Die SPD ist cool, ganz im Ernst.
In der seit zehn Jahren existierenden Facebookgruppe „Säkulare Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten“
finde ich Gesinnungsgenossen, die genauso ticken wie ich.
Außerhalb der SPD, aber innerhalb der Social Media finden
sich hingegen Menschen, die meinen, als Atheist wären die Sozialdemokraten unwählbar geworden.
Gäbe es nur dieses eine Thema und gäbe es in der SPD auch
nur den Parteivorstand, könnte man in der Tat zu dem Schluss kommen.
Es gibt aber noch andere wichtige Themen und die SPD ist
natürlich noch viel mehr als die zur Zeit amtierende, heillos überforderte
Führung.
Aus Jahrzehntelanger Erfahrung weiß ich, daß sich
niemand mit Parteiprogrammen beschäftigt. Keiner liest sie und die schärfsten
Kritiker bestimmter Parteien tun das fast immer von dubiosen Bauchgefühlen
getrieben, ergeben sich in Antipathien für bestimmte Parteirepräsentanten und
kämen niemals auf die Idee nüchtern zu analysieren, welche Politik das Beste
für das Land ist und wie diese unter den gegenwärtigen Umständen parteitaktisch
am ehesten umzusetzen ist.
Vor Jahren erschreckte man noch ob des Schrammschen Begriffes „Urnenpöbel“.
Inzwischen erscheint mir das ob all der plebiszitären
Geniestreiche pro Trump, Brexit, Erdoğans Verfassungsreform, Salvini und Orban eher
als euphemistische Beschreibung. Wähler sind Idioten!
Die Idee des Textes, daß nämlich
in Wahrheit mächtige Interessenverbände die Politik bestimmen und die
Wählerschaft kaum gefragt ist, respektive aus Desinteresse stoisch das
ankreuzt, das ihnen empfohlen wird, hat Schramm im Januar 2004 unnachahmlich
beschrieben, ich zitiere das erneut:
"Interessensverbände machen die Politik. Die ziehen die Fäden, an denen politische Hampelmänner hängen, die uns auf der Bühne der Berliner Puppenkiste Demokratie vorspielen dürfen. Diese Politfiguren dürfen dann in den öffentlich-rechtlichen Bedürfnisanstalten bei den Klofrauen Christiansen und Illner ihre Sprechblasen entleeren. Und wenn bei der intellektuellen Notdurft noch was nachtröpfelt, dann können sie sich bei Beckmann und Kerner an der emotionalen Pissrinne unter das Volk mischen."
Wenn ich mich extrem über WahlERGEBNISSE oder UmfrageERGEBNISSE ärgere und denke, daß viele Wähler unzureichend nachgedacht haben, drücke ich das gerne mit der Vokabel „Urnenpöbel“ aus - wohlwissend, daß das Wort unzutreffend pauschalisiert.
"Interessensverbände machen die Politik. Die ziehen die Fäden, an denen politische Hampelmänner hängen, die uns auf der Bühne der Berliner Puppenkiste Demokratie vorspielen dürfen. Diese Politfiguren dürfen dann in den öffentlich-rechtlichen Bedürfnisanstalten bei den Klofrauen Christiansen und Illner ihre Sprechblasen entleeren. Und wenn bei der intellektuellen Notdurft noch was nachtröpfelt, dann können sie sich bei Beckmann und Kerner an der emotionalen Pissrinne unter das Volk mischen."
Wenn ich mich extrem über WahlERGEBNISSE oder UmfrageERGEBNISSE ärgere und denke, daß viele Wähler unzureichend nachgedacht haben, drücke ich das gerne mit der Vokabel „Urnenpöbel“ aus - wohlwissend, daß das Wort unzutreffend pauschalisiert.
Auf Facebook und Twitter kann man das aber schlecht
erklären, weil es dort zu schnell und zu oberflächlich zugeht.
Und schon gar nicht darf man die Schwarmintelligenz der
Wahlberechtigten in parteiaffinen Gruppen anzweifeln. Das ist ein Tabu, denn
alle basieren auf dem Votum des Souveräns, buhlen um seine Stimmen. Dem schmiert
man Honig ums Maul. Daher ist es eine der beliebtesten Floskeln aller
Talkshow-Politiker von ganz links bis ganz rechts den Moderator mit „unterschätzen
Sie die Intelligenz der Bürger nicht! Das durchschaut doch der Wähler“ Die
Wähler sind viel klüger als wir denken!“ zu belehren.
Ich glaube davon kein Wort und halte das für ganz
erbärmliches Einschleimen.
Wenn ich selbst allerdings gerade keine Lust habe mich
beschimpfen zu lassen, erzähle ich nicht was ich von den Wählern halte, sondern
stelle bei SPD-Beschimpfungen die Gegenfrage „wen würdest Du denn stattdessen
wählen?“.
Da werden mir entweder säkulare Kleinstparteien (Humanisten,
Piraten, Die Partei) empfohlen, die aber parteitaktisch de facto eine Stimme
für RECHTS bedeuten, weil sie ohnehin an der 5%-Hürde scheitern.
Linke? Die sind tatsächlich außenpolitisch leicht irre, wie
ihr Eintreten für Herrn Maduro zeigt. Nur weil Trump Maduro auch doof findet,
ist Maduro nicht nett
Außerdem gibt es noch die braune Querfrontlerin Wagenknecht an
der Fraktionsspitze.
Grüne? Wanzen sich immer ungenierter als Mehrheitsbeschaffer
an die CDU und CSU heran (Hessen, Bayern), halten echte Extremisten (Boris
Palmer) und Hardcore-Religioten (Göring-Kirchentag) in Toppositionen.
Die Piraten hatte ich zwischenzeitlich schon fast ganz
vergessen. Eine meine letzten Erinnerungen waren, daß der Rüstungslobbyist
und ehemalige Bundespartei-Chef Bernd Schlömer 2015 in die FDP eintrat, für die
er ein Jahr später ins Berliner Abgeordnetenhaus einzog und daß der
prominenteste Pirat der Fraktion, Gerwald Claus-Brunner, Ende
2016 erst auf bizarre Weise einen jungen Mann tötete, den er stalkte
und sich anschließend selbst umbrachte.
Im Zuge der Urheberrechtsreform im Europaparlament (das
hat man davon, wenn man nicht zur Wahl geht und die Konservativen bestimmen,
liebe linke SPD-Kritiker!) erfuhr man von einer der letzten Piratinnen der
Politik: Julia Reda.
Die 34-Jährige Bonnerin war zehn Jahre bei
den Piraten, saß für sie im EU-Parlament und gehörte zu den schärfsten
Kritikerinnen der durch die Urheberrechtsreform möglicherweise drohenden Uploadfiltern.
Sie war Piratin. Die einzige Piratin des EU-Parlaments. Nun
ist sie ausgetreten und ruft in einem dramatischen Appell dazu auf alle anderen
zu wählen – aber nicht die Piraten.
Reda hat sich der Grünen Fraktion
angeschlossen, weil die Piraten bei der EU-Wahl 2019 den sehr übergriffigen
Gilles Bordelais als Kandidat aufstellten, obwohl dieser mehrere
Frauen sexuell belästigt hatte.
[…..] Reda begründete ihren Schritt mit einer
unklaren Haltung der Piraten in einer besonders wichtigen Frage. Auf
Listenplatz zwei der Piratenpartei stehe ein Mann, der dort nicht hingehöre. Er
ist Mitarbeiter des Europäischen Parlaments, der nach Redas Angaben als Leiter
ihres Büros tätig war und in Zukunft EU-Abgeordneter sein will - obwohl es
Beschwerden wegen sexueller Belästigung gegen ihn gab, die von der Parlamentsverwaltung
geprüft wurden.
"Der Beirat für Belästigung am
Arbeitsplatz (ein interner Ausschuss in der Personalverwaltung des
Europaparlaments) hat festgestellt, dass Aspekte seines Verhaltens sexuelle
Belästigung darstellen. Das ist für mich absolut inakzeptabel. So jemand darf
nicht gewählt werden", machte sie deutlich.
Die Piratenpartei habe nicht genügend getan,
um ihn von der Wahlliste zu entfernen. Vorwürfe habe es schon im Sommer 2018
gegeben. Aber der Bundesvorstand habe den umstrittenen Kandidaten "mehr
oder weniger" in Schutz genommen. Deshalb dürfe die Partei auch nicht mit
ihrem Namen in den Wahlkampf ziehen. [….]
#GehtWaehlen ist die richtige Antwort auf die #Artikel13-Abstimmung. Warum ihr aber zur Europawahl nicht die Piratenpartei wählen sollt, erkläre ich in diesem Video (Ausführliche Version: https://t.co/agdXwFCTDG) pic.twitter.com/V3Lu1iX8z2— Julia Reda (@Senficon) 27. März 2019
[…..] Vor ihrer Wahl ins Europäische Parlament hat
die Piraten-Politikerin Julia Reda eine Erklärung unterzeichnet, zu der eine
Klausel gehörte: Egal wie fähig jemand ist - wer andere diskriminiert, mobbt
oder den Zusammenhalt der Gruppe gefährde, werde nicht eingestellt. Reda hat diese
Regel befolgt; nachdem ihrem Büroleiter glaubhaft sexuell übergriffiges
Verhalten im Parlament vorgeworfen worden war, entließ sie ihn. Weil er sich
dennoch einen guten Listenplatz für die diesjährige Wahl sichern konnte, ist
nun sie bei den Piraten ausgetreten.
Belästigung und Sexismus sind kein Problem
der Piraten, sondern ein parlamentarisches. Das ist eindrücklich auf dem
"Me Too"-Blog des EU-Parlaments dokumentiert, wo Mitarbeiterinnen
regelmäßig verstörende Erfahrungen aus ihrem Arbeitsalltag in Brüssel teilen.
[….]
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