Dienstag, 22. Januar 2019

Keine Pluralität, nirgends.


Das muss schon hart gewesen sein für den konservativen FUNKE-Medien-Autoren Edgar S. Hasse.
In seinem Bestreben den Kirchen zu mehr Macht in dieser Heiden-Stadt Hamburg zu verhelfen, bahnt sich schon wieder eine Niederlage an.
Erzbischof Heße hatte sich im Januar 2018 maximal unbeliebt gemacht mit der Schließung mehrerer katholischer Schulen. Das Hamburger Abendblatt stellte ihm erst am Wochenende mal wieder eine ganze Seite kostenlose Werbung zur Verfügung stellte (Kirchenkritiker bekommen nie so eine Plattform).
Dieses Heße-Hasse-Gespräch ist ein Lehrbuchbeispiel für unkritischen Journalismus. Hier diminuiert sich ein Interviewer als devoter Stichwortgeber.

Zwei Tage später legt der klamme Katholik schon wieder nach.
Schließlich ging sein Plan schief zu Lasten der Hamburger Bürger mit den vom Senat geschenkten Grundstücken einen riesigen Profit zu machen.
Die erzbischöfliche Abrissbirne bringt nun den Verkauf der katholischen Krankenhäuser ins Spiel.
Der finanzielle Schuh drückt allzu sehr.
Zwar sprudeln die Kirchensteuereinnahmen wie noch nie, aber die Hamburger Katholiken haben sagenhaft schlecht gewirtschaftet und da das Erzbistum noch relativ jung ist, fehlen ihm mehrere Jahrhunderte Zeit Gold, Schätze und Immobilien an sich zu raffen.
Herr Heße fragte schon bei anderen deutschen Bistümern nach, die bekanntlich auf Milliarden-Reserven sitzen, ob sie ihm nicht ein bißchen aus der Klemme helfen würden, um in der hanseatischen Diaspora katholischen Schulen offen zu halten.
Aber daraus wurde nichts – abgeben mag kein Bistum. Schließlich kommt man nicht zu einem Milliarden-Berg, wenn man Anderen Geld gibt.
Ärmeren Geld überlassen??
Dafür gibt es bei den Katholiken gar kein Verfahren. Nein, nein, nein, so geht es nicht. „Solidarität“ klingt schon so fies sozialistisch.

[….] Inzwischen bat Heße sogar reichere Bistümer um Unterstützung. Der Erzbischof: „Kurz nach der Ankündigung der Schulschließungen habe ich im Ständigen Rat der Bischofskonferenz in Würzburg an die grundsätzliche Solidarität appelliert und deutlich gemacht, dass es einen Ausgleich zwischen armen und reichen, großen und kleinen Diözesen geben muss.“ Das sei auf der Frühjahrsvollversammlung vom Vorsitzenden, Kardinal Reinhard Marx, „ausdrücklich aufgegriffen worden“. Heße: „Aber das müssen wir als Bischofskonferenz jetzt entwickeln. Im Moment gibt es ein solches Solidaritätssystem nicht, sodass ich auch gar nicht einen solchen Antrag hätte stellen können.“ [….]

Nun blickt der Hamburger Oberkatholik schon wieder in den Abgrund und überlegt welche soziale Einrichtung man versilbern könnte.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Heße immer an die Posten denkt, die den größten sozialen Aufschrei verursachen, die am meisten Menschen betreffen. Dann wird schon irgendwer – Senat, Staat, reiche Gönner – einspringen.

Nun sind also die Kranken dran.
Das könnte sich lohnen, da das (flächenmäßig) größte deutsche Bistum über acht katholische Krankenhäuser verfügt, die teilweise riesig sind. Eins davon durfte ich vor zehn Monaten ausführlich von innen kennenlernen und so möge man mir meine Subjektivität verzeihen: Ja bitte! Die Kliniken sollen einen säkularen Träger bekommen, der es erlaubt, daß dort auch Geschiedene, Atheisten, Buddhisten, Juden und sogar Schwule arbeiten dürfen.
Es betrifft viele Angestellte und sehr viele Patienten, die lieber Pfleger mit Zeit als mit Bibelversen haben möchten.

[…..] In Hamburg gibt es drei katholische Kliniken: Das Marienkrankenhaus (586 Betten) als größtes konfessionelles Krankenhaus in der Stadt, das Kinderkrankenhaus Wilhelmstift in Rahlstedt mit jährlich 11.000 stationären Patienten und das Krankenhaus Groß-Sand in Wilhelmsburg. [….]

Mögen die acht Krankenhäuser von der kirchlichen Knute befreit werden und stattdessen wie das Universitätskrankenhaus UKE unter städtischer Trägerschaft stehen. Dann geht es nicht mehr um Glaubensverkündigung und Profit, sondern ums Patientenwohl.
Fun Fact am Rande: Durch den großzügigeren Schwesternschlüssel glänzt das UKE mit hoher Patientenzufriedenheit und macht – ganz nebenbei bemerkt – trotz gewaltiger Investition und des ständigen Ausbaus der bestehenden Kliniken sogar finanziellen Gewinn.

Dies ist meine Meinung. Offenbar bin ich aber der einzige, der so denkt. In der veröffentlichten Meinung kommen zustimmende Ansichten zu Heßes Klinikverkaufsabsichten gar nicht vor.
Daß man überhaupt so denken könnte, etwas Positives im Rückzug der Katholischen Kirche zu sehen, fällt Herrn Hasse gar nicht ein.
Das erscheint aber offenbar auch den befragten Politikern als zu absurd. Von ganz links bis ganz rechts gibt es nur Kritik an den Überlegungen.

Der arme Hasse zitiert sogar einen Linken, der noch dazu – Oh Graus – türkischstämmig ist.

[…..] Deniz Celik (Die Linke), Mitglied der Bürgerschaft und Fachsprecher für Gesundheit und Gewerkschaftspolitik, sagte: „Der mögliche Verkauf an einen privaten Investor wäre ein verheerendes Signal für die Krankenhausversorgung.“ In diesem Zusammenhang erinnerte er an die Asklepios Kliniken. „Sie wurden privatisiert und belegen im Ranking der Patientenzufriedenheit laut Krankenhausspiegel alle zusammen die letzten Plätze.“ Deniz Celik befürchtet, dass eine weitere Privatisierung in Hamburg für die Patienten zu Verschlechterungen führen würde. „Der Verkauf eines katholischen Krankenhauses sollte, wenn überhaupt, nur an die Stadt Hamburg erfolgen. Damit würde ein Krankenhaus, mit dem die Hamburger überdurchschnittlich zufrieden sind, in öffentliche Hand kommen, und die Qualität könnte wie im UKE auch hoch bleiben“. [….]

Schock, schwere Not – redet der Linke da etwa einer Verstaatlichung das Wort?
Dann können doch gar keine Milliardensummen von den Patienten in die Taschen steinreicher Heuschrecken wie Herrn Broermann fließen und bleiben womöglich einfach im Gesundheitssystem, so daß am Ende noch Krankenschwestern besser bezahlt werden und mehr Personal eingestellt wird!!!!
Zum Glück gibt es die wirtschaftspolitisch noch in den 1980er Jahren lebende Hamburger FDP, die eine gute Lösung weiß: PRIVATISIEREN! Das hat ja bisher auch immer so toll funktioniert, wenn öffentliche Versorger an internationale Heuschrecken verscheuert wurden. Und was ist die Gesundheit der Bürger schließlich für einen Liberalen anderes, als eine Möglichkeit großen Reibach zu machen?

[….] Der Hamburger FDP-Bundestagsabgeordnete Wieland Schinnenburg plädierte dafür, die Trägervielfalt bei den Kliniken zu erhalten. Und fügte hinzu: „Keinesfalls darf ein Krankenhaus von der Stadt Hamburg übernommen werden. Die hat beim Landesbetrieb Krankenhäuser einen großen Schuldenberg hinterlassen.“ [….]

Ja, Schinnenburg, als die CDU mit der FDP Hamburg regierte und die LBK Gelddruckmaschine hielt, ging das schief.
Der Gedanke, daß es um das Wohl der Patienten geht und nicht darum, daß Investoren Gewinne machen, existiert für den Liberalen offensichtlich genauso wenig wie der Gedanke, daß Kirchenrückzug ein positives Signal ist für Herrn Hasse.



Schinnenburg und Hasse brauchen offensichtlich ein bißchen Nachhilfe:

(……) Eine Geschichte wie diese spielt sich in den Asklepios-Kliniken offenbar immer wieder ab. Ich selbst habe das bei Angehörigen so ähnlich im Asklepios-Barmbek und im Asklepios St. Georg erlebt.

Die Vorgabe der Asklepios-Gruppe war beispielsweise beim großen Krankenhausneubau von Hamburg-Barmbek, daß die Klinikbetten immer zu 100% belegt sein müssten zur Gewinnmaximierung. Daher wurde eine Bettenzahl von etwa 90% des Bedarfs geplant. Wenn auf der kardiologischen Station mit 18 Doppelzimmern 37 bis 38 Patienten liegen  - alle Zimmer doppelt belegt plus ein oder zwei auf dem Gang, versorgt von zwei kardiologischen Krankenschwestern insgesamt, ist Asklepios-Besitzer Bernd Broermann zufrieden, denn dann rollt der Rubel. Es wird schließlich nach Fallpauschalen bezahlt und nicht nach Erfolg oder Zufriedenheit der Patienten.
Bernd Broermanns Vermögen wuchs in den letzten 12 Monaten von 2,95 Milliarden auf 3,10 Milliarden Euro (BILANZ Magazin September 2016).
150 Millionen Euro Zuwachs in einem Jahr beutet, daß der Mann alle zwei bis drei Tage eine Million Euro mehr hat, die er aus seinen Patienten herauspresst.

Broermann hat inzwischen buchstäblich so viel Geld, daß er kaum noch weiß wohin damit.
Vom Himmel gefallen ist der reiche Bernd Broermann nicht.
Die Genies von der Hamburger CDU haben ihn kreiert.
Sie verachteten den eigenen Staat so sehr, daß sie meinten, die öffentliche Hand könne keine Krankenhäuser betreiben (als ob nicht auch die Stadt fähige Manager einstellen könnte). Sie wollten, daß die Milliardengewinnen aus den Patienten-Portemonnaies aus dem Gesundheitssystem abfließen, um eine einzelne Person reich zu machen, statt allen Kranken zu Gute zu kommen.

Als langjähriger Beobachter der politischen Szene muß ich sagen, daß ich ein derartiges komplettes und nachhaltiges Versagen auf allen Ebenen, wie das des CDU-Senats unter Ole von Beust 2001-2010 noch nie erlebt habe.

Die Zeche für diese katastrophal falsche Wahlentscheidung der Hamburger Wähler während der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts werden wir alle noch lange abzahlen.

Wenige Monate nach dem Schicksalstag in der Colorline-Arena traf Peiner eine für die Stadt noch katastrophalere Entscheidung. Er verschleuderte die landeseigenen Krankenhäuser an Bernd Broermann.

Der Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) ist begleitet von Protesten, Kritik, Vorwürfen und einem missachteten Volksentscheid.
- Als die Verkaufsabsichten des Senats bekannt wurden, startete die Initiative "Gesundheit ist keine Ware" ein Volksbegehren, das am 29. Februar 2004 zum Volksentscheid führte. 76,8 Prozent der Hamburger lehnten den Verkauf ab. Der Senat ignorierte den Volksentscheid. Im Dezember beschloss die Bürgerschaft den Verkauf des LBK, nachdem das Verfassungsgericht grünes Licht gegeben hatte. Dennoch blieb Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) im Kreuzfeuer der Kritik. Die Vorwürfe:
- Asklepios wurde bevorzugt, andere Mitbewerber wie Helios und das Unternehmen Rhön-Klinikum wurden ausgebootet, ihre Angebote schlechtgerechnet. Der LBK wurde Asklepios zu einem "Schleuderpreis" hinterhergeworfen (Jens Kerstan, GAL). Aus der Finanzbehörde hieß es zu den Vorwürfen nur: "Das Angebot von Asklepios war und ist das beste." Laut Senat wurde der LBK für 318 Millionen Euro verkauft. Die Angebote der Mitbewerber wurden vom Senat nicht veröffentlicht.
Mehr als Tausend LBK Bedienstete warten auch 5 Jahre nach dem LBK "Verkauf" noch auf zugesicherte Stellen im Dienste der Stadt! Kosten für den Hamburger Haushalt und den Steuerzahler 60 Mio. bis Dato!
Auf Stationen von LBK-Krankenhäusern wurde ein Flugblatt verteilt, das offensichtlich der politischen Unterstützung des Hamburger Finanzsenators Wolfgang Peiner (CDU) dient. Verantwortlich für die Verteilung: Asklepios Kliniken Verwaltungsgesellschaft mbH, Zentrale Dienste Unternehmenskommunikation & Marketing.

Daß sich Peiner für Bernd Grosse Broermann entschied ist so verwunderlich nicht – man kannte sich schon.

Im September 2001 übernahm eine Koalition aus CDU, Schill-Partei und FDP nach 44 Jahren SPD-Herrschaft die Regierungsgeschäfte in Hamburg.
Im Dezember 2003 beschloss der neue Senat nach einer internationalen Ausschreibung, dem privaten hessischen Klinikbetreiber Asklepios Anteile am LBK zu verkaufen. Drahtzieher war der damalige Finanzsenator Wolfgang Peiner. Da Asklepios-Inhaber Bernard gr. Broermann zum Verwaltungsrat einer Versicherung gehörte, als Peiner dort im Vorstand saß, warf die SPD dem Senat Vetternwirtschaft vor.
Am 29. Februar 2004 beteiligten sich 788.563 Hamburger Bürger an einem Volksentscheid, den Gewerkschaften und soziale Gruppen unter den Slogan "Gesundheit ist keine Ware" organisiert hatten. 593.497 stimmten gegen den Verkauf, das waren 76,8 Prozent der Stimmen. Da die mittlerweile allein regierende CDU um Bürgermeister Ole von Beust den Volksentscheid als nicht bindend einstufte, zogen dessen Initiatoren vor das Hamburger Verfassungsgericht.
Am 15. Dezember 2004 bestätigte das Gericht die Sichtweise der CDU. Einen Tag später beschloss die Bürgerschaft, den LBK zu 74,9 Prozent an die Asklepios-Kliniken GmbH zu verkaufen. Als Kaufpreis wurden knapp 320 Millionen Euro vereinbart, wovon 75 Millionen ertragsabhängig waren und nicht bezahlt werden mussten, da der erwartete Ertrag ausblieb.

2004 hatte Hamburg den LBK privatisiert, obwohl eine Mehrheit der Hamburger Wahlberechtigten sich in einem Volksentscheid dagegen ausgesprochen hatten. Die Opposition aus GAL und SPD hat schon bei Abschluss des Kaufvertrages 2004 kritisiert, dass die Stadt bei dem Geschäft draufzahle. Nach Lektüre der Verkaufsunterlagen hatten sie den Vorwurf erhoben, Peiner habe bei dem Deal kräftig manipuliert. Er habe sich, entgegen seiner eigenen Darstellung, aktiv in die Verhandlungen eingemischt und strittige Details mit Asklepios-Chef Bernard Broermann persönlich verhandelt - einem alten Geschäftspartner aus Peiners Zeit bei der Gothaer-Versicherung. So sei das Angebot der Asklepios-Klinikgruppe mehrfach geschönt worden.

Mit diesem Superdeal schwoll Bernd Broermanns Privatvermögen binnen weniger Jahre von nichts auf mittlerweile fast drei Milliarden Euro.
Die von seinen Mitarbeitern erwirtschafteten und den Patienten bezahlten Milliarden fließen nämlich nach der Wahnsinnstat des CDU-Bürgermeisters und des CDU-Finanzsenators nicht mehr in die Krankenhäuser, sondern in die Taschen des Peiner-Freundes Broermann.

Auch das noble Kempinski Hotel Falkenstein und das Villa Rothschild Kempinski – beide in Broemanns Wohnort Königstein im Taunus – gehörten dem Asklepios-Besitzer, während das 5-Sterne-Hotel „St. Wolfgang“ im bayerischen Bad Griesbach sogar direkt in den Asklepios-Konzern eingegliedert ist. Da wissen die Mitarbeiter von Asklepios wenigstens, wofür sie die unzähligen Überstunden leisten und wofür sie sich physisch wie psychisch kaputtmachen lassen. Anstatt die Gewinne dazu zu nutzen, die Qualität der Krankenhäuser zu steigern, indem er dafür sorgt, dass zumindest im Ansatz genügend Personal vorhanden ist, kauft Bernard gr. Broermann sich lieber ein Luxushotel nach dem anderen. Das ist nicht nur eine schallende Ohrfeige für die Mitarbeiter, denen alles abverlangt wird, um die Kosten zu drücken, sondern auch für die Patienten der Asklepios-Krankenhäuser. […] Die gesellschaftliche Bilanz von Broermanns unternehmerischen Tätigkeiten fällt indessen verheerend aus: Die Mitarbeiter der übernommenen Kliniken sind die Verlierer, die nicht nur schlechter bezahlt werden, sondern auch unter dem Stress und der Überbelastung physisch wie psychisch leiden. Die Patienten sind ebenfalls die Verlierer, da sie von Pflegekräften und Ärzten, die chronisch überarbeitet sind, nicht bestmöglich versorgt werden können. Die Kommunen sind ebenfalls die Verlierer, da sie sich ihr Tafelsilber unter Wert haben abnehmen lassen. Die einzigen Gewinner dieses Spiels sind Bernd große Broermann, der mittlerweile Milliardär ist und sich zwei Luxushotels im noblen Taunus angeschafft hat, und seine Geldgeber.

Ungeniert hacken die Hamburger CDU-Politiker von heute auf dem SPD-Senat rum.
Für die Folgen ihrer desaströsen Politik scheinen sie sich nicht zu schämen.

Die Liberalisierer, Privatisierer aus CDU und FDP hatten die Verachtung des Staates gemein mit den Trumps und AfDlern von heute gemein.
„Die Politik“ kann es nicht. Alle Macht der Wirtschaft, alle Macht den Managern, alle Gewinne den Reichsten. (….)

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