Die erbärmliche Flüchtlingspolitik der Bundesregierung,
die abscheulichen Nachrichten aus Sachsen und Bayern, das kollektive
außenpolitische Versagen, die Krisenunterfütterung durch noch mehr Waffenexporte,
die rasant zunehmende xenophobe Gewalt, der von den C-Parteien gepushte
Siegeszug der AfD und die allgemeine Anfälligkeit für Verschwörungstheorien der
krudesten Art – all das weckt in mir den Wunsch nach sehr starken
Antidepressiva.
Da muß man zur eigenen psychischen Gesundheit bewußt auf die wenigen Dinge
blicken, die ausnahmsweise ganz gut funktionieren.
Während sich
Regierungschefs anderer Bundesländer mit Dummheit und dreisten Sprüchen gegenseitig überbieten,
können wir Hamburger nach wie vor recht zufrieden sein mit Olaf Scholz.
In Hamburg wird
bei den Flüchtlingsunterbringungsproblemen nicht inszeniert, sondern regiert.
[….] MOPO: Sehen Sie ein Limit? Gibt es einen Punkt X,
an dem man sagen muss: Das kann Hamburg nicht mehr schaffen?
Scholz: Die Frage
stellt sich nicht. Die Verfassungslage in Deutschland ist eindeutig:
Diejenigen, die Schutz vor politischer Verfolgung, vor Krieg suchen, bekommen
diesen Schutz. [….]
MOPO: Warum gibt es
keine Fotos von Ihren Besuchen in Flüchtlingsunterkünften?
Scholz: Ich gucke mir
die Unterkünfte immer wieder an – man muss gesehen haben, wie es ist. In den
Messehallen, in den Zelten. Aber es geht darum, Eindrücke zu gewinnen. Und
nicht um Politiker-PR. [….]
Während CDU’ler
noch von Abschiebungsorgien phantasieren und die Grenzen Europas so abschotten
wollen, daß Schlepper noch viel reicher und Flüchtlinge noch viel toter werden,
ist der Hamburger SPD-Senat schon zehn Schritte weiter und bemüht sich
ernsthaft darum, die hier Angekommenen würdig zu behandeln, indem sie beispielsweise
ihren Berufen nachgehen können.
Im September
kamen 10.100 Flüchtlinge nach Hamburg; im Oktober 2015 waren es 10.437. Bisher
sind wir in diesem Jahr bei insgesamt 45.458 Menschen.
Das sind
mehr Menschen aus Kriegsgebieten, als England und die USA zusammen im ganzen
Jahr aufnehmen.
Für eine
Stadt allein bedeutet das selbstverständlich eine große logistische Herausforderung.
Da die CDU-Regierung von 2001-2011 den kompletten sozialen Wohnungsbau
eingestellt hatte, leidet Hamburg ohnehin unter knappen Wohnraum, obwohl seit
dem Amtsantritt Olas Scholz‘ in der ganzen Stadt wie verrückt gebaut wird.
Wenn man
aber pro Monat zusätzlich 10.000 Menschen unterbringen muß, und das schnell,
weil wir November haben und Notlager und Zelte ob der zu erwartenden
Temperaturen keine Option mehr sind, wird die Stadtverwaltung richtig
gefordert.
Die auf
15-Komma-irgendwas geschrumpfte CDU erklärte gestern, wie sie sich ihren
Beitrag zur Lösung der Probleme in Hamburg vorstellt:
Sie sitzt schmollend in der Ecke, lehnt alles ab, was der Senat tut und verweigert jede Zusammenarbeit.
Sie sitzt schmollend in der Ecke, lehnt alles ab, was der Senat tut und verweigert jede Zusammenarbeit.
Nach Klagen und
Protesten von Anwohnern gegen Unterkünfte will die CDU nun die Zusammenarbeit
mit dem rot-grünen Senat in der aktuellen Krise einstweilen ganz beenden. Das
jedenfalls schlägt CDU-Landeschef Roland Heintze seiner Partei vor – und
begründet dies damit, dass der Senat die Möglichkeiten des Asylkompromisses
nicht ausreichend nutze, Polizeirecht zur Beschlagnahme von Unterkünften
anwende, die Bürger nicht genügend bei der Planung einbeziehe und kaum
Ausreisepflichtige abschiebe.
Ich
hoffe, die CDU scheitert bei der nächsten Hamburger Wahl an der 5%-Hürde.
In
dieser Situation macht die SPD etwas Großartiges, das ich an dieser Stelle
ausdrücklich loben will:
Sie setzt nicht nur auf kopflose kurzfristige Maßnahmen, sondern pusht massiv den Bau von „richtigen Unterkünften.“
Sie setzt nicht nur auf kopflose kurzfristige Maßnahmen, sondern pusht massiv den Bau von „richtigen Unterkünften.“
Drei-
bis vierstöckige Wohnsiedlungen mit modernen komfortablen Wohnungen, die auf
Dauer bewohnt werden sollen. Es entstehen Blocks für bis zu 4.000 Menschen, die
aber ausdrücklich nicht durch eigene Schulen zur Ghettoisierung
führen sollen. Die Kinder sollen in den umliegenden „normalen“ Schulen und
Kindergärten mitbetreut werden.
Es gibt
nur zwei Unterschiede zum herkömmlichen Wohnungsbau:
Zum
einen die Belegung.
Es
werden etwa doppelt so viele Menschen wie in üblichen Sozialwohnungen pro
Quadratmeter untergebracht.
Zum
anderen wird ein neues Bebauungsplanverfahren entwickelt, das eine sehr viel
schnellere Fertigstellung der Häuser ermöglicht.
Klinker-Fassaden,
begrünte Innenhöfe und eine aufgelockerte
Bebauung mit vielen Einzelgebäuden. Ein
typisches Neubau-Gebiet am Hamburger Stadtrand? Von wegen! Hinter diesen
Rotklinkern verbirgt sich ein Flüchtlings-Quartier. Die Häuser sollen schon in
einem Jahr in Billwerder stehen und 3.400 Menschen beherbergen.
Dass die neuen
Quartiere so aussehen würden, damit hatte wohl niemand gerechnet. Unterscheiden
sie sich doch so fundamental von den Holzhäuschen und Containern, in denen
Flüchtlinge und Obdachlose in Hamburg sonst oftmals untergebracht werden. Und auch
von früheren Sozialsiedlungen wie dem Osdorfer Born sind sie weit entfernt.
Rund 20 dieser drei-
bis viergeschossigen Gebäude sollen auf einer Grünfläche nahe der
S-Bahn-Station Mittlerer Landweg entstehen. Zu den 780 Wohnungen kommen vier
Kitas hinzu, acht Gemeinschaftsräume für Sprachkurse etc. und die Büros für die
Flüchtlings-Betreuung durch den städtischen Betreiber fördern und wohnen. Eine
Schule bekommt das Quartier bewusst nicht, die Kinder sollen in die umliegenden
Schulen gehen, damit es zu keiner Abschottung kommt.
Ein
mittelständiges Unternehmen wurde gefunden, welches in Eigenregie diese
Klinkersiedlung für 130 Millionen Euro errichten wird.
Die
Stadt stellt lediglich das Grundstück, schafft die Voraussetzungen für sehr
viel schnelleres Bauen und wird dann die Wohnungen für die Flüchtlinge mieten.
Die
Wohnungen werden dann allerdings zugeteilt; auch nicht miteinander verwandte
Menschen müssen sich eine Wohnung teilen.
Im Laufe
der Zeit, je nachdem ob noch mehr Flüchtlinge kommen und ob diese jetzt hier
Lebenden inzwischen Jobs haben und Geld verdienen, werden aus den
„Flüchtlingsunterkünften“ dann ganz normale “Eigene Vier-Wände“ oder
Mietwohnungen für jedermann.
Der
riesengroße Vorteil dieses Plans ist, daß nicht sinnlos Millionen für temporäre
Lösungen wie Zelte, klapprige Pavillons und Container ausgegeben werden, die
spätestens in einigen Jahren nicht mehr bewohnbar sind und ohnehin nicht auf
dem „normalen Wohnungsmarkt“ verwendbar sind.
Hier
werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen und dabei steht Hamburg auch
noch für Großzügigkeit, Nachhaltigkeit und Mitmenschlichkeit.
Einen
Nachteil gibt es allerdings: Sofort keimt eine Neiddebatte auf.
Andere
arme Familien in Hamburg wollen auch in schicken Neubauwohnungen leben.
Diese
(sinnlose) Diskussion muß der Senat aushalten, denn es hätte keinen Sinn auf
nachhaltigen Wohnungsbau zu verzichten, das Problem Wohnraummangel nur
aufzuschieben und Kriegsvertriebene à la CDU künstlich zu schikanieren, nur
damit der deutsche Michel nicht neidisch wird.
Sich vor
Neiddebatten zu fürchten und aus Angst vor dem Urnenpöbel rechtslastig zu plappern,
stärkt am Ende nur die AfD. Die Methode kennen wir von CDU-Politikern.
Die
Bausenatorin, die allein in Billwerder innerhalb eines Jahres 800 solcher
Wohnungen fertigstellen lassen will, tut was ihr möglich ist, um die Gemüter zu
beruhigen.
[….]
Die Häuser sollen in der ersten Phase zur
Unterbringung der Flüchtlinge genutzt werden. Es werden Wohnungen gebaut, die
über Jahrzehnte für alle Hamburger als Wohnraum zur Verfügung stehen. Es geht
doch darum, denjenigen Flüchtlingen, die eine langfristige Bleibeperspektive
haben, auch eine Unterkunft zu bieten, die ihnen eine Integration ermöglicht.
[….]
Sie werden zunächst vom städtischen
Träger „Fördern und Wohnen“ als öffentlich-rechtliche Folgeunterkunft belegt.
Das heißt, dass dort nur Menschen einziehen können, die eine langfristige
Bleibeperspektive haben, weil sie beispielsweise als Flüchtling anerkannt
worden sind.
[….]
Nach der ersten Phase zur Unterbringung von
Flüchtlingen werden diese Sozialwohnungen dann dem allgemeinen Wohnungsmarkt
zur Verfügung stehen.
[….]. Solange diese Häuser als
Flüchtlingsunterkünfte genutzt werden, werden sie auch viel dichter belegt. In
den Sozialwohnungen dort wohnen dann gut doppelt so viele Menschen wie sonst
üblich. Darüber hinaus werden wir in wenigen Wochen ein Sofortprogramm für die
vordringlich Wohnungssuchenden in Hamburg vorstellen.
[….]. Wir denken von Anfang an alles mit:
Gemeinschaftsräume, Quartiersmanagement, Kita, Schule, Räume für Sprach- und
Integrationskurse oder auch Spielplätze und Platz für Sportangebote.
Neben
dem neuen 800 Wohnungen im Flüchtlingsstadtteil am Gleisdreieck Billwerder mit je zwei bis vier Zimmern in einer Größe
zwischen 50 und 85 Quadratmetern, will der Rotgrüne Senat im Jahr 2016 etwa
5.600 Wohnungen auf diese Weise bauen lassen – zusätzlich zu dem ohnehin
ehrgeizigen Wohnungsbauprogramm, das Scholz sofort 2011 initiierte.
Der
FeWa-Geschäftsführer Kurt-Ove Schroeder zeigte sich beeindruckt von der
schnellen Arbeit des Bezirksamtes. Er sei zuversichtlich, dass die Häuser Ende
2016 stehen – inklusive Pfahlgründung und mehr als 120.000 Kubikmetern Sand und
Kies, die für den Bau der Häuser aufgeschüttet werden müssen.
(Bergedorfer
Zeitung, 07.11.2015)
Unnötig
zu erwähnen, daß die CDU im Bezirk Hamburg-Bergedorf natürlich gegen den Plan
stimmte und stattdessen auf konsequente
Abschiebungen setzt.
Ganz im Gegensatz zu seinem Kollegen Seehofer hetzt und poltert Scholz nicht; beteiligt sich nicht an Hysterie-Debatten.
Stattdessen löst er Probleme.
Ganz im Gegensatz zu seinem Kollegen Seehofer hetzt und poltert Scholz nicht; beteiligt sich nicht an Hysterie-Debatten.
Stattdessen löst er Probleme.
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