Der Manichäismus ist die vom persischen
Religionsstifter Mani (* 14. April 216 in Mardīnū; † 14. Februar 276 oder 26.
Februar 277 in Gundischapur) inspirierte dualistische Weltreligion.
Mani stammte aus frühchristlichen Kreisen und hatte
einige göttliche Offenbarungen, nach denen er die bereits bestehenden
Religionen als einen Kampf zwischen Gott und Teufel, Gut und Böse, Licht und
Finsternis weiterentwickelte.
Manis Lehren überzeugten; er wurde von den Königen
seiner Zeit gefördert, schuf eine streng hierarchische Kirche und verbreitete
seinen Glauben.
Schließlich fiel er aber in die Hände von Priestern
des Zarathustrismus und starb im Kerker.
Mani
empfand es als falsch, daß seine Religionsstifterkollegen Vorgänger
Buddha, Zarathustra und Jesus nicht selbst Bücher mit ihren Lehren verfassten,
so daß man sich auf sehr unterschiedlich interpretierte mündliche
Überlieferungen stützen mußte.
Daher
legte er alles schriftlich nieder und verfasste sieben außerordentlich prächtig
und kunstvoll gestaltete heilige Schriften, von denen heute leider nur
Fragmente erhalten sind:
„Das
lebendige Evangelium“, „Der Schatz des Lebens“, „Pragmateia“, „Das Buch der
Mysterien“, „Das Buch der Giganten“, „Briefe“ und eine Sammlung von Psalmen und
Gebeten.
Manis
Lehren waren sehr komplex und wurden von ihm nachfolgenden Christen
systematisch diskreditiert.
Kirchen bezeichneten
ihn wahlweise als Sklaven, Kannibalen und Leichenschänder, der Zauberei praktizierte
und daher auf Befehl Gottes von einem Engel getötet worden sei.
„Manichäisch“
kennen wir heute eher als Adjektiv, welches eine schwarz-weiß-Sicht auf die
Welt bezeichnet.
Das
beste Beispiel für einen Manichäer heutiger Auffassung ist George W. Bush, der
sich von den Geheimdiensten eine seiner eingeschränkten Weltsicht entsprechende
„Realität“ erschaffen ließ. Schon am Abend des 11. Septembers 2001 wies er die
CIA an Beweise für die Urheberschaft Saddam Husseins zu beschaffen.
Die
Schlapphüte, die ihm erklären, das entspräche nun einmal nicht den Fakten
wurden entlassen. Man „schuf Fakten“, die dann schließlich in der legendären
UN-Sicherheitsratssitzung vom 05. Februar 2003 präsentiert wurden.
Washington
verfuhr streng nach der Maxime „wer nicht für uns ist, ist gegen uns“ und
Gegner wurden gestraft oder ignoriert.
Niemals
aber akzeptiert und schon gar nicht wurden ihre Argumente zur Kenntnis
genommen.
Schröder
wurde zur persona non grata in der USA und so erging es auch allen anderen, die
es wagten an Bushs „Wahrheit“ der Urheberschaft Saddams für den WTC-Anschlag
und Iraks gewaltige Massenvernichtungswaffenlager zu zweifeln.
Manichäismus
in diesem Sinne ist auch nach GWB noch weit verbreitet. Barack Obama mag Putin
nicht und redet daher nicht mit ihm.
Und auch
in Europa gilt zunehmend, daß der eigenen Agenda widersprechende Perspektiven
ausgeblendet werden.
Russische
Politiker werden einfach von Gipfeltreffen ausgeladen, ignoriert. Es gilt
einzig und allein die Sicht der faschistoiden Regierung in Kiew.
Ähnlich
verhält es sich mit Assad oder Rohani. Sie werden geschnitten.
Amerika
ist grundsätzlich auf der Seite Netanjahus, des Saudischen Königshauses und
as-Sisis.
Es gibt
auch eine manichäische Sichtweise des Islams, der in vielen Medien als
prinzipiell schlecht dargestellt wird – im diametralen Gegensatz zum
prinzipiell guten Christentum, auf dessen angebliche Werte man immer wieder
begeistert schwört. Schon das Wort „christlich“ wird extrem positiv konnotiert;
Grausamkeiten bezeichnet man automatisch als „unchristliches Verhalten“.
Die
Apotheose des selbstlosen guten Menschen bildet in der westlichen Welt „Mutter
Teresa“, die schon in den Sprichwort-Schatz eingegangen ist.
Linke in
Deutschland pflegen ihren eigenen manichäischen Kodex.
So sieht
man in alternativen Stadtvierteln immer wieder „Free Tibet“-Flaggen. Der
Friedensnobelpreisträger Dalai Lama wird weltweit verehrt, während die Bösen wegen
der Okkupation Tibets eindeutig die Chinesen sind.
Eine
andere Sichtweise, die der grausamen Mönchsherrschaft unter dem Dalai Lama mit allgemeiner Leibeigenschaft und schweren
Verstümmelungsstrafen eine Befreiung durch die Chinesen
entgegensetzt, passt nicht in unser manichäisches Narrativ.
Für
Linke sind immer die Chinesen die Bösen, basta.
Man
empörte sich darüber, daß Außenminister Klaus Kinkel den vom Dalai Lama
offerierten weißen Schal verweigerte und springt vor Zorn im Dreieck, wenn der
ausgewiesene China-Experte Helmut Schmidt die westliche Sichtweise der Vorgänge
am Tian’anmen-Platz von 1989 bezweifelt.
Man weiß
es ja schließlich alles besser als jemand, der das Land immer wieder
ausführliche bereiste und engste Kontakte pflegt.
Daß
Schmidt überhaupt Kontakte zu chinesischen Regierungsstellen hat, wird ihm
bereits übel genommen.
Linke
verhalten sich da manchmal nicht anders als GWB: Man spricht nur mit denen, welche
die eigene Meinung voll unterstützen.
Ein
CDU-Mitglied, ein Unternehmer oder ein Bischof muß ein schlechter Mensch sein
und auch prinzipiell Unrecht haben.
Ich
werde vermutlich nie emotional nachvollziehen können, wieso man sich für Kirche
oder CDU engagiert.
Das
bedeutet aber noch lange nicht, daß jeder CDU-Wähler, jeder Christ, jeder
Chinese, jeder Iraner oder jeder Russe doof ist.
Es gibt
sogar nette Amerikaner.
Möglicherweise
sogar sympathische Sachsen.
Die
große Gefahr des Internets 2015 liegt im Schaffen inzestuöser Informationsblasen.
Man liest und hört nur noch das, was man selbst auch denkt, hält sich dadurch
schnell für die Majorität und geringschätzt alles andere.
Das ist
digitaler Manichäismus.
Auf
Facebook gibt es immer mehr Postings des Wortlautes „Hiermit entfreunde ich
alle User, die mit xy befreundet sind.“
Das ist
die zweite Stufe des manichäisch-beschränkten Denkens: Ich will nicht nur mit
keinen Menschen befreundet sein, die andere Meinungen haben, sondern meine
Freunde dürfen noch nicht einmal jemand kennen, der anders denkt.
Daran
hätte George W. seine wahre Freude.
In der Realität
sind Freundschaften wesentlich komplexer, weil „Chemie“, „Pheromone“, „Gefühle“,
„Erotik“, Dankbarkeit, Vertrautheit und vieles andere mehr eine Rolle spielen.
Es gibt
offensichtlich sogar Fälle von Liebe oder körperlicher Anziehung unter zwei
Menschen, die sich gar nicht mögen.
Freundschaften
auf Abziehbilder seiner selbst beschränken zu können, ist eine
fatal-manichäische Sackgasse der menschlichen Entwicklung.
Und so
komme ich noch einmal auf Helmut Schmidt und seinen Freund Henry Kissinger, der
über ihn sagte:
Ein, wie
ich finde sehr respektvolles Lob, in dem aber auch geradezu ein Liebesbeweis
steckt.
Einige
linke Deppen wenden das nun gegen Schmidt und verurteilen ihn, so einen Freund
gehabt zu haben.
Nun,
Helmut Schmidt wollte keine Menschen um sich haben, die ihm nur zunickten. Er
war stets neugierig und im Gegensatz zu vielen früh gealterten in einem
kontinuierlichen Prozess des Weiterbildens befindlich.
Bis vor ein paar
Jahren ging ihm leicht der schneidende Satz über die Lippen: "Der ist noch
nicht erwachsen." Und darin war – wie so oft, wenn man sich über ein
Verdikt besonders ärgert – auch ein Quäntchen Wahrheit enthalten. Oder er
sagte: "Das können Sie nicht beurteilen, Sie haben das alles nicht erlebt",
und meinte damit vor allem Krieg und Zerstörung. Einmal sagte ich: "Ja,
und ich bin froh, dass ich das nicht erlebt habe, ich glaube, man kann auch
anders erwachsen werden." Er hat diesen Satz dann nicht wieder verwendet.
Man konnte ihm nämlich sehr wohl widersprechen – ohne dass er es übel nahm –,
auch das unterschied ihn von den meisten Politikern (und Journalisten). Wer vor
ihm Angst hatte und darum besonders servil auftrat, den konnte er auf eine
Weise auflaufen lassen, dass man im Boden versinken wollte.
Helmut
Schmidt ist doof, weil er Kissinger mochte?
Welch
dumme und heftige Pauschalisierung!
Schmidt
lernte Kissinger vor annähernd 70 Jahren in Harvard kennen.
Damals
lag Deutschland im Trümmern und Agonie.
"Helmut Schmidt
und ich trafen uns in den 50er-Jahren, als Deutschland verwüstet und isoliert
war. In all den Jahrzehnten seitdem repräsentierte er für mich ein Deutschland
von historischen Werten, das sich den Hauptaufgaben unserer Zeit widmete, das
ein tiefes Verhältnis mit Amerika verband, aber über diese politischen
Beziehungen hinaus für Freiheit und Menschenwürde stand. Und Helmut war ein
Vorbild und die Welt wird ihn vermissen."
Wir
würden vermutlich noch in Erdlöchern hausen, wenn die Amerikaner damals nicht
großzügig den Marshallplan entwickelt hätten.
Den
Deutschen wurden damals übrigens auch die Schulden erlassen.
Ein
Großzügigkeit, die Deutschland später gegenüber Griechenland nie zeigte.
(Griechenland
zettelte bekanntlich keinen Weltkrieg und Holocaust an.)
Natürlich
war Schmidt in den 50er Jahren von der liberalen amerikanischen Großzügigkeit
und der im Vergleich zu Deutschland FREIHEITLICHEN und DEMOKRATISCHEN Gesinnung
beeindruckt. Insbesondere, wenn sie auch noch von einem jungen deutschstämmigen
jüdischen Historiker, nämlich Henry Kissinger kam.
Daraus
entwickelte sich eine 70-Jährige Freundschaft, von der Deutschland später auch
sehr profitiert hat, indem sie dem Bundeskanzler Schmidt einen direkten Draht
in die US-Administration ermöglichte.
Daß man
sich zwischen dem Alter von 20 Jahren bis zu 95 Jahren politisch weiter
entwickelt ist für intelligente Menschen selbstverständlich.
Helmut
Schmidt wurde bekanntlich immer amerikakritischer.
Amerika
hat sich aber in der Zeit auch entwickelt.
Und
selbstverständlich entwickelte sich auch Henry Kissinger weiter von dem
Pragmatiker, der den Vietnamkrieg beendete zum Falken.
Ich
finde es beeindruckend, daß die beiden dennoch trotz all der Widrigkeiten den
engen Kontakt hielten.
Kissinger war Loki und Helmut ein treuer,
persönlicher Freund.
Was
genau sie aneinander persönlich schätzten und worüber sie privat redeten,
wissen wir nicht und müssen wir auch nicht wissen.
Ich weiß
aber, daß es eine absurde Vorstellung von Freundschaft ist, daß man immer einer
Meinung sein müsse und sich von jemand trennt, wenn man politisch nicht mehr
auf einer Linie liegt.
Das weiß
man immerhin sehr genau von Helmut Schmidt: Er konnte Servilität nicht
ausstehen, schätze und akzeptierte Widerspruch und war sogar ganz besonders an
entgegengesetzten Meinungen interessiert.
Darin
unterschied er sich fundamental von seinem Nachfolger, der nur Ja-Sager um sich
duldete.
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