Dienstag, 9. August 2016

Donald gegen den Rest der Welt

Im aktuellen SPIEGEL steht, mal wieder, man solle sich ob der eigenen extremen Abneigung, die man gegenüber Donald Trump empfinde, nicht täuschen lassen.
Er habe nach wie vor gute Chancen US-Präsident zu werden.

Da ist sicher etwas Wahres dran. Gerade gestern sah ich in einem CNN-panel mal wieder diverse Trump-Unterstützer, die nicht im Geringsten an ihm zweifeln, auch wenn man ihnen minutenlang Trumps Koprolalie und Lügentiraden vorführt.

Spricht man die glühende Trump-Bewunderin Kayleigh McEnany auf seine ungeheuerlichen Lügen an, rollt die 28-Jährige ihre Barbie-Augen und rattert ihre Bengahzi-Emails-crooked-Hillary-Pseudoargumentation herunter.


Es ist wirklich so, wie Trump sagte. Er könnte auf offener Straße, mitten auf der 5th Avenue jemand erschießen, ohne daß es Jeffrey Lords oder Kayleigh McEnanys Begeisterung für ihn trübte.

Man sehe sich diesen großartigen Zusammenschnitt an und beachte insbesondere das Huhn ganz am Ende. Millionen Amerikaner ticken so. Die wollen Trump glauben und halten alle anderen für Lügner.


Irgendein anderer demokratischer Kandidat müßte einfach gegen Trump gewinnen. Für die zweifellos intelligente, kompetente und erfahrene Hillary Clinton gilt das aber nicht unbedingt. In Amerika ist der Faktor „Show“  nie zu unterschätzen.

Nach wie vor lei­det Clin­ton dar­un­ter, dass über 50 Pro­zent der Ame­ri­ka­ner sie als küh­le Kan­di­da­tin des Es­ta­blish­ments ab­leh­nen. Die Un­be­liebt­heit von Trump und Clin­ton treibt ent­täusch­te Re­pu­bli­ka­ner an den De­mo­kra­ten vor­bei in die Arme der bei­den un­ab­hän­gi­gen Wahl­kämp­fer: Gary John­son und Jill Stein lie­gen in den Um­fra­gen zu­sam­men bei etwa zehn Pro­zent. Na­tür­lich ha­ben sie kei­ne Chan­ce, doch sie ab­sor­bie­ren ei­nen Vor­teil Clin­tons, der sich aus der Un­be­liebt­heit Trumps er­ge­ben könn­te.
Die größ­te Ge­fahr für Clin­ton liegt in der Zeit zwi­schen Ende Sep­tem­ber und Ende Ok­to­ber. Dann fin­den die drei gro­ßen TV-Du­el­le der Kan­di­da­ten statt. Trump hat im Vor­wahl­kampf 16 par­tei­in­ter­ne Kon­kur­ren­ten aus­ge­schal­tet, die wich­tigs­ten bei Li­ve­du­el­len. Clin­ton ist live weit­ge­hend hu­mor­los, Spon­ta­nei­tät ist nicht ihre Stär­ke.
(DER SPIEGEL 32/2016 s.84)

Trump hat zweifellos ein Heer von begeisterten Anhängern mobilisiert und wird viele Menschen an die Wahlurnen holen, die sonst nie wählen.
Ich mutmaße, daß der Anteil von fanatischen Trump-Fans zusammen mit den fanatischen Demokraten-Hassern aus dem Teebeutel-Reservoir bei etwa einem Drittel (A) der Amerikaner liegt, die tatsächlich zur Wahl gehen.
Ein weiteres Drittel (B) wird genauso sicher garantiert nicht Trump wählen.
Er braucht also aus dem verbliebenen Drittel (C) weitere Stimmen.
Stimmen, die ein GOPer eigentlich holen könnte, da die C-Wähler allesamt Clinton kritisch sehen.
Würde Trump keine gravierenden Fehler machen und hätte er die volle Rückendeckung seiner Partei wäre das sein Durchmarsch ins Oval Office.

Aber er ist eben Trump. Also ein pathologischer Lügner, der sich nicht unter Kontrolle hat und selbst für amerikanische Verhältnisse enorme Wissenslücken aufweist.

Eine Rü­pe­lei scha­det Trump mehr als alle bis­he­ri­gen Kri­sen sei­nes Wahl­kampfs. Nach­dem die El­tern des im Irak­krieg ge­tö­te­ten ame­ri­ka­ni­schen Haupt­manns Hu­mayun Khan auf dem Par­tei­tag der De­mo­kra­ten auf­ge­tre­ten wa­ren, be­lei­dig­te Trump das mus­li­mi­sche Ehe­paar. Ihm war of­fen­bar nicht klar, dass die Hin­ter­blie­be­nen von Ge­fal­le­nen, so­ge­nann­te Gold-Star-Fa­mi­li­en, im pa­trio­ti­schen Ame­ri­ka un­an­tast­bar sind, egal an wel­chen Gott sie glau­ben.
[…..] Sein Ver­hal­ten zeigt über­ra­schen­des Un­wis­sen über die Be­deu­tung des Mi­li­tä­ri­schen in der ame­ri­ka­ni­schen Ge­sell­schaft. Als ihm am ver­gan­ge­nen Diens­tag bei ei­ner Wahl­kampf­re­de in Vir­gi­nia ein Ve­te­ran sei­nen Pur­p­le-Heart-Or­den schenk­te, ant­wor­te­te Trump, er habe „schon im­mer“ ein Pur­p­le Heart be­sit­zen wol­len. Auf die­se Art sei es ja „viel leich­ter“, da her­an­zu­kom­men. Dass die Aus­zeich­nung nur im Kriegs­ein­satz Ver­wun­de­ten ver­lie­hen wird, schien Trump nicht be­wusst zu sein. Wie­der folg­te der­be Kri­tik. Mit­te der Wo­che wur­de dann ein Vor­wurf dis­ku­tiert, dem zu­fol­ge Trump sich einst of­fen­bar vor dem Kriegs­dienst in Viet­nam ge­drückt hat: Er ließ sich zu­letzt eine Fuß­er­kran­kung be­schei­ni­gen, ei­nen so­ge­nann­ten Fer­sen­sporn – der ihn aber bis da­hin nicht da­von ab­ge­hal­ten hat­te, Foot­ball, Ten­nis und Squash zu spie­len.
(DER SPIEGEL 32/2016 s.84)

Es sind inzwischen so auffällig viele bekannte Republikaner angewidert von ihrem eigenen Kandidaten, daß diese tiefe Missachtung aus der eigenen Partei den unentschiedenen Wählern nicht verborgen bleiben kann.

Mit Susan Collins, der republikanischen US-Senatorin aus Maine, bekundete soeben ein weiteres Parteischwergewicht Trump nicht zu wählen.

[…..] I will not be voting for Donald Trump for president. This is not a decision I make lightly, for I am a lifelong Republican. […..]  He opted for a constant stream of denigrating comments, including demeaning Sen. John McCain’s (R-Ariz.) heroic military service and repeatedly insulting Fox News host Megyn Kelly.
[…..] My conclusion about Mr. Trump’s unsuitability for office is based on his disregard for the precept of treating others with respect, an idea that should transcend politics. Instead, he opts to mock the vulnerable and inflame prejudices by attacking ethnic and religious minorities. Three incidents in particular have led me to the inescapable conclusion that Mr. Trump lacks the temperament, self-discipline and judgment required to be president.
The first was his mocking of a reporter with disabilities, a shocking display that did not receive the scrutiny it deserved. I kept expecting Mr. Trump to apologize, at least privately, but he did not, instead denying that he had done what seemed undeniable to anyone who watched the video. At the time, I hoped that this was a terrible lapse, not a pattern of abuse.
The second was Mr. Trump’s repeated insistence that Gonzalo Curiel, a federal judge born and raised in Indiana, could not rule fairly in a case involving Trump University because of his Mexican heritage.
For Mr. Trump to insist that Judge Curiel would be biased because of his ethnicity demonstrated a profound lack of respect not only for the judge but also for our constitutional separation of powers, the very foundation of our form of government. Again, I waited in vain for Mr. Trump to retract his words.
Third was Donald Trump’s criticism of the grieving parents of Army Capt. Humayun Khan, who was killed in Iraq. It is inconceivable that anyone, much less a presidential candidate, would attack two Gold Star parents. […..]

Der Harvard Republican Club, der sich seit 1888 hinter jeden republikanischen Präsidentschaftskandidaten gestellt hatte, verkünde in einem offenen Brief sich für Donald Trump zu schämen.

But for the first time in 128 years, we, the oldest College Republicans chapter in the nation, will not be endorsing the Republican nominee.
Donald Trump holds views that are antithetical to our values not only as Republicans, but as Americans. The rhetoric he espouses –from racist slander to misogynistic taunts– is not consistent with our conservative principles, and his repeated mocking of the disabled and belittling of the sacrifices made by prisoners of war, Gold Star families, and Purple Heart recipients is not only bad politics, but absurdly cruel.
If enacted, Donald Trump’s platform would endanger our security both at home and abroad. Domestically, his protectionist trade policies and draconian immigration restrictions would enlarge our federal deficit, raise prices for consumers, and throw our economy back into recession. Trump’s global outlook, steeped in isolationism, is considerably out-of-step with the traditional Republican stance as well. The flippancy with which he is willing to abdicate the United States’ responsibility to lead is alarming. Calling for the US’ withdrawal from NATO and actively endorsing nuclear proliferation, Donald Trump’s foreign policy would wreak havoc on the established world order which has held aggressive foreign powers in check since World War II.   Perhaps most importantly, however, Donald Trump simply does not possess the temperament and character necessary to lead the United States through an increasingly perilous world.

Mit dem konservativen ehemaligen CIA-Offizier Evan McMullin gibt es sogar einen offiziellen Gegenkandidaten zu Trump.

Der nächste und schwerste Tiefschlag für Trump kam gestern Nacht – verfasst von 50 prominenten republikanischen Außen- und Sicherheitspolitikern.

Fifty of the nation’s most senior Republican national security officials, many of them former top aides or cabinet members for President George W. Bush, have signed a letter declaring that Donald J. Trump “lacks the character, values and experience” to be president and “would put at risk our country’s national security and well-being.”
Mr. Trump, the officials warn, “would be the most reckless president in American history.”
The letter says Mr. Trump would weaken the United States’ moral authority and questions his knowledge of and belief in the Constitution. It says he has “demonstrated repeatedly that he has little understanding” of the nation’s “vital national interests, its complex diplomatic challenges, its indispensable alliances and the democratic values” on which American policy should be based. And it laments that “Mr. Trump has shown no interest in educating himself.” […..]


Eigentlich wollte Trump gestern mit seinem Wirtschaftsprogramm punkten, aber das ging im innerparteilichen Shitstorm beinahe unter.

Donald Trumps Wirtschaftsberater sind so wie er selbst. Natürlich ist ihre Haut nicht so orangefarben, und ihre Haare sind nicht so geföhnt wie bei dem Mann, der im November für die Republikanische Partei Präsident der Vereinigten Staaten werden will. Doch auf der Liste der Berater, die Trump jetzt veröffentlicht hat und die mit ihm ein Programm für die Zukunft der USA entwickeln sollen, stehen fast nur: weiße, alte Männer. Und fast alle sind schwerreich - so wie auch der Immobilienunternehmer selbst, der ständig den Eindruck erweckt, er mache Politik für die kleinen Leute in den USA, für Gering- und Durchschnittsverdiener.
Kurioserweise heißen auch noch fünf von 14 Beratern Steve. Frauen fehlen dagegen komplett auf der Liste. Dafür ist einer von Trumps besten Freunden dabei: Howard Lorber, Multimillionär, einer von Trumps besten Freunden und Chef des Hot-Dog-Verkäufers Nathan's Famous. "Ich bin sehr zufrieden, dass wir so eine formidable Gruppe an erfahrenen und talentierten Menschen haben, die mit mir an echten Lösungen für die wirtschaftlichen Probleme arbeiten werden, vor denen unser Land steht", sagte Trump. Fast alle Berater zählen zu den Spendern, die Trumps Kandidatur mit Millionen unterstützen. [….]
(Kathrin Werner, SZ, 09.08.2016)



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