Donnerstag, 9. Mai 2019

Meine Loyalität – Teil II


Nein, ich kann nicht loyal zu einem Staat sein, auch wenn es sich um den Staat handelt, von dem ich zufälligerweise meine Ausweispapiere beziehe.
Ich habe keinen einzigen Tropfen Patriotismus in mir und wenn man versucht „nationale Loyalität“ zu definieren, wird es völlig absurd.

Gerade weil ich ohnehin nicht zu nationalen Gefühlen in der Lage bin, hätte ich gern die Doppelstaatsbürgerschaft deutsch und amerikanisch.
Dann könnte ich eine Äquidistanz halten.

Mit Hinweis auf meine US-Staatsbürgerschaft würde ich mich von der Mehrheitsgesellschaft der Deutschen distanzieren und mit Hinweis auf die deutsche Staatsbürgerschaft, umginge ich die vielen Nachteile, die Ausländer hier erdulden müssen.

(…..) Es scheint einhellige Meinung zu sein, daß Migranten hier nicht benachteiligt oder diskriminiert sind, sondern daß sie vielmehr Sonder- und Extrarechte genießen, die den Deutschen verwehrt sind.
Das kann der Neid-Michl schon mal grundsätzlich nicht leiden.
Daher sei es hohe Zeit den Türken das Privileg der Doppelstaatsbürgerschaft wegzunehmen.
Ein ähnliches Phänomen gibt es beim eigenen Gehalt. Deutsche sind weniger an der absoluten Höhe interessiert, als daran, daß es mehr als das vom Nachbarn sein soll.

Unbelastet von jeder Faktenkenntnis hält eine Mehrheit der Deutschen die Doppelstaatsbürgerschaft für schlecht.

In Wahrheit hängt Deutschland rechtlich hinter allen zivilisierten Nationen zurück. Es herrscht immer noch das Ius Sanguinis („Recht des Blutes“, Abstammungsprinzip) und nicht das Ius Soli („Geburtsortsprinzip“) wie in den USA.
Im Jahr 2000 wurde immerhin eine Übergangsregelung geschaffen. Die nach 2000 in Deutschlands geborenen Kinder sollten Deutsche sein – auch, wenn ihre Eltern eine andere Staatsbürgerschaft haben und dadurch zwei Pässe möglich werden. Es ist aber kein klares Ius Soli wie in Amerika, sondern nach wie vor ist der deutsche Geburtsort nicht ausreichend, um Deutscher zu sein. Die Eltern müssen seit mindestens acht Jahren in Deutschland leben und eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung besitzen. Nur dann gibt es einen deutschen Pass.

Das gilt aber nicht für immer, sondern ist eine Gnade des deutschen Gesetzgebers. Mit 21 Jahren muß man sich für eine von beiden Staatsbürgerschaften entscheiden („Optionspflicht“); nach dem GroKo-Vertrag von 2013. (….)

Die politische Lage wird aber eine Doppelstaatsbürgerschaft in absehbarer Zeit nicht zulassen, weil die „alten Parteien“ allesamt ihre Testikel abgegeben haben und aus Angst vor dem AfD-Geschrei niemals den Millionen Migranten, auf die Deutschland angewiesen ist, das Leben erleichtern würden.

Da ich mich aber auch nicht von den ewig-gestrigen CDUlern, die eine Doppelstaatsbürgerschaft für „schizophren“ halten (Schäuble) unter Druck setzen lassen will, wollte ich eigentlich Ami bleiben.

Inzwischen gibt es aber zwei gewichtige neue Argumente gegen den US-Pass.

1.) Die unfassbare Peinlichkeit zu Trumpmerica zu gehören.

2.) FACTA (Pain In The Ass)

[…..] Der Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) ist ein im Jahr 2010 in Kraft getretenes US-Gesetz, das in den USA steuerpflichtige Naturalpersonen und Unternehmen mit Sitz außerhalb der USA zur Mitteilung steuererheblicher Daten, insbesondere von Auslandskonten gegenüber den US-Steuerbehörden verpflichtet. Durch bilaterale Abkommen mit anderen Staaten wollen die USA den gegenseitigen Datenaustausch gewährleisten. [….]

FACTA gibt es zwar schon seit 2010; es wird aber erst langsam überall in nationales Recht umgesetzt.
FACTA zwingt außerhalb der USA lebende USAner wie mich, sich in den USA steuerlich veranlagen zu lassen und dazu muss jede finanzielle Aktion an die IRS gemeldet werden.
In der Praxis bedeutet das, daß alle Banken in Deutschland (ich habe sogar bei der Schweizer UBS nachgefragt) grundsätzlich Amerikaner als Kunden für Finanzprodukte ablehnen. Ich kann keine Aktie kaufen, kein Wertpapier erwerben, keine Staatsanleihe zeichnen.

Kürzlich scheiterte ich sogar daran ein Mietkautionskonto zu eröffnen.
Schon eine gewöhnliche Kontoeröffnung mit ein paar Hundert Euro wird zu einem FACTA-Akt.

Die Bank verlangte erst einmal meinen Aufenthaltstitel, meine Social Security number und die Taxpayer Identification Number (TIN) vom US-amerikanischen Internal Revenue Service (IRS).

Ich habe aber keine TIN und kann somit noch nicht mal mehr ein Konto in Deutschland eröffnen – nachdem ich ein halbes Jahrhundert hier lebe.

Absurd.
So absurd, daß ich in den sauren Apfel beiße und die deutsche Staatsbürgerschaft anstrebe.

Dazu erinnerte ich mich an den netten Brief, den Olaf Scholz mir vor einigen Jahren schrieb.



Ich scannte meinen Ausweis ein, schrieb eine höfliche Email in der ich kurz meine Situation erklärte und schickte alles zusammen mit einer Kopie des Scholz-Briefes und der Bitte um einen Beratungstermin an die angegebene Emailadresse.


Email-Adresse und Telefon sind aber abgeschaltet; meine Mail konnte nicht zugestellt werden.


Nun druckte ich alles aus, steckte es in einen Briefumschlag an das Einwohnerzentralamt.

Heute nun endlich die Reaktion: Die gesamte Abteilung existiert offenbar nicht mehr.
Der Brief kam als unzustellbar zurück.


Und jetzt???
Endlich will ich Deutscher werden und nun ignoriert man das.

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