofraktion 15.000 EURO Gehalt braucht. Im Gegenteil, nur so könne Trepoll „auf Augenhöhe mit dem Bürgermeister verhandeln.“

(Der Grüne Fraktionschef Dr. Anjes Tjark lässt mitteilen, er könne auch so auf Augenhöhe mit Scholz verhandeln. Und das obwohl die Grüne Fraktion mit 15 Abgeordneten sogar noch etwas kleiner als die der CDU ist.)

Die CDU demonstriert hier deutlich was sie von den rhetorischen und inhaltlichen Fähigkeiten ihres Chefs, sowie der Parteiprogrammatik hält – nämlich nichts.
Nichts, das der Bürgermeister ernst nehmen müßte.
Also hilft man sich im CDU-Stil über den Gehaltsscheck. Wer mehr verdient, muß auch automatisch wichtig sein – so die Unionslogik.
Zudem ließe seine zeitraubende Tätigkeit keine Möglichkeit die lumpigen 8.000 Euro Grundgehalt aufzustocken.
Man fragt sich wie der ehemalige Chef Wersich die letzten vier Jahre überleben konnte, ohne betteln gehen zu müssen.

Außerdem wäre es schlicht und ergreifend unmöglich für die CDU jemand zu finden, der für weniger den Job als Fraktionsvorsitzender übernähme.

Immerhin, das Argument zieht.
Wer will schon freiwillig CDU-Fraktionsvorsitzender sein?
Mir müßte man dafür noch wesentlich mehr als € 15.000 zahlen.

Vielleicht wird das ja noch was. Die CDU hat ja offenbar mehr als genug Geld.




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