Da de Maizière als Totalausfall der Regierung
irrelevant geworden ist, übernehmen scheinbar Gabriel und Merkel seinen Job.
Der
Vizekanzler sprach von einer Million Flüchtlingen, die im Jahr 2015 Deutschland
erreichen würden. Siebenstellig hatte noch keiner zuvor orakelt und so wird den
CDU-Kommunalpolitikern auch reichlich mulmig.
Dabei
ist „eine Million“ immer noch wenig, wenn man es damit vergleicht wie viel
humanitäre Hilfe viel kleinere und ärmere Länder wie Jordanien oder der Libanon
leisten.
Und verglichen
mit den 12-14 Millionen „Heimatvertriebenen“, die nach 1945 in ein buchstäblich
zerstörtes Deutschland kamen, sind die jetzt Ankommenden wirklich eine zu
bewältigende Aufgabe. Insbesondere wenn man sieht wie sehr Deutschland auch finanziell
von ihnen profitieren kann, indem das „demographische Problem“ gelöst wird.
Aber es
ist einfach armselig, wie Europa reagiert.
Eine
Millionen Flüchtlinge kommen in ein Land und die knapp 30 Europäischen Staaten
zusammen haben sich heute auf massiven Druck geeinigt womöglich 120.000 Tropfen
auf heiße Steine zu verteilen.
Und selbst
das ging einigen Ost-Ländern schon viel zu weit.
Gegen die Umverteilung
von Flüchtlingen aus stark geforderten Ankunftsländern wie Italien und
Griechenland hatte sich bis zuletzt eine Reihe osteuropäischer Staaten gewehrt.
Laut dem tschechischen Innenminister Milan Chovanec stimmten nun sein Land,
aber auch Rumänien, die Slowakei und Ungarn dagegen. Finnland habe sich
enthalten, twitterte er.
[….]
Fehler machen immer die anderen: Die
Regierungen in Mittel- und Südosteuropa überziehen sich in der Flüchtlingskrise
gegenseitig mit Vorwürfen. Aber es gibt ein gemeinsames Feindbild - die EU.
Verleumder, Lügner,
Heuchler. Das sind derzeit die Lieblingsworte des ungarischen Außenministers
Péter Szijjártó. Einem halben Dutzend europäischer Regierungen wirft er vor,
sie würden in der Flüchtlingskrise nicht die Wahrheit sagen.
Rumäniens Außenminister Bogdan Aurescu etwa
nannte die Regierung in Budapest "autistisch". Aus Kroatien verlautete, der Budapester
Regierungschef Viktor Orbán schüre Hysterie.
Serbiens Außenminister Ivica Dacic wetterte, sein Land drohe wegen der
Grenzschließungen durch Ungarn und Kroatien zu einem "Konzentrationslager"
zu werden.
[….]
"Unser Außenminister Szijjártó
drückt sich wirklich grob aus, das hat mit Diplomatie nichts mehr zu tun",
sagt der Politologe Attila Tibor Nagy vom Budapester Méltányosság-Institut. [….]
"Die Flüchtlinge sind für alle
Länder in Osteuropa wie eine heiße Kartoffel, niemand möchte sie haben",
sagt der Politologe Attila Tibor Nagy. Hinzu komme, dass die Flüchtlingskrise
ohnehin große Probleme in der gesamteuropäischen Zusammenarbeit verursache.
"Das führt dazu, dass die osteuropäischen Länder eine zunehmend
nationalere, ausschließlich von eigenen Interessen bestimmte Politik
betreiben."
[….]
Der Bukarester Politologe Cristian
Parvulescu meint, schon seit Längerem sei in Osteuropa eine "Zeit der
nationalen Egoismen" angebrochen, was nun in der Flüchtlingskrise ganz
besonders sichtbar werde. [….]
Flüchtlinge
werden in Osteuropa bestenfalls als erhebliche Last gesehen, die man nicht
schultern will.
Ungarn behandelt sie sogar als Kriminelle und ermächtigte gestern das Militär auch scharf schießen zu dürfen.
Ungarn behandelt sie sogar als Kriminelle und ermächtigte gestern das Militär auch scharf schießen zu dürfen.
Es ist
schlicht falsch, was Ungarn, die CSU oder der Freistaat Sachsen über die
Vertriebenen denken. In Wahrheit sind sie ein Gewinn und eine Riesenchance.
Dabei
ist das völlig irrelevant. Man muß sich nur mal ansehen woher die Menschen
kommen, wie dort die Bedingungen sind.
Dann
wird es dritt- und viert-rangig ob Integration schwer wird, ob diese Menschen
uns „nützen“ oder eher „Kosten verursachen“.
Es gibt
gar keine Alternative.
Die
Zustände in Syrien, dem Irak, dem Jemen, sind so entsetzlich, daß man sie nicht
dalassen kann.
Wer
schon einmal fliehen mußte, versteht das.
Auschwitz-Überlebende
drängen EU-Chefs zu Flüchtlingshilfe
[….]
In einem offenen Appell an die
europäischen Staats- und Regierungschefs haben Überlebende des
Konzentrationslagers Auschwitz zu einem verantwortlichen Umgang mit der
Flüchtlingskrise gemahnt. "Es ist keine Zeit mehr für nationale Egoismen
und wahltaktische Rücksichten", heißt es.
"Hierzu ist die Situation
der betroffenen Menschen, aber auch die Herausforderung an Europas
Glaubwürdigkeit zu ernst", hieß es in der am Dienstag im polnischen
Oświęcim veröffentlichten Mitteilung des Internationalen Auschwitz-Komitees von
Ex-Häftlingen aus Polen, Ungarn, Deutschland, Tschechien und Frankreich.
[….]
Die Bilder von Flüchtlingen an den
Grenzen Europas erinnerten an die eigene Lage, schrieben die Überlebenden des
größten der deutschen Vernichtungslager im Zweiten Weltkrieg. Es gebe große
Hilfsbereitschaft, aber auch "an die Grenzen gerammte Zäune, verzerrte
Gesichter, brennende Häuser und blanken Egoismus".[….]
Sigmar
Gabriel bekam heute in Jordanien ebenfalls konkretere Eindrücke, als er
erwartet hatte.
Vizekanzler Sigmar
Gabriel ist in Jordanien mit der Realität konfrontiert worden. Im Uno-Camp in
Zaatari leben etwa 80.000 Flüchtlinge. Doch die Vereinten Nationen haben nicht
genug Geld. Allein in Jordanien klafft im Budget für 2015 eine Lücke von 67
Prozent. [….] Bei seinem Besuch wird Gabriel aber auch von
der Lebenswirklichkeit eingeholt. Etwa von dem Jungen Rajeb, der bei einem
Raketeneinschlag in seiner syrischen Heimat Daraa beide Beine, ein Auge und
vier Finger verlor. Seine Familie floh über die Grenze nach Jordanien, ins
große Uno-Wüstencamp Zaatari.
Gabriel trifft die
Syrer in dem kleinen Raum, in dem sie nun leben. "Haben Sie die Hoffnung,
mit Ihrer Familie zurückkehren zu können?", fragt der Vizekanzler den
Vater. Er antwortet: "So Gott will, werden wir zurückkehren." Rajebs
Mutter fragt, ob ihr Sohn im Ausland Hilfe bekommen kann, etwa in Deutschland.
Der Chef des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) in Jordanien,
Andrew Harper, sagt: "Ja, wir könnten es probieren." Gabriel fordert:
"Let's try."
Als der
Wirtschaftsminister draußen vor den Kameras von der Familie erzählt, schießen
ihm Tränen in die Augen: "Es gibt keine Chance für die, hier am Leben zu
bleiben", sagte er.
Grundsätzlich
sind die Auslandskorrespondenten, die für Deutschland berichten recht
professionell, auf Distanz und Objektivität bedacht.
Das ist
nicht unbedingt richtig, wenn man die emotionale Situation der Millionen
Vertriebenen transportieren will.
Daher
empfehle auch ich heute ganz dringend den Film SÜCHTIG
NACH JIHAD des 24-Jährigen Hubertus Koch, der in Deutschland
als sinnfreier Spaßvogel lebte und dann für zehn Tage im Flüchtlingslager Bab
al-Salameh in Syrien landet, dort ungeschminkt und distanzlos zeigt, was er
erlebt.
Was er gesehen hatte,
ließ ihn nicht mehr los. Die Schockmomente waren so groß, dass er sich
entschied, sich selbst zum Protagonisten seines Filmes zu machen. Zunächst
entstand der 100-minütige Film "Süchtig nach Jihad", den Koch im
Internet veröffentlichte, später eine
30-Minuten Version, die der WDR unter dem Titel "Syrien
- ein schwarzes Loch"
veröffentlichte. Er
hat Dokumente seltener Authentizität geschaffen, mit ganz eigener Sprache, ohne
journalistische Distanz. Koch ist mittendrin. Er bricht vor der Kamera
zusammen, heult und verzweifelt. Er klagt an und leidet mit den Menschen, die
er trifft.
Sein Ziel war es, mit
dem Film das humanitäre Leid der Syrer zu beleuchten. Das gelingt ihm
außergewöhnlich gut, vor allem indem er sein eigenes Leid zeigt, wie er
zerbricht. Ein erfahrener Kriegsreporter, abgehärtet durch zahlreiche Einsätze,
hätte einen solchen Film kaum machen können. Der Film funktioniert über die
naiv-unprofessionelle Haltung, über die demonstrative Schwäche des Reporters.
Die ungewöhnliche Perspektive zeigt das Elend der syrischen Kriegsflüchtlinge,
wie es der Zuschauer zuvor noch nicht gesehen hat.
Hubertus Koch hat mit
seinem Film etwas geschaffen, von dem er hofft, dass es den Weg ebnen kann
"für eine neue Art von Berichterstattung, wo man ein bisschen mehr auf das
Menschliche und das Emotionale geht, um dem Zuschauer einfach anders zu
vermitteln, was es bedeutet, wenn man im Krieg ist. Was es bedeutet, wenn man
flüchten muss." Tatsächlich zeigt sich in der Flüchtlingsberichterstattung
immer häufiger, dass Reporter in einen Rollenkonflikt geraten. Beim Anblick des
Elends ist es schwer, die klassische Rolle des neutralen, distanzierten
Beobachters aufrecht zu erhalten.
(NDR Zapp)
Wer das
gesehen hat, soll noch mal Orbans Mauerbau und Schießbefehl loben.
Hier ist
der ganze Film in sechs Youtube-Teilen:
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