Im
aktuellen SPIEGEL steht, mal wieder, man solle sich ob der eigenen extremen
Abneigung, die man gegenüber Donald Trump empfinde, nicht täuschen lassen.
Er habe
nach wie vor gute Chancen US-Präsident zu werden.
Da ist
sicher etwas Wahres dran. Gerade gestern sah ich in einem CNN-panel mal wieder diverse Trump-Unterstützer,
die nicht im Geringsten an ihm zweifeln, auch wenn man ihnen minutenlang Trumps
Koprolalie und Lügentiraden vorführt.
Spricht
man die glühende Trump-Bewunderin Kayleigh McEnany
auf seine ungeheuerlichen Lügen an, rollt die
28-Jährige ihre Barbie-Augen und rattert ihre Bengahzi-Emails-crooked-Hillary-Pseudoargumentation
herunter.
Es ist
wirklich so, wie Trump sagte. Er könnte auf offener Straße, mitten auf der 5th
Avenue jemand erschießen, ohne daß es Jeffrey Lords oder Kayleigh McEnanys Begeisterung für ihn
trübte.
Man sehe
sich diesen
großartigen Zusammenschnitt an und beachte insbesondere das
Huhn ganz am Ende. Millionen Amerikaner ticken so. Die wollen Trump glauben und
halten alle anderen für Lügner.
Irgendein
anderer demokratischer Kandidat müßte einfach gegen Trump gewinnen. Für die
zweifellos intelligente, kompetente und erfahrene Hillary Clinton gilt das aber
nicht unbedingt. In Amerika ist der Faktor „Show“ nie zu unterschätzen.
Nach wie vor leidet
Clinton darunter, dass über 50 Prozent der Amerikaner sie als kühle Kandidatin
des Establishments ablehnen. Die Unbeliebtheit von Trump und Clinton
treibt enttäuschte Republikaner an den Demokraten vorbei in die Arme
der beiden unabhängigen Wahlkämpfer: Gary Johnson und Jill Stein liegen
in den Umfragen zusammen bei etwa zehn Prozent. Natürlich haben sie keine
Chance, doch sie absorbieren einen Vorteil Clintons, der sich aus der Unbeliebtheit
Trumps ergeben könnte.
Die größte Gefahr
für Clinton liegt in der Zeit zwischen Ende September und Ende Oktober.
Dann finden die drei großen TV-Duelle der Kandidaten statt. Trump hat im
Vorwahlkampf 16 parteiinterne Konkurrenten ausgeschaltet, die wichtigsten
bei Liveduellen. Clinton ist live weitgehend humorlos, Spontaneität
ist nicht ihre Stärke.
(DER
SPIEGEL 32/2016 s.84)
Trump
hat zweifellos ein Heer von begeisterten Anhängern mobilisiert und wird viele
Menschen an die Wahlurnen holen, die sonst nie wählen.
Ich
mutmaße, daß der Anteil von fanatischen Trump-Fans zusammen mit den fanatischen
Demokraten-Hassern aus dem Teebeutel-Reservoir bei etwa einem Drittel (A) der
Amerikaner liegt, die tatsächlich zur Wahl gehen.
Ein
weiteres Drittel (B) wird genauso sicher garantiert nicht Trump wählen.
Er
braucht also aus dem verbliebenen Drittel (C) weitere Stimmen.
Stimmen,
die ein GOPer eigentlich holen könnte, da die C-Wähler allesamt Clinton
kritisch sehen.
Würde
Trump keine gravierenden Fehler machen und hätte er die volle Rückendeckung
seiner Partei wäre das sein Durchmarsch ins Oval Office.
Aber er
ist eben Trump. Also ein pathologischer Lügner, der sich nicht unter Kontrolle hat
und selbst für amerikanische Verhältnisse enorme Wissenslücken aufweist.
Eine Rüpelei schadet
Trump mehr als alle bisherigen Krisen seines Wahlkampfs. Nachdem die Eltern
des im Irakkrieg getöteten amerikanischen Hauptmanns Humayun Khan auf
dem Parteitag der Demokraten aufgetreten waren, beleidigte Trump
das muslimische Ehepaar. Ihm war offenbar nicht klar, dass die Hinterbliebenen
von Gefallenen, sogenannte Gold-Star-Familien, im patriotischen Amerika
unantastbar sind, egal an welchen Gott sie glauben.
[…..]
Sein
Verhalten zeigt überraschendes Unwissen über die Bedeutung des
Militärischen in der amerikanischen Gesellschaft. Als ihm am vergangenen
Dienstag bei einer Wahlkampfrede in Virginia ein Veteran seinen Purple-Heart-Orden
schenkte, antwortete Trump, er habe „schon immer“ ein Purple Heart besitzen
wollen. Auf diese Art sei es ja „viel leichter“, da heranzukommen. Dass
die Auszeichnung nur im Kriegseinsatz Verwundeten verliehen wird,
schien Trump nicht bewusst zu sein. Wieder folgte derbe Kritik. Mitte der
Woche wurde dann ein Vorwurf diskutiert, dem zufolge Trump sich einst offenbar
vor dem Kriegsdienst in Vietnam gedrückt hat: Er ließ sich zuletzt eine Fußerkrankung
bescheinigen, einen sogenannten Fersensporn – der ihn aber bis dahin
nicht davon abgehalten hatte, Football, Tennis und Squash zu spielen.
(DER
SPIEGEL 32/2016 s.84)
Es sind
inzwischen so auffällig viele bekannte Republikaner angewidert von ihrem eigenen
Kandidaten, daß diese tiefe Missachtung aus der eigenen Partei den
unentschiedenen Wählern nicht verborgen bleiben kann.
Mit
Susan Collins, der republikanischen US-Senatorin aus Maine, bekundete soeben
ein weiteres Parteischwergewicht Trump nicht zu wählen.
[…..] I will not be voting for Donald Trump for
president. This is not a decision I make lightly, for I am a lifelong
Republican. […..] He opted for a constant stream of denigrating
comments, including demeaning Sen. John McCain’s (R-Ariz.) heroic military
service and repeatedly insulting Fox News host Megyn Kelly.
[…..] My conclusion about Mr. Trump’s
unsuitability for office is based on his disregard for the precept of treating
others with respect, an idea that should transcend politics. Instead, he opts to
mock the vulnerable and inflame prejudices by attacking ethnic and religious
minorities. Three incidents in particular have led me to the inescapable
conclusion that Mr. Trump lacks the temperament, self-discipline and judgment
required to be president.
The first was his mocking of a reporter with disabilities, a shocking
display that did not receive the scrutiny it deserved. I kept expecting Mr.
Trump to apologize, at least privately, but he did not, instead denying that he
had done what seemed undeniable to anyone who watched the video. At the time, I
hoped that this was a terrible lapse, not a pattern of abuse.
The second was Mr. Trump’s repeated insistence that Gonzalo Curiel, a
federal judge born and raised in Indiana, could not rule fairly in a case
involving Trump University because of his Mexican heritage.
For Mr. Trump to insist that Judge Curiel would be biased because of his
ethnicity demonstrated a profound lack of respect not only for the judge but
also for our constitutional separation of powers, the very foundation of our
form of government. Again, I waited in vain for Mr. Trump to retract his words.
Third was Donald Trump’s criticism of the grieving parents of Army Capt.
Humayun Khan, who was killed in Iraq. It is inconceivable that anyone, much
less a presidential candidate, would attack two Gold Star parents. […..]
Der Harvard
Republican Club, der sich seit 1888 hinter jeden republikanischen
Präsidentschaftskandidaten gestellt hatte, verkünde in einem offenen Brief sich
für Donald Trump zu schämen.
But for the first time in 128 years, we, the oldest College Republicans
chapter in the nation, will not be endorsing the Republican nominee.
Donald Trump holds views that are antithetical to our values not only as
Republicans, but as Americans. The rhetoric he espouses –from racist slander to
misogynistic taunts– is not consistent with our conservative principles, and
his repeated mocking of the disabled and belittling of the sacrifices made by
prisoners of war, Gold Star families, and Purple Heart recipients is not only
bad politics, but absurdly cruel.
If enacted, Donald Trump’s platform would endanger our security both at
home and abroad. Domestically, his protectionist trade policies and draconian
immigration restrictions would enlarge our federal deficit, raise prices for
consumers, and throw our economy back into recession. Trump’s global outlook,
steeped in isolationism, is considerably out-of-step with the traditional
Republican stance as well. The flippancy with which he is willing to abdicate
the United States’ responsibility to lead is alarming. Calling for the US’
withdrawal from NATO and actively endorsing nuclear proliferation, Donald
Trump’s foreign policy would wreak havoc on the established world order which
has held aggressive foreign powers in check since World War II. Perhaps most importantly, however, Donald
Trump simply does not possess the temperament and character necessary to lead
the United States through an increasingly perilous world.
Mit dem
konservativen ehemaligen CIA-Offizier Evan McMullin gibt
es sogar einen offiziellen Gegenkandidaten zu Trump.
Der
nächste und schwerste Tiefschlag für Trump kam gestern Nacht – verfasst von 50
prominenten republikanischen Außen- und Sicherheitspolitikern.
Fifty of the nation’s most senior Republican national security
officials, many of them former top aides or cabinet members for President
George W. Bush, have signed a letter declaring that Donald J. Trump “lacks the
character, values and experience” to be president and “would put at risk our
country’s national security and well-being.”
Mr. Trump, the officials warn, “would be the most reckless president in
American history.”
The letter says Mr. Trump would weaken the United States’ moral
authority and questions his knowledge of and belief in the Constitution. It
says he has “demonstrated repeatedly that he has little understanding” of the
nation’s “vital national interests, its complex diplomatic challenges, its
indispensable alliances and the democratic values” on which American policy
should be based. And it laments that “Mr. Trump has shown no interest in
educating himself.” […..]
Eigentlich
wollte Trump gestern mit seinem Wirtschaftsprogramm punkten, aber das ging im
innerparteilichen Shitstorm beinahe unter.
Donald Trumps
Wirtschaftsberater sind so wie er selbst. Natürlich ist ihre Haut nicht so
orangefarben, und ihre Haare sind nicht so geföhnt wie bei dem Mann, der im
November für die Republikanische Partei Präsident der Vereinigten Staaten
werden will. Doch auf der Liste der Berater, die Trump jetzt veröffentlicht hat
und die mit ihm ein Programm für die Zukunft der USA entwickeln sollen, stehen
fast nur: weiße, alte Männer. Und fast alle sind schwerreich - so wie auch der
Immobilienunternehmer selbst, der ständig den Eindruck erweckt, er mache
Politik für die kleinen Leute in den USA, für Gering- und
Durchschnittsverdiener.
Kurioserweise heißen
auch noch fünf von 14 Beratern Steve. Frauen fehlen dagegen komplett auf der
Liste. Dafür ist einer von Trumps besten Freunden dabei: Howard Lorber,
Multimillionär, einer von Trumps besten Freunden und Chef des
Hot-Dog-Verkäufers Nathan's Famous. "Ich bin sehr zufrieden, dass wir so
eine formidable Gruppe an erfahrenen und talentierten Menschen haben, die mit
mir an echten Lösungen für die wirtschaftlichen Probleme arbeiten werden, vor
denen unser Land steht", sagte Trump. Fast alle Berater zählen zu den
Spendern, die Trumps Kandidatur mit Millionen unterstützen. [….]
(Kathrin
Werner, SZ, 09.08.2016)
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