Dienstag, 22. September 2015

Videotipp.

Da de Maizière als Totalausfall der Regierung irrelevant geworden ist, übernehmen scheinbar Gabriel und Merkel seinen Job.
Der Vizekanzler sprach von einer Million Flüchtlingen, die im Jahr 2015 Deutschland erreichen würden. Siebenstellig hatte noch keiner zuvor orakelt und so wird den CDU-Kommunalpolitikern auch reichlich mulmig.
Dabei ist „eine Million“ immer noch wenig, wenn man es damit vergleicht wie viel humanitäre Hilfe viel kleinere und ärmere Länder wie Jordanien oder der Libanon leisten.
Und verglichen mit den 12-14 Millionen „Heimatvertriebenen“, die nach 1945 in ein buchstäblich zerstörtes Deutschland kamen, sind die jetzt Ankommenden wirklich eine zu bewältigende Aufgabe. Insbesondere wenn man sieht wie sehr Deutschland auch finanziell von ihnen profitieren kann, indem das „demographische Problem“ gelöst wird.

Aber es ist einfach armselig, wie Europa reagiert.
Eine Millionen Flüchtlinge kommen in ein Land und die knapp 30 Europäischen Staaten zusammen haben sich heute auf massiven Druck geeinigt womöglich 120.000 Tropfen auf heiße Steine zu verteilen.
Und selbst das ging einigen Ost-Ländern schon viel zu weit.

Gegen die Umverteilung von Flüchtlingen aus stark geforderten Ankunftsländern wie Italien und Griechenland hatte sich bis zuletzt eine Reihe osteuropäischer Staaten gewehrt. Laut dem tschechischen Innenminister Milan Chovanec stimmten nun sein Land, aber auch Rumänien, die Slowakei und Ungarn dagegen. Finnland habe sich enthalten, twitterte er.

[….] Fehler machen immer die anderen: Die Regierungen in Mittel- und Südosteuropa überziehen sich in der Flüchtlingskrise gegenseitig mit Vorwürfen. Aber es gibt ein gemeinsames Feindbild - die EU.
Verleumder, Lügner, Heuchler. Das sind derzeit die Lieblingsworte des ungarischen Außenministers Péter Szijjártó. Einem halben Dutzend europäischer Regierungen wirft er vor, sie würden in der Flüchtlingskrise nicht die Wahrheit sagen.
    Rumäniens Außenminister Bogdan Aurescu etwa nannte die Regierung in Budapest "autistisch".  Aus Kroatien verlautete, der Budapester Regierungschef Viktor Orbán schüre Hysterie.   Serbiens Außenminister Ivica Dacic wetterte, sein Land drohe wegen der Grenzschließungen durch Ungarn und Kroatien zu einem "Konzentrationslager" zu werden.
[….] "Unser Außenminister Szijjártó drückt sich wirklich grob aus, das hat mit Diplomatie nichts mehr zu tun", sagt der Politologe Attila Tibor Nagy vom Budapester Méltányosság-Institut. [….] "Die Flüchtlinge sind für alle Länder in Osteuropa wie eine heiße Kartoffel, niemand möchte sie haben", sagt der Politologe Attila Tibor Nagy. Hinzu komme, dass die Flüchtlingskrise ohnehin große Probleme in der gesamteuropäischen Zusammenarbeit verursache. "Das führt dazu, dass die osteuropäischen Länder eine zunehmend nationalere, ausschließlich von eigenen Interessen bestimmte Politik betreiben."
[….] Der Bukarester Politologe Cristian Parvulescu meint, schon seit Längerem sei in Osteuropa eine "Zeit der nationalen Egoismen" angebrochen, was nun in der Flüchtlingskrise ganz besonders sichtbar werde. [….]

Flüchtlinge werden in Osteuropa bestenfalls als erhebliche Last gesehen, die man nicht schultern will.
Ungarn behandelt sie sogar als Kriminelle und ermächtigte gestern das Militär auch scharf schießen zu dürfen.

Es ist schlicht falsch, was Ungarn, die CSU oder der Freistaat Sachsen über die Vertriebenen denken. In Wahrheit sind sie ein Gewinn und eine Riesenchance.

Dabei ist das völlig irrelevant. Man muß sich nur mal ansehen woher die Menschen kommen, wie dort die Bedingungen sind.
Dann wird es dritt- und viert-rangig ob Integration schwer wird, ob diese Menschen uns „nützen“ oder eher „Kosten verursachen“.
Es gibt gar keine Alternative.
Die Zustände in Syrien, dem Irak, dem Jemen, sind so entsetzlich, daß man sie nicht dalassen kann.
Wer schon einmal fliehen mußte, versteht das.

Auschwitz-Überlebende drängen EU-Chefs zu Flüchtlingshilfe
[….] In einem offenen Appell an die europäischen Staats- und Regierungschefs haben Überlebende des Konzentrationslagers Auschwitz zu einem verantwortlichen Umgang mit der Flüchtlingskrise gemahnt. "Es ist keine Zeit mehr für nationale Egoismen und wahltaktische Rücksichten", heißt es.
"Hierzu ist die Situation der betroffenen Menschen, aber auch die Herausforderung an Europas Glaubwürdigkeit zu ernst", hieß es in der am Dienstag im polnischen Oświęcim veröffentlichten Mitteilung des Internationalen Auschwitz-Komitees von Ex-Häftlingen aus Polen, Ungarn, Deutschland, Tschechien und Frankreich.
[….] Die Bilder von Flüchtlingen an den Grenzen Europas erinnerten an die eigene Lage, schrieben die Überlebenden des größten der deutschen Vernichtungslager im Zweiten Weltkrieg. Es gebe große Hilfsbereitschaft, aber auch "an die Grenzen gerammte Zäune, verzerrte Gesichter, brennende Häuser und blanken Egoismus".[….]

Sigmar Gabriel bekam heute in Jordanien ebenfalls konkretere Eindrücke, als er erwartet hatte.

Vizekanzler Sigmar Gabriel ist in Jordanien mit der Realität konfrontiert worden. Im Uno-Camp in Zaatari leben etwa 80.000 Flüchtlinge. Doch die Vereinten Nationen haben nicht genug Geld. Allein in Jordanien klafft im Budget für 2015 eine Lücke von 67 Prozent. [….] Bei seinem Besuch wird Gabriel aber auch von der Lebenswirklichkeit eingeholt. Etwa von dem Jungen Rajeb, der bei einem Raketeneinschlag in seiner syrischen Heimat Daraa beide Beine, ein Auge und vier Finger verlor. Seine Familie floh über die Grenze nach Jordanien, ins große Uno-Wüstencamp Zaatari.
Gabriel trifft die Syrer in dem kleinen Raum, in dem sie nun leben. "Haben Sie die Hoffnung, mit Ihrer Familie zurückkehren zu können?", fragt der Vizekanzler den Vater. Er antwortet: "So Gott will, werden wir zurückkehren." Rajebs Mutter fragt, ob ihr Sohn im Ausland Hilfe bekommen kann, etwa in Deutschland. Der Chef des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) in Jordanien, Andrew Harper, sagt: "Ja, wir könnten es probieren." Gabriel fordert: "Let's try."
Als der Wirtschaftsminister draußen vor den Kameras von der Familie erzählt, schießen ihm Tränen in die Augen: "Es gibt keine Chance für die, hier am Leben zu bleiben", sagte er.

Grundsätzlich sind die Auslandskorrespondenten, die für Deutschland berichten recht professionell, auf Distanz und Objektivität bedacht.

Das ist nicht unbedingt richtig, wenn man die emotionale Situation der Millionen Vertriebenen transportieren will.
Daher empfehle auch ich heute ganz dringend den Film SÜCHTIG NACH JIHAD des 24-Jährigen Hubertus Koch, der in Deutschland als sinnfreier Spaßvogel lebte und dann für zehn Tage im Flüchtlingslager Bab al-Salameh in Syrien landet, dort ungeschminkt und distanzlos zeigt, was er erlebt.

Was er gesehen hatte, ließ ihn nicht mehr los. Die Schockmomente waren so groß, dass er sich entschied, sich selbst zum Protagonisten seines Filmes zu machen. Zunächst entstand der 100-minütige Film "Süchtig nach Jihad", den Koch im Internet veröffentlichte, später eine 30-Minuten Version, die der WDR unter dem Titel "Syrien - ein schwarzes Loch"


veröffentlichte. Er hat Dokumente seltener Authentizität geschaffen, mit ganz eigener Sprache, ohne journalistische Distanz. Koch ist mittendrin. Er bricht vor der Kamera zusammen, heult und verzweifelt. Er klagt an und leidet mit den Menschen, die er trifft.

Sein Ziel war es, mit dem Film das humanitäre Leid der Syrer zu beleuchten. Das gelingt ihm außergewöhnlich gut, vor allem indem er sein eigenes Leid zeigt, wie er zerbricht. Ein erfahrener Kriegsreporter, abgehärtet durch zahlreiche Einsätze, hätte einen solchen Film kaum machen können. Der Film funktioniert über die naiv-unprofessionelle Haltung, über die demonstrative Schwäche des Reporters. Die ungewöhnliche Perspektive zeigt das Elend der syrischen Kriegsflüchtlinge, wie es der Zuschauer zuvor noch nicht gesehen hat.

Hubertus Koch hat mit seinem Film etwas geschaffen, von dem er hofft, dass es den Weg ebnen kann "für eine neue Art von Berichterstattung, wo man ein bisschen mehr auf das Menschliche und das Emotionale geht, um dem Zuschauer einfach anders zu vermitteln, was es bedeutet, wenn man im Krieg ist. Was es bedeutet, wenn man flüchten muss." Tatsächlich zeigt sich in der Flüchtlingsberichterstattung immer häufiger, dass Reporter in einen Rollenkonflikt geraten. Beim Anblick des Elends ist es schwer, die klassische Rolle des neutralen, distanzierten Beobachters aufrecht zu erhalten.

Wer das gesehen hat, soll noch mal Orbans Mauerbau und Schießbefehl loben.

Hier ist der ganze Film in sechs Youtube-Teilen:








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