Im heutigen „Mopo-Standpunkt“ streiten sich heute die
Grüne Landesparteichefin Anna Gallina und der GdP-Vorsitzende Gerhard Kirsch
über die Kennzeichnungspflicht für Politzisten.
Die Grüne hatte als offizielle Beobachterin unter
anderen an den Anti-G20-Demos teilgenommen und befürwortet eine individuelle Kennzeichnung
der Beamten.
Das bauche die Polizei nicht zu fürchten, schließlich
ginge es um eine anonyme Nummer.
Kirsch, als offizieller Vertreter der Polizei bebt vor
Empörung.
Die Leute mögen die Polizei, sie vertrauen der
Polizei. Daher sei es gar nicht nötig irgendwas zu unterstellen.
Die Gegenüberstellung der Mopo ist reizvoll, da sie
sehr konfrontativ ist.
Allerdings handelt es sich hier um einen klaren Fall
von Frösche fragen, bevor der Sumpf trocken gelegt wird.
Natürlich ist der Hamburger Senat für so eine Frage
zuständig. Die Bürgerschaft vertritt nämlich wie der Name schon sagt, die
Hamburger Bürger.
Sie unterhalten und bezahlen die Polizei und
entscheiden daher auch, ob eine anonyme Nummernkennzeichnung erfolgen soll,
oder nicht.
Wenn ein Finanzminister Unternehmer vorher befragt, ob
er die Unternehmenssteuern erhöhen soll, ist die Antwort vorhersehbar, nämlich „nein“.
Wenn ein Schulsenator die Lehrer fragt, ob er deren
Wochenarbeitszeit erhöhen soll, ist die Antwort vorhersehbar, nämlich „nein“.
[….] Dass
Polizisten Namensschilder oder Nummern tragen sollen, wird immer wieder
diskutiert und ist in anderen Bundesländern sowie in manchen Nachbarstaaten
Praxis. Auftrieb bekommen hat die Diskussion durch die vielen Beschwerden über
die Polizei wegen ihres Einsatzes beim G20-Gipfel. Überdies hat der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im November 2017 Deutschland verurteilt,
weil behelmte Polizisten bei einem Einsatz in München keine Namensschilder
trugen.
Der Gerichtshof kritisierte, dass die Anschuldigungen gegen die Polizisten
nicht in angemessener Weise untersucht wurden: Diese hätten keine individuellen
Erkennungszeichen getragen. Die Strafverfolger hätten sich aber auch nicht
bemüht, diesen Mangel durch besondere Ermittlungsanstrengungen zu beheben.
Sowohl die FDP als auch die Linke beziehen sich in ihren Anträgen auf
dieses Urteil. […..]
(taz, 27.03.2018)
Frau Gallina sollte wie alle Politiker nicht nur auf
die Lobbyisten einer bestimmten Gruppe, also beispielsweise der
Polizeigewerkschaft hören, sondern alle Interessengruppen berücksichtigen und
das hat sie in diesem Fall offensichtlich getan.
Sarah Nothdurft, die Frau, der beim Trump-Besuch von einem Polizisten ein Arm gebrochen wurde,
sieht Polizisten in einem anderen Licht als Herr Kirsch.
Zahllose Websites dokumentieren
hunderte Übergriffe von Polizeigewalt beim G20.
[….] G20-Ermittlungen:
138 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten
Laut einem Bericht sind nach dem G20-Gipfel zahlreiche Ermittlungsverfahren
gegen Polizisten eröffnet worden. Mehr als 100 Beamten wird Körperverletzung
vorgeworfen. [….]
(Die ZEIT, 16. März 2018)
So weit, so normal. Politiker verschiedener Parteien
werten Meinungen unterschiedlicher Lobbygruppen verschieden stark.
Etwas merkwürdig ist allerdings wieder einmal der
unkritische Umgang der Presse, in diesem Fall der Mopo, mit der Polizeigesellschaft, die ganz
selbstverständlich als Vertreter aller Polizisten dargestellt wird.
Das erinnert ein wenig an die DİTİB, die vom damaligen
Innenminister Schäuble als Vertreter „der“ Muslime oder „der Moscheen“ zur
Islamkonferenz geladen wurde.
Es gibt aber keine einheitliche Vertretung der Muslime
in Deutschland.
Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion
e. V. (türkisch Diyanet İşleri Türk İslam Birliği, abgekürzt DİTİB) ist einer
von vielen Verbänden.
Gerade mal 20% der Muslime sind überhaupt in einem Moscheeverein
organisiert.
Es gibt schätzungsweise 4,4 bis 4,7 Millionen
muslimische Menschen in Deutschland, die in etwa 2350 Gemeinden engagiert sind.
Die größeren Verbände sind neben der DİTİB der Zentralrat
der Muslime, der Verband der Islamischen Kulturzentren und der Islamrat.
Alle Verbände zusammen repräsentieren also gerade mal
900.000 Muslime in Deutschland.
Bei den rund 280.000 deutschen Polizisten ist es
ebenfalls sehr unübersichtlich.
1.
Die GdP (Gewerkschaft der Polizei, 185.000 Mitglieder)
ist die Polizeigewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund. Vorsitz: Oliver
Malchow
2.
Die DPolG (Deutsche Polizeigewerkschaft, 94.000
Mitglieder) ist die Polizeigewerkschaft im Beamtenbund. Vorsitz: Rainer Wendt
3.
Der BDK (Bund Deutscher Kriminalbeamter, 15.000
Mitglieder) ist unabhängig und ist nur
für die Angehörigen der deutschen Kriminalpolizei zuständig. Vorsitz: André
Schulz
5.
Die DPolG Bundespolizeigewerkschaft, 12.000
Mitglieder) ist die Polizeigewerkschaft für Beschäftigte bei der Bundespolizei
und ihren Spezialeinheiten und dem Bundesinnenministerium. Vorsitz: Ernst G.
Walter
6.
Die Polizei-Basis-Gewerkschaft e.V. war gemäß
Eigenbezeichnung eine Fachgewerkschaft für den Bereich der Polizei. Befindet sich
in Auflösung, Vorsitzender: Dieter Uekermann
Darüber hinaus gibt es auch grüne, linke oder ganz
rechte Polizisten, die sich keiner Gewerkschaft verbunden fühlen.
(….) Der Berliner Polizist Oliver von Dobrowolski, der
als Beamter des Anti-Konflikt-Teams (AKT) beim Hamburger G20-Einsatz dabei war,
schreibt:
[…..] Welche
öffentlichen Aussagen waren an Schrägheit kaum zu überbieten?
Da gab es einiges zu vermelden:
Ein Gewerkschafts-Zombie entsteigt den Sümpfen und
wagt sich erneut ins Rampenlicht. Ob Print, Online oder TV, plötzlich gerierte
sich wieder ein Rainer Wendt von der DPolG als "Experte" und tat u.a.
kund, wie sehr er mangelnde Fehlerkultur bei den (seines Erachtens)
Verantwortlichen vermisst und forderte Rücktritte.
Angesichts der bigotten Vita dieses Herrn wirkt das
alles wie knallharte Satire. Ist sie aber nicht, sagt mein Hirn und will
daraufhin angesichts dieses paradoxen Bullshits implodieren.
Ganz oben auf der Liste verorte ich auch Wolfgang
Bosbach, langjähriger Ausschussvorsitzender Inneres im Bundestag. Dass er sich
unmittelbar nach den Krawallen in Hamburg auf n-tv derart in Rage redet, nur
weil er von der Interviewerin nach einer möglichen falschen Polizeitaktik
gefragt wird, spricht nicht eben für eine realitätsbezogene Wahrnehmung der
Dinge. Vielmehr mag man hier dem eigenen Lager entsprechen und um Himmels
willen nur nicht am Gewaltmonopolisten Polizei Zweifel anbringen. Aber hieße
das dann statt „Auch Mensch“ nicht eher „unfehlbarer Polizeiroboter“?
Viele andere Politiker standen dem aber nicht viel
nach. Wer Vergleiche der kriminellen Krawallmacher mit Terroristen anstellt,
kann nicht bei Sinnen sein und verhöhnt gleichzeitig die Opfer und
Hinterbliebenen tatsächlicher terroristischer Gewalt. [….]
BDK-Chef Schulz ist also keineswegs wie von der Mopo
dargestellt ein Vertreter „der“ Polizei, sondern einer der vielen
Polizeivertreter, die untereinander eine herzliche Abneigung pflegen.
Dafür, daß es sich bei Polizeigewerkschaftsführern um „Gesetzeshüter“
handelt, nehmen sie es übrigens erstaunlich locker mit Gesetzen. Im
Privatleben.
[….] Oberster
Polizeigewerkschafter: Wendt soll mehr als 120.000 Euro verdienen. [….]
Der Gewerkschafter hat offenbar nicht nur ein Beamtengehalt bezogen, obwohl
er nicht mehr als Kommissar arbeitete, sondern auch Einkünfte für diverse
Gremienposten. Besonders ein Versicherer zahlte gut. [….] Das nordrhein-westfälische Innenministerium
wird nach Informationen von „Spiegel Online“ ein Disziplinarverfahren gegen
Rainer Wendt, den Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG),
einleiten. Grund dafür sei nach einem Bericht des Magazins „Der Spiegel“, dass
Wendt 77.721,13 Euro brutto für fünf verschiedene Gremienposten bekommt. Allein
für seinen Posten im Aufsichtsrat des Versicherungskonzerns Axa erhalte er eine
Aufwandsentschädigung von 50.000 Euro im Jahr.
Weiter ginge aus einem Papier von Wendts Anwalts hervor, dass der
Gewerkschafter insgesamt Einkünfte in Höhe von 124.145,29 Euro brutto erhalte.
Als Polizeihauptkommissar habe er demnach 3348,68 Euro brutto im Monat
erhalten, von seiner Gewerkschaft eine Aufwandsentschädigung in Höhe von
monatlich 520 Euro brutto. Insgesamt
würden sich die Einkünfte auf 124.145,29 Euro brutto belaufen. Laut „Spiegel Online“ hatte Wendt diese
Bezüge weder angegeben noch die Nebentätigkeit angezeigt. [….]
[….] Der Chef
der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, soll ohne jede Rechtsgrundlage
bei fortlaufender Bezahlung vom Dienst freigestellt worden sein. Zu diesem
Schluss sollen die Sonderermittler des Landes Nordrhein-Westfalen in ihrem
Abschlussbericht zu der Affäre gekommen sein, schreibt die Westdeutsche
Allgemeine Zeitung (WAZ).
Wendt habe seit 2006 keinen Dienst mehr als Polizist geleistet und soll
zudem Anfang 2010 rechtswidrig auf eine neu geschaffene Stelle der höheren
Besoldungsgruppe A12 beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) in
Duisburg befördert worden sein. [….]
[….] Affäre um
BDK-Chef [….]Wurde Schulz, der Chef
des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) ist, über Jahre von der Hamburger
Polizei entlohnt, ohne dafür eine Leistung zu erbringen? Und, falls diese Frage
bejaht werden kann: Wer trägt dafür die Verantwortung?
[….] Papiere,
die NDR Info vorliegen, zeichnen ein Bild, das auch die Behörde selbst in einem
kritischen Licht erscheinen lassen könnte. Das eine Dokument trägt das Siegel
der Behörde für Inneres, datiert vom 6. Dezember 2013. Es bestätigt, dass der
Hamburger Kripo-Beamte Schulz in Zukunft nur noch zur Hälfte von der Hansestadt
Hamburg beschäftigt wird. Relevant ist das deshalb, weil in diesem Papier
ausdrücklich vermerkt ist, dass die Ausübung des gewerkschaftlichen Amtes
"grundsätzlich im dienstlichen Interesse liegt".
[….] Das zweite
Dokument, das NDR Info vorliegt, gibt einen deutlichen Hinweis: Es ist ein
Schreiben des früheren Polizeipräsidenten Wolfgang Kopitzsch vom 18. März 2014.
Geregelt ist darin, in welcher Weise Schulz nach seiner Wahl zum
Bundesvorsitzenden des BDK künftig für die Polizeibehörde Hamburg tätig sein
soll. Es sei vereinbart worden, dass Schulz eine "dienstliche Verwendung
erhält, die keine durchgängige Anwesenheit in Hamburg erfordert". [….]
Mehrfache Anfragen von NDR Info wollte
die Polizeibehörde in der Hansestadt nicht konkret beantworten. Zur Begründung
wurde auf laufenden Prüfverfahren verwiesen. Sicher ist: Die Angelegenheit wird
auch in Zukunft für Aufmerksamkeit sorgen. Denn mittlerweile ist auch die
Staatsanwaltschaft Hamburg involviert. [….]
[…..] Die
Staatsanwaltschaft Hamburg hat nach Informationen des "Spiegel" am
Montagmorgen im Betrugsverfahren gegen André Schulz, Chef des Bundes Deutscher
Kriminalbeamter (BDK), eine Razzia veranlasst. Demnach durchsuchten Ermittler
zunächst das Privathaus des Beschuldigten in Hamburg und später die
Geschäftsstelle des BDK in Berlin. Zuständig sei das Dezernat Interne
Ermittlungen, eine Spezialdienststelle in Hamburg. Schulz wird seit Januar 2014
zu 50 Prozent von der Hamburger Polizei bezahlt. Der Erste
Kriminalhauptkommissar arbeitet aber zu 100 Prozent für die Gewerkschaft, wie
er bei Bekanntwerden der Affäre im vergangenen März erklärte. [….] Anfang November vergangenen Jahres hatte
Oberstaatsanwältin Nana Frombach dem Abendblatt bestätigt, dass gegen Schulz
"und weitere Personen" ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts
des Betrugs eingeleitet wurde. [….]
[….] Er ist
einer der einflussreichsten Hamburger Gewerkschafts-Bosse, vertritt die
Interessen von rund 5000 Polizisten. Jetzt wird gegen Gerhard Kirsch, den Chef
der Gewerkschaft der Polizei (GdP), ermittelt – wegen mittelbarer
Falschbeurkundung. Hintergrund der Ermittlungen: Die Vereinssatzung der GdP
Hamburg wurde im Juni vergangenen Jahres auf dem Delegiertentag verabschiedet.
Diese regelt alle internen Strukturen, wie zum Beispiel Wahlen abzulaufen haben
und welche Gremien in der Gewerkschaft welche Aufgaben übernehmen. Ein
GdP-Mitglied suchte kürzlich das Amtsgericht auf und nahm Einsicht in die dort
hinterlegten Vereins-Akten. „Ich konnte es kaum fassen, als ich die Satzung
sah. Denn diese war nicht die von uns auf dem Delegiertentag verabschiedete,
sondern eine geänderte“, sagt der Polizist. Zum Beispiel soll der Paragraf, der
die Aufgaben des Landesbezirksvorstands regelt, gestrichen worden sein. „Dieser
Vorstand steht Herrn Kirsch kritisch gegenüber und er hat dort keine Mehrheit.
Dadurch, dass es diesen Paragrafen nicht mehr gibt, hat das Gremium keine
Entscheidungsgewalt. Somit hat Herr Kirsch seine Kritiker vorübergehend
ausgeschaltet“, so der Beamte, der anonym bleiben möchte. Aus den Reihen der
Gewerkschaft wurde vor einigen Wochen Anzeige erstattet.
Oberstaatsanwältin Nana Frombach bestätigte, dass gegen den GdP-Boss
ermittelt wird. Im Falle einer Verurteilung könnten ihm wegen mittelbarer
Falschbeurkundung bis zu drei Jahre Haft drohen. [….]
[….] Er jammert
über Denunzianten, sieht sich in Ehre und Würde verletzt und will bis zuletzt
kämpfen: In markigen Worten hat sich jetzt der umstrittene Chef der
Gewerkschaft der Polizei, Gerhard Kirsch (51), erstmals ausführlich öffentlich
geäußert.
Mit Handy am Ohr und unangeschnallt war der leitende Verkehrspolizist auf
der Stresemannstraße in den „Blitzer“ gerast. Dann kam raus, dass er
wutentbrannt eine Tür in der Polizeischule aufgebrochen hatte. Gegen Kirsch
wird ermittelt. Auf MOPO-Nachfragen gab er sich einsilbig, bat nur sehr
eindringlich über die Vorfälle nicht zu berichten.
Nun äußert er sich bei „Facebook“: „Ich bin nur ein Mensch, und ich bin
nicht frei von Fehlern.“ In seinem dienstlichen Leben sei er immer für seine
Fehler eingestanden und habe sich auch konsequent vor Untergebene gestellt, die
Fehler begangen haben. „Das war nicht immer einfach, aber es war so –
weggelaufen bin ich nie.“
[….] Dass die
MOPO über die Vorfälle berichtete, führt er auf „Denunzianten“ zurück, „die
meine Person mit allen Mitteln und feige erledigen wollen“. Und weiter: „Sollen
sie mich angreifen, sollen sie sich an ihrer Gemeinheit ergötzen, sollen sie
meine Ehre und Würde verletzen, sollen sie mich weiter denunzieren, beleidigen
und verraten: Aufgeben werde ich nicht!“ […..]
[….]Wird Gerhard Kirsch nach seinen Fehltritten
abgesetzt?
Kirsch fuhr unangeschnallt und mit Handy am Ohr in Radarfalle und
beschädigte eine Gebäudetür. Reaktion darauf nennt er "Verleumdung".
Hamburg. Es war keine gute Woche für
"Kirsche", wie sie ihn im Präsidium rufen. Wegen gleich zweier
Fehltritte ist Gerhard Kirsch, 51, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der
Polizei (GdP), derzeit Ziel von Spott und Kritik. Mit einer Verteidigungsrede
im Internet will er sich nun Luft verschaffen, im Konflikt mit internen Feinden
und der konkurrierenden Gewerkschaft. [….]
(HH Abla, 22.09.2015)
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