Ab
dem 15.09. werden alle Flüchtlinge in Ungarn wie Straftäter behandelt. Schon jetzt läßt
Ministerpräsident Orban Schlagstöcke und Tränengas einsetzen.
Der
rechtsnationale Populist ließ bereits eine 175 km Nato-Draht bewährte Mauer
errichten. Ungarn zeigt sich von seiner häßlichsten Seiten, während Deutschland
auf einmal als das gelobte Land gilt.
Verrückt;
eben war man noch geschockt ob der inzwischen über 300 rechtsradikalen
Anschläge in Deutschland auf Flüchtlingsunterkünfte, der PEGIDA-Pest, des
AfD-Horrors.
Nun
scheint in der Bevölkerung irgendetwas wachgerüttelt und heute sieht man
ausgerechnet in Bayern Aberhunderte Menschen, die freundlich und hilfsbereit
die Heimatvertriebenen empfangen, die applaudieren und ihnen Geschenke bringen.
Ähnliche Bilder gibt es aus Wien.
Gestern
überschlug sich die britisch-iranische CNN-Starjournalistin Christiane M.
Amanpour in ihrer Sendung vor Lob über die deutsche Haltung.
„ Commissioner, Germany is being generous.
What would you say to the British leaders who are not, who are deporting
people?
What would you say to the Hungarian leaders, who are erecting barbed
wire fences and watching people crawl under them like animals?
What would you say?…”
(Christiane
Amanpour zu Aydan Özoğuz)
Wie
immer sind Amerikaner weniger von Fakten und Hintergrundwissen getrieben, als
von Bildern.
Das Bild
des angespülten toten Flüchtlingskindes Ailan Kurdi aus Syrien entsetzt die Amis. Die Tausenden zuvor Ertrunkenen wurden nicht beachtet.
Die schwedische
Außenministerin Margot Wallström brach in einer TV-Sendung in Tränen aus. Sie
sagte, sie empfinde Wut, dass so etwas passiert und dass das weitergeht. Der
britische Premier Cameron schob die Verantwortung für den Tod des Kindes auf
andere. Während er Flüchtlinge nicht über den Ärmelkanal oder durch den
Eurotunnel passieren lässt und selbst den Tod von Menschen tagtäglich
verantwortet, kann er so seinen Anteil an dem Tod des Kindes verdrängen. Es ist
immer sehr einfach. Wir sind die Guten. Entweder sind die skrupellosen
Schlepper oder Diktatoren für den Tod verantwortlich. Europa hingegen wäscht
seine Hand in Unschuld.
Dieser Verlogenheit
von Cameron und der anderen europäischen Machthaber muss entschieden
widersprochen werden. Diktatoren mögen die Fluchtursache sein. Den Tod von
Aylan verantwortet die europäische Flüchtlingspolitik.
[….]
Solange
das ökonomische Ungleichgewicht auf der Welt fortwirkt, wird es Vertreibung,
Flucht und Migration geben. Die 80 reichsten Personen der Erde kommen auf ein
addiertes Vermögen von 1,9 Billionen US-Dollar. Das ist ein Drittel mehr als
noch vor vier Jahren. Das reichste (ein) Prozent der Weltbevölkerung besitzt
fast die Hälfte allen Vermögens, 48 Prozent. – 99 Prozent der Weltbevölkerung –
teilten sich die übrigen 52 Prozent.
Die Flüchtlingszahlen,
sind auch Folge dessen, was dieser ökonomische Irrsinn anrichtet. Wenn die
ökonomischen Interessen es verlangen, sind Geostrategen an erster Stelle, diese
militärisch durchzusetzen. So verwundert es nicht, dass die deutsche Marine vor
den Küsten Libyens im Einsatz ist, mit dem angeblichen Ziel, Flüchtlinge im
Mittelmeer vor dem Ertrinken zu retten. Ausnahmsweise mag dies in der
Öffentlichkeit den Einsatz der Marine sympathisch erscheinen lassen, wenn nicht
schon technisch, strategisch und völkerrechtlich daran gearbeitet werden würde,
die Küstenkontrolle zu übernehmen, um gar keine Flucht mehr zu ermöglichen. Die
Kosten des Marine Einsatzes betragen 37 Mio EUR. Eine Fährverbindung zwischen
Libyen und Italien wäre deutlich günstiger zu haben, wenn es um den Einsatz für
Menschenleben ginge.
Keine Regierung, keine
Herrschaft und keine Festung haben je vermocht, Flucht-und Migrationsströme zu
kontrollieren. Das wird auch in Zukunft nicht der Fall sein. Die technische
Ausrüstung der Grenzkontrolle wird die Zahl der Toten nur höher treiben. Es
werden wieder Krokodilstränen fließen.
[….]
In der
Tat, die EU gibt ein völlig erbärmliches Bild ab. Viktor Orbán, der Rechtspopulist
aus Europas Südosten, der Brüssel schon lange auf der Nase herumtanzt, steht
exemplarisch für das häßliche Europa.
Dabei
ist sein Land nur rein zufällig genau auf der Hauptflüchtlingsroute platziert.
Andere osteuropäische Staaten haben ganz genauso brutale und antihumanistische
Überzeugungen, die wohl nicht von ungefähr mit ihrer Religiosität und
Homophobie korrelieren.
[….]
Warschau stemmt sich gegen höhere
Flüchtlingsquoten in der EU. Bisher hat Polen gerade einmal die Aufnahme von
rund 2000 Flüchtlingen in den kommenden zwei Jahren zugesagt. Inzwischen hat
die Regierung ihre Bereitschaft angedeutet, die Zahl zu erhöhen - allerdings
"auf freiwilliger Grundlage", wie Regierungschefin Ewa Kopacz am
Donnerstag ankündigte. Es sei "völlig kontraproduktiv", Staaten zur
Aufnahme von mehr Flüchtlingen zu drängen, als diese bewältigen könnten.
[….]
Die sozialdemokratische Regierung der Slowakei
unter Robert Fico irritierte die EU mit der Ankündigung, nur christliche Syrer
aufnehmen zu wollen, ruderte dann aber zurück. "Die Ängste der Menschen in
der Slowakei und in ganz Europa werden nicht ernst genommen", findet Fico.
Die Slowakei habe die
humanitäre Katastrophe in Libyen, dem Irak oder Syrien nicht verursacht, man
trage keine Verantwortung für die Lage in diesen Staaten. [….]
Auch in Estland
herrscht Skepsis gegenüber einem verordneten Verteilungsschüssel. Es gebe nur
wenig Erfahrung mit Einwanderern, so das Argument der baltischen Staaten.
Freiwillig will das 1,3-Millionen-Einwohner-Land nur 150 bis 200 Flüchtlinge
aufnehmen.
[….]
Sozialminister Margus Tsahkna, Mitglied
einer konservativen Partei, sprach sich für die vorzugsweise Aufnahme
christlicher Migranten aus: "Schließlich gehören wir zum christlichen
Kulturkreis." [….]
Bevor
man sich in Deutschland darüber empört, sollte man bedenken, daß die selbst für
Christen besonders perfide Methode sich hinter seinem Christentum zu
verstecken, um keine Nächstenliebe walten zu lassen, aus Deutschland stammt.
Es waren
der christliche Top-Funktionär und Ex-Ministerpräsident Beckstein,
der Menschen in Not die Tür vor der Nase zuknallen wollte, weil sie die falsche
Religion haben.
Der
deutsche Innenminister Friedrich nutzte ebenfalls sein Christentum, um zu
begründen, weswegen er die allermeisten Flüchtenden diskriminieren wolle, indem
er Kinder aus muslimischen Familien eher im Mittelmeer ertrinken lassen könne.
Grüne und
Sozialdemokraten sind sich sicher: Ihr Herz für Flüchtlinge schlägt höher, und
zwar nicht nur für christliche Hilfsbedürftige. Der stellvertretende
SPD-Fraktionschef Gernot Erler stellte öffentlichkeitswirksam klar: „Die
Aufnahmebereitschaft darf sich nicht nach dem Gebetbuch richten.“
Auch
Niedersachsens CDU tut in dieses Horn.
Niedersachsens
Landtagspräsident Bernd Busemann (CDU) muss für seinen Vorschlag, aus dem
Bürgerkriegsland Syrien bevorzugt Christen aufzunehmen, heftige Kritik
einstecken. „Eine Unterscheidung in Flüchtlinge erster und zweiter Kategorie
widerspricht meinem Verständnis von Nächstenliebe“, sagte der Sprecher für Migration
der SPD-Landtagsfraktion, Christos Pantazis, der taz.
[….]
Zuvor hatte Landtagspräsident Busemann in
einem Interview mit der Neuen Presse gefordert, „ein humanitäres Zeichen zu
setzen und 1.000 verfolgte Christen aus Syrien unbürokratisch aufzunehmen“.
Genauso
amoralisch tönt auch Merkels starker Mann Volker Kauder
(„in Brüssel wird wieder deutsch gesprochen!“) immer wieder.
Das ist
CDU-Linie, die von Schockendorff bis zum verstorbenen Mißfelder
immer wieder verbalisiert wurde.
Was für
eine Groß-Heuchelei nun über Estland oder die Slowakei herzufallen, die nur das
sagen, was stets aus Merkels Partei kommt.
Und der
böse Orban?
Ich habe
sicherlich nicht einen Hauch Sympathie für diesen Mann, aber Ungarn hält sich
nur strikt an EU-Regeln, die maßgeblich von DEUTSCHLAND durchgesetzt wurden, um
die Flüchtlinge von Deutschland fernzuhalten.
[….]
1997 trat in der EU das sogenannte
Dubliner Übereinkommen in Kraft, das im Grundsatz besagt, dass ein Asylbewerber
in dem EU-Land Asyl beantragen muss, in dem er als erstes EU-Boden betreten
hat. Wenn man sich einmal die Landkarte anschaut, kann man sich schon denken,
welches Land damals das größte Interesse an „Dublin“ hatte – das zentral
gelegene Deutschland, das sich auf diese Art und Weise juristisch vor größeren
Mengen an Flüchtlingen drücken konnte, die schon damals naturgemäß vor allem in
den Staaten mit EU-Außengrenzen, allen voran Italien und Griechenland, zum
ersten Mal europäischen Boden betraten.
[….]
Sämtliche
Forderungen des Europäischen Parlaments nach einer solidarischen Aufteilung der
Flüchtlinge und der damit verbundenen finanziellen Lasten wurden stets von
Deutschland abgeblockt. Noch 2013 lehnte der damalige Bundesinnenminister Friedrich
eine Änderung der Aufnahmeregelungen kategorisch ab.
Bis heute ist es
gängige Praxis, dass Deutschland sich im großen Stil weigert, Asylanträge von
Bewerbern zu bearbeiten, die europäischen Boden erstmals über einen anderen
EU-Staat betreten haben. [….]
Ungarn
ist durch die Dublin-Verordnung dazu gezwungen, ankommende Flüchtlinge in Sammellagern
zu registrieren und selbst die Asylanträge entgegenzunehmen und die Verfahren
durchzuführen. Und wenn die
Flüchtlinge auf dem Keleti-Bahnhof tausendmal skandieren, sie wollten nach
Deutschland, so ist dies ohne deutsches Entgegenkommen nach gängigem EU-Recht
schlicht nicht möglich. [….] Sollte
Ungarn den Flüchtlingen eine Weiterreise ermöglichen, so verstößt es ganz
explizit gegen Dublin III und muss damit rechnen, dass es die Flüchtlinge von
den späteren Zielländern wieder zurückgeschickt bekommt. Italien musste sich
bereits mehrfach harte Rügen von Frankreich und Deutschland anhören, da es die
in Italien gestrandeten Flüchtlinge in vielen Fällen nicht interniert und
erkennungsdienstlich behandelt hat. Worüber regt sich die deutsche Politik also
konkret auf? Darüber, dass Ungarn sich – anders als Italien – an die Gesetze
hält?
[….]
Man
kann nicht auf der einen Seite Gesetze befördern, die Grenzzäune und
Aufnahmezentren in Ländern mit zweifelhaften Ruf vorsehen und aktiv dafür
sorgen, dass Tausende Flüchtlinge im Mittelmeer ersaufen und sich dann
medienwirksam über Länder wie Ungarn aufregen, die exakt diese Gesetze in die
Tat umsetzen. [….]
Aber
ehrliche Analysen helfen offensichtlich nicht weiter, wenn ohnehin niemand
bereit ist tatsächlich die westliche Politik so drastisch zu verändern, daß die
Kriege in den Herkunftsländern der Flüchtenden beendet werden.
Ich sehe
groteskerweise den einzigen Hoffnungsschimmer bei Wladimir Putin, der laut
darüber nachdenkt mit einem großen Kontingent Bodentruppen in Syrien
einzumarschieren, um an der Seite Assads den IS niederzuschlagen.
Es wäre
ein echtes Weltkuriosum, wenn der Weltparier aus dem Kreml in Zusammenarbeit
mit der Iranischen Armee den Saustall ausmisten würde, den uns Amerikaner und
Briten im Nahen Osten beschert haben.
Bis es
soweit ist, kann „der Westen“ nur an den humanitären Folgen abfedern wirken.
Vielleicht
sind wir ja immerhin in der Lage den braunen CSU-Besorgte-Bürger-ichbinkeinNaziABER-Pegida-Sachsen-CDU-AfD-Dreck
zurück zu drängen.
Amanpour
versucht positive Bilder von Flüchtlingen dagegen zu stellen.
And finally tonight, imagine a world without refugees. It's a word with
its bright lights dimmed, shutting out the transformative brilliance of Albert
Einstein or Sigmund Freud or the sultry seduction of the German actress Marlene
Dietrich.
Without the beauty of the Sudanese model Alek Wek or the art of Anish
Kapoor, a world without the music of Haiti's Wyclef Jean, Sri Lanka's MIA or
Zanzibar's Freddie Mercury.
(Christiane
Amanpour)
Können
die anderen EU-Länder, vor allem die im Osten, nicht endlich erkennen was
jetzt humanitär geboten ist, daß Flüchtlinge aber auch eine riesengroße Chance
sind?
Sind sie
nicht eher wie ein Lottogewinn für Deutschland, weil gerade die geflohenen Syrer hochgebildet und motiviert
sind?
Die
Arbeitgeberverbände reiben sich angesichts der heimischen phlegmatischen Jugend,
die zu 30% nicht ausbildungsfähig und demotiviert ist, die Hände.
Wer den
langen Weg aus Syrien oder dem Irak zu uns schaffe, hätte schon bewiesen
wieviel Energie und Tatkraft er mitbringe, frohlockt Ingo Kramer, der
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).
Die
Neuankömmlinge wären eine dringend notwendige Bereicherung für die deutsche
Wirtschaft.
Das sind
Menschen, die wir gut gebrauchen können – so lautet wohl das Argument für die
Konservativen in Deutschland, denen ein Menschenleben an sich nicht so viel
wert ist, die nur diejenigen willkommen heißen wollen, die sich finanziell für
Deutschland auszahlen.
Junge,
gesunde Gebildete hierher, die Alten und Kranken sollen draußen bleiben, so wie
die psychisch Angeschlagenen und diejenigen, die dem gemeinen Unionswähler eine
zu dunkle Hautfarbe haben, weil sie aus Eritrea kommen, oder die einen schlechten
Ruf haben, weil sie Roma sind.
Dabei
ist Deutschland noch
lange nicht „überflutet“ oder von „Flüchtlingsströmen“ überfordert.
Dabei reden wir von
bisher rund 400.000 registrierten Flüchtlingen, die aus größter Not in diesem
Jahr nach Deutschland gekommen sind. 400.000, das klingt für manche ziemlich
viel. Klingt allerdings gar nicht mehr so viel, wenn man sich die Zahlen der
Flüchtlinge anschaut, die Deutschland in der Vergangenheit schon aufgenommen
hat. Allein in den vier Jahren nach dem zweiten Weltkrieg sind rund 12
Millionen Menschen aus den sogenannten ehemaligen deutschen Ostgebieten nach
Deutschland geflohen oder vertrieben worden. 12 Millionen, die Arbeit und
Wohnraum in einem völlig zerstörten Land suchten. Die zweite große
Zuwanderungswelle dann in den 60er und 70er Jahren. Vor allem die sogenannten
Gastarbeiter. Allein im Jahr 1973 kamen rund eine Million Ausländer nach
Deutschland; insgesamt waren es zwischen 1969 und 1973 sogar 3,4 Millionen. Der
nächste Höhepunkt nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Fall der
Mauer. Spätaussiedler und Asylbewerber aus Osteuropa, allein im Jahr 1992 waren
es rund 700.000. Insgesamt kamen zwischen 1988 und 1993 3,1 Millionen Menschen
nach Deutschland. Hat das Land alles gut überstanden. Auch deshalb täte uns
allen ein bisschen weniger Drama vielleicht ganz gut - trotz aller
Herausforderungen.
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