Montag, 3. Oktober 2016

Was soll man nur mit den Sachsen machen?

Als in den frühen 1990er Jahren die PDS bei den Landtagswahlen in den Ostbundesländern sogar zulegte, obwohl man 1990 allgemein davon ausging, das Problem habe sich sicher bald erledigt und dann wären keine „Post-Stalinisten" mehr in den Parlamenten, war die schwarzgelbe Kohl/Merkel-Regierung ganz böse. Das ginge ja nun nicht, wie die Ossis da wählten. So was von undankbar. Der Westen zahle für sie und dann wollten die ihre SED zurück haben.
 Aus Bayern kamen dann Vorschläge Ost-Bundesländer mit besonders hohen PDS-Wahlergebnissen nicht mehr finanziell zu unterstützen. Keinen Soli für die Kommunisten!

Da hatten die Bayern offenbar missverstanden was „Demokratie“ und „freie Wahlen“ bedeutet; nämlich, daß man ohne Bestrafung die demokratische Partei wählen kann, die man möchte.

Unsere Verfassung erlaubt es natürlich nicht, daß eine Bundesregierung einzelnen Bundesländern den Geldhahn zudreht, nur weil die andere Parteien als im Kanzleramt Gewünschte wählen.

Inzwischen haben sich die Vorzeichen in ihr Gegenteil verkehrt.
Vielen Wessis (unter ihnen auch die über zwei Millionen Ex-Ossis, die inzwischen rübergemacht haben) gruselt es aufgrund der rechten Wahlergebnisse im Osten.
Dafür soll man auch noch Soli zahlen, daß die dann AfNPD wählen?

Natürlich gilt immer noch, daß Schäuble den Sachsen, Sachsen-Anhaltinern oder MeckPommern nicht den Geldhahn abdrehen darf, nur weil sie nicht so wählen, wie er es gern hätte.

Aber anders als es der Bundesinnenminister de Maizière aus Sachsen gestern behauptet hat, sind Linksextreme und Rechtsextreme eben nicht zu vergleichen.
Um es sehr vereinfacht zu sagen:

Linke suchen sich Stärkere als Opfer, weil sie für die Schwachen etwas erreichen wollen.
Rechte suchen sich Schwächere als Opfer, weil sie damit ihr verkrüppeltes Selbstbild aufpeppen wollen.

Hinzu kommt der ökonomische Aspekt. Während ein paar Prozent mehr für die Linke eben anders als vorhergesagt eben NICHT Investoren und Touristen abschreckt (BW ist unter einem grünen MP sogar wirtschaftlich stark gewachsen), wirken sich die rechtsradikale Gewalt auf den Straßen und die hohen Wahlergebnisse der rechten Parteien deutlich negativ auf den Wirtschaftsstandort aus.

(…..) Die rechtsradikalen Attacken in Brandenburg, Mecklenburg Vorpommern, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt schaden der Wirtschaft.

Rechtsextremisten und Rassisten werden in Deutschland immer häufiger gewalttätig. Von Januar bis Mitte September registrierte die Polizei bereits 507 Fälle fremdenfeindlicher Gewalt. Damit hat sich die Zahl gegenüber dem Vorjahr nahezu verdoppelt. Insgesamt wurden in den ersten achteinhalb Monaten des Jahres mehr als 1800 politisch motivierte Straftaten gegen Asylbewerber und Flüchtlinge registriert. Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums an die Grünen-Fraktion im Bundestag hervor, die dem SPIEGEL vorliegt. Demnach legten Neonazis und Asylgegner in diesem Jahr schon 78 Mal Feuer, die Polizei zählte sieben Tötungsdelikte. [….]

De Maizières Behörden sind genauso wie David Berger und Björn Höcke aber auf dem rechten Auge blind und reagieren hysterisch auf die islamistische Gewalt, obwohl diese zahlenmäßig viel geringer als die durch Rechtsradikale ist.

Trotz der Zunahme rechter Gewalt stufen die Behörden nur 20 Rechtsextremisten als sogenannte Gefährder ein. Zum Vergleich: Bundesweit sind 520 islamistische Gefährder registriert. Das sei «nicht verständlich», sagte Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic dem «Spiegel»: «Da klafft im rechten Bereich ein gewaltiges Loch zwischen der Anschlagswirklichkeit und der Zahl derer, die man real im Fokus hat.»

Da Rechtsextrem im Gegensatz zu Linksextremen grundsätzlich amoralisch und feige agieren, sind ihre Opfer ausschließlich unter den Schwachen zu finden:
Schwule, Flüchtlinge, Behinderte, Obdachlose.

Opfer, für die sich auch der Staat offensichtlich kaum interessiert.
Man stelle sich nur mal vor durch rechtsextreme Gewalt wären im Jahr 2016 schon 1.800 Gewalttaten gegen Millionäre verübt worden. Dann wäre aber Alarm im Bundesinnenministerium.
Der Wertekompass des Innenministers befindet sich also offensichtlich in gewaltiger Schieflage.
Wird gegen Arme und Schwache Gewalt ausgeübt, weil Rechte meinen damit ihren Werten zu frönen, stört es den wertkonservativen de Maizière scheinbar wenig.

Erst die Folgen der Folgen der Folgen, wenn statt der humanistischen Werte auch Sachwerte betroffen sind, wenn Arbeitgeber um ihre Profite bangen, alarmiert die Bundesregierung. (…..)

Am heutigen Einheitsfeiertag, der zum allgemeinen Missvergnügen ausgerechnet in der PEGIDA-Hauptstadt der Bewegung Dresden „begangen“ wird, zeigt sich, wieder einmal die widerliche-braune Seite Sachsens.


[….] Pfeifkonzerte, Sprechchöre, offener Hass: Selten war die Kluft zwischen Politik und Wutbürgern so spürbar wie bei den Einheitsfeiern in Dresden. Im Zentrum des Zorns stand die Kanzlerin.
Vom diesjährigen Tag der Deutschen Einheit bleibt der üble Eindruck zurück, dass ein Schwarm gereizter Hetzer sogar den wichtigsten Feiertag des Landes verderben kann. Beim zentralen Festakt in Dresden kam es am Montag permanent zu Sprechchören, Pfeifkonzerten und Rangeleien.
Mittendrin im Geschehen waren Deutschlands Top-Politiker - Kanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Joachim Gauck, Parlamentspräsident [….]     Der Weg zu den Veranstaltungsorten glich einem Spießrutenlauf. Die Frau des sächsischen Wirtschaftsministers Martin Dulig (SPD) brach in Tränen aus, als sie durch eine aufgebrachte Menge ging. Ein dunkelhäutiger Mann, der zum Gottesdienst in die Frauenkirche wollte, wurde mit Affenlauten und "Abschieben"-Rufen geschmäht.
    Politiker und Gäste, die von der Frauenkirche zum 700 Meter entfernten Staatsakt in der Semperoper gelangen wollten, durften aus Sicherheitsgründen nicht zu Fuß gehen. Sie stiegen in einen Bus. [….]


Sachsen ist eine Schippe schlimmer als andere Bundesländer, weil hier auch die Regierung klar Rechte bevorzugt, die Justiz einseitig Linke schlechter behandelt und auch die Polizei ungeniert mit PEGIDA sympathisiert.

Man darf nicht pauschal "die Sachsen" aburteilen, weil es selbstverständlich  auch die anderen Sachsen gibt, die den braunen Mob genauso schlimm finden, wie alle anständigen Menschen es tun.
Aber Sachsen wählt nun einmal mit Mehrheit seit 26 Jahren ununterbrochen die sehr rechte Sachsen-CDU, schickt die NPD in den Landtag.
 Übergriffe auf Minderheiten, Schwache, Flüchtlinge finden weit überproportional in Sachsen statt und schließlich ist die PEGIDA-Pest in allen anderen Städten außer Dresden eingegangen.


Sachsen ist tatsächlich im Durchschnitt viel rechtsextremer, xenophober und widerlicher als der Rest Deutschlands.

Man muß sich natürlich immer darüber im Klaren sein, daß Bezeichnungen von Völkern, Nationen, Volksstämmen grundsätzlich pauschal und unpräzise sind.

Formulierte man präzise, dürfte man gar keine Sympathien oder Antipathien für Nationen bekunden.
Man "fühlt" aber dennoch so und so gehört es zu unserem Sprachgebrauch.
Daher habe ich mich dem Schicksal inzwischen ergeben und formuliere zumindest in Chats der sozialen Netzwerke auch gelegentlich Pauschalurteile wie "ich mag die Inder nicht", "die Amis sind sowas von totalverblödet", "Bayern kann ich nicht leiden" oder auch "Ich liebe ja die Holländer!".

Die Pauschalisierung ist so offensichtlich, daß niemand auf die Idee kommen sollte, ich habe damit  jeden einzelnen Inder und jeden einzelnen Bayern im Sinn.
Natürlich gibt es viele nette Inder und freundliche, sozial eingestellte Bayern, natürlich gibt es auch Holländer, die Wilders wählen.

In dem Sinne: Verdammte braune Sachsen!
Kann man die nicht wieder zurückgeben? Verkaufen? Wozu brauchen wir die?
Säxit Now.

Da könnte man langsam mal über Strafmaßnahmen nachdenken, wenn ein Bundesland immer und immer wieder so nachhaltig das Ansehen Deutschlands ruiniert und die Regierungspartei CDU offensichtlich nicht gewillt ist etwas gegen den Neonazismus zu unternehmen, sondern den ausländerfeindlichen Kurs lieber anheizt.

Was also tun?

Der extrem gewalttätige Rechtsradikalismus in den Ostbundesländern – viel besser sieht es in Mecklenburg Vorpommern und Sachsen-Anhalt auch nicht aus – ist eine Folge von Angst, Doofheit und miserabler Bildung.

Die Bundesregierung muß das endlich ernsthaft angehen.
Drei Maßnahmen für den Osten sollten ganz oben auf der Agenda stehen – und ich erinnere in diesem Zusammenhang noch einmal daran, daß Herr Schäuble gegenwärtig auf überquellenden Kassen sitzt.

Massive Investition in Bildung, Schulen, Kitas, Betreuung, Sozialarbeit, Jugendämter.
Es kann nicht angehen, daß im reichen Deutschland nach wie vor die Grundschulen vergammeln und Millionen Kinder in Armut und potentieller Bildungsverwahrlosung aufwachsen.

Man muß die Initiativen, die Rechtsradikalismus bekämpfen, Aussteigerprogramme unterhalten, als Asylhelfer fungieren, finanziell viel besser ausstatten und nicht etwa wie die erbärmliche Kristina Schröder die Mittel entziehen.

Der Bund hat Druck auf die sächsische Landesregierung auszuüben, daß sie sich nicht bei den Rechtsradikalen anbiedert, sondern das Problem endlich ernstnimmt.
Mit Sonntagsreden und guten Worten funktioniert das offensichtlich nicht.
Da müssen klare Drohungen her: Kürzung der Subventionen, keine bundesfinanzierten Infrastrukturmaßnahmen mehr in Sachsen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig könnte sich einen anderen Standort suchen. Das Bundesinnenministerium könnte Sachsen die Unterstützung bei der Ausrichtung von Sport-Events entziehen.
Internationale Messen, Tagungen, Gipfel finden nicht mehr in Sachsen statt.

Es wäre unfair alle Sachsen zu strafen, aber wenn sich sie sächsischen Bürger wenigstens Pegida und Co entgegenstellen, wenn sie es vermögen endlich auch mal das Bild vom anderen Sachsen zu transportieren, könnte man den Liebesentzug des Bundes auch schnell wieder aufheben.

Es sind aber bisher nicht "nur" die paar Zehntausend Pegioten, die Montags marschieren und nachts hunderte Asylbewerberheime anzünden, sondern das große Problem ist die übergroße indolente Mehrheit der Sachsen, die das stillschweigen (oder zustimmend??) hinnimmt, es nicht für nötig hält etwas dagegen zu unternehmen.

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