In Hamburg gibt es viel Reichtum, viele Singles und daher
auch sehr viele ältere Menschen, die in ihren großzügigen Behausungen bleiben
wollen, wenn die Kräfte so nachgelassen haben, daß sie Hilfe brauchen.
Ganz klar, eine Versorgung wäre praktischer und sicherer,
wenn man in ein Pflegeheim umzöge. Viele machen sich das Leben unnötig schwer
und riskieren Stürze, indem sie hartnäckig und uneinsichtig in ihren Wohnungen
ausharren.
Mit zunehmendem Alter werden wir allerdings kontinuierlich
unflexibler.
So sehr ich auch schon anderen dazu riet sich frühzeitig
nach einer altersgerechten Bleibe umzusehen – man muss das nämlich tun lange
bevor es unbedingt notwendig ist – so sehr verstehe ich, wenn man genau das
nicht will.
Natürlich will ich auch nie in ein Pflegeheim und hoffe, daß
ich irgendeinen früheren Ausweg aus dieser elenden menschlichen Existenz finde.
Aber sicher kann man nie sein. Morgen kann mir ein Stein auf
den Kopf fallen, mich ein Schlaganfall handlungsunfähig machen. Es ist ein
Trauerspiel.
Oder es kommt schleichend. Man wird vergesslicher,
unbeweglicher, ist aber natürlich immer noch in der Lage allein zu leben und
seinen Alltag zu bewältigen. Es fällt nur ein bißchen schwerer. Aber wegen
etwas Mühe muss man ja nicht ins Heim. Etwas mehr Mühe kann man auch aufwenden,
noch ist es ja nicht nötig. Und so verschiebt man und verschiebt man, bis man
tatsächlich nicht mehr jeden Tag allein sein kann.
Sofern man nicht ganz ohne finanzielle Mittel dasteht, gilt
es nun einen ambulanten Pflegedienst zu suchen.
Viele der etwas kommoderen Lösungen – Pflege nach Zeit,
1:1-Pflege, „polnische Pani“, die bei einem einzieht – sind noch teurer und
nahezu alle chronisch überlastet. Vor drei Monaten telefonierte ich für eine
Bekannte alle Möglichkeiten in ihrer Nähe durch und hörte immer nur „wir haben
keine Kapazitäten mehr, melden sie sich im Februar oder März wieder“.
Schließlich landet man mangels Alternative bei einem
christlichen Verein, wie den zur Diakonie gehörenden Bodelschwinghern.
Wenn ich es mir aussuchen könnte, ginge ich lieber zu einer
freigeistlichen Einrichtung. Ich ließ mich auch letztes Jahr nicht freiwillig
in einem streng katholischen Krankenhaus operieren. Aber manchmal beruhen
Entscheidungen nicht auf Freiwilligkeit, sondern werden einem abgenommen, wenn
es unbedingt notwendig ist.
Die Bodelschwingh Ambulante Pflege gGmbH in
Hamburg kann also durchaus in Frage kommen und überrascht dann mit freundlichen
Pflegekräften, die auch ganz offensichtlich nicht alle christlich sind.
[…..] Der Name Bodelschwingh bedeutet Arbeit im Geist der Diakonie. Im
Zentrum unserer Arbeit steht der einzelne Mensch, mit seiner Geschichte und
seinen Lebensumständen. Das bedeutet auch Toleranz seinem Glauben und seinen
Anschauungen gegenüber. Das christliche Menschenbild ist die Grundlage unserer
Arbeit. Es gebietet Achtung vor der Individualität jedes Pflegekunden. Und
Respekt vor seiner Würde als Mensch.
Pro Jahr über 185.000 mal Helfen
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bodelschwingh-Stiftung haben
Helfen zu ihrem Beruf gemacht, mit folgenden Angeboten: ambulante Pflege,
Behindertenhilfe, Hospizbegleitung und Jugendsozialarbeit.
Allein in der ambulanten Pflege summiert sich ihre Arbeit pro Jahr auf
mehr als 175.000 Besuche. Der ökonomische Umgang mit den Ressourcen und
moderne innere Strukturen sind dabei für uns so selbstverständlich wie das
persönliche Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. [….]
Ich akzeptiere also durchaus Hilfe von Einrichtungen in
Anspruch zu nehmen, obwohl diese unter christlicher Trägerschaft stehen.
Schließlich gelten die postulierten Überzeugungen sicher nicht für jeden
einzelnen Mitarbeiter.
Christliche Menschen sind nicht schlecht. Das Christentum
als Ideologie und die christlichen Institutionen sind es.
Ich bekämpfe den Einfluss der Kirchen, aber ich würde auch
für das individuelle Recht kämpfen Christ zu sein. Religionsfreiheit bedeutet
selbstverständlich auch an das zu glauben, was ich für völligen Unsinn halte.
Die RKK, die Kurie, die Päpste, der Vatikan, der Heilige
Stuhl, die Episkopate, die Diözesen machen eine verhängnisvolle und schädliche
Politik.
Dennoch sind unter den 1,3 Milliarden Katholiken viele gute
Menschen. Gute Menschen wählen CDU, hören deutschen RAP, sind HSV-Fans, gucken
Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen, stecken sich Bierflaschen in den Hintern,
trinken Buttermilch oder lassen sich piercen. Ich kann zwar nicht verstehen,
wie man geschmacklich so auf Abwege geraten kann und finde das alles abartig,
aber das bedeutet ja gerade Freiheit, daß die Ansichten einzelner, also auch
meine Abneigungen nicht relevant sind.
Man soll aber aufklären und Fakten verbreiten.
Der Name „Bodelschwingh“ ist genauso wenig positiv zu
konnotieren, wie „christliche Werte.“ Die Diakonie wirbt zwar damit, aber das
funktioniert nur aufgrund der Unkenntnis ihrer Kunden.
Daher an dieser Stelle ein paar Sätze zu den Bodelschwinghern.
Dabei handelt es sich um ein aus dem 13. Jahrhundert
stammendes rheinisch-westfälisches Adelsgeschlecht. Die Herren von
Bodelschwingh gehen auf raubende Ritter zurück und besetzen seit Jahrhunderten
Machtpositionen; die Familie besteht bis heute.
Zu den steinreichen Freiherren und Grafen gehören
konservative Minister, preußische Regierungsmitglieder, CDU-Abgeordnete und
viele Theologen.
Die heute so bekannten Gründer und Leiter der gleichnamigen
christlichen Anstalten waren
Friedrich von Bodelschwingh der
Ältere (1831–1910), deutscher evangelischer Theologe, Leiter der von
Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel.
Friedrich von Bodelschwingh der
Jüngere (1877–1946), deutscher evangelischer Theologe und Reichsbischof
Friedrich von Bodelschwingh
(Theologe, 1902) (1902–1977), deutscher evangelischer Pastor und Leiter der von
Bodelschwinghschen Anstalten
Wie beispielsweise der erste deutsche Reichsbischof Friedrich
von Bodelschwingh tickte, ist unzweifelhaft.
Er war glühender Nazi
und beteiligte sich an der Aktion T4, also der Sterilisierung und Tötung von
psychisch und körperlich Behinderten.
Das ist nichts weniger als Massenmord.
Womit die Namen „Bodelschwingh“ und „Bethel“ verbunden sind, sollte man also
wissen, wenn einen zu Weihnachten die Bettelbriefe dieser Vereine erreichen.
[….] Im Folgenden wird der Begriff »Euthanasie« bzw. »Euthanasie« Morde als
kollektive Bezeichnung für die nationalsozialistischen Massenverbrechen an
Kranken und an Menschen mit Behinderungen verwendet. Die Bezeichnung selbst ist
schon wegen seiner Verwendung im Nationalsozialismus hoch problematisch; wenn
sie dennoch Verwendung findet, dann aus dem Grunde, weil zahlreiche
Tötungsverbrechen durch den (ohnehin erst nach 1945 geprägten) Terminus »Aktion
T4« nicht abgedeckt sind, weil namentlich die Krankenmorde im besetzten
Ostmittel- und Osteuropa sowie die dezentral organisierten Tötungen nach dem
Sommer 1941 wenig oder gar nicht in die institutionelle Zuständigkeit der
Zentrale in der Berliner Tiergartenstraße 4 fielen. […..] Der Mord an Kranken, Menschen mit
Behinderungen und anderen als »rassisch minderwertig« stigmatisierten Opfern im
Nationalsozialismus versuchte, seine Legitimation aus der Eugenik abzuleiten,
ist aber schon seiner Einmaligkeit wegen nicht allein als eine direkte Folge
der eugenischen Bewegung vor 1933 zu interpretieren.
Formen der »Ausmerze«, die aus der heutigen Perspektive als Mord an
Anstaltsinsassen angesehen werden müssen, finden sich jedoch bereits lange vor
1933, namentlich die so bezeichnete »Hungereuthanasie«, d. h. die systematische
Unterernährung von Kranken und Anstaltsinsassen, der allein während des Ersten
Weltkrieges ca. 70 000 Menschen zum Opfer fielen. [….]
Hitler und die Nationalsozialisten waren neben der
generellen Begeisterung für das Töten von Kindern insbesondere an den an
Techniken zur massenhaften Tötung von Behinderten interessiert. Medikamente und
verschiedene Gase wurden ausführlich erprobt.
[….] Insgesamt wurden in sechs Anstalten Patienten durch das Giftgas
Kohlenmonoxid in eigens hierfür eingerichteten Gaskammern ermordet: in
Brandenburg an der Havel, Hadamar bei Limburg, Grafeneck, Sonnenstein/Pirna,
Hartheim bei Linz und Bernburg an der Saale. Nicht in allen sechs Anstalten
wurden zeitgleich Patienten umgebracht, vielmehr wurde die Anstalt Brandenburg
im September 1940 von Bernburg, Grafeneck Ende 1940 von Hadamar abgelöst. [….]
Beeindruckend ist insbesondere die Fähigkeit zur
Geschichtsklitterung. So wie die Wehrmacht noch 50 Jahre lang nach 1945 den
Mythos aufrecht erhalten konnte keinerlei Kontakt zu der Judentötung gehabt zu
haben, erreichte es insbesondere die Evangelische Kirche die Falschdarstellung
zu verbreiten, aufgrund der christlichen Proteste habe Hitler im Jahr 1941 von
der Aktion T4 abgelassen.
Tatsächlich wurden Myriaden Kranke direkt aus der Obhut der
Kirchen vergast.
Vom Ende der Aktion T4 kann davon keine Rede sein. Das Töten
von Behinderten – auch in den Bodelschwingh- und Bethel-Anstalten war nur so
weit professionalisiert worden, daß die großen Vernichtungs-KZs Majdanek,
Treblinka, Sobibór und Bełżec, sowie Auschwitz-Birkenau übernahmen.
[…..] Bis heute haben beide Kirchen – als Institutionen! – es verabsäumt,
ihre Mitwirkung an NS-Verbrechen öffentlich zu "bekennen". […..] Circa 400 000 kranke und behinderte
Menschen, Taubstumme, Epileptiker, Krüppel und Geistesgestörte, wurden im
Dritten Reich umgebracht: vergast, vergiftet, dem Hungertod ausgeliefert. Diese
Kranken gehören traditionell zur Klientel der Kirchen, da ja die Geistlichkeit
gern über pflegerische und Sozialarbeit ihre karitative Mission ausübt. Die
Schwestern, Seelsorger und Verwalter kirchlicher Pflegeanstalten überantworteten
ihre Schützlinge fast widerstandslos der Staatlichen Volksgesundheitspolitik
und damit dem Tode. Neben einzelnen Nein-Sagern – am folgenreichsten: Bischof
Galen in Münster – wirkte ein Heer von willigen Helfern bei der Durchführung
des "Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" und bei der
Nazi-Euthanasie mit. Nonnen, Pfarrer und Bischöfe setzten singend das Reich
Gottes mit dem Dritten Reich in eins.
Der Idiot beleidigt das Ebenbild des Schöpfers und muß deshalb diesem
"zurückgegeben" werden. Selbst Pfarrer von Bodelschwingh, der der
größten deutschen Behinderten-Einrichtung Bethel vorsteht, sieht keinen
Widerspruch zwischen der Sterilisierung "Erbkranker" und dem Willen
Jesu. Kardinal Faulhaber nennt die Euthanasie einen Akt der Notwehr gegen das
"minderwertige Element". 1941 übergeben die Neudettelsauer Anstalten
in Bayern ihre halbe Belegschaft dem staatlichen Fegefeuer. Das Heilinstitut
Scheuern in Hessen bietet sich selbst als Übergangsanstalt für das Lager
Hadamar an, wo der Gastod wartet. Es geht
geregelt zu. Die Todgeweihten erhalten die Sterbesakramente. Schließlich sind
sie in der Obhut der Kirche. [….]
Im Wikipedia-Eintrag zu der T4-Aktion wird ganz
selbstverständlich auch der angebliche Widerstand Friedrich von Boldeschwinghs
erwähnt, den die Deutsche Post im Jahr 1996 mit einer Sonderbriefmarke zu
seinem 100. Geburtstag ehrte.
Dem Nazi-Christen, der „Idioten“ ins Gas schickte waren
schon 1951 und 1967 philatelistische Ehrungen zugekommen.
An anderer Stelle heißt es korrekter:
[….] Von Bodelschwinghs Haltung zu eugenischen Sterilisationen war ambivalent.[1] Dem Gedankengut der Erbhygieniker verschloss er sich anfangs nicht. In einer Rede am 29. Januar 1929 zum Thema „Lebensunwertes Leben?“ setzte er sich im Stil der zeitgenössischen Diskussion mit der „katastrophale(n) Entwicklung“ durch „die wachsende Anzahl der Schwachen an Körper und Geist, der Minderwertigen“ und der damaligen Diskussion um „Ausmerzung der Minderwertigen“, „lebensunwert“ oder „minderwertig“ auseinander. Er zeigte auch die Möglichkeiten auf, diese „Bedrohung“ abzuwenden, einerseits die Sterilisation, andererseits die Euthanasie. In einem Vortrag auf der evangelischen Fachkonferenz für Eugenik, in der es um eugenische Sterilisationen ging, sagte er am 19. Mai 1931: „Ich würde den Mut haben, vorausgesetzt, dass alle Bedingungen gegeben und Schranken gezogen sind, hier im Gehorsam gegen Gott die Eliminierung an anderen Leibern zu vollziehen, wenn ich für diesen Leib verantwortlich bin“.[2] Bodelschwingh stand treu zum NS-Staat und verfasste am 29. März 1936 sogar aus eigenem Antrieb einen Aufruf zu den Reichstagswahlen. [….]
[….] Von Bodelschwinghs Haltung zu eugenischen Sterilisationen war ambivalent.[1] Dem Gedankengut der Erbhygieniker verschloss er sich anfangs nicht. In einer Rede am 29. Januar 1929 zum Thema „Lebensunwertes Leben?“ setzte er sich im Stil der zeitgenössischen Diskussion mit der „katastrophale(n) Entwicklung“ durch „die wachsende Anzahl der Schwachen an Körper und Geist, der Minderwertigen“ und der damaligen Diskussion um „Ausmerzung der Minderwertigen“, „lebensunwert“ oder „minderwertig“ auseinander. Er zeigte auch die Möglichkeiten auf, diese „Bedrohung“ abzuwenden, einerseits die Sterilisation, andererseits die Euthanasie. In einem Vortrag auf der evangelischen Fachkonferenz für Eugenik, in der es um eugenische Sterilisationen ging, sagte er am 19. Mai 1931: „Ich würde den Mut haben, vorausgesetzt, dass alle Bedingungen gegeben und Schranken gezogen sind, hier im Gehorsam gegen Gott die Eliminierung an anderen Leibern zu vollziehen, wenn ich für diesen Leib verantwortlich bin“.[2] Bodelschwingh stand treu zum NS-Staat und verfasste am 29. März 1936 sogar aus eigenem Antrieb einen Aufruf zu den Reichstagswahlen. [….]
Noch im Jahr 2019 steht aber der Name Bodelschwingh für
Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Ein Propaganda-Meisterwerk.
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