Donnerstag, 29. März 2018

Multikulti, Islam und all das was die CSU nicht ausstehen kann.

Manchmal wird mir vorgeworfen, ich hätte es auch leicht so eine multikulturelle Einstellung zu kultivieren, da ich in keinem sozialen Problemstadtteil wohnte.

„Gegen DEINE Ausländer hätte ich auch nichts, die sind bei Euch ja Architekten, Ärzte oder Apotheker!“

Es ist richtig, mein zentral in Hamburg gelegener Stadtteil ist eher wohlhabend und mit der relativen Abwesenheit von sozialer Not geht höhere Bildung einher. Damit kommt es auch zu mehr Toleranz und weniger Kriminalität.
Das sind bedauerliche Korrelationen, wie zum Beispiel auch die zwischen Reichtum und Langlebigkeit. Gerecht ist das nicht, aber Arme sterben einige Jahre eher als Reiche, weil sie sich weniger gut ernähren, eine schlechtere Gesundheitsversorgung haben und durch geringere Bildung auch ungesünder leben.
Verglichen mit dem sehr xenophoben Dresden gibt es auch in meinem Stadtteil noch 1000% mehr Migranten.

 (….) Man erkennt das im Bundesland Hamburg, das einen zehnmal so hohen Migrantenanteil wie Sachsen hat. 1000% mehr Ausländer in Hamburg; verglichen mit Dresden. Da schlottern Lutz Bachmann, Michael Kretschmer und Stanislaw Tillich die Knie.
Schlimme Zustände sind das in Hamburg: kein einziger Brandanschlag auf Flüchtlingsunterkünfte und außerdem plagen sich die Hanseaten mit einem dreimal so hohem Bruttoinlandsprodukt je Einwohner, wie die Sachsen. (…..)

Aber Xenophobie ist nicht nur eine Frage des Wohlstandes und des Migrantenanteils.
Den Sachsen geht es ökonomisch gar nicht so schlecht, aber das sind einfach verbohrte Menschen mit chronischem Minderwertigkeitskomplex.

Was in der Wolle gefärbte Ausländerfeinde nie verstehen werden sind die Zusammenhänge zwischen interkultureller Befruchtung und ökonomischen Wohlstand.
Stichwort „Gentrifizierung“. Hamburgs schwierigste Stadtteile mit den höchsten Ausländeranteilen, die alle ein schlechtes und schmuddeliges Image hatten, wuchteten sich durch die quirlige Aktivität von Menschen verschiedenster Herkunft an die Beliebtheitsspitze empor.

Als ich in den 1980er Jahren studierte, musste ich auf dem Weg zur Uni den Bus durch die „Lange Reihe“ in St. Georg nehmen. Das war das Ghetto hinterm Hauptbahnhof mit Straßenstrich, jeder Menge Junkies und eben der Ort, an dem die Türken wohnten.
Fuhr ich spät nach Hause, hoffte ich immer, daß niemand in den Bus zusteigen möge, weil das tendenziell unheimliche Gestalten waren.
Aber all die „Ausländer“ machten kleine Läden auf und die Schwulen kamen auch noch dazu.
Seit gut zehn Jahren ist die Lange Reihe eine der beliebtesten Straßen überhaupt. St Georg gehört zu den vier, fünf teuersten Stadtteilen Hamburgs. Vor 30 Jahren gruselte ich mich noch davor da auch nur mal durchzufahren, inzwischen ist es dort so teuer, daß es für mich absolut unmöglich wäre dort eine Wohnungsmiete zu zahlen.

 Ganz ähnlich lief/läuft es mit dem linken Multikulti-Stadtteil Sternschanze und dem Karolienviertel. Noch vor wenigen Dekaden der abgehängte Problembezirk, jetzt superhipp und teuer.

Auch Hamburgs berühmteste Straße, die Reeperbahn in St. Pauli ist keine Ausnahme. Extrem schmuddelig, laut und voller Prostituierter und Junkies war es einst. Das hatte sehr niedrige Mieten zur Folge, weswegen viele Ausländer dahin zogen, die aber mit der Zeit alles so belebten, daß St. Pauli gegenwärtig der beliebteste Wohnstadtteil für Menschen unter 30 und Singles geworden ist. Die Mieten gehen durch die Decke.

Allermöhe und die Veddel sind ebenfalls auf dem Weg zu gentrifizierten „In-Stadtteilen“ zu werden.


Hier sollen nicht die Probleme der Gentrifizierung, der Segregation in Städten kleingeredet werden, nicht die brutale soziale Verdrängung aufgrund explodierender Mieten verschwiegen werden, aber das sind politisch-verwaltungstechnische Angelegenheiten, die eine kommunale Regierung wesentlich beeinflussen kann.

Fragt sich wie die rein „biodeutschen“ Dörfer in Sachsen ökonomisch belebt werden sollen?
Dort stirbt alles aus, außer der AfD.
Gentrifizierung ist zwar Mist, aber nicht so mistig wie keine Gentrifizierung.

 Der PP-Blogger und seine ultrarechten Kumpel nennen die genetisch reinen blonden Arier-Typen neuerdings „indigene Deutsche“, weil es bekanntlich in der Europäischen Geschichte keinerlei Völkerwanderungen gab und auch nie Kleinstaaterei herrschte, sondern die Nation Deutschland schon seit 2000 Jahren ein festes nicht durchmischtes Gebilde war, in das nie jemand einwanderte.

Ja, liebe Ausländerhasser, die ihr euch darüber beklagt, daß Taxifahrer, Putzfrauen, Lieferanten und Paketboten alle kein Deutsch mehr sprechen:
Erstens sind das Jobs, die offensichtlich kein Deutscher machen will, weil sie mies bezahlt und dazu sehr anstrengend sind.
Und zweitens ist es ein ökonomischer Glücksfall, daß all diese Menschen bereit sind hier zu arbeiten. Das ist das Rückgrat unserer Wirtschaft.
Die Gastronomie bräche ohne all die dunkelhäutigen Billigjobber in den Küchen ebenso zusammen wie die gesamte Pflegebranche.


Und welcher Deutsche will schon seine Oma selbst pflegen, statt sie ins Altersheim abzuschieben?

  Es sind rechte Politiker der CDU und CSU, die die Axt an Deutschlands Wirtschaft legen, wenn sie AfD-Politik imitieren und Geflüchtete deportieren.
In Deutschland herrscht gebietsweise Vollbeschäftigung.


Sie werden nämlich händeringend gebraucht und ihre Ausbildung scheitert oft nur daran, daß die Behörden keinen sicheren Aufenthaltsstatus erteilen.

 [….] Die Zahl der Azubis mit Fluchterfahrung hat sich 2017 in handwerklichen Betrieben auf etwa 11.000 mehr als verdoppelt. Das teilte der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) am Donnerstag in Berlin mit. Im Vorjahr waren es noch knapp 4600 gewesen.
[….] Auch bei den betrieblichen und kaufmännischen Ausbildungen im Bereich der Industrie- und Handelskammern war die Zahl der Ausbildungsverträge mit Geflüchteten zuletzt deutlich gestiegen. Achim Dercks, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), hatte das vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels begrüßt. Gleichzeitig forderte er die Politik auf, geflüchteten Azubis langfristigere Aufenthaltsgenehmigungen zu ermöglichen, die auch noch zwei Jahre über das Ausbildungsende hinaus gültig seien. [….]

Auch ein anderes „Problem“, das Rentenpolitiker umtreibt, beginnt sich durch die Flüchtlinge zu entschärfen.
Die demographische Falle, die dazu führen könnte, daß aufgrund der gesellschaftlichen Überalterungen die Renten nicht mehr finanzierbar sind.
Nun steigt aber die Geburtenrate wieder, weil Heimatvertriebene offenbar kinderfreundlicher als „indigene Deutsche“ sind.


[….] In Deutschland sind wieder mehr Babys geboren worden: Die Zahl der Geburten stieg 2016 im fünften Jahr hintereinander auf 792 131, teilt das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Im Vergleich zum Vorjahr sei das ein Anstieg von sieben Prozent beziehungsweise um 54 556 Babys.
[….] Zuletzt seien 1996 ähnlich viele Kinder zur Welt gekommen wie im Jahr 2016, berichten die Statistiker. [….] Mütter mit ausländischer Staatsangehörigkeit haben im Jahr 2016 184 660 Kinder geboren, was einen Anstieg von 25 Prozent im Vergleich zu 2015 bedeutet. Dazu trug bei, dass sich die Anzahl und die Zusammensetzung der potenziellen ausländischen Mütter verändert haben. So haben, das ergibt sich aus den Daten, mehr Mütter mit afghanischen, irakischer oder syrischer Staatsangehörigkeit Kinder bekommen. [….]
(SZ, 28.03.2018)





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