(Benjamin Franklin)
Bei der gestrigen, dritten US-Präsidentschaftsdebatte sah man
wieder einmal einen faktenfernen und sprachfaulen Donald Trump. Immer wieder
floskelte er über „and many many more“ oder „many others.“
Mit 12 oder 13 Jahren, so ungefähr in der 7. Klasse
bekamen wir solche Formulierungen bei Deutsch-Aufsätzen als „Stilfehler“
angestrichen.
Bitte keine vagen Formulierungen, schreibt aus, was
gemeint ist.
Daß Trump auf dem geistigen Niveau eine Präpubertären
stehengeblieben ist, wundert nicht. Bei ihm zeugen diese prahlerischen und
substanzlosen Formulierungen von seinem gewaltigen Ego. Er findet sich selbst
so großartig, daß er es gar nicht nötig hat, sich für ein paar Sekunden zu
konzentrieren, um konkret auszudrücken, was er eigentlich sagen will.
Ganz offensichtlich ist er völlig unfähig Selbstreflexion
zu betreiben. Er kann sich nicht zur Realität in Relation setzen, sondern sieht
sich als alles überstrahlenden Fixstern.
Wer es wagt zu widersprechen oder ihn auch nur
anzweifelt, muß in Trumps Universum zutiefst böse, verblödet, bestochen,
korrumpiert oder alles zusammen sein.
Warum stößt dieser Charakter nicht 100% der Amerikaner
ab? Wieso finden ihn 40 % der Wähler ganz großartig?
Vielleicht liegt es daran, daß die meisten Menschen
sich selbst als Mittelpunkt der Welt sehen. Daher verstehen sie instinktiv
Trumps extrem egozentrierte Sicht auf die Dinge.
Es erfordert eine gewisse intellektuelle Anstrengung
sich selbst als das unwichtige kleine Rädchen zu sehen, das man tatsächlich
ist.
Die eigene Endlichkeit, Begrenztheit und Unwissenheit
als selbstverständlich zu akzeptieren, erschreckt die meisten Homo Sapiens,
weil sie dazu zu dumm sind.
Wir mogeln uns um unsere im Vergleich zu Stören (150 Jahre), ldabra-Riesenschildkröten
(250 Jahre), Grönlandhaien (400 Jahre), Sumpfzypressen (3.500 Jahre), Eichen
(10.000 Jahre) oder Neptungras (100.000 Jahre) recht kurze Lebensspanne herum.
Daß mit der Geburt eines Babys auch dessen Sterben und
Tod sicher ist, wird so erfolgreich verdrängt, daß Mensch ganz geschockt
reagiert, wenn ein Kind stirbt. Dann ist man am Boden zerstört und spricht von
besonderer Tragik.
Wieso eigentlich?
Könnte man nicht angesichts der elenden
Unausweichlichkeit des Sterbens über jeden froh sein, der es hinter sich hat?
Menschen altern und sterben.
Es ist genauso absurd sich gegen den Alterungsprozess
zu sperren (nur Blanche Devereaux bleibt ewig 42), wie den Gedanken an den
eigenen Tod zu verdrängen.
Da die Menschen generell nicht sterben wollen und aus
der Tatsache, daß sie es doch müssen, die Konsequenz ziehen energisch den Kopf
in den Sand zu stecken, sterben die Menschen auch in den meisten Fällen so, wie
sie es gerade nicht wollen.
Vorsorge würde zu viel IQ erfordern.
Zwei von drei
Deutschen verbringen die letzten Stunden ihres Lebens nicht an dem Ort, den sie
sich wünschen. Nach einer aktuellen Studie der DAK-Gesundheit wollen nur sechs
Prozent der Deutschen im Krankenhaus oder Pflegeheim sterben. In der Realität
sterben jedoch dreiviertel aller Menschen in solchen Institutionen. Diesen
deutlichen Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit zeigt die Krankenkasse
in ihrem Pflegereport 2016.
[….]
Tja, wenn doch bloß diese lästige Realität nicht wäre!
Ein Krankenhaus ist natürlich gut, wenn man krank ist
und dort Linderung oder gar Heilung erfahren kann.
Aber im Krankenhaus kann auch Leidensvergrößerung
erzielt werden. Mit dem lächerlich untauglichem Versuch das Unvermeidbare zu
vermeiden, verdient man nämlich prächtig.
Da müssen sich die Patientenwünsche hinten anstellen.
[….]
Nicht nur widerspricht das Sterben im
Krankenhaus den Wünschen der meisten Menschen. Es belastet auch das
Solidarsystem. [….] 64 Prozent dieser Personen waren im letzten
Quartal vor ihrem Tod im Krankenhaus. Gerade Klinikaufenthalte sind teuer: ihr
Anteil an den Gesamtkosten in den letzten drei Monaten des Lebens beträgt 83
Prozent. Ein solcher Aufenthalt kostet im Schnitt knapp 9000 Euro. [….] „Diese vermeidbaren Krankenhausaufenthalte
belasten nicht nur die Solidargemeinschaft. Sie stehen auch im klaren
Widerspruch zu dem, was sich die meisten Menschen wünschen, wenn sie sterben
müssen. […..]
Eine
vernünftige Pflege zu Hause in den eigenen vier Wänden, wie es sich die
überwältigende Mehrheit der Deutschen wünscht, kostet bei Sterbenden durchschnittlich
1.900 Euro im Monat.
Statt
diesem vergleichsweise sehr billigen Wunsch zu entsprechen, sorgt unser Gesundheitssystem
dafür, daß der 4 ½ mal so teure, nicht gewünschte quälerische Weg gegangen
wird.
[….]
Hinzu kommt eine Tendenz zur weiteren
Institutionalisierung des Sterbens, die sich aus den Beschreibungen der Sterbeprozesse
von Angehörigen oder Freunden ergibt: Vor mehr als 20 Jahren starben 55 Prozent
zu Hause und 6 Prozent im Pflegeheim. In den letzten fünf Jahren hingegen
starben 32 Prozent zu Hause und 22 Prozent im Heim. Der Anteil derer, die im
Krankenhaus starben, ist mit knapp 40 Prozent etwa gleich geblieben. [….]
Schuld
an diesem Irrsinn sind Geldgier der Pharmaindustrie und der übergroße Einfluss
der christlichen Religion auf die Parlamentarier.
Die
Christenmafia im Bundestag verweigert sich ostentativ
dem mehrheitlichen Wunsch der Bundesbürger ihre persönlichste
Angelegenheit überhaupt, nämlich ihr eigenes Leben, selbstbestimmt zu
gestalten.
Wären
die Menschen nicht so verblödet und geübt darin ihre eigene Sterblichkeit zu
verdrängen, würden sie anderen Parteien wählen.
[….]
Ginge es nach dem Willen der Bevölkerung,
wäre Sterbehilfe längst kein Tabuthema mehr: 87 Prozent der Deutschen meinen,
dass der einzelne Mensch selbst bestimmen darf, wann und wie er sterben möchte.
Immerhin 77 Prozent können sich vorstellen, persönlich Sterbehilfe in Anspruch
zu nehmen, wenn sie unter einer unheilbaren Krankheit, schwerer Invalidität
oder nicht beherrschbaren Schmerzen leiden. Der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte sprach 2011 in seinem Urteil zum Fall »Haas gegen die Schweiz«
sogar von einer »positiven Verpflichtung des Staates (…), die notwendigen
Maßnahmen zu ergreifen, die einen würdigen Suizid ermöglichen«.
In der Politik sind
diese klaren Voten bislang nicht angekommen. Im Gegenteil: Der Bundestag hat
mehrheitlich entschieden, die Möglichkeiten der Sterbehilfe so einzuschränken,
dass künftig kaum ein Sterbewilliger noch einen Arzt finden wird, der ihm bei
der Verwirklichung seines letzten Wunsches zur Seite steht. [….]
Unser
genialer Christenbundestag verdonnert also die Bevölkerung zu einem Zwangsweg
in die Palliativversorgung, die für über 90% der Menschen gar nicht möglich
ist, weil sich bisherige Bundes- und Landesregierungen unter dem Druck der
Kirchen- und Krankenhauslobby weigerten die entsprechenden Strukturen zu
schaffen.
Auch
ohne entsprechende gesetzliche Grundlagen, kann man aber einiges tun, um die
Wahrscheinlichkeit eines Endes mit extremen Schmerzen an Schläuchen und
Maschinen angeschlossen zu minimieren.
Man kann
zum Beispiel wie ich längst in einem Notariat gewesen sein und mit Stempel und
Siegel eine so weit wie rechtlich mögliche Patientenverfügung,
Vorsorgevollmacht und Pflegeverfügung zu erstellen. Man kann wie ich schon vor
Urzeiten einen Bestattungsvertrag abgeschlossen haben.
Man kann
rechtzeitig dafür sorgen so zu wohnen, daß man nicht irgendwann wegen Gebrechlichkeit
gezwungen wird umzuziehen (Stichwort „Barrierefreiheit“). Man kann sich
entsprechende Einrichtungen (Betreutes Wohnen, Alten-WGs, etc) ansehen, bevor
es zu spät ist und man gaga ins nächste staatliche Pflegeheim mit
Vierbettzimmern geschoben wird.
Man
könnte auch überlegen wie man die Reißleine zieht, bevor es soweit ist, daß man
nicht mehr selbst entscheiden kann.
Unglücklicherweise
ist Mensch aber zu wenig selbstreferenziell, um entsprechende Schritte zu
unternehmen. Siehe Trump.
Die
meisten Menschen sind kleine Trumps, die sich eine Welt ohne sich selbst gar
nicht vorstellen können.
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